Auf nach Herrenhausen

Endlich war ich wieder in den Herrenhäuser Gärten. Meine Jahreskarte war schon im Oktober abgelaufen und meist kaufe ich mir dann direkt eine neue. Denn ich mag die Gärten, vor allem den Bergarten und den frei zugänglichen Georgengarten, eigentlich zu jeder Jahreszeit. Aber im gefühlten Dauerregen von November bis Februar erschien mir ein Gartenspaziergang dann doch wenig verlockend. Im Großen Garten, der von Grachten umgeben ist, war sogar zeitweise Land unter. Einige Beete und Gewächshäuser standen Tagelang unter Wasser. Wie die Pflanzen das verkraftet haben, wird sich wohl erst in den nächsten Wochen zeigen.

Der Berggarten war von den Überschwemmungen nicht betroffen. Denn er liegt zwar, anders als sein Name vermuten lässt, zwar nicht auf einem Berg, aber doch etwas höher als sein großer Bruder. Der frühere herzogliche Küchengarten wurde laut Wikipedia auf dem Hang einer Eiszeit-Sanddüne angelegt (https://de.wikipedia.org/wiki/Berggarten). Gemüse wird hier schon lange nicht mehr angebaut, dafür wachsen im Berggarten heute rund 12.000 Pflanzenarten – zu jeder Jahreszeit andere.

Jetzt sind die Frühblüher an der Reihe – Scilla, Krokusse, Lenzrosen, Märzbecher, Primeln Narzissen und viele andere, deren Namen ich nicht kenne. Den Staudengrund durchzieht wieder das künstliche Bächlein und die Süntelbuche, mein Lieblingsbaum, zeigt sich – noch ohne Blätter – in ihrer ganzen Schönheit. Was aussieht, wie ein kleiner Wald, ist ein einziger Baum – im Sommer verdecken die Blätter die knorrigen Stämme, Äste und Zweige, die über oder unter der Erde miteinander verbunden sind.

Als die Süntelbuche (Fagus sylvatica ‚Tortuosa‘) im Berggarten um 1880 gepflanzt wurde, waren ihre freilebenden Verwandten schon weitgehend ausgerottet. Denn ihre kurzen, verdrehten, oft miteinander verwachsenen Äste und Stämme eignen sich weder gut als Bau- noch als Brennholz. Und wegen seines teilweisen bizarren Aussehens war das „Deuwelholts“ vielen Menschen unheimlich. Grund genug, den letzten Süntelbuchenwald in den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts abzuholzen.

Die Süntelbuche im Berggarten hat mit 145 Jahren ihre durchschnittliche Lebenserwartung schon erreicht. Die liegt nämlich „bei 120 bis 160 Jahren. Der waagerechte, statisch ungünstige Wuchs scheint das Auseinanderbrechen alter morscher Bäume zu beschleunigen, so dass 300 Jahre nicht erreicht werden“, heißt es bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Süntel-Buche). Im Berggarten stützt ein starker Zaun die alte Dame – und so ist zu hoffen, dass sie ein ähnliches Alter erreicht wie ihre Verwandten bei Raden im Auetal oder im Schlosspark von Haus Weitmar in Bochum. Beide sind über 250 Jahre alt, die Süntelbuche in Herrenhausen wird mich also hoffentlich lange überleben.

Übrigens: In Bad Nenndorf am Deister kann man Süntelbuchen fast in „freier Wildbahn“ bewundern. Fotos von der Süntelbuchenallee gibt es unter https://timetoflyblog.com/eine-allee-der-besonderen-art und unter https://foerodens.wordpress.com/2024/01/14/alt-und-knorrig-die-suntelbuchenallee/

Winter ade

Pünktlich zum Beginn des meteorologischen Frühlings zeigt sich das Wetter nach gefühlt drei Monaten Dauerregen von seiner freundlichen, wirklich frühlingshaften Seite. Die Sonne scheint und mittags ist es sogar manchmal so warm, dass ich ohne Jacke im Garten arbeiten kann.

Nach ein paar Arbeitseinsätzen sieht unser Garten wieder einigermaßen aufgeräumt aus. Mein Mann hat die Bäume geschnitten, ich habe die vertrockneten Stengel und das Laub vom letzten Jahr aus den Beeten entfernt, ebenso die Efeuranken, die sich partout nicht an unsere Absprache halten: An den Zäunen dürfen sie sich nach Herzenslust ausbreiten, die Beete sind efeufreie Zone.

Auch die Heckenrose neben dem Teich musste weichen: Wir haben sie abgeschnitten und die Wurzeln ausgegraben. Denn sie ist uns in den vergangenen Jahren nicht nur über den Kopf, sondern auch immer wieder über den Zaun gewachsen. Wir haben die Triebe zwar regelmäßig gestutzt haben, trotzdem ragten sie mit ihren spitzen Dornen über den Teich und – noch schlimmer – über den Rad-/Fußweg, der an unserem Grundstück vorbeiführt. Geblüht hat die Pflanze nur wenig – und die wenigen Blüten dufteten leider überhaupt nicht.

Im Moment wirkt der Platz neben dem Leuchtturm noch etwas kahl, aber die Stellenbeschreibung für Nachfolgerin am Teichrand ist schon fertig: Sie soll üppig blühen, duften, vogel- und bienenfreundlich sein und möglichst nicht höher als zwei Meter werden. Die Farbe ist nicht soooo wichtig, allerdings werden bei gleicher Qualifikation pink bis lila blühende Pflanzen bevorzugt.

