Neues aus dem Wintergarten

Unser Wintergarten macht seinem Namen zurzeit alle Ehre – und erfreut uns mitten im Winter mit vielen bunten Blüten.

„Die beiden ersten Blüten der Strelitzie haben sich geöffnet“, habe ich im März 2020 geschrieben. Diesmal ist es schon Ende Januar so weit. Die dritte im Bunde verwelkt sogar schon: Sie ist irgendwann im Oktober aufgeblüht und hat fast ein Vierteljahr geblüht. Mindestens drei Nachfolgerinnen sind bereit – mehr als je zuvor.

Mehr geht nicht – das denke ich alle Jahre wieder, wenn unser Osterkaktus – trotz seines Namens immer um Weihnachten – anfängt zu blühen. Doch im folgenden Jahr belehrt er mich dann stets eines Besseren. Ich staune nicht nur darüber, wie viele Blüten die Hatoria hat, sondern auch, wie lange sie blühen.

Der Osterkaktus schwächelt noch nicht, die Blüten der Christrose färben sich dagegen allmählich grün – ein Zeichen, dass sie verwelken und irgendwann abgeschnitten werden sollten. Bislang steht die Christrose im Wintergarten, doch sobald es etwas wärmer ist, werde ich sie in den Garten pflanzen. Dann ist die Chance, dass sie den Sommer überlebt und auch im nächsten Jahr blüht, größer.

Christrosen sind nämlich, das habe ich beim Schreiben dieses Blogbeitrags gelernt, viel anspruchsvoller als ihre Verwandten, die Lenzrosen. Sie mögen lehmige Böden, doch damit kann unser Garten (zum Glück) nicht dienen. Außerdem brauchen sie Kalk – ohne ihn bekommen sie keine Blüten. Ich werde beim Pflanzen also einfach den Trick anwenden, den ich ebenfalls im allwissenden world wide web gefunden habe: Ich lege ein Stück weiße Kreide ins Pflanzloch, um die Christrose mit Kalk zu versorgen. Warum die Kreide weiß sein muss, stand da nicht. Aber vielleicht färben sich die Blüten rot oder pink, wenn ich entsprechende farbige Kreiden mit einpflanze.

Weniger anspruchsvoll als ich gedacht oder befürchtet habe, ist die Orchidee, die ich von meiner Mutter geerbt habe. Sie darf weder in den Wintergarten noch im Sommer auf die Terrasse, denn obwohl ihre Vorfahren aus den Tropen stammen, verträgt sie keine pralle Sonne. Auf der Fensterbank meines Arbeitszimmers auf der Westseite fühlt sie sich aber offenbar wohl.

Viel Pflege braucht meine Orchidee nicht: Ich gieße sie ein oder zweimal in der Woche und gieße später das Wasser, das im Untersetzer steht, ab. Denn nasse Füße, sprich Staunässe, mag sie ebenso wenig wie allzu große Hitze.

Sie ist spät dran in diesem Jahr – erst drei Blüten haben sich bislang geöffnet. Aber es werden in den nächsten Tagen sicher mehr: Ich habe mehr als zwei Dutzend Knospen gezählt. Wahrscheinlich blühen sie dann bis in den Sommer hinein. Weil Orchideen nämlich sehr spezialisiert sind und in der Natur nur von bestimmten Insekten bestäubt werden können, haben sie sehr lange Blühzeiten. Das erhöht die Chance, dass das richtige Insekt während der Blüte vorbeiflattert, so Boris Schlumpberger in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift nobilis (https://nobilis.de/orchideen-tipps-fuer-eine-gluecklich-bluehende-schoenheit/?doing_wp_cron=1675239444.4843928813934326171875).

Schlumpberger muss es wissen: Er ist Kustos der Herrenhäuser Gärten in Hannover, in denen es eine der größten Orchideensammlungen der Welt mit rund 25.000 Pflanzen gibt. Ein kleiner Teil dieser Sammlung ist im Orchideenhaus im Berggarten zu sehen. Ein Besuch lohnt – nicht nur, aber vielleicht besonders, wenn das Wetter grau und trist ist und die ersten Blüten im eigenen Garten noch auf sich warten lassen.

Nachtrag zum Muttertag

In den Herrenhäuser Gärten sind die drei Schauhäuser wieder geöffnet, die wegen Corona lange geschlossen waren. Vor fast vier Jahren haben wir, meine Tochter, mein Mann und ich,  mit meiner Mutter das Orchideenhaus besucht. Sie hat Orchideen geliebt, aber sie kannte nur die, die auf Fensterbänken in engen Töpfen ihr meiner Meinung nach ziemlich trostloses Dasein fristen.

