Schöne Aussichten im Südharz

Nach mehr als zwei Monaten bin ich wieder einmal im Harz gewandert. Meine Kollegin Foe hatte die Route ausgesucht: Start- und Zielpunkt war Ilfeld am südlichen Harzrand. Im Südharz bin ich  noch nie gewandert; dass ich schon einmal in der Gegend war, wurde mir erst beim Schreiben dieses Blogbeitrags bewusst. Im Frühjahr 2007 hatte ich an der Harzquerung teilgenommen – das ist ein schon zu DDR-Zeiten beliebter Lauf von Wernigerode nach Nordhausen, der die Wende zum Glück überlebt hat und im kommenden April zum 44. Mal stattfindet.

Damals brauchte ich laut Ergebnisliste 5 Stunden und 23einhalb Minuten für die etwa 51 Kilometer lange Strecke, auf der „nebenbei“ noch 1.200 Höhenmeter bewältigt werden mussten. Bei unserer Wanderung am vergangenen Wochenende waren es „nur“ 420 Höhenmeter auf elf Kilometer. Zwei markante Punkte, an denen ich bei der Harzquerung vorbeigelaufen bin, lagen auch diesmal auf unserem Weg: Am Ilfelder Ortsteil Netzkater sind wir auf dem Hin- und Rückweg vorbeigefahren, den Poppenberg haben wir erwandert. Wiedererkannt habe ich beide Punkte nicht, ich habe mich nicht einmal mehr an die Namen erinnert. Aber die Harzquerung ist mir als der landschaftlich schönste Lauf in meinem Läuferinnenleben im Gedächtnis geblieben.

Fast 20 Jahre später hat mir unsere Wanderung rund um Ilfeld ebenfalls sehr gut gefallen. Die Wege sind so, wie ich mir Wanderwege wünsche – überwiegend schmal und naturbelassen. Meist gingen wir durch lichte Laubwälder mit hohen Buchen und Eichen. Vom Borkenkäfer und Klimawandel zerstörte Baumgerippe haben wir auf der Tour, anders als auf der An- und Abreise über Braunlage und Torfhaus, kaum gesehen.

Zwischendurch gab’s immer wieder wunderschöne Ausblicke, zum Beispiel von den Falkensteinklippen über das südliche Harzvorland. In einigen Tälern lag der Nebel wie eine dicke Watteschicht, doch wir waren hoch genug, saßen auf dem Fels in der Sonne und schauten in die Weite.

Auf dem Poppenberg, mit 600 Metern ohnehin der höchste Punkt unserer Wanderung, ging es noch höher hinaus. Auf dem Gipfel hat laut Wikipedia der Zweigverein Nordhausen des Harzklubs im Jahr 1894 einen 33,5 m hohen Turm in Stahlfachwerkbauweise errichtet. Er wurde zu Ehren des Waldbesitzers Fürst Otto zu Stolberg-Wernigerode „Fürst-Otto-Höhe“ getauft und erinnert ein bisschen an den Eiffelturm in Paris. 177 Stufen führen auf die Aussichtplattform über den Baumwipfeln, von der ich über den Südharz bis zum Kyffhäuser und Richtung Norden bis zum Brocken und zum Wurmberg schauen konnte (https://de.wikipedia.org/wiki/Poppenberg_(Harz)).

Noch älter als der Aussichtsturm ist die Wetterfahne: Das Ilfelder Wahrzeichen wurde erstmals 1872 nach dem Deutsch-Französischen Krieg aufgestellt und seither mehrmals erneuert. Ins Gipfelbuch haben wir uns nicht eingetragen, wohl aber einen weiteren Stempel in unserem Wanderpass gesammelt.

Blick von der Wetterfahne auf Ilfeld

Danach ging es ziemlich steil bergab nach Ilfeld, vorbei am Gänseschnabel, einem markanten Felsen aus Porphyrit. Die dazu gehörige Sage kann man sich dank eines QR-Codes direkt vor Ort anhören: Sie handelt von einem Mädchen, das vor langer, langer Zeit hier die Gänse hütete, und von einem Mönch. Die beiden verliebten sich ineinander und wurden von einer bösen Hexe in zwei Felsen verwandelt. Seitdem stehen sie sich versteinert auf verschiedenen Seiten des Flüsschens Bere gegenüber und finden wie die zwei Königskinder in der Ballade nie zueinander (https://www.harzlife.de/sagen/gaenseschnabel-moench.html).