Derzeit dominieren in unserem Garten lila Blüten: Krokusse, Scilla und Hyazinthen fühlen sich in unserem Garten wohl und vermehren sich selbst. Auch die Primel am Teich hat den Winter gut überstanden, nur die Veilchen zieren sich noch, aber sie wollen, um mit Eduard Mörike zu sprechen, wohl „balde kommen“. Für gelbe Farbtupfer sorgen Winterlinge, Krokusse, Narzissen und natürlich die Forsythien.

Wie ein blaues Band liegt das Blaukissen vor unserem Wintergarten. Wenn die ersten Blüten im Februar aufblühen, weiß ich, dass es Frühling wird. Im letzten Jahr hat Fine, die Katze unserer Nachbarn, gerne auf den blauen Blüten gelegen und sich gesonnt. Im Herbst ist Fine gestorben. Ich werde sie vermissen, auch wenn sie mich manchmal erschreckt hat, wenn sie plötzlich neben mir auftauchte.

Der Lesezwerg sitzt dagegen seit Jahren an der gleichen Stelle – im Sommer wie im Winter, immer in das gleiche Buch vertieft. Er zeigt seine Gefühle nicht, aber ich bin sicher, dass auch er sich auf den Frühling freut und die ersten Sonnenstrahlen auf seinem inzwischen fast nackten Körper genießt.

Wer Eduard Mörikes Gedicht „Er ist’s“ nachlesen will, findet es im Internet unter https://www.gedichte7.de/er-ists.html

Schwierige Beziehungen

„Welche Pflanze kostet euch am meisten Nerven und trotzdem könnt ihr nicht ohne sie?“ Diese Frage wurde vor einigen Tagen auf dem Instagram-Account #mein_schöner_Garten gestellt. Ich beteilige mich nur selten an solchen Umfragen, aber diesmal antwortete ich spontan: „Rittersporn“. Denn mein Verhältnis zu dieser Staude lässt sich kurz beschreiben: Ich liebe sie, aber diese Zuneigung beruht leider nicht auf Gegenseitigkeit.

Seit Jahren versuche ich, den Delphinium, so der offizielle Name des Rittersporns, in unserem Garten anzusiedeln – mal in dem Beet vor dem Wintergarten, meist aber in dem runden Rosenbeet. Denn angeblich ist Rittersporn ja ein idealer Begleiter für Rosen. Und sonnig, wie von Fachleuten empfohlen, sind beide Beete.

Trotzdem gibt der Delphinium in der Regel nur ein kurzes Gastspiel in unserem Garten. Spätestens am Ende des Sommer verschwindet er auf Nimmerwiedersehn. Nur einmal überlebte er den Winter und blühte im nächsten Jahr erneut. Doch mein Gärtnerinnenglück war nur von kurzer Dauer. Nach dem zweiten Saison ereilte auch diesen Rittersporn das Schicksal seiner Vorgänger. Er verblühte und ward nie wieder gesehen.

Leider ist der Rittersporn nicht die einzige Pflanze, die mich weniger mag als sie. Noch weniger Glück habe ich mit Sonnenblumen. In den Gärten der Nachbarn wachsen sie zuhauf, vermehren sich selbst und werden mannshoch, bei uns widersetzen sie sich leider allen Ansiedlungsversuchen. Obwohl ich schon unzählige Sonnenblumensamen ausgesät habe, ist unser Garten quasi eine sonnenblumenfreie Zone. Auch meine Hoffnung, dass sich aus den Kernen, die ich von Herbst bis Frühjahr für die Vögel ausstreue – mit oder ohne Umweg über den Vogelmagen – die eine oder andere Blüte entwickelt, wurde bislang enttäuscht. Wenn ich schon blühende Sonnenblumen mit Wurzeln kaufe und einpflanze, überleben sie oft nicht einmal die erste Nacht im Freien. Ich habe die Schnecken im Verdacht, aber überführen konnte ich sie bislang noch nicht.

Dass man die Hoffnung nie aufgeben soll, zeigen die Winterlinge (Eranthis hyemalis). Angeblich sind sie total pflegeleicht und im Garten einer Freundin bildeten sie in der Tat alle Jahre wieder von Februar bis April einen dichten gelben Teppich. In unseren Beeten zeigte sich dagegen keine einzige gelbe Blüte, so sehr ich mich auch um sie bemühte. Vor drei Jahren habe ich dann ein paar Zwiebeln aus Bärbels Garten aus- und in meinem Garten eingegraben. Leider vergeblich. Das habe ich sehr bedauert, nicht nur, weil ich Winterlinge mag, sondern vor allem, weil meine Freundin kurz nachdem sie mir die Zwiebeln geschenkt hat gestorben ist.

Weil ich ein blühendes Andenken an sie wollte, habe ich auch in diesem Jahr – wie in den beiden vorangegangenen – wieder Winterlinge gekauft und gepflanzt. „Es ist eure letzte Chance“, habe ich beim Einpflanzen gedroht.

Ob es Zufall ist oder ob die Drohung gewirkt hat, weiß ich nicht: Inzwischen haben sich an auch an zwei Stellen im Garten Winterlinge hervorgewagt. Ob sie aus Bärbels Garten stammen, weiß ich nicht und es ist mir auch egal: Hauptsache sie sind da.