Ich hatte mir oft vorgenommen, meiner Mutter das Orchideenhaus im Berggarten in Hannover zu zeigen. Doch immer, wenn sie uns besuchte, kam irgendetwas dazwischen, war irgendetwas anderes wichtiger. An ihrem 94. Geburtstag haben wir es endlich geschafft.

In dem gläsernen Schauhaus kann man die Orchideen zwar nicht in „freier Wildbahn“ erleben, aber man bekommt doch eine Ahnung, wie die Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung wachsen. Die Orchideensammlung im Berggarten gilt als eine der bedeutendsten Sammlungen in Europa. 3.000 verschiedene Arten sowie 1.000 Sorten und Hybriden sollen im Berggarten zu Hause sein – auch solche, die an ihrem eigentlichen Standort ausgestorben sind (https://www.hannover.de/Herrenhausen/Herrenhäuser-Gärten/Berggarten/Orchideen).

Meine Mutter war von der Blütenpracht beeindruckt und sie hat den Ausflug, der ihr letzter sein sollte, sehr genossen. Die Fotos, die mein Mann und meine Tochter gemacht haben, hat sie sich in den nächsten Wochen und Monaten oft und gerne angesehen.

Jetzt hat meine meine Tochter mir zum Muttertag ein kleines Album mit Fotos von gemeinsamen Wanderungen geschenkt. „Do more of what makes you happy“, steht auf dem Cover. Ich habe mir vorgenommen, ihren Rat zu beherzigen – und zwar jetzt, und nicht erst, wenn ich über 90 bin.

Im Berggarten

Die Gartensaison hat angefangen – wie auch in den vergangenen Jahren mit einem Besuch in den Herrenhäuser Gärten. Zur Entspannung und Inspiration, dann kann’s im eigenen Garten weitergehen. Der  Berggarten gehört zu meinen Lieblingsorten in Hannover: Er ist, wie ich mir meinen Garten wünsche – und wie er nie sein wird. Bei jedem Besuch sieht es dort anders aus – und immer ganz natürlich, so, als würden die Pflanzen ganz von alleine gerade an dieser Stelle so wachsen, wie sie wollen. Dass das nicht stimmt, weiß jeder, der seinen Garten im Sommer nur ein paar Tage sich selbst überlässt. Hinter dem Naturgarten steckt  sehr, sehr viel Arbeit.

Im Subtropenhof, im Sommer einer meiner Lieblingsorte, ist natürlich noch nichts zu sehen, die Pflanzen sind noch im Winterlager. Und auch im Tropenhaus ist‘s noch recht überschaubar. Vor der Umgestaltung war es dort ziemlich grün und wild, jetzt ist nix mehr mit Tropischem-Regenwald-Feeling. Natürlich, selbst Tropenpflanzen brauchen ihre Zeit. Und außerdem sind die Orchideen vorübergehend ins Tropenhaus umgezogen, denn zurzeit wird das Orchideenhaus renoviert. Für eine der größten Orchideensammlungen der Welt müssen Bananenstauden und Co schon mal weichen. Und die Schildkröten, die früher im Bassin meist faul auf irgendwelchen Steinen lagen, sind im benachbarten Sealife wahrscheinlich ohnehin besser aufgehoben.

Becken im Tropenhaus DSC_0321
Noch überschaubar: das Tropenhaus

Eigentlich mag ich Orchideen nicht, zumindest wenn sie als einsamer Stengel aus einem Blumentopf ragen. Nie würde ich sie mir auf meine Fensterbank stellen – und wenn, würden sie meine Pflege wahrscheinlich nicht lange überleben. Aber der Duft im Tropenhaus ist, mir fällt kein anderes Wort ein, einfach betörend. Und irgendwie sind sie schon faszinierend, eine  sieht beispielsweise  aus wie eine kleine Horrorqueen.

Horrorqueen DSC_0325
Kleine Horrorqueen

Draußen ist es noch ziemlich kahl: Immerhin  blühen hier neben Schneeglöckchen, Märzbechern,  Krokussen, Narzissen und diversen Nieswurzen – Christ, Schnee- oder Lenzrosen genannt – auch schon die Tulpen, die in unserem Garten zu Hause noch gar nicht dran denken. Wahrscheinlich sollte ich doch meine Haltung zu Tulpen mal überdenken und einige frühe und farblich besonders schöne Sorten pflanzen.