Der Gänseschnabel

Diese Wanderung, das habe ich mir fest vorgenommen, soll nicht die letzte im Südharz gewesen sein.  Der Drei-Täler-Blick lockt mich ebenso wie der Ahornpark in Ilfeld mit fast 270 zum Teil alten Ahornbäumen, die jetzt im Herbst einen Hauch Indian Summer in den Harz bringen.  Und auch bis zum Naturschutzgebiet zwischen Netzkater und Sophienhof ist es nicht weit: Im Brandesbachtal sollen unter anderem Schwarzstorch, Rauhfußkauz, Wanderfalke, Grau- und Schwarzspecht zu Hause sein.

Monatsrückblick September 2024

Zwei Dinge waren charakteristisch für „meinen“ September: Ich war im vergangenen Monat viel unterwegs und habe ganz wenig geschrieben.

Schreiben

Nach 40 Jahre Lohnschreiberei brauchte ich einfach eine Auszeit vom Schreiben. Auf unserer Reise durch Schweden habe ich drei Wochen lang außer Tagebuch, Morgen- und Abendseiten nichts geschrieben – und die Pause hat mir gut getan. Wieder zurück in Deutschland, kehre ich allmählich in die Welt der Schreibenden zurück. Dabei helfen mir die Verabredungen zum Schreiben – online und live – mit einer Schreibfreundin sowie die Schreibimpulse von Denise Fritsch, die jeden Morgen in meinem Mailfach landen.

Schule

Den Frauenschreibtreff im Autorinnenzentrum, eigentlich ein fester Termin in meinem Kalender, habe ich im September ich ausfallen lassen. Denn morgens mussten wir noch für unsere Schwedenreise packen, die am 3. September begann, nachmittags sind wir dann schon gen Norden gestartet. Am Montag und Dienstag wurden nämlich zwei Enkelkinder in Hamburg ein- bzw. umgeschult. Yunus kam in die weiterführende Schule, seine kleine Schwester Ayda in die Grundschule. Im Leben der Kinder sind das wichtige Tage – und wir sind froh, dass wir sie miterleben durften.

Schweden

Über unsere Schwedenreise habe ich schon ausführlich berichtet (https://timetoflyblog.com/schweden-im-herbst). Weil wir an der Südküste entlangfahren wollten, hatten wir einen Platz auf der Fähre von Travemünde nach Trelleborg gebucht. Außerdem ersparten wir uns so den Stau vor der Fehmarnsundbrücke und die eher langweilige Fahrt durch Dänemark. Dass die Fähre einen Umweg über Rostock machte, wurde uns erst bewusst, als wir im Hafen eincheckten. Gestört hat es uns nicht, denn die Seefahrt war bei schönem Wetter ganz entspannt – und dauerte trotz des Zwischenstopps in Meck-Pomm nicht viel länger als die Fahrt mit dem Auto.

Für einen bekennenden Wasserfan wie mich ist Schweden ein Traum. Ein See, ein Fluss oder das Meer sind eigentlich immer in der Nähe, manchmal sogar See, Fluss und Meer. Im Süden haben mich vor allem die hübschen Städte mit viel Flair begeistert, im Norden die Natur. Besondere Highlights waren Stockholm und die nordschwedische Küstenregion Höga Kusten. Die Felslandschaft ist vor Zehntausend Jahren aus dem Meer gewachsen und wächst heute noch immer, wenn auch nur kaum messbar um acht Millimeter im Jahr.

Auch wenn mir die Hohe Küste besonders gut gefallen hat: Schöne Landschaften mit tollen Ausblicken gab es eigentlich überall. So lagen alle 13 Campingplätze, auf denen wir übernachtet haben, an einem Gewässer; meist konnten wir sogar direkt vom Wohnmobil aus auf einem See, einen Fluss oder aufs Meer sehen. Und so sind auf der Reise viele schöne Fotos entstanden, zum Beispiel von Sonnenauf- und -untergängen.

Schwimmen

Apropos Wasser. Ich bin gerne am Wasser, aber schwimmen ist – alle die mich oder meinen Blog kennen wissen es – nicht mein Sport. Mit dem Bahnenschwimmen im Schwimmbad tue ich mich schwer, aber wenn ich an einem See oder am Meer bin, kann ich meist nicht widerstehen und will hinein.