Gartenbilanz

Die Gartensaison ist zu Ende. Nach dem ersten Nachtfrost vor zwei Wochen haben wir unsere Pflanzen aus der Sommerfrische auf der Terrasse in ihr Winterquartier geholt. Die letzte offene Gartenpforte in der Region Hannover wurde schon Anfang des Monats geschlossen. Und meine Dauerkarte für die Herrenhäuser Gärten ist vor ein paar Tagen abgelaufen. Ich habe in diesem Jahr zwar weniger offene Gärten besucht und war seltener als in den vergangenen Jahren in den Herrenhäuser Gärten. Trotzdem fällt meine Gartenbilanz positiv aus.

Schon der Auftakt war ungewöhnlich früh – weil in Italien – und verheißungsvoll. Der Giardino Bardini und der Giardino delle Roses waren definitiv meine Lieblingsorte in Florenz. Der Blick vom Giardino Bardini auf die Stadt ist wirklich traumhaft – und im Giardino delle Roses hat mir das Nebeneinander von Pflanzen und Kunst besonders gefallen. Dass die meisten der 400 Rosensorten noch nicht blühten, war schade, aber Mitte April selbst südlich der Alpen nicht anders zu erwarten. Dafür konnte ich als einzige Besucherin Garten, Kunst und natürlich den Blick auf Florenz ungestört genießen.

Wie Dornröschen fühlte ich mich dann einige Wochen später in Altwarmbüchen. Mehr als 250 Rosen – vor allem englische und historische Sorten – blühen im Garten von Silke Rex in den verschiedensten Farben. Und anders als die Rosen und Pfingstrosen in meinem eigenen Garten duften hier fast alle Blüten – in diesem Jahr wie mir schien sogar intensiver als in den vergangenen. Ich konnte mich gar nicht sattsehen und sattriechen und ich genieße es jedes Jahr aufs Neue, im rosenumrankten Pavillon und/oder am Teich zu sitzen.

Dass Silke Rex ihre Leidenschaft für Rosen erst vor einigen Jahren entdeckt und den Garten in ein Rosenparadies verwandelt hat, mag ich angesichts der Blütenpracht kaum glauben. Doch ich habe es in meinem Blog nachgelesen: Sie hat erst 2017 zum ersten Mal ihre Gartenpforte geöffnet. Seither ist ihr Garten einer meiner Lieblingsgärten in der Region Hannover. Ich bin sicher: Kurfürstin Sophie, die die Herrenhäuser Gärten geschaffen und mit Hilfe von Martin Charbonnier gestaltet hat, würde vor Neid erblassen, wenn sie den Garten sehen könnte. Und womöglich würde sie ihren Gartendirektor auf der Stelle entlassen.

Auch wenn Sabine Mazur-Lunze in Großburgwedel ihre Gartenpforte öffnet, trete ich gerne ein und bewundere den farbenprächtigen Garten mit Ziersträuchern, Sommerblumen, Stauden, Kübelpflanzen und idyllischen Sitzplätzen. Von den Akeleien wachsen inzwischen auch einige Abkömmlinge in meinem Garten. Denn im vergangenen Jahre durfte ich ein Tütchen mit Samen mitnehmen.

Zwei kleine, aber feine Klostergärten habe ich beim Wandern im Harz entdeckt. Die erste Etappe des Harzer Klosterwanderwegs beginnt am Kloster(garten) Neuwerk in Goslar und endet im Kloster Wöltingerode, wo es ebenfalls noch einen Garten mit Heil- und anderen Pflanzen gibt.

Ein besonderes Highlight in diesem Gartenjahr waren die Lost Gardens von Heligan in der Nähe von Mevagissey in Cornwall. Der Gutshof gehört seit mehr als 400 Jahren der Familie Tremayne. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Herrenhaus vermietet – die bis dahin gepflegten Gärten versanken in einen Dornröschenschlaf, aus dem Tim Smit sie erst Anfang der 1990er-Jahre wieder erweckte und ihnen neues Leben einhauchte.

Die 200 Hektar große Anlage besteht aus vier verschiedenen Bereichen: dem Ziergarten, dem Nutzgarten, dem Dschungel und dem Lost Valley. Besonders beeindruckend ist der Dschungel, in dem seit mehr als 150 Jahren subtropische Pflanzen wachsen, die man hier im eher nördlichen Teil Europas nicht vermutet. Doch im milden Klima Cornwalls gedeihen Bambus, Agaven, Farne, Palmen und Co ausgesprochen gut und erreichen beachtliche Höhen. So riesige Farne habe ich zuletzt in Milford Sound in Neuseeland gesehen.

Mit bis zu 60 Meter Durchmesser zählen die Rhododendren im Ziergarten laut Wikipedia zu den größten der Welt: Der britische Botaniker Joseph Dalton Hooker soll sie Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Himalaya mitgebracht haben (https://de.wikipedia.org/wiki/The_Lost_Gardens_of_Heligan).

Im Nutzgarten werden heute über 300 Obst- und Gemüsesorten angebaut, darunter viele, die vom Aussterben bedroht waren. Sehenswert sind auch die historischen Gewächshäuser und die Gruben, in denen früher Ananas gezüchtet wurden.

Besonders gut haben mir die beiden Erdskulpturen der Künstlerin Susan Hill gefallen. Vor allem The Mud Maid, das schlafende Mädchen, passt gut zu dem Garten, der so lange im Dornöschenschlaf lag.

