Garten im Blick – Februar

Fast hätte ich am letzten Tag des Winters noch Bilder vom verschneiten Garten präsentiert. Denn gestern Nacht schneite es – zum ersten Mal in diesem Jahr, zum ersten Mal in diesem Winter. Doch als ich heute Morgen aufwachte, war die weiße Pracht schon wieder dahin – das Wintermezzo zu Ende, bevor es richtig angefangen hatte. Mein Mann, der früher ins Bett gegangen war, hatte es nicht einmal bemerkt.

Es hat sich einiges getan im Garten, auch wenn ich selbst erst wenig getan habe. Der Frühling beginnt in diesem Jahr so früh wie noch nie. In einigen Gärten im Ort blühen sogar schon die frühen Rhododendren – zum ersten Mal im Februar, wie die Gartenbesitzer, die ich gefragt habe übereinstimmend erklärt haben, sonst zeigen sich die Blüten erst im März.

So weit ist unser Rhododendron noch nicht, aber  die Forsythien haben – anders als die Eberesche –ihren Winterschlaf schon beendet …

… und wer genau hinschaut entdeckt gleich nebenan am Teich neben Osterglocken und Primeln und die ersten Traubenhyazinthen. Auch die Lilien strecken ihre Blätter aus dem Boden – und es dauert auch sicher nicht mehr lange, bis sich die ersten Seerosenblätter im Teich entrollen. Von den Fröschen, die alle Jahre wiederkommen, ist allerdings noch nichts zu sehen und zu hören

Die Rosen haben schon die ersten Blätter, während in der Etage darunter noch die Christrose blüht. Oder ist es eine Lenzrose, die den Frühling nicht erwarten kann.

Der Lesezwerg genießt die Sonne in seinem Bett mit blauen Kissen, das sich jedes Jahr ein bisschen mehr ausbreitet.

Was dem Blaukissen erlaubt ist, darf die Dreimasterblume nicht, obwohl ihre blaulila Blüten mir eigentlich sehr gut gefallen. Aber sie hat ein allzu einnehmendes Wesen, einnehmender noch als Giersch und Topinambur. Denn ihre Wurzeln bilden ein dichtes Geflecht, das sich selbst mit dem Spaten kaum durchdringen lässt. Wo sie wächst, haben andere Pflanzen kaum eine Chance. Ich habe daher das Beet an den Terrassen umgespatet, kiloweise Dreimaster-Wurzeln entfernt und Platz für Kräuter und Gemüse geschaffen, die ich im Frühling hier pflanzen möchte.

Einen Teil der Wurzeln habe ich übrigens an einer anderen Stelle wieder eingegraben, am Zaun zum Nachbargrundstück neben unserer Einfahrt. Denn mit Pflanzen ist es wie mit Büchern – ich werfe sie nur ungern weg.

 

Vom Gehen

Ich gehe. (Noch) nicht wirklich aus Überzeugung, sondern weil mein Knie es will.

Ich bin mein Leben lang gelaufen – alle möglichen Strecken von kurzen Sprints bis zu langen Ultraläufen, von 100 Meter bis 100 Kilometer. Laufen war für mich ein wichtiger Teil des Alltags und meines Lebens: Ich habe laufend Frust und Stress abgebaut, die Seele baumeln lassen, entspannt, die Natur genossen, über Gott und die Welt nachgedacht und mit meinen Mitläuferinnen und Mitläufern viele gute Gespräche geführt. So mancher Text ist teilweise beim Laufen entstanden – und für manches Problem habe ich laufend eine Lösung gefunden. Kein Wunder, dass es mir schwerfällt, das Laufen aufzugeben. Aber nach einem Sturz und einer Operation vor ein paar Jahren quittiert mein Knie jeden Laufversuch mit Schmerzen, zwingt mich, es langsamer angehen zu lassen, zu gehen statt zu laufen.