Auch auf dieser Reise bin ich an fast allen Orten, an denen wir Station gemacht haben, ein bisschen geschwommen, wenn auch der doch schon recht niedrigen Wassertemperaturen wegen meist nur kurz. Toll war das Meer bei Simrishamn und Ystad: So hohe Wellen habe ich an der Ostsee noch nie erlebt. An den Höga Kusten war das Wasser spiegelglatt und  deutlich kälter. Weil aber die Sauna am Skuleberget Havscamp direkt am Wasser steht, konnte ich mich aufwärmen, bevor ich ins Wasser eingetaucht bin.

Auf dem nächsten Campingplatz in Byrske habe ich dann kein Bad, sondern – ungewollt – ein Schlammbad genommen. Als ich von einem Steg sprang, versank ich bis zu den Oberschenkeln im Schlick. Einen meiner Schuhe konnte ich noch herausziehen, der andere blieb verschwunden. Darauf, im Lille Luleälv zu schwimmen, habe ich dann verzichtet. Denn Jokkmokk liegt nördlich des Polarkreises – und in der zweiten Nacht im Arctic Camp sanken die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Inzwischen schneit es dort, erzählt mein Mann.

So abgehärtet, schreckten mich die herbstlichen Temperaturen in Deutschland nicht. Wieder zurück in Burgwedel, bin ich jeden Morgen ins Freibad gefahren – und als am 29. September die Freibadsaison endete, hatte ich auch meine zweite Zehnerkarte restlos „abgeschwommen“. Irgendwie hat es sogar Spaß gemacht, wenn ich mich einmal aufgerafft und meinen inneren Schweinehund überwunden habe. Jetzt habe ich vor, im nächsten Jahr wieder einmal eine Saisonkarte zu kaufen und regelmäßig schwimmen zu gehen. Doch ob der gute Vorsatz den Winter übersteht, ist fraglich.

Schöne Bilder: „KUNST in BEGEGNUNG“.

Auch ein bisschen Kunst gab es am letzten Septemberwochenende in Burgwedel. 18 Jahre lang haben KünstlerInnen und KunsthandwerkerInnen ihre Werke ausgestellt – in Büros, öffentlichen Gebäuden oder auch in ihren eigenen Ateliers. Weil es an finanzieller und organisatorischer Unterstützung sowie ein bisschen auch an NachwuchskünstlerInnen fehlte, sollte im vergangenen Jahr mit „Kunst in Bewegung“ eigentlich Schluss sein. Doch dann haben es sich die OrganisatorInnen zum Glück anders überlegt. Aus Kunst in Bewegung wurde Kunst in Begegnung.

Was sich außer dem Namen und dem Logo geändert hat, ist mir nicht ganz klar. Die Erkennungszeichen – die orange lackierten Fahrräder, die orangenen Fahnen und selbst das Kürzel KIB sind gleich geblieben. Und wie in den vergangenen Jahren habe ich es genossen, durch die Stadt zu gehen und mir die Arbeiten von rund 30 KünstlerInnen und KunsthandwerkerInnen anzusehen. Einige wie Heidrun Schlieker, Christine Küppers oder Elke Seitz kenne ich schon sehr lange

andere wie Kerstin Bässmann, Annette Böwe und Ulrich Saloga habe ich erst in diesem oder im letzten Jahr kennengelernt und interessante Gespräche geführt.

Neben altbekannten waren in diesem auch einige neue Ausstellungsorte dabei. Einige HausbesitzerInnen haben ihr Herz für die Kunst entdeckt und für die Kunstaktion derzeit leerstehende Räume zur Verfügung gestellt. Und so hoffe ich, dass im nächsten Jahr die Fortsetzung von Kunst in Begegnung folgt.  

Schweden im Herbst

Ich bin wieder da – zurück in Deutschland und zurück bei meinem Blog. Drei Wochen war ich in Schweden unterwegs und habe mir in dieser Zeit eine Blogpause gegönnt.