Subtropische Pflanzen und ganz viel Kunst gibt es auch im Skulpturengarten von Barbara Hepworth. Der kleine Garten liegt, durch Hecken und Bäume vor den Blicken der Nachbarn und Passanten geschützt, mitten in Saint Ives und gehört zum Museum Barbara Hepworth. Die Bildhauerin, laut Website des Europäischen Gartennetzwerks (EGHN) „eine der bedeutendsten und innovativsten britischen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts“, lebte von 1949 bis zu ihrem Tod in dem kleinen Fischerort. Der avancierte auch durch Barbara Hepworth und ihren Freundeskreis zum Kunstzentrum Cornwalls. In ihrem Testament legte die Künstlerin fest, dass die Trewlyn Studios und der angrenzende Garten nach ihrem Tod als Ausstellung für Kunstinteressierte geöffnet werden sollten . Sie bestimmte auch, welche Skulpturen wo aufgestellt werden sollten (https://www.eghn.org/de/barbara-hepworth-1903-1975-bildhauerin/).

Barbara Hepworth starb 1975 bei einem Brand in ihrem Atelier. Weil in der Werkstatt nach ihrem Tod nichts verändert wurde, stehen dort noch zahlreiche unvollendete Arbeiten; außerdem sind fast zwei Dutzend ihrer Werke im Garten zu sehen, weitere Skulpturen und Gemälde im Tate Museum in Saint Ives, zu dem das Museum Barbara Hepworth inzwischen gehört.

Dass Kunst und Pflanzen hervorragend zusammenpassen, zeigt sich auch im Kunsthof Mehrum. In dem alten Landhausgarten mit Streuobstwiese, Nutz- und Kräutergarten präsentieren bildende Künstler zwischen Bäumen, Sträuchern und Stauden ihre Skulpturen und Objekte. Und auch auf der Landesgartenschau in Bad Gandersheim waren zahlreiche Kunstwerke zu sehen.

Die LAGA ist am 15. Oktober zu Ende gegangen. Die temporären Anlagen werden zurückgebaut, doch vieles, das für die Landesgartenschau angelegt wurde, bleibt: So wurde zum Beispiel der Bereich um die drei Osterbergseen und die Flüsse Gande und Eterna neu gestaltet und das seit 2018 geschlossene Freibad als Sole-Naturfreibad wiedereröffnet. Mir hat das Gartenbaugelände gut gefallen – und ich bin gespannt, wie es sich im nächsten Jahr entwickelt. Ich habe mir fest vorgenommen, wieder einmal nach Bad Gandersheim zu fahren.

Auf jeden Fall werde ich mir in den nächsten Tagen eine neue Dauerkarte für die Herrenhäuser Gärten besorgen. Denn dort endet die Gartensaison eigentlich nie.

Kluge Frauen – schöne Gärten

Geografie mangelhaft. Dass Bad Gandersheim so nah liegt und überdies mit öffentlichen Verkehrsmitteln so gut zu erreichen ist, wurde mir erst im vergangenen Jahr eher zufällig bewusst, als eine Streckensperrung mich auf einer Fahrt nach Bad Harzburg durch die am Harzrand gelegene Kurstadt führte. Merke: Umleitungen haben manchmal also durchaus auch etwas Gutes.

Seither steht Bad Gandersheim auf der Liste der Orte, die ich unbedingt besuchen wollte. Schließlich war die Stadt, genauer gesagt das Kloster Brunshausen, Wohn- und Wirkungsstätte von Hrotsvit von Gandersheim. Allen, die die Dame nicht kennen, sei’s gesagt: Hrotsvit oder auf Deutsch Roswitha lebte vor mehr als tausend Jahren, von etwa 935 bis 980. Sie war die erste deutsche Dichterin und eine der bedeutendsten des Mittelalters.

Kirche des Klosters Brunshausen

Das war wohl zumindest für einige Frauen doch nicht so finster, wie frau manchmal glaubt. Roswitha wurde in der Schule des Klosters in den sieben freien Künsten – Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik, Grammatik, Dialektik und Rhetorik – unterrichtet. Und sie lernte natürlich Latein, die Sprache, in der sie auch ihre Bücher verfasste. Zwei historische Werke über das Leben Kaiser Ottos I. und die Gründungsgeschichte des Stiftes Gandersheim hat sie geschrieben, außerdem sechs Dramen und acht christliche Legenden, darunter auch die Theophilus-Legende, in der sie als Erste den Urstoff des Faust bearbeitete, der dann durch Goethe berühmt wurde.

Weil ich nicht nur Literatur (vor allem von Frauen), sondern auch Pflanzen und schöne Gärten mag, war die Landesgartenschau ein willkommener Anlass, endlich nach Bad Gandersheim zu fahren. Eine gute Entscheidung. Denn das Gartenschau-Gelände mit vier ganz unterschiedlichen Parkbereichen und ganz viel Wasser war so recht nach meinem Geschmack: Zwei Bäche – Gande und Eterna – durchfließen das Areal, außerdem gibt es zahlreiche Seen und Teiche und im sogenannten Roswitha-Park ein Sole-Naturbad, in dem die BesucherInnen der Gartenschau schwimmen, sich sonnen und entspannen können.

Das habe ich natürlich getan, außerdem habe ich in diesem Bereich der Gartenschau meinen Füßen auf dem Barfußpfad etwas Abwechslung, im Kneipp-Becken Abkühlung gegönnt und schließlich an einem Weinstand einen leckeren Weinbergspfirsichsecco probiert, der definitiv nach mehr schmeckte.

Die verschiedenen Geräte im Spiel- und Sportpark habe ich dagegen nicht getestet. Ich habe mich weder auf die Slacklines getraut noch habe ich den Boulderfelsen erklettert, sondern bin, meinem Alter entsprechend, brav auf den Wegen bzw. auf dem Rasen geblieben. Zu sehen gab es genug, sechs kleine Themengärten beispielsweise …

… oder – nicht nur in diesem, sondern in allen Bereichen des Parks – verschiedene Kunstobjekte. Zum Nachdenken hat mich die Demutsbank angeregt, bei der eine Lautsprecherstimme daran erinnerte, dass es vieles gibt, wofür man oder frau dankbar sein sollten. Ganz gewiss für einen sonnigen, geschenkten Tag in einer schönen Umgebung.