Das Wasserbecken im Pergolagarten ist noch abgedeckt, für Wasserhyazinthen, die in ein paar Wochen wachsen, ist es einfach noch zu früh, ebenso wie für die Kletterpflanzen an den Wänden der Pergola. Und auch der Moorweiher präsentiert sich im Moment weniger als Weiher denn als ziemlich übel riechende Schlammwüste. Das erinnert mich daran, dass ich meine Miniteiche unbedingt reinigen, Laub- und Pflanzenreste entfernen muss.

Moorweiher DSC_0342
Noch mehr Moor als Weiher. Doch bald ist es wieder ein Paradies für Frösche.

Auf der Wiese neben dem Mausoleum blühen Narzissen und Krokusse, die Scilla trauen sich noch nicht so recht hervor. Immerhin fließt im Staudengrund schon Wasser. Noch sind die Ufer kahl, aber schon bald wird das künstliche Bächlein unter den Pflanzen fast verschwinden.

Mausoleum DSC_0344
Frühlingsboten

Und dann die Linden: Eigentlich sollten die fast 300 Jahr alten Bäume zwischen Schloss und Mausoleum abgeholzt werden, weil sie wegen Pilzbefall und Holzfäule umzustürzen drohten. Doch der bedrohte Juchtenkäfer hat sich in den Bäumen eingenistet – und ihnen das Leben gerettet. Lange wurde diskutiert, was geschehen soll. Jetzt bekommt jede einzelne Linde in der vierreihigen Allee einen oder gar zwei  Stützpfeiler. Das sieht zwar ziemlich seltsam aus, zumindest solange die Bäume noch kahl sind. Aber wenn die Linden weichen müssten, würde sicher was fehlen. Denn bis die neuen Bäumchen wieder zu staatlichen Bäumen herangewachsen wären, würden einige Jahrzehnte vergehen.

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Rettet die Linden: Alte Bäume mit neuen Stützen.

Los geht’s: Start in die Gartensaison

Vorgestern, Ostersamstag, der erste richtige Frühlingstag. Wir eröffnen die Gartensaison. Wo geht das besser als in den Herrenhäuser Gärten, die angeblich zu den schönsten Parkanlagen Deutschlands gehören. Das kann ich nicht beurteilen, weil ich zu wenige Parkanlagen kenne. Aber die Herrenhäuser Gärten sind wirklich toll. Ich mag vor allem den Berggarten, mit dem Großen Garten kann ich wenig anfangen, zu akkurat, wie mit dem Lineal gezogen, die Pflanzen, von den Menschen zurechtgestutzt und zurechtgebogen. Einmal saßen etwa zehn Gärtner nebeneinander in einem Bett, schnitten winzige Pflanzen – wenn ich mich recht erinnere, war es Buchs – in Form. Dass ich keine Kamera dabei hatte, bedaure ich noch heute.

Im Berggarten dürfen die Pflanzen zwar nicht wachsen, wie sie wollen, aber man hat das Gefühl, dass sie es dürfen. Und der Garten sieht jedes Mal, wenn ich dort bin, anders aus.

Das Tropenhaus ist zurzeit gesperrt, schade, kein Besuch bei den Wasserschildkröten. Wenn ich Zeit habe, sitze ich gerne unter riesigen Pflanzen an den beiden Becken und bilde mir ein, irgendwo in den Tropen zu sein. Warm genug ist es selbst im Winter, und hier, in Hannover, muss ich keine Angst vor Schlangen, Spinnen und anderen Tieren haben. Kurzbesuch im Orchideenhaus: Ich mag Orchideen nicht besonders und würde mir keine auf die Fensterbank stellen. Aber hier, wo sie üppig wuchern, faszinieren sie mich doch. Vor allem gefällt mir der Duft – jedes Mal anders, jedes Mal aufs Neue schön. oder vielleicht besser – betörend?

Orchidee HH Gärten
Wie ein Star-Trek-Symbol, behauptet meine Tochter: Orchidee in den Herrenhäuser Gärten.

Draußen blüht noch nicht wirklich viel, es war bis jetzt vor allem nachts einfach zu kalt. Tulpen, Osterglocken, Narzissen, Schneeglöcken und natürlich Scilia, vor allem auf der Wiese am Mausoleum. Der Moorweiher ist noch ziemlich karg und ruhig, in ein paar Wochen sitzen hier hunderte Frösche dicht an dicht und quaken um die Wette.

