Abschied von der Eberesche

„Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk‘ es, ein Jahrhundert.“ Dieser Satz von Eugen Roth ging mir gestern nicht aus dem Sinn. Denn während ich unter der Dusche stand, weil ich zu einem Termin musste, fingen die Gärtner an, meinen Lieblingsbaum in unserem Garten zu fällen.

Wie alt die Eberesche war, weiß ich nicht: Sie war schon da, als ich vor über 30 Jahren in das Haus eingezogen bin. Ich habe sie von Anfang an gemocht, vielleicht weil Ebereschen als Bäume der Druiden und Hexen gelten. Den Kelten waren Ebereschen heilig: Sie sollen vor schädlichen äußeren Einflüssen schützen, Intuition und Sinne schärfen, Stärke und Kraft verleihen. Ja, ich gebe es zu: Ich habe, wenn ich im Garten war, oft mit der Eberesche geredet und sie manches Mal umarmt – lange bevor Waldbaden und Bäume umarmen hierzulande Trend wurden.

Meine Zuneigung hat ihr leider wenig genutzt. Seit zwei oder drei Jahren kränkelte die Eberesche, trug deutlich weniger Blätter und Früchte – Letzteres sehr zum Leidwesen der Vögel, die die roten Beeren gerne mochten. Außerdem bekam die Rinde überall Risse und platzte an anderen Stellen großflächig ab. Wir haben lange überlegt, aber nach Rücksprache mit dem Gärtner war das Risiko einfach zu groß, dass der Baum bei einem Sturm umkippen und auf den Wintergarten oder  auf den Fuß- und Radweg stürzen könnte, der an unserem Grundstück entlangführt. Denn der Holzzaun, der unser Grundstück von der Straße trennt, schützt uns zwar vor neugierigen Blicken der Passanten, die aber nicht aber vor umstürzenden Bäumen.

Die Bedenken waren nicht unbegründet, innen hatten jeder Stann ein Loch, das bis in die Erde reichte. Wir hatten also keine andere Wahl, trotzdem konnte ich mich nur schwer von der Eberesche trennen. Ein Span und ein kleiner Scheit liegen jetzt auf meinem Schreibtisch, und vielleicht bastle ich aus dem Holz, das zum Trocknen draußen in unserem Holzschober liegt, ein Amulett oder einen Talismann. Sie sollen dem Träger oder der Trägerin Glück bringen und sie schützen.

Auf jeden Fall werde ich im Garten  eine neue Eberesche pflanzen, wahrscheinlich am alten Platz – für mich und natürlich auch für die Vögel. 30 bis 70 Zentimeter sollen die Bäume angeblich jährlich wachsen. Und vielleicht dauert es ja nicht ganz hundert Jahre, bis ich mich an der Nachfolgerin meiner Eberesche erfreuen und sie wieder umarmen kann.

Neue Gartenblicke im Januar

Neues Jahr, neue Perspektiven. Auch in diesem Jahr will ich mich an der Aktion beteiligen, die ich im vergangenen Jahr auf den Instagram-Accounts meiner Vornamensschwestern Eva Wenig und Eva Fuchs entdeckt habe. Allerdings mit neuen Blickwinkeln.

Das runde Rosenbeet habe ich auch in diesem Jahr wieder im Blick. Ich zeige es aber diesmal von einer anderen Seite – von der, auf der es seinem Namen noch mehr Ehre macht. Von hier sind auch die Christrosen zu sehen, die gerade jetzt blühen; im Mai oder Juni verschwinden sie dann unter der Pfingstrose, die jedes Jahr ein bisschen größer wird. Und dann ist es auch schon wieder Zeit für die echten Rosen und die Stockrosen. Der Apfelbaum im Hintergrund blüht zwar jedes Jahr üppig,  Äpfel können wir aber nur alle zwei Jahre ernten – in diesem Jahr wäre es mal wieder so weit.

Im Beet vor dem Wohnzimmer blüht neben zwei Christrosen noch eine gelbe Ringelblume – und auch die Künstlerrose hat noch eine Knospe. Ich bin gespannt, ob sie sich irgendwann noch öffnet. Ich habe sie vor zwei Jahren bei der Aktion offene Gartenpforte in einem meiner Lieblingsgärten entdeckt und gekauft, weil sie so herrlich duftet. Ob die Gärten in diesem Jahr wieder geöffnet werden dürfen? Ich hoffe es. Eingerahmt wird das kleine Beet von Kirschlorbeer, Rhododendren und einem Schmetterlingsstrauch. Außerdem wächst dort eine Rebe – wir können die Trauben direkt vom Wohnzimmerfenster ernten.