Mein Lieblingsbereich war definitiv der Landschaftspark: An den Osterbergseen, wo vor nicht allzu langer Zeit Bergungspanzer der Bundeswehr übten, ist – der Gartenschau sei Dank – eine Augenweide für Gartenfans und ein Paradies für Insekten und Schmetterlinge entstanden. Unzählige Stauden verwandeln die Ufer der beiden künstlichen Seen in ein Blütenmeer. Und auf kleinen schwimmenden Gärten fühlen sich Wasservögel und Reiher wohl.

Auch mir hat es an den Seen sehr gut gefallen: Ich habe am Seeufer immer wieder kurze Pausen eingelegt, um zu lesen, zu schreiben, zu frühstücken oder einfach nur aufs Wasser zu schauen und das Leben und den Tag zu genießen.

Natürlich bin ich auch an der Gande entlang zum Kloster Brunshausen spaziert, das als „Keimzelle“ von Bad Gandersheim gilt. Der Weg führt durch das Landschaftsschutzgebiet Auepark, den weitgehend naturbelassenen Bereich der Gartenschau. Von einem 150 Meter langen Holzsteg kann man jetzt bislang versteckte Teiche und Tümpel sehen und die dort lebenden Wasservögel beobachten.

Am nördlichen Ende – oder Anfang – des Aueparks liegt das Kloster auf einem kleinen Hügel. In der Klosterkirche habe ich mir die Ausstellung angesehen, die an Roswitha und andere starken Frauen erinnern, die vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein im Kloster lebten. Im Kirchenschiff sind außerdem kostbare Textilien ausgestellt – und auf der Empore können sich die BesucherInnen – passend zur Landesgartenschau – auf eine Zeitreise durch die Gartengeschichte begeben.

Dort liegt auch eine Auswahl der Bücher der Autorinnen aus, die mit dem Roswitha-Literaturpreis ausgezeichnet wurden. Die Stadt Gandersheim hat den Preis im Jahr 1973 gestiftet – im Gedenken an die berühmteste Tochter der Stadt. Preisträgerinnen waren viele Schriftstellerinnen, deren Bücher ich schätze: Marie-Luise Kaschnitz und Hilde Domin beispielsweise, Ilse Aichinger, Ulla Hahn, Ruth Klüger, Cornelia Funcke und Julia Franck. Außerdem wird die beliebteste Schauspielerin bei den Gandersheimer Domfestspielen alljährlich mit dem Roswitha-Ring  der Stadt Bad Gandersheim geehrt.

Die romanische Stiftskirche, davor die Tribünen der Freilichtbühne

Vielleicht werde ich mir im nächsten Jahr einmal eine Vorstellung ansehen, die auf der Freilichtbühne vor der romanischen Stiftskirche stattfindet. Dann habe ich sicher auch Gelegenheit, die Stadt zu besichtigen. Zu entdecken gibt es dort einiges: die Stiftskirche mit ihrer Doppelturmfassade natürlich, zahlreiche Renaissance- und Barockgebäude oder das Sommerschloss Brunshausen mit eindrucksvollen Wandmalereien und kostbaren Büchern. Und natürlich werde ich dann noch einmal an Gande, Eterna und den Osterbergseen entlangspazieren und den Blick aufs Wasser genießen.

Kunst, Kloster, Gärten

Ich mag Kunst und ich mag schöne Gärten: Und so war der Tag der offenen Gartenpforte im Kunsthof Mehrum eine willkommene Gelegenheit, einen alten Landhausgarten und die Werke von drei Künstlern – Arne Stahl (Malerei), Lothar Feige (Metallskulpturen) und Bernd Rutkowski (Glasobjekte) – zu sehen.

Der Kunsthof stand schon lange auf meiner To-visit-Liste, aber bislang hatte mich die ziemlich lange Fahrt abgeschreckt. Denn Mehrum liegt am anderen Ende der Region Hannover, an der Grenze zu den Landkreisen Hildesheim und Peine. Mit Öffis braucht man für eine Strecke gut zwei Stunden und muss mindestens zweimal umsteigen.

Auf der Hinfahrt am Sonntagmorgen waren die Busse und die Straßenbahn glücklicherweise ziemlich leer; auf der Rückfahrt leider nicht, weil die Fans von Hannover 96 zum letzten Heimspiel ihrer Mannschaft fuhren. Hätten sie geahnt, was auf sie zukommt – eine 1:5-Klatsche gegen Holstein Kiel und eine laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung ziemlich unterirdische Leistung – wären einige sicher zu Hause geblieben.

Ich habe die Fahrt dagegen nicht bereut: In dem fast 3.000 Quadratmeter großen Garten des Kunsthofs gibt es neben Obst-, Gemüse-, Kräuter- und Blumenbeeten auch eine Streuobstwiese und andere naturbelassene Bereiche mit Sitzecken und einem Skulpturenpfad. Besonders gut haben mir die Glasarbeiten von Bernd Rutkowski gefallen; die eine oder andere würde sich sicher auch in unserem Garten gut machen. Außer vielen Anregungen und schönen Impressionen habe ich auch die Broschüren mit Informationen über die Offenen Gartenpforten in den Landkreisen Peine und Hildesheim mit nach Hause genommen. Und sicher werde ich auch einmal einen Blick in die Gärten der Nachbarregionen werfen.