Wir waren schon ein paar Mal  in Schweden, aber bei unseren früheren Besuchen sind wir immer möglichst schnell Richtung Norden gefahren. Mein Mann ist süchtig nach Polarlichtern – und die sieht man eben am häufigsten und am intensivsten nördlich des Polarkreises. Weil Jokkmokk ein guter Ort für Nordlichter ist, war Arctic Camp auch diesmal das Ziel unserer Reise. Doch anders als in den vergangenen Jahren haben wir uns diesmal mehr Zeit genommen und auf dem Weg viele Orte besucht, die ich schon immer mal sehen wollte.

Ystad

Ich bin – oder war – ein Kurt-Wallander-Fan. Ich habe alle oder doch zumindest fast alle Krimis von Henning Mankell gelesen. Und so war ein Besuch in Ystad, wo Kommissar Kurt Wallander und sein Team ermittelten, für mich natürlich ein Muss. Die kleine Stadt an der schwedischen Südküste hat sich auf die Krimileserinnen und -seher eingestellt. Es gibt Stadtführungen auf den Spuren des Kommissars und Flyer, in denen verschiedene Schauplätze aufgelistet und im Stadtplan eingezeichnet sind. So ausgestattet, habe ich nicht nur Originalschauplätze wie die Mariagatan, in der Wallander wohnte, die Polizeistation und Fridolfs konditori, Wallanders Lieblingscafé, entdeckt, sondern ein wirklich interessantes Städtchen mit kleinen Gassen und hübschen, oft bunt angestrichenen Häusern kennengelernt. Sehr gut hat mir auch das ehemalige Franziskanerkloster mit den Klostergärten gefallen. Neben einem Rosengarten gibt es einen Apfelgarten, in dem auch Feigen-, Birnen-, Mandel- und Walnussbäume sowie Flieder- und Maulbeersträucher wachsen, einen Kohlgarten, einen Kräutergarten und einen Pfingstrosengarten. Zum Schluss habe ich noch die Ystad Studios besichtigt, in denen u.a. die Innenaufnahmen von Wallanders Wohnung und des Polizeistudios gedreht wurden.

Ales Stenar und Simrishamn

Auf dem Weg nach Simrishamn, der nächsten Etappe auf unserer Reise, haben wir Ales Stenar, deutsch „Die Steine von Ale“, in der Nähe von Kaseberga besichtigt. Auf einem fast 40 Meter hohen Hügel direkt am Meer sind insgesamt 59 bis zu drei Meter hohe und bis 1,8 Tonnen schwere Steine in Form eines Schiffs angeordnet. Mit 67 Meter Länge und 19 Meter Breite ist Ales Stenar laut Wikipedia „eine der größten erhaltenen Schiffssetzungen (schwedisch skeppssättning) in Skandinavien“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Ales_stenar).  Und von dem steinernen Schiff aus hat man aus einen weiten Blick übers Meer.

Ein Teil der Steine wurden übrigens bei Simrishamn gebrochen und über mehr als 20 Kilometer nach Kaseberga transportiert. Das war sicher um das Jahr 600, als das Monument entstand, keine leichte Aufgabe. Mit unserem Wohnmobil haben wir die Strecke schneller und bequemer bewältigt.

Simrishamn, an der Südostküste gelegen, ist weniger bekannt als Ystad, aber nicht weniger sehenswert. Kopfsteingepflasterte Gassen und die oft bunten alten Häuser verleihen dem Ort ein besonderes Flair.

Öland …

… ist, glaubt man den Reiseführern, wegen des milden Klimas und der schönen Strände eine sehr beliebte Ferieninsel. Selbst die schwedische Königsfamilie verbringt hier auf Schloss Solliden ihren Sommerurlaub. Wir haben natürlich nicht im Schloss, sondern auf einem Campingplatz in der Nähe der Ölandbron übernachtet. Zwei Tage lang haben wir mit Blick auf die imposante Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet, und auf den Kalmarsund Beine und Seele baumeln lassen, am dritten Tag sind wir – an zahlreichen Mühlen vorbei – gen Süden zum „Langen Jan“ gefahren. Er ist der höchste Leuchtturm Schwedens, die neben dem Leuchtturm gelegene Vogelstation Ottenby ist ein Mekka für Vogelfans.