Eigentlich gehe ich ganz gerne: Ich will in diesem Jahr endlich einmal den Hexenstieg im Harz erwandern, außerdem ein Stück von Rhein- und Moselsteig. Und im Herbst möchte ich zum Wandern in die Alpen. Ich erkunde fremde Orte am liebsten zu Fuß und es käme mir auch nie in den Sinn, mit dem Auto ins Dorf einkaufen zu fahren. Ich fahre mit dem Fahrrad – oder ich gehe. Aber daran „nur“ spazieren zu gehen, muss ich mich erst gewöhnen.

Auf dem Moselsteig …

Vielleicht wirken da die langweiligen Sonntagsnachmittagsspaziergänge nach, die ich als Kind mit meinen Eltern und meinen Geschwistern unternehmen musste. Rennen, auf Baumstämmen oder Mäuerchen balancieren, mit den lackbeschuhten Füßen Steine wegzukicken oder der den vorgeschriebenen Weg zu verlassen, war nicht erlaubt. Höchste Zeit, diesen Erfahrungen Positives entgegenzusetzen.

„Es ist nie zu spät, neu anzufangen“, heißt das Buch von Julia Cameron, das ich gerade lese. Sie hält Gehen für eine der wertvollsten kreativen Techniken. Und sie ist bei Weitem nicht die erste und die einzige, die drauf schwört: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“, sagte einst Johann Wolfgang von Goethe. Und mehr noch: „Was ich nicht erlernt habe, das habe ich erwandert.“ Der Philosoph und Schriftsteller Søren Kierkegaard hat sich, so seine Worte, seine besten Gedanken ergangen und kennt „keinen Kummer, den man nicht weggehen kann“. Virginia Woolf liebte Spaziergänge nicht nur, aber auch in London. Sie nannte sie Street Haunting und verewigte in dem gleichnamigen Essay verewigte. Und für ihre Kollegin Elizabeth von Arnim war wandern „die vollkommenste Art der Fortbewegung, wenn man das wahre Leben entdecken will. Es ist der Weg in die Freiheit.“ Brauche ich noch mehr Gründe, es auch zu versuchen?

Im Stapel der ungelesenen Bücher entdecke ich ein Buch des Schweizer Schriftstellers Franz Hohler mit dem Titel Spaziergänge. Es ist ein Mängelexemplar – ich habe es wohl vor ein paar Jahren antiquarisch gekauft, als ich ahnte, dass ich wohl nicht mehr laufen kann, sondern eher gehen sollte. Jetzt schlage ich es auf und fange an zu lesen: Hohler beschloss vor ziemlich genau zehn Jahren, im März 2010, jede Woche irgendwohin zu gehen und darüber zu schreiben.

Vielleicht ist das ja gar keine schlechte Idee. Julia Cameron empfiehlt in ihrem Buch zwei Spaziergänge pro Woche – allein, ohne Begleitung. Nur meine Kamera, mein Notiz- und mein Tagebuch nehme ich mit – und mein Skizzenbuch. Denn ich will zeichnen lernen. Und es ist ja bekanntlich nie zu spät, neu anzufangen.

Beim Gehen immer dabei: Tagebuch, Skizzenbuch und Notizbuch

Früh im Jahr

„Woran erkennst du den Frühling?“  Das frage ich mich jedes Jahr am Ende des Winters, seit ich das Gedicht von Georg Britting in der Schule gelernt habe. Aufsagen kann ich es nicht mehr, nur dass die Luft trächtig ist, Hauch und Gerüche trägt, ist mir im Gedächtnis geblieben, ebenso, dass die alten Frau Mutter schuld hat, weil ihr tief in der Erde ein Topf übergekocht ist, „mit Sud vom Gewürztem“.

Wer das Gedicht geschrieben hat, hatte ich längst vergessen, ebenso den Titel, aber beides konnte ich, Google sei Dank, schnell herausfinden: Das Gedicht heißt „Früh im Jahr“ und es ist in der Tat noch früh im Jahr. Der meteorolische Frühling beginnt  in etwa einer Woche und der kalendarische, der astronomische, erst in einem Monat.