Im runden Kräuterbeet in der Mitte des Rasens dominiert der Salbei. Auch Lavendel, Minze, Zitronenthymian, Melisse und Sauerampfer wachsen hier. Im schmalen Beet zur Straße stehen drei Obstbäume: zwei Kirschbäume – sauer und süß – und ein Augustapfelbaum. Den haben die Vögel ausgesät – vielleicht aus Dankbarkeit, weil wir ihnen immer die Süßkirschen überlassen. Die haben nämlich meist eine Fleischeinlage, wohl weil wir nicht spritzen. Die Vögel freut’s, mich nicht.

Das neue Beet neben der Einfahrt gestalten wir gerade neu: Ich ringe es eher zentimeter- als meterweise dem Efeu und der gemeinen Schneebeere ab. Zurzeit sieht es noch recht kahl aus, aber das wird sich in den nächsten Monaten ändern: Ich möchte hier Kräuter und auch Obststräucher pflanzen. Welche, weiß ich noch nicht genau, aber Himbeeren, Holunder und Kamille stehen auf der Wunschliste. Die Amseln haben das Beet schon adoptiert; sie finden in dem umgespateten Boden offenbar reichlich Nahrung. Und auch manches Eichhörnchen entdeckt jetzt die Nüsse wieder, die unter der Efeuschicht verschollen waren.

Natürlich darf auch der Blick auf den Teich nicht fehlen, diesmal aus einer anderen Perspektive. Der Nachbar hat nicht nur erfreulicherweise die große Tanne entfernt, sondern leider auch den Holzzaun. Und so schauen wir leider zurzeit auf seine Gartenbaustelle. Aber auch die verschwindet hoffentlich bald wieder hinter einer grünen Wand.

Übrigens: Eva Weinig gibt unter http://meine-gartenzeit.de Einblicke in ihren tollen Garten.

 

Efeufreie Zone

So früh wie in diesem Jahr hat die Gartensaison bei uns noch nie begonnen. Am vorletzten Wochenende bin ich noch durch den kniehohen Schnee gestapft, ein paar Tage später habe ich in unserem Garten die erste Primel und die ersten Schneeglöckchen entdeckt.

Die Schneeglöckchen hatten sich unter einer dicken Efeu-Schicht versteckt, die das schmale Beet zwischen Einfahrt und dem Nachbargrundstück bedeckt hatte. Jahrelang durfte sich der Efeu dort ungehindert ausbreiten. Jetzt erobere ich das Beet zurück.

Mein Mann hatte in der vorletzten Woche damit angefangen, ich mache weiter: Ich lege mit Harke und Grubber Zentimeter für Zentimeter den Boden frei, grabe die Efeuwurzeln aus und ziehe sie aus dem Boden. Dabei muss ich immer wieder an Kaspar Klaffke und Gesa Klaffke-Lobsien* denken, die, anders als ich, richtige Gartenexperten sind: In ihrem wunderschönen Garten in Hannover gibt es unzählige Pflanzen, nur der Efeu hat absolutes Gartenverbot, eben weil er ein so einnehmendes Wesen hat.

Ein Beetverbot lässt sich in unserem Garten gewiss nicht auf die Schnelle durchsetzen. Denn während ich mich langsam bis zum Ende des schmalen Beets vorarbeite, breiten sich am Anfang vom brachliegenden Nachbargrundstück wieder neue Ranken auf unser Grundstück aus. Aber ich weiß von meinem Kampf gegen Efeu und Giersch auf den anderen Beeten, dass es sich auszahlt, hartnäckig zu bleiben.

Was künftig in dem neugewonnenen Beet wachsen soll, weiß ich indes noch nicht genau –  ich mache meinem Ruf als Chaosgärtnerin alle Ehre und habe (noch) keinen genauen Plan. Aber am Zaun entlang möchte ich Sträucher pflanzen, Himbeeren zum Beispiel, Stachelbeeren und Holunder, und davor Kräuter. Ich liebe Kräuter und möchte in diesem Jahr endlich lernen, Wild-, Heil- und andere Kräuter zu erkennen, zu unterscheiden und zu nutzen. Rund zwei Dutzend Kräuter sind schon jetzt in unserem Garten zu Hause: von Ananassalbei über Bärlauch, den richtigen Salbei und Waldmeister bis zu Zitronenmelisse, -thymian und zur -verbene. Doch es sollen mehr werden. Und vielleicht wird irgendwann aus der Chaosgärtnerin eine annehmbare Kräuterfrau.