Mich hat die Insel zugegebenerweise nicht wirklich beeindruckt. Vielleicht hätten wir eher nach Norden zur Inselhauptstadt Borgholm oder zum „Langen Erik“, dem Leuchtturm an der Nordspitze, fahren sollen. Vielleicht waren wir aber auch nur genervt wegen der Warnung, die seit Beginn der Fahrt ständig auf dem Tacho aufleuchtete: „Abgassysstem überprüfen“, forderte uns der Bordcomputer permanent auf. In einer Werkstatt in Kalmar wurde uns – oder unserem Wohnmobil – mit einem Software-Update schnell und ohne Termin geholfen.

Ich habe die Werkstattzeit genutzt, um durch Kalmar zu spazieren:  Das Schloss Kalmar stand früher direkt an der dänischen Grenze. Es wurde im 12. Jahrhundert als Burg erbaut, im 16. Jahrhundert dann zum Schloss umgebaut und ist laut Wikipedia eines der besterhaltenen Renaissanceschlösser Nordeuropas (https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Kalmar). Neben dem imposanten Schloss erscheinen die Häuser in der Gamlastan, der alten Stadt, besonders winzig. Das frühere Stadtzentrum wurde im Jahr 1640 auf die Insel Kvarnholmen verlegt – aus „befestigungstechnischen Gründen“, wie Wikipedia weiß. Im gleichen Jahrhundert, zwischen 1660 und 1699, wurde auch die Domkyrka gebaut, die von außen gar nicht wie eine Kirche aussieht (https://de.wikipedia.org/wiki/Dom_zu_Kalmar).

Vimmerby

Hat jemand das Schwedenbild von Menschen in aller Welt mehr geprägt als Astrid Lindgren? Ich glaube kaum. Mich haben ihre Bücher fast mein ganzes Leben lang begleitet. „Rasmus Pontus und der Schwertschlucker“ war in den sechziger Jahren das erste Lindgren-Buch, das ich gelesen habe; Pipi Langstrumpf habe ich erst kennengelernt, als die Filme mit Inger Nilsson im Fernsehen gezeigt wurden. Meine Eltern hielten die Geschichten über ein Mädchen, das sich die Welt macht, wie es ihm gefällt, wohl nicht für die geeignete Lektüre für ihre Tochter. Mit meiner Tochter habe ich dann die Lotta-Bücher entdeckt und auf unserer Fahrt durch Schweden dann die Tagebücher gelesen, die Astrid Lindgren während der Zweiten Weltkriegs geführt hat. Ihr Titel „Die Menschheit hat den Verstand verloren“ passt leider allzu gut in die heutige Zeit.

Natürlich wollte ich Vimmerby besuchen, den Ort, in dem Astrid Lindgren geboren wurde, aufgewachsen und auch begraben ist. Denn vieles, was sie als Kind erlebt hat, und mancher Schauplatz taucht in ihren Büchern auf. So steht das Vorbild für Pippi Langstrumpfs Limonadenbaum im Garten der Pfarrhofs bei Astrid Lindgrens Elternhaus.  Astrid Lindgrens Näs, so der Name des Hofes, auf dem Familie Lindgren lebte, ist heute Teil eines Museums, in dem eine Ausstellung über das Leben und das Werk der Schriftstellerin informiert. Auf dem Marktplatz lädt eine von Marie-Louise Ekman geschaffene lebensgroße Statue zu einem Date mit der Schriftstellerin ein. Auch der der Süd-, der Nord- und der Mittelhof aus Bullerbü sind dort en miniature aufgebaut.Im Themenpark Astrid Lindgrens värld können große und kleine Lindgren-Fans auch Bikenlund, das Kirschblüten- und das Heckenrosental besuchen und Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und andere Heldinnen aus den Kinderbüchern treffen.

Stockholm

„Stockholm hat eindeutig das Potenzial zu (m)einer Lieblingsstadt“, habe ich einen Tag später in mein Tagebuch geschrieben. Dass ich mich in die schwedische Hauptstadt verliebt habe, kam nicht unerwartet. Ich liebe Städte, die am Wasser liegen, und Wasser findet man in Stockholm überall. Es macht laut Wikipedia „etwa 30 Prozent der Stadtfläche aus“. Die älteren Stadtviertel wurden auf 14 Inseln gebaut, die durch über 50 Brücken verbunden sind; zum Stockholmer Schärengarten (Skärgården) sollen etwa 24.000 größeren und kleineren Inseln gehören (https://de.wikipedia.org/wiki/Stockholm). Mehr Wasser geht wohl kaum. Und ich konnte mich nicht sattsehen.