Und woran erkennt man ihn nun, den Frühling? Die Vögel, die sonst immer wussten, wann der Frühling naht, haben, so scheint es, in diesem Winter, der der ja eigentlich kein richtiger war, die Orientierung verloren und gar keine Winterpause gemacht. Sie haben selbst im Dezember und im Januar morgens gezwitschert – so laut, dass ich es selbst bei geschlossenen Fenstern gehört habe.

Unerwünschte Frühlingsboten: Läuse im Wintergarten

Auf andere Tierchen ist dagegen als Frühlingsboten Verlass, auch wenn ich auf sie gerne verzichtet hätte. Wie in jedem Frühjahr sind die Blattläuse wieder da. Die ersten haben sich auf unseren Zitruspflanzen im Wintergarten festgesetzt – und mit den Läusen kommen auch die Ameisen, die mit ihnen in einer Art Symbiose leben: Die Ameisen melken die Blattläuse, sie ernähren sich von dem süßen Nektar, den die Blattläuse ausscheiden, und sie füttern ihre Brut damit. Als Gegenleistung – im Leben ist halt nichts umsonst – transportieren die Ameisen die Larven der Blattläuse an die Blattspitzen und verteidigen die Läuse gegen ihre Feinde – also auch gegen mich?

Denn ich sage ihnen den Kampf an – zumindest im Wintergarten. Die Blattläuse setzte ich mitsamt den Wirtspflanzen vor die Tür in der Hoffnung, dass die Pflanzen die Versetzung heil überstehen, ihre ungebetenen Gäste in einer kühlen Nacht erfrieren, vom nächsten Regenguss weggeschwemmt oder vom Wind verweht werden.

Noch verhüllt: Die Paradiesvogelblüte

Strelizien mögen die Läuse glücklicherweise nicht: Ihre noch verschlossenen Blüten künden ebenfalls vom Frühling. Ich bin gespannt, wann sie sich öffnen – lange dauert es gewiss nicht mehr, bis der erste Paradiesvogel seinen Kopf aus  der grünen Hülle streckt.

Draußen im Garten haben die Schneeglöckchen Gesellschaft bekommen: Die Krokusse blühen, lila meist,

auch die erste Schlüsselblume hat sich hervorgewagt und die ersten Osterglocken – lange vor Ostern.

Die Hyazinthen trauen dem Wetter offenbar noch nicht so recht und verstecken sich noch zwischen ihren großen Blättern. In den nächsten Tagen werde ich das Laub in den Beeten zusammenharken, vorsichtig, damit ich Igel und Co in den Laubhaufen nicht störe, falls sie noch ihren Winterschlaf halten.

Vielleicht lege ich dann auch Rip van Winkle frei, die Narzisse, ich  im letzten Jahr nur wegen ihres Namens gekauft habe – Reminiszenz an Max Frisch, der lange Zeit mein Lieblingsschriftsteller gewesen ist. Er hat die Rip-Van-Winkle-Geschichte in seinem Roman Stiller erzählt hat.

Osterglocke oder Narzisse. Name unbekannt. Rip van Winkle ist es nicht.

Womit wir wieder am Blog-Anfang wären, bei der Literatur. Und natürlich beim Frühling, der hoffentlich bald kommt.

Das Gedicht ist im Internet unter der Adresse http://britting.de/gedichte/4-135.html zu finden

Würmsee im Blick

Erfunden hat sie Tabea Heinicker, Eva Fuchs führt die Fotoaktion seit einigen Jahren auf ihrem Blog (https://evafuchs.blogspot.com/search/label/12telBlick) und auf ihrer Instagram-Seite (@verfuchst.insta) fort. Eva Weinig (http://meine-gartenzeit.de/2020/01/13/5-blickwinkel-12-monate-januar/) hat die Idee aufgegriffen und mich inspiriert: Ich werde unseren Garten jeden Monat aus den gleichen Blickwinkeln fotografieren und die Fotos im Blog Chaosgaertnerinnen (https://chaosgaertnerinnen.de/garten-im-blick-januar) veröffentlichen.

Weil mir das Projekt aber so gut gefällt, möchte ich an dieser Stelle ein Jahr lang jeden Monat Fotos von einem meiner Lieblingsorte in meinem Wohnort posten: vom Würmsee im Orts-, pardon Stadtteil Kleinburgwedel.