 

Ich weiß natürlich, dass auch Efeu (Hedera helix) eine Heil- und Arzneipflanze ist: In der Antike wurden Blätter, Früchte und Wurzeln – innerlich und äußerlich – vor allem als Schmerzmittel u. a. bei gegen Ohren-, Kopf- und Zahnschmerzen, Menstruationsbeschwerden, Fieber und Brandwunden eingesetzt. Heute kommen vor allem Efeublätter bei akuten Entzündungen und Erkrankungen der Atemwege und bei Keuchhusten zum Einsatz – die sogenannten Saponine wirken schleim- und krampflösend und töten Keime ab.

An den Zäunen darf er ranken, nur die Beete sollen efeufreie Zone werden.

All denen, die jetzt um meine Gesundheit fürchten, sei’s gesagt. Auch wenn ich Efeu zurzeit säckeweise aus unserem Beet entferne, muss ich bei der nächsten Erkältung nicht dauerhustend durch die Gegend laufen. In unserem Garten wächst immer noch genügend Efeu, um nicht nur mich, sondern den halben Ort mit den schleimlösenden Saponinen zu versorgen.  Denn an den Zäunen darf der Efeu weiter ranken, nur den Boden erkläre ich zur efeufreien Zone.

Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.

Der Garten von Gesa Klaffke-Lobsien und Kaspar Klaffke kann im Rahmen der Offenen Pforte in der Region Hannover besichtigt werden. Viele Bilder aus dem Garten enthält ihr Buch: Gartenleben in der Alten Gärtnerei. zu Klampen Verlag Hannover. In ihrem Buch beschreiben sie auch, wie aus einer alten Friedhofsgärtnerei ein kleines Gartenparadies in der Großstadt wurde.

Neue Blickwinkel: Springhorstsee und Pöttcherteich

Auf der Suche nach neuen Blickwinkeln für das Jahr, das ja gar nicht mehr so neu ist, bin ich – natürlich – wieder am Wasser gelandet, diesmal am Springhorstsee, dem kleinen Badesee bei Großburgwedel. Er ist, wie viele Seen in der Gegend, Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre beim Bau der A 7 entstanden, die ganz in der Nähe verläuft. Wenn viel los ist, beginnt hier der Stau nach Hamburg. Aber ein kleines Wäldchen schirmt den Springhorstsee ab, sodass man von der vielbefahrenen Autobahn kaum bis gar nichts hört.

Der See ist nicht nur etwas größer als der Würmsee, den ich im vergangenen Jahr aus immer den gleichen Blickwinkeln fotografiert habe, sondern viel tiefer: An der tiefsten Stelle sollen es 7,50 Meter sein. Man kann hier nicht nur schwimmen …

Blick vom Badestrand über den See

sondern auch angeln …

Ein Karpfen, natürlich nicht selbst geangelt. Es gibt noch viel größere, sagt der Angler, der ihn herausgezogen hat.

… mit einem Schwan über den See fahren …

… und am Ufer entlanggehen. Der Blick auf das Café, das gerade renoviert wird, ist in diesem Jahr mein Blickwinkel Nummer eins.

Frida am See. Das Café mit dem verheißungsvollen Namen eröffnet im April, so Corona es will.

Von der Terrasse und dem kleinen Strand vor dem Café hat man den See und die kleine Insel im Blick, mit einem unechten Schäfer und ebenso unechten Schafen – mein Blickwinkel Nummer zwei. Hier werde ich ab dem Frühjahr sicher öfter sitzen. Denn schon der Name des neuen Cafés ist verheißungsvoll: Frida am See. Und wenn das Café-Restaurant nicht nur auf seiner Facebookseite mit Frida Kahlo wirbt, hat es sicher Potenzial, mein Lieblingscafé zu werden.

Kleine Insel im kleinen See

Auch den neuen Pöttcherteich will ich in diesem Jahr aus immer dem gleichen Blickwinkel fotografieren, und zwar mit der Weide am Wegrand bzw. am Ufer. Weiden faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Wenn sie zurückgeschnitten wurden, befürchte ich alle Jahre wieder, dass sie sich vom Radikalschnitt nicht erholen, sondern kahl bleiben. Doch im Sommer sind sie dann wieder grün wie eh und je.

Biotop mit Weide

Zu dem kleinen Teich am Ortsrand, der eigentlich ein Vorfluter ist, gehe ich übrigens am liebsten am späten Nachmittag oder abends, wenn die Sonne hinter dem See verschwindet. Dann sieht man hier oft Reiher, die im flachen Wasser ihr Abendessen aufschnabeln, im Sommer ist auch gelegentlich ein Storch hier zu Gast. Doch bis der wiederkommt, werden wohl noch einige Monate vergehen.