Einen Garten am Harzrand hatte ich zwei Tage zuvor auf dem Weg zu einem Arzttermin eher durch Zufall entdeckt: An dem Romanischen Garten in Goslar bin ich bislang immer achtlos vorbeigegangen, obwohl er ganz in der Nähe des Bahnhofs auf dem Weg in die Altstadt liegt. Allerdings versteckt er sich wie die Neuwerkkirche hinter einer hohen Mauer. Die romanische Kirche gehörte früher zum Kloster „St. Maria in horto“, Maria im Garten. Es wurde im 12. Jahrhundert als Benediktinerinnenkloster gegründet, nach der Reformation im Jahr dann 1528 evangelisch und in ein Damenstift umgewandelt, in dem die unverheirateten Töchter wohlhabender Goslarer Familien lebten.

Die Klostergebäude und den Kreuzgang gibt es nicht mehr, in einem Teil des früheren Klostergartens wachsen allerdings heute wieder Pflanzen, die in den mittelalterlichen „Gartenbüchern“ verzeichnet sind – neben heute noch bekannten wie Pfingstrose oder Salbei auch fast vergessene Nutzpflanzen wie die afrikanische Kuhbohne. Schilder an den Beeten verraten nicht nur den deutschen Namen, sondern auch die botanische Bezeichnung und die Herkunft der Pflanzen, in normaler und in Brailleschrift.

Ich werde künftig sicher öfter hier Station machen. Und vielleicht wandere ich auch einmal auf dem Harzer Klosterweg, der an der Neuwerkkirche beginnt und unter anderem über die Klöster Wöltingerode, Ilsenburg und Himmelspforte bis zur Klosterkirche Sankt Marien in Quedlinburg führt.

Umbau in den Herrenhäuser Gärten

Die Herrenhäuser Gärten überraschen mich bei jedem Besuch aufs Neue. Diesmal mit zahlreichen Zitruspflanzen, die rund um den Schmuckhof, zwischen Bibliothekspavillon, Subtropenhof und den Schauhäusern, aufgereiht sind. Zur Citrus-Sammlung der Herrenhäuser Gärten sollen mehr als 70 verschiedene Arten und Sorten gehören – historische ebenso wie Neuzüchtungen.

Die meisten der kälteempfindlichen Zitruspflanzen können Otto-Normal-BesucherInnen wie ich nur im Sommer bewundern. Im Winter verschwinden sie dann wieder in den Überwinterungshäusern, die nicht öffentlich zugänglich sind (https://orangeriekultur.de/pages/orangerien/orangerien-und-glashaeuser-in-deutschland/niedersachsen/orangerie-sammlung-der-herrenhaeuser-gaerten-hannover.php).

Das ändert sich, wenn das neue Schauhaus fertig ist. Es soll das alte Kanarenschauhaus ersetzen, das  – 1984 gebaut – „abgängig und auch viel zu niedrig“ für Phönixpalmen, Kanarische Kiefern und Co. war (https://www.hannover.de/Herrenhausen/Herrenhäuser-Gärten/Berggarten/Neues-Ausstellungshaus/Ein-neues-Schauhaus-für-den-Berggarten).

Das neue Schauhaus wird etwa 1.000 Quadratmeter groß, bis zu 9 Meter hoch und in drei Bereiche gegliedert. Neben den Pflanzen von den Kanarischen Inseln und aus dem Mittelmeerraum finden dort künftig auch Zitrus- und andere Kübelpflanzen sowie – in einem speziellen Warmwasserbecken – die tropische Victoria-Riesenseerose eine neue Heimat. Die Riesenseerose, auch Amazonas-Riesenseerose genannt, gilt mit einem Blattdurchmesser von bis zu drei Metern als größte Seerosen-Art der Welt. Sie war schon Mitte des 19. Jahrhunderts in den Herrenhäuser Gärten zu bewundern, doch das nach ihr benannte Victoriahaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Das neue Schauhaus ist vermutlich erst 2025 fertig. Eine andere „Baustelle“ gleich nebenan wird hoffentlich schneller beseitigt. Wo im vergangenen Jahr noch Pfingstrosen, Rittersporn und andere Schmuckstauden standen, hatte sich die Ackerwinde ausgebreitet. Winden sehen zwar hübsch aus, überwuchern aber schnell andere Pflanzen. Die Senkwurzeln der Ackerwinde reichen bis zu zwei Meter tief. Um die Schlingpflanzen zu bekämpfen, wurde der Boden in einem Teil des Schmuckstaudenbeets ausgehoben. Doch im nächsten Jahr grünt und blüht es hier hoffentlich wieder.

Die Pfingstrosen halten sich derzeit noch etwas zurück, doch pünktlich zu Pfingsten am kommenden Wochenende werden die meisten Knospen sich wohl öffnen.

Die Akeleien blühen dagegen schon in den verschiedensten Farben, ebenso die Rhododendren im Rhododendronhain.

Im Staudengrund ist der kleine künstliche Bach kaum noch zu sehen; dafür entdecke ich eine Mohnpflanze, die ich bislang noch nicht kannte: Der Marienkäfer-Mohn, eine Zwergmohn-Art, verdankt seinen Namen einem großen schwarzen Fleck auf jedem seiner vier leuchtend roten Blütenblätter. Wie gesagt, die Herrenhäuser Gärten überraschen mich bei jedem Besuch aufs Neue.