Würmsee im Februar

Vor fast einem Jahr habe ich den kleinen See schon einmal vorgestellt https://timetoflyblog.com/kunst-am-see: So oft ich kann fahre ich mit dem Rad dorthin – meist gehe oder laufe ich um ihn herum, das dauert, weil der See eigentlich nur ein Teich und ziemlich klein ist, nur ein paar Minuten. Manchmal stehe oder sitze ich aber auch einfach nur am Ufer, genieße die Ruhe und schaue auf das Wasser, das ich, je älter ich werde, umso mehr vermisse.

Wasser zieht nicht nur mich magisch an. Schon vor hundert Jahren war der Würmsee ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Menschen in Burgwedel und Umgebung. In den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts sollen an Wochenenden Hunderte Menschen dorthin gepilgert sein. So viel Betrieb ist heute dort Gott sei Dank nicht, auch wenn der See seit ein paar Jahren wieder eine kleine Renaissance erlebt. Zum Erlebnis Würmsee tragen sicher auch die (Kunst)Objekte am Ufer bei. Sie gefallen nicht allen, aber vielen – mir auch.

… trotzdem wagt eine Dame leicht bekleidet ein Sonnenbad

Die Plätze auf der kleinen Holzplattform und auf den beiden Liegen sind bei schönem Wetter fast immer besetzt – nicht nur von Badenixen aus Pappmaché. Baden kann man heute im See nicht mehr – früher, bevor das Freibad gebaut wurde, haben viele Burgwedeler dort schwimmen gelernt. Wer wollte, konnte ein Boot leihen und in See stechen. Heute würde man leider im Schlamm steckenbleiben. Denn der See verlandet, obwohl ständig Wasser hineingepumpt wird.

Lieblingsplatz Steg

Am gegenüberliegenden Ufer gab es einen kleinen Badestrand mit Sand – heute führt ein Steg in den See hinein. Dort sitze ich im Sommer oft, bis mich die Mücken vertreiben, träume von einem Haus oder einer Hütte am See – leben und schreiben mit Blick aufs Wasser.

Ein paar Meter weiter erinnert eine nachgebaute Hütte an die Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg am See wohnten. Unfreiwillig eher. Denn die einfachen Hütten im Wald boten denen Zuflucht, die ausgebombt waren oder geflüchtet vor einem Krieg, den sie selbst und die von ihnen gewählten Faschisten angezettelt hatten. Ob sie einen Blick hatten für die schöne Seesicht, um die ich sie beneide?

(K)ein Traum von schöner wohnen: Haus am See

Winterwanderung

Den ersten und vermutlich auch den letzten Schnee dieses Winters habe ich am vergangenen Wochenende gesehen. Nicht hier, im norddeutschen Flachland, sondern im Harz. Schnee lag auch dort erst ab ungefähr 800 Meter. Nicht wirklich viel, aber genug für ein bisschen Winterfeeling.

Gemeinsam mit Foe Rodens bin ich an zwei Tagen ab Torfhaus, der Basisstation für Wanderer und Wintersportler, gewandert. Am Freitag ging‘s auf den Brocken, der uns als höchster Berg Norddeutschlands besonders schneesicher schien. In den vergangenen Jahren bin ich gut ein dutzend Mal dort hinauf gewandert – aber noch nie im Winter.

Mystisch: der Brocken im Winter und im Nebel

Die Wanderung im Schnee war ein besonderes Erlebnis – und besonders eindrucksvoll, weil irgendwann unterwegs die Sonne hervorkam und sich der Gipfel unter blauem Himmel präsentierte. Die Landschaft war teilweise im Nebel verschwunden, ich hatte das Gefühl, über den Wolken zu sein, wo die Freiheit ja angeblich grenzenlos ist. Und irgendwann stieg aus dem Nebel ein Heißluftballon hervor.