Drei Tage lang bin ich kreuz und quer durch die Straßen gelaufen, habe das schöne Wetter genutzt, um Stockholm zu Fuß zu erkunden: die vier ältesten Inseln – Gamlastan, Riddarholmen Skeppsholmen und Kastellholmen – ebenso wie angrenzenden Stadtteile Norrmalm, Östermalm und Södermalm. Und ich war nicht die einzige, die die Sonne genießen wollte, bevor der Winter beginnt. Überall saßen Menschen: in Cafés, Restaurants oder auf den zahllosen Bänken auf Plätzen und in Parks, die zum Verweilen einladen. Begeistert haben mich nicht nur das Wasser und die grandiose Architektur, sondern auch die Atmosphäre. Ich habe bislang noch keine (Groß)Stadt erlebt, die so viel Flair hatte, so lebendig war und gleichzeitig so entspannt und unaufgeregt. Oder doch, Siena vielleicht. Aber da fehlte halt das Wasser.

Eins ist sicher: Mein erster Besuch in Stockholm soll nicht mein letzter sein. Denn ich habe mir zwar viele Sehenswürdigkeiten von außen angesehen, aber keine von innen. Das will ich nachholen, wenn ich das nächste Mal in der Stadt bin. Das Nationalmuseum steht ebenso auf meiner To-visit-Liste wie das Viking Museum und das ABBA Museum. Und natürlich will ich in die Stadsbiblioteket, die Stadtbibliothek, gehen. Denn die beherbergt angeblich nicht nur mehr als zwei Millionen Bücher und andere Medien, sondern gilt mit dem zylindrischen Hauptgebäude auch als kulturelles Wahrzeichen und „ein Meisterwerk des nordischen Klassizismus und des Funktionalismus“ (https://go2stockholm.de/bauwerk/stockholms-stadsbibliotek/).

Höga Kusten

Die zwischen Härnösand und Örnsköldsvik gelegene Höga Kusten habe ich vor zwei Jahren entdeckt, als wir auf einem kleinen Campingplatz am Skuletberget übernachtet haben. Damals habe ich mir vorgenommen, beim nächsten Mal dort zu wandern. Die Hohe Küste soll die höchste Küste der Welt sein und ist wegen der ausgeprägten Landhebung seit 2000 UNESCO-Weltnaturerbe, (https://www.hogakusten.com/de/hogakustenleden). Die Übernachtung auf dem Snibbens Camping habe ich unter anderem deshalb eingeplant, weil der Platz nur zwei Kilometer von der Höga-Kusten-Brücke entfernt liegt und (daher) laut Website ein „natürlicher Ausgangspunkt für Ausflüge und Wanderungen“ ist (https://camping.se/de/camping/3040/Snibbens-Camping-Stugby-Vandrarhem). Dass die fast zwei Kilometer lange Hängebrücke über den Ångermanälven nur mit dem Auto überquert werden darf, war mir bei der Planung nicht bewusst. Und so sind wir vom Campingplatz aus zwar mit Blick auf das Weltnaturerbe gewandert, aber nicht im Gebiet selbst. Schön war es trotzdem, und die kurze Wanderung auf den Prästberget hat sich schon allein wegen des Blicks auf die Höga Kusten und auf die „schwedische Golden-Gate-Bridge“, mit 186 Metern Höhe das zweithöchste Bauwerk Schwedens, gelohnt. Auch die Lage des Campingplatzes direkt an einem See hat uns gut gefallen. Unser Wohnmobil stand – wie oft auf dieser Reise – direkt am Wasser und weil auch die Himmelsrichtung stimmte, konnte mein Mann am Morgen des 18. September quasi vom Auto aus die partielle Mondfinsternis fotografieren (https://www.facebook.com/utz.schmidtko/).