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Wieso hier und nicht bei mir: Tulpen im Berggarten

Im Staudengrund, einem meiner Lieblingsplätze, fließt zwar schon Wasser, aber auch hier trauen sich noch keine Pflanzen heraus. In ein paar Wochen wird der künstliche  Bach fast unter dem Grün verschwunden sein. Und ich werde wieder Fotos machen, um sie zu Hause, in unserem Garten, diversen Pflanzen zu zeigen, die ihr Eigenleben führen und nicht wollen, wie ich will: Seht ihr, so solltet ihr eigentlich aussehen. Genutzt hat es bislang noch nicht, aber man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben.

Zum Schluss zur Grotte im Großen Garten: Die wurde zwar schon 1676 erbaut, doch nachdem die Muscheln, Kristalle. Glas und Mineralien, die sie ursprünglich schmückten, entfernt worden waren, diente die Grotte nur noch als Lagerraum. Erst zur Expo 2000 wurde sie restauriert – und dann nach den Plänen von Niki Saint Phalle neu gestaltet.

Die Nanas am Leineufer mag ich nicht besonders, aber die Grotte – vor allem die blaue – zählt zu meinen Lieblingsplätzen in Hannover. Immer wieder ist das Licht anders, immer wieder schimmert das Blau anders, und immer wieder entdecke ich etwas Neues.

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Blaue Grotte – immer in anderem Licht

Danach keine Lust mehr auf Kino, Colonia Dignidad muss auf einen weniger schönen Tag warten. Im eigenen Garten wird der Unterschied zwischen wild wachsen (bei uns) und aussehen, als ob es wild wächst, deutlich. In meinen Beeten wächst vor allem Gras (nein, nicht nur aber auch), entlang des Zauns vermehrt sich der Giersch unter dem kleingehäckselten Baumschnitt ganz vorzüglich: Die grünen Blättchen zeigen sich tückischerweise erst, wenn sie schon recht kräftig sind und sich vernetzt haben. Bliebe er am Rand des Gartens unter den Büschen, ließe ich ihn gewähren: Aber der Giersch ist ein Eroberer und macht sich wieder im ganzen Garten breit. Ihm macht der Winter offenbar nichts aus, anders als Minze, Salbei, Lavendel, Zitronenmelisse, Rosmarin und alle meine Kräuter, die nach dem Winter nicht mehr sehr ansehnlich. Und auch das Blaukissen tut sich in diesem Jahr schwer – mein Zwerg sitzt, unbeeindruckt lesend, in einer noch recht kahlen Umgebung.

Lesezwerg
Lesezwerg, noch ohne blaues Kissen

Ich habe zum Lesen keine Zeit. Just do it: Ich fange an, fühle mich ein bisschen wie Sysiphos, nur dass ich keinen Stein rolle, sondern gefühlte Stunden Gras und (Un)kraut rupfe und zupfe. Manches erkenne ich inzwischen (vor allem Giersch), aber oft frage ich mich auch, ob ich nicht das, was ich gerade herausreiße, im letzten Jahr gepflanzt habe. Beim Sauerampfer weiß ich es genau. Den habe ich letztes Jahr gesetzt – jetzt wuchert er im ganzen Beet, sodass für die anderen Kräuter zu wenig Platz bleibt. Ich grabe ihn aus, strafversetze ihn unter die Sträucher am Zaun.  Dort kann er  Giersch und Efeu Konkurrenz machen und mit ihnen um die Wette wuchern. Es wird, hoffe ich, ein spannendes Rennen und vielleicht landen sie demnächst gemeinsam bei uns auf dem Tisch.

Im letzten Sommer hat mich eine Freundin zum Wildkräutermenü mit sechs oder sieben Gängen eingeladen: Vieles, was dort serviert und von ihr teuer bezahlt wurde, gedeiht in unserem Garten vorzüglich: neben Giersch und Sauerampfer auch Gänseblümchen, Löwenzahn, Brennnesseln und Waldmeister. Vielleicht sollte ich künftig statt zu bloggen oder Korrektur zu lesen Kräuter-Spezialitäten auf dem Wochenmarkt verkaufen. Oder versuchen, die Gourmet-Restaurants in Niedersachsen zu beliefern. Möglicherweise ergeben sich hier ganz neue Perspektiven.