… und aus dem Nebel steiget …

Unser Wanderziel am Sonnabend hat Foe entdeckt. Zum Glück, denn ich hatte von der Wolfswarte bisher noch nichts gehört. Dabei liegt die Felsformation nur etwa dreieinhalb Kilometer von Torfhaus entfernt – und zählt bei Naturliebhabern zu Recht zu den schönsten Wanderzielen im Harz. Schöner als auf dem viel berühmteren Brocken ist es auf dem Nebengipfel des Bruchbergs allemal – und längst nicht so überlaufen.

Blick von der Wolfswarte über den Harz. Im Hintergrund Altenau

Von der Wolfswarte hat man einen herrlichen Panoramablick über den westlichen Oberharz, zum Beispiel auf Altenau und Teile des Okerstausees. Doch nicht nur wegen des Ausblicks lohnt die Wanderung: Schon der Weg dahin ist so, wie ich mir einen Wanderweg wünsche: schmal, naturbelassen, teilweise recht steinig und feucht und daher bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt recht glatt.

Der Weg ist das Ziel . Foto: Foe Rodens

Ich werde sicher wiederkommen – und vielleicht beim nächsten Mal von Altenau aus das Hochplateau erwandern. Dann werde ich auch den 927 Meter hohen Gipfel des Bruchbergs erklimmen und das Naturdenkmal Okerstein besuchen, ehe ich hoffentlich wieder bei Sonnenschein und höheren Temperaturen den Ausblick von der Wolfswarte genieße.

Sündenfall

Wiederholt sich Geschichte? Seit gestern steigert sich das ungute Gefühl angesichts der hohen AFD-Wahlergebnisse zur Angst. Angst, dass Gandhi Recht hatte, als er sagte: „Die Geschichte lehrt die Menschen, daß die Geschichte die Menschen nichts lehrt.“

Vor ziemlich genau 90 Jahren, Anfang 1930, stellte die NSDAP in Thüringen den ersten nationalsozialistischen Minister in Deutschland. So weit ist es (noch) nicht. Doch seit gestern gibt es den ersten Ministerpräsidenten von Höckes und der AFD Gnaden. Und weil der erste Streich so gut funktioniert hatte, folgte schon gleich der nächste, sprich die nächste Entscheidung, die nur mit Hilfe der AFD zustande kam: Die Vertagung der Sitzung. Thomas Kemmerichs und  Mike Mohrings  Beteuerungen, nicht mit der AFD zusammenarbeiten zu wollen, wurden umgehend als Lüge entlarvt.

Wären an dem Tabubruch nur wenige Politiker von FDP und CDU beteiligt, könnte ich es unter Dummheit, Instinktlosigkeit oder Machtgeilheit einzelner verbuchen. Doch die CDU- und FDP-Abgeordneten in Thüringen haben mit einer oder zwei Ausnahmen geschlossen mitgemacht und sich vor Höckes Karren spannen lassen. Wussen sie wirklich nicht, was sie taten? Und wo war das Gewissen, dem Abgeordnete verpflichtet sind? Oder sind sie ihrem braunen Gewissen gefolgt, haben erst jetzt ihre wahre Einstellung gezeigt. Die Maske fallen gelassen.

Thüringen war, das lehrt die Geschichte, in der NS-Zeit ein Mustergau: 1932 erhielt die NSDAP bei den Wahlen zum Thüringer Landtag 42,5 Prozent der Stimmen. Im August 1932 wurde der Nationalsozialist Fritz Sauckel thüringischer Ministerpräsident, im Dezember rief er zum Judenboykott auf, Anfang  März 1933 wurde bei Weimar das erste Konzentrationslager Deutschlands errichtet. Und ein paar Jahre später Buchenwald. Haben CDU und Liberale das vergessen? Und haben sie nicht kapiert, dass man die bösen Geister, die man ruft, oft nicht wieder los wird?