Übrigens:

Erfunden hat das Projekt 1 Blickwinkel – 12 Monate Tabea Heinicker, Eva Fuchs führt die Fotoaktion seit einigen Jahren auf ihrem Blog (https://evafuchs.blogspot.com/search/label/12telBlick) und auf ihrer Instagram-Seite (@verfuchst.insta) fort. Eva Weinig (http://meine-gartenzeit.de) hat die Idee aufgegriffen und mich inspiriert: Und wie im vergangenen Jahr werde ich auch in diesem Jahr auch unseren Garten jeden Monat aus den gleichen Blickwinkeln fotografieren. Die Gartenfotos veröffentliche ich im Blog Chaosgaertnerinnen (https://chaosgaertnerinnen.de).

Bullet Journal – zweiter Versuch

Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht. Weil wegen des Lockdowns Buchhandlungen und Schreibwarenläden geschlossen sind, habe ich mir zu ersten Mal seit Jahrzehnten keinen Notizkalender gekauft. Natürlich hätte ich mir einen im Internet bestellen können, aber das Kalendarium, das ich seit Jahren nutze, gibt es bei dem Online Händler mit dem großen A nur als Zusatzartikel: Ich müsste also Waren im Wert von x Euro mitbestellen. Doch das wollte ich nicht – auch weil mir beim Durchblättern meiner alten Kalender wieder einmal aufgefallen ist, dass die meisten Kalenderseiten leer sind.

Typisches Kalenderblatt im letzten Jahr. Einziger Eintrag – die Leipziger Buchmesse. Und die ist leider ausgefallen.

Ich nutze eigentlich nur die Monatsübersicht am Anfang des Kalenders: Dort trage ich meine Termine ein, um den Überblick zu behalten; meine täglichen und wöchentlichen Aufgaben notiere ich in einem schlichten Notizheft mit Blankoseiten, das ich mit einem Leder- oder Gummiband in einem wunderschönen, handgefertigten Ledereinband* befestige. Mal brauche ich zwei Hefte im Jahr, gelegentlich auch drei, wenn ich viel zu notieren habe. Ich führe quasi ein Bullet Journal light, ohne es so zu nennen.

Ich habe die Mischung aus Kalender, Notizheft-, Ziel- und Gedankensammlung vor ein paar Jahren für mich entdeckt, doch der Hype, den es um Bullet Journals gibt, hat mich abgeschreckt. So gibt es in Buch- und Schreibwarenläden diverses Zubehör wie Schablonen, Stifte, Aufkleber und Handlettering-Anleitungen. Und natürlich unzählige mehr oder weniger hübsch gestaltete Notizbücher mit Aufdruck Bullet Journal, die versprechen, dass ich mit ihrer Hilfe kreativ und gut organisiert durch das Jahr komme und nicht nur meine Termine, sondern auch mein Leben besser im Griff habe.

Bei mir funktioniert diese Art des Bullet Journalings nicht. Denn die vorgedruckten Jahres-, Monatsübersichten, Vision Boards und To-do-Listen sind alles andere als übersichtlich – die Gestaltung ist, so scheint es, wichtiger als der Inhalt. Und gepunktete Seiten, in Bullet Journalen offenbar das Nonplusultra, gehen bei mir gar nicht. Außerdem widersprechen festgelegte Seiten für mich der Bullet-Journal-Idee: Wie viele Seiten beispielsweise die täglichen Aufgaben – oder in der Bullet-Journal-Diktion der Daily Log einnimmt – ist ganz unterschiedlich: „So viel oder so wenig Platz, wie Sie brauchen“, heißt es in Ryder Carrolls Buch „Die Bullet Journal Methode“. Und der muss es wissen, denn er hat das Bullet Journal angeblich erfunden.

Weil mir die Idee eigentlich gefällt, starte ich einen zweiten Versuch: Ich verzichte diesmal ganz auf ein Kalendarium, das meine Wochen in jeweils zwei Seiten presst, und begnüge mich mit einer einseitigen Jahresübersicht und einem Kalenderblatt für jeden Monat. So bleibt genügend Platz für meine Ziele und meine guten Vorsätze für dieses Jahr – und für meine geliebten Listen: mit Büchern, die ich schon gelesen habe beispielweise, mit Blogbeiträgen, die ich schreiben, und Dingen, die ich erreichen will.

Drei Bücher stehen schon auf meiner Gelesen-Liste, die Liste mit den geschriebenen Blogbeiträgen ist indes noch gähnend leer. Höchste Zeit also loszulegen, damit ich mein Jahresziel erreiche. Ob es funktioniert? Das erfahrt ihr Ende des Jahres.

*Dieser Blogbeitrag enthält unbezahlte Werbung:

Ledereinbände:

https://www.etsy.com/de/shop/FoeRodensCreations

Ryder Carroll: Die Bullet Journal Methode. Verstehe deine Vergangenheit, ordne deine Gegenwart, gestalte deine Zukunft.

Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek, 3. Auflage 2019