Wechsel im Wintergarten

Die Eisheiligen sind vorbei, aber schon vor dem Besuch der kalten Dame Sofie hatten wir fast alle Blumen aus ihrem Winterquartier im Wintergarten auf die Terrasse gebracht. Nur die Yucca darf in diesem Jahr drinnen bleiben: Sie ist einfach zu groß und schwer, um sie rauszutragen – und mit dem Seitenast passt sie kaum mehr durch die Wintergartentür.

Die anderen Pflanzen haben die ersten Nächte draußen recht gut überstanden, obwohl es noch ziemlich frisch ist. Aber unter null sind die Temperaturen hier nicht mehr gesunken; außerdem stehen zumindest Zitruspflanzen, Strelitzie, Osterkaktus und Drachenbaum an der Hauswand recht geschützt.

Zu den Zimmerpflanzen haben sich gestern die Kräuter gesellt, die ich bei „meiner“ Kräuterfrau auf dem Markt gekauft habe. Ananassalbei und Strauchbasilikum leisten der Olive Gesellschaft. Ihre Vorgänger haben, wie auch der große Salbeistrauch im runden Kräuterbeet, den Winter nicht überstanden. Ich hoffe, dass sein noch junger Nachfolger an der gleichen Stelle genauso gut wächst und gedeiht.

Den Knoblauch hat mein Mann zu den Tomaten in sein Hochbeet gepflanzt, die essbaren Blüten stehen jetzt neben der Künstlerrose im Beet vor dem Wintergarten, wo wir Anfang des Jahres den vom Buchsbaumzünsler befallenen Buchsbaumstier ausgraben mussten. Vielleicht werde ich die ersten blauen Blüten schon heute pflücken und über den Salat streuen. Sie schmecken lecker und wachsen immer wieder nach, hat die Kräuterfrau versprochen, und auf ihren Rat ist eigentlich immer Verlass.  

Nach dem Auszug der Pflanzen gehört der Wintergarten wieder uns. Aber so aufgeräumt wie jetzt wird er wohl nicht lange bleiben. Meine Kiste mit Büchern, Schreib- und Zeichenutensilien steht schon bereit; und auch mein Mann wird seine Hobbyutensilien schon bald hier ausbreiten. Denn vom Mai bis in den Herbst hinein wird der Wintergarten zum viel genutzten Schreib-, Mal-, Lese-, Arbeits-, Ess-, Wohn- und Hobbyzimmer.

Sind Nomen Omen?

Ist er wieder da? habe ich Ende März in einem Blogbeitrag gefragt. Inzwischen kenne ich die Antwort. Ja, er ist! Rip van Winkle, die Narzisse mit dem literarischen Namen, ist wieder aufgetaucht. Und zwar nicht nur eine, sondern sogar zwei Blüten. Allerdings nicht dort, wo ich sie vermutet habe, sondern etwa zwei Meter von der Stelle entfernt, an der ich die Zwiebeln eingepflanzt habe.

Natürlich wundert es mich nicht wirklich, denn schließlich ist die Narzisse nach einem bekannten Herumtreiber benannt: Nach Rip van Winkle, einem Bauern mit einer „unüberwindlichen Abneigung gegen alle Arten von erklecklicher Arbeit“, über den der amerikanische Schriftsteller Washington Irving eine Kurzgeschichte geschrieben hat (https://de.wikipedia.org/wiki/Rip_Van_Winkle).

Sind Nomen, also Namen, wirklich Omen, also Zeichen oder Programm, wie schon der römische Komödiendichter Plautus (um 250–184 v. Chr.) behauptet hat?

Davon, dass Namen etwas über die Persönlichkeit der TrägerInnen aussagen oder ihr Leben, zum Beispiel die Berufswahl, beeinflussen, sind manche NamensforscherInnen und PsycholgInnen überzeugt. So fand der Sozialpsychologe Brett Pelham laut Süddeutsche Zeitung bei der Auswertung von Namenslisten, Berufsverzeichnissen und Melderegistern heraus. dass Amerikaner, die George oder Geoffrey heißen, auffallend oft Geowissenschaflter werden. Dennis, Denise und Denny arbeiten angeblich überproportional häufig als Dentisten, also Zahnärzte; Lawrence und Laurie g in Rechtsberufen, wie es schon in ihren Namen (Law = Recht) anklingt (https://www.sueddeutsche.de/wissen/psychologie-wie-der-name-unser-schicksal-praegt-1.691365-0).

Es soll sogar einen sogenannten Name-Letter-Effekt geben. Der wurde laut Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik 1985 vom belgischen Sozialpsychologen Joseph Nuttin definiert. Er behauptete, „dass der Anfangsbuchstabe des Vornamens eines Menschen allerlei Entscheidungen seines Lebens unbewusst beeinflussen würde. In seiner extremen Interpretation besagt der Name-letter-effect, dass selbst die Wahl des Wohnorts und von Lieblingsgetränkemarken, aber auch die Wahl von Freunden durch eine solche Sympathie für den Anfangsbuchstaben des Vornamens mitbestimmt wird“ (https://lexikon.stangl.eu/21573/name-letter-effekt). Allerdings ist umstritten, dass es den Effekt wirklich gibt; es könnte sich auch um eine statistische Fehlinterpretation handeln.