Christian Lindner, Chef der AFDP, hat sich nicht wirklich von der Entscheidung seiner Parteifreunde in Thüringen distanziert. Ausgerechnet der Mann, der im November 2017 die Koalitionsverhandlungen mit CDU und Grünen kurz vor dem Abschluss mit den Worten platzen ließ: Besser nicht regieren als falsch regieren.“

Manchmal kann ich gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Lichtmess, Imbolc und die Geburt des Frühlings

Heute ist Lichtmess – der Tag, der jetzt in der katholischen Kirche offiziell Darstellung des Herrn heißt. Am 2. Februar endet – 40 Tagen nach dem Fest – die Weihnachtszeit. Erst an Lichtmess wurden traditionell in manchen katholischen Familien Krippe und Weihnachtsbaum abgeräumt.

So lange schaffen es unsere Weihnachtsbäume nie. Der letzte liegt schon seit Anfang Januar – in kleine Stücke zerschnitten – im Garten und wartet darauf, zur Grünannahme gebracht zu werden. Aber unsere Krippe werde ich heute abbauen und in den Keller bringen. Nur das kleine schwarze Schaf verlässt die heilige Familie und geht seinen eigenen Weg: Es zieht auf meinen Schreibtisch um und begleitet mich in diesem Jahr.

Dagegen verschwinden der Stern über meinem Bett und die Lichterkette am Fenster meines Arbeitszimmers bis Ende November in der Versenkung – sprich in den Weihnachtskisten. Ich brauche sie nicht mehr so dringend, wie in den letzten Wochen. Denn draußen ist es schon merklich länger hell – die Sonne geht etwa 35 Minuten früher auf und etwa 50 Minuten später unter als am kürzesten Tag des Jahres. Es geht wieder aufwärts, wenn auch langsam.

Angeblich haben die Kelten an Lichtmess oder Imbolc, wie der Tag im keltischen Jahreskreis heißt, zuerst alle Lichter in den Höfen gelöscht, bevor sie symbolisch mit heiligem Feuer wieder entzündet wurden. Sie feierten an diesem Tag die Geburt des Frühlings. Und es war der Beginn des bäuerlichen Arbeitsjahrs: Je nach Wetter fing die Feldarbeit wieder an. „An Lichtmess fängt der Bauersmann neu mit des Jahres Arbeit an“, hieß es.

Deshalb wage ich es auch, einige Pflanzen auszuwildern, die bis im Wintergarten überwintert: zwei Gaultherias, eine Christrose und ein paar Tulpen, die mein Mann mir schon Mitte Januar als Vorfrühlingsgruß mitgebracht hat.

Gruppenbild vor dem Umzug

Gaultherias und Helleborus macht Kälte ohnehin nichts aus – und bei Temperaturen, die nicht wirklich winterlich, sondern eher frühlingshaft sind, haben sogar die Tulpen draußen eine faire Chance.

Winter- und Frühlingspflanzen einträchtig nebeneinander: Gaultheria, Schneeglöckchen und Hyazinthe

PS:

Ein Freund aus meinem Heimatort an der Mosel hat den Blogpost gelesen und sich erinnert:

„Bei den Winzern gibt es den Spruch: ‚Mariä Lichtmess – spinnen vergess, Krümmes in de Hand un in de Wingert gerannt‘. Mein Vater hat ihn immer wieder gerne aufgesagt, damit allen klar war, dass jetzt wieder die Arbeit draußen beginnt. Übrigens: In der Weihnachtszeit wurden früher in den Winzerstuben die Weiden gemacht. Die Weiden wurden zuerst in zwei oder drei, sehr selten in vier Teile gespalten und dann mit der Weidenkneip auf der Innenseite geglättet indem man sie unter der Klinge auf einem Stück Leder, das man auf dem Knie festgebunden hatte, durchzog. Die Weiden wurden dann zum Binden der Reben an die Stöcke benutzt. Diese Winterarbeit habe ich als Jugendlicher noch gelernt und gemacht. … das war reine Männersache! Die Männer haben sich gegenseitig besucht, brachten die ein odere andere Flasche vom neuen Wein mit und haben die Weltpolitik wieder ins Lot gebracht … „

Wenn das immer noch funktionieren würde, sollte man auch heute wieder die Reben mit Weiden statt mit Plastik an die Drähte binden. Nötig hätte die Politik es. Und ökologischer wär’s außerdem …