Auf den Skuletberget bin ich dann auch noch gestiegen. Weil ich nicht meine hohen Wanderschuhe mithatte, habe ich statt des steilen Grottstigen die leichtere Route über den Östra Bergstigen gewählt. Eine gute Entscheidung, denn auch die „familienfreundliche“ Variante hatte es streckenweise in sich, bot aber tolle Ausblicke auf die Fjordlandschaft, die entstand ist, als die Eismassen nach der letzten Eiszeit abschmolzen. Der fast 300 Meter hohe Gipfel des Skuletberget war damals Teil einer Insel und ragte gerade einmal neun Meter aus dem Wasser. Ein in den Fels eingelassener Metallstreifen markiert die frühere Küstenlinie und lässt erahnen, welche gigantischen Kräfte damals gewirkt haben.  

Jokkmokk

Nach einer Übernachtung in Byske Havsbadet bei Skellefteå und einem Zwischenstopp am Storforsen, den größten Stromschnellen Skandinaviens, kamen wir nach zweieinhalb Wochen und rund 2200 Kilometern in Jokkmokk an. Für meinen Mann ist das Arctic Camp fast ein „zweiter Wohnsitz“, er war schon oft dort, um Polarlichter zu fotografieren. Und auch diesmal begrüßten ihn die Lichter gleich am ersten Abend. 

Für mich endete in Jokkmokk die gemeinsame Reise mit dem Wohnmobil. Mir ist es im Herbst im hohen Norden zu kalt und zu dunkel – gleich in der zweiten Nacht sanken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt. Und so bin ich nach drei Wochen von Lulea aus nach Deutschland zurückgeflogen. Mein Mann tourt noch ein paar Wochen mit dem Wohnmobil durch den Norden – auf der Jagd  nach Polarlichtern. Seine Bilder sind auf seiner Facebook-Seite zu sehen (https://www.facebook.com/utz.schmidtko/).

Monatsrückblick August 2024

Zwei Drittel des Jahres sind vorbei, mit dem August endet auch der meteorologische Sommer, Er war laut EU-Klimadienst Copernicus der heißeste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn, auch das laufende Jahr steuere auf einen Höchstwert zu, meldete die Tagesschau am 6. September (https://www.tagesschau.de/wissen/klima/sommer-hoechststand-temperatur-100.html). Und trotzdem wählen immer mehr Menschen eine Partei, die den Klimawandel oder besser gesagt die Klimakatastrophe leugnet.

Zwischen Nordsee und Harz …

… war ich im August unterwegs. Am Anfang des Monats waren wir mit dem Wohnmobil ein paar Tage an der Nordsee, und zwar wieder auf unseren „Stammstellplatz“ in Duhnen. Der liegt direkt an der Nordsee und in der Nähe von Cuxhaven. Mir gefällt die Stadt mit vielen alten, hübsch restaurierten Häusern und vielen kleinen Läden.  Sie sind geblieben, als oder vielleicht gerade weil die großen Kaufhäuser geschlossen haben. Mein Lieblingsladen ist ein Schreibwarenladen namens Skribifax, dessen Inneneinrichtung noch aus dem vorletzten Jahrhundert zu stammen scheint. Meine Lieblingsschreibhefte gibt es dort auch: A5-Kladden von Claire Fontaine mit flexiblem Einband. Natürlich habe ich mich wieder eingedeckt, weil mein Vorrat zur Neige ging.

Mit meiner Tochter bin ich im Harz an der Ecker entlanggewandert. Vor der Wende verlief hier die innerdeutsche Grenze. Wer versuchte, das Bächlein zu überqueren, riskierte sein Leben. Ein mulmiges Gefühl hatten wir, als wir ein Stück entferntim Gebüsch ein Wildschwein sahen. Schon vorher war uns ein strenger Geruch aufgefallen. Offenbar stimmt es, dass man Wildschweine riecht, bevor man sie sieht. Wir waren auf jeden Fall froh, dass die Tiere ebenso wenig an einer Begegnung mit uns interessiert waren wie wir an einem Treffen mit ihnen.

In Hamburg war ich im August zwei Mal, einmal mit dem Auto, einmal mit dem Zug. Fazit: Mit dem Auto dauerte die Fahrt sonntagsmittagsvon Burgwedel bei Hannover bis nach Burgwedel bei Hamburg drei Stunden, zurück waren wir abendsnicht viel schneller. Mit Nahverkehrszug, U-Bahn und Bus brauche ich nicht länger – und die Fahrt ist nicht nur weniger stressig, sondern dank 49-Euro-Ticket auch viel preiswerter. Vielleicht ist die Deutsche Bahn ja doch nicht ganz so schlecht wie ihr Ruf.