Mindestens ebenso fraglich ist, ob Eltern ihrem Kind mit dem ausgewählten Namen auch bestimmte Eigenschaften übertragen können, ob Felix oder Beate also besonders glücklich, Yilmaz besonders furchtlos ist. Nachgewiesen ist allerdings, dass bestimmte Namen bestimmte Assoziationen hervorrufen und Vorurteile erzeugen – positive wie negative. Vor allem Kevins haben es schwer. So stand in einem Fragebogen für eine Studie der Uni Oldenburg der Kommentar: „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose!“ (https://www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2009/390.html). Aber auch SchülerInnen, die Justin, Chantal oder Mandy heißen, gelten der Studie zufolge als verhaltensauffälliger und leistungsschwächer als beispielsweise Simon, Hannah oder Marie.

Apropos Marie: Auch ich heiße mit zweitem Namen Maria – wie (fast) alle Evas, die ich kenne. Es scheint, als hätten unsere Eltern mit diesem Zweitnamen ein positives Gegengewicht zum ersten schaffen wollen, der zumindest mit Blick auf die Geschichte von Adam und Eva nichts Gutes verhieß. Schließlich war Evas Ungehorsam der Grund (oder der Vorwand), warum die Menschen aus dem Paradies vertrieben wurden. Sie ließ sich von der Schlange verführen, pflückte und aß den Apfel vom Baum der Erkenntnis (wer würde das nicht), obwohl Gott es ausdrücklich verboten hatte. Und sie überredete auch Adam, gegen Gottes Gebot zu verstoßen.

Maria, die Mutter Jesus, tat dagegen, so erzählt es die Bibel, was Gott von ihr verlangte. Sie bekam ihren Sohn, obwohl sie nicht verheiratet war. Mit ihrem Gehorsam riskierte sie als ledige Mutter sicher Schimpf und Schande, und auch Josef, ihr Verlobter, hätte sie ja bekanntlich fast verlassen.

Einer Bekannten, die wie ich Eva Maria heißt, erzählten ihre Eltern, dass man sie Maria gerufen hätte, wenn sie eine ganz Brave gewesen sei. Das war sie wohl nicht, und so blieb sie Eva – ebenso wie ich. Und das ist gut so.

Betrachtet man die hebräische Bedeutungen der Namen, taugt Maria als braves Gegengewicht zur Eva im Übrigen nur bedingt. Denn Maria bedeutet nicht nur „Meeresstern“, „die Geliebte“ und „die Fruchtbare“, sondern auch „die Widerspenstige“ (https://www.vorname.com/name,Maria.html). Und neben der eher braven Gottesmutter Maria gibt es in der Bibel noch Maria Magdalena: Sie zählte laut Lukasevangelium zu den Frauen, die Jesus „von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte“. Sieben Dämonen sollen aus ihr ausgefahren sein, bevor sie dann treue Anhängerin Jesus wurde, für seinen Lebensunterhalt und den seiner Jünger sorgte und erste Zeugin seiner Auferstehung wurde (https://www.katholisch.de/artikel/14103-apostelin-mit-verruchtem-image). Und Eva heißt übersetzt „die das Leben gebende“ – eine durchaus positive Bedeutung also. So kann man sich irren.

Auch ich habe mich im März übrigens geirrt. Die unaufgeblühte Pflanze, die ich in meinem Blogbeitrag zeigt, war zwar eine Narzisse, aber sie war eben nicht Rip van Winkle. Vor ein paar Tagen sind endlich die Blüten zum Vorschein gekommen. Ihr Geheimnis hat sie allerdings nicht enthüllt. Denn ich habe sie gewiss nicht gepflanzt. Ich weiß also weder, woher sie kommt noch wie sie heißt.  Aber irgendwann werde ich es vielleicht erfahren. Und darüber berichten. 

Ist er wieder da?

Ist er’s – oder ist er’s nicht? Diese Frage stelle ich mir, seit vor etwa zwei Wochen Knospen an einer Narzisse sichtbar wurden. Sie sind spät dran, ihre Verwandten im Garten sind schon längst aufgeblüht. Und sie stehen auch nicht an genau der Stelle, an der ich die Zwiebeln im letzten Jahr eingepflanzt habe, aber immerhin in der Nähe.

Dass sie es nicht an dem ihnen zugewiesenen Platz ausgehalten haben, sondern ein Stück gewandert sind, nährt meinen Verdacht, dass es Rip van Winkle sein könnte. Denn Namen – lateinisch Nomen – sind ja angeblich nicht Schall und Rauch, sondern Omen. Und Rip van Winkle, der Namenspatron der von mir vermissten Narzisse, war ja der Kyffhäusersage nach ein Herumtreiber und Tunichtgut. Er hielt nicht viel von Arbeit, streifte stattdessen lieber durch die Gegend, vergaß dabei gerne die Zeit und ließ seine Mitmenschen warten. Von seinem letzten Waldspaziergang kehrte er angeblich erst nach 20 Jahren wieder zurück.

So lange muss ich nicht warten. In den nächsten Tagen werden auch die Nachzügler-Narzissen ihre Blüten öffnen und ihr Geheimnis lüften. Und während in der Sage niemand den alten Mann kannte, der behauptete, dass er schon immer im Dorf gelebt hatte, werde ich Rip van Winkle erkennen. Schließlich ist sie die einzige gefüllte Narzisse in meinem Garten. Denn ihre Vorgänger, die ich vor ein paar Jahren in den Herrenhäuser Gärten gekauft und eingepflanzt habe, sind und bleiben verschwunden (https://timetoflyblog.com/gartenerkenntnisse; https://timetoflyblog.com/rip-van-winkle-bleibt-verschwunden).

Sie blühten nur einen Frühling und sind danach verschwunden

Rip van Winkles weiter Weg aus der Kyffhäusersage in den modernen Roman wird unter https://de.wikipedia.org/wiki/Rip_Van_Winkle beschrieben.