Caspar David Friedrich in Hannover

Eigentlich wollte ich mir ja eine der beiden großen Caspar-David-Friedrich-Ausstellungen ansehen, die im 250. Geburtsjahr des vielleicht bedeutendsten deutschen Malers der deutschen Romantik in Hamburg und Berlin gezeigt wurden. Doch irgendwie kam immer etwas dazwischen.Zum Glück gibt es jetzt eine Kabinettausstellung quasi direkt vor der Haustür. Im Landesmuseum Hannover sind in sechs Gemälde von Caspar David Friedrich aus dem eigenen Bestand zu sehen – darunter die Werkfolge „Vier Tageszeiten“, laut Museum „der einzige vollständig erhaltene Tageszeitenzyklus des Künstlers an einem Ort überhaupt“ (https://www.landesmuseum-hannover.de/tageszeiten).

Die Ausstellung hat mir gefallen, die Erläuterungen haben mir die Bilder und ihre Entstehungnäher gebracht. Aber ein Caspar-David-Friedrich-Fan bin und werde ich sicher nicht. Und so traure ich den versäumten Ausstellungen in Berlin und Hamburg nicht wirklichnach.

Oper Open Air

Besser spät als nie: Was ich im Rückblick auf den Monat Juli über die Konzertreihe Klassik in der Altstadt geschrieben habe, gilt auch für das Klassik Open Air im Maschpark von Hannover. Die Open-Air-Konzerte unter dem Motto „Oper für alle“ gibt es schon seit zehn Jahren, wir waren in diesem Mal zum ersten Mal dabei. Die NDR-Radiophilharmonie und drei OpernsängerInnen – die Sopranistin Pretty Yende, der Tenor Kang Wang und der Bariton Simon Keenlyside – präsentierten im Jubiläumsjahr die Höhepunkte der vergangenen Open-Air-Konzerte. Mit uns waren 25.000 Menschen in den Maschpark gekommen, um Arien und Duette aus „Tosca“, „La Traviata“, „La Bohème“, „Rigoletto“, „Don Giovanni“, „Der Bajazzo“ und „Cavalleria rusticana“ zu hören.

Wir hatten unsere Picknickdecke auf der der Bühne gegenüberliegenden Seite des Maschteichs ausgebreitet und erlebten das Geschehen auf einer Videoleinwand hautnah. Es war ein wunderschöner Abend, der mich an die beiden Opernabende in der Arena von Verona erinnerte. Und mein erstes Klassik Open Air wird sicher nicht mein letztes.

Art Journal

A propos letztes. Im vergangenen März habe ich, angeregt von Frau Landau (https://www.instagram.com/frau_landau/), mein Art Journal angefangen (https://timetoflyblog.com/eine-art-journal). Jetzt, nach fast anderthalb Jahren, habe ich mit einer Seite aus dem Programm des Klassik Open Air die letzte Doppelseite des Buchs gestaltet. Es ist weniger ein Art Journal als ein Erlebnis- oder Reisejournal: Ich habe nur wenig selbst gezeichnet. Aber was beim ersten Art Journal (noch) nicht ist, kann beim nächsten ja werden. Das nächste Journal habe ich schon angefangen. Die ersten Einblicke gibt es vielleicht schon im nächsten Monatsrückblick.

Monatsrückblick Juli 2024

Der erste Monat der zweiten Jahreshälfte ist vorbei, die Tage werden schon wieder kürzer. Das merke ich vor allem, wenn ich morgens auf der Empore meine Morgenseiten schreibe – jetzt fast immer, bevor die Sonne aufgeht.

Unterwegs

Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten war ein Monat komplett auftragsfrei – gar nicht zu arbeiten ist für mich irgendwie immer noch ungewohnt, obwohl ich inzwischen seit fast zwei Jahre Rentnerin bin. Und so war ich im Juli recht viel unterwegs: Ich war an der Ostsee (https://timetoflyblog.com/ostsee-statt-normandie), im Harz (https://timetoflyblog.com/auf-dem-hexenstieg), in Thüringen (https://timetoflyblog.com/auf-nach-thueringen) und in Schwerin.

Die Landeshauptstadt von Meck-Pomm wollte schon lange besuchen. Zwei Tage nachdem das UNESCO Welterbekomitee das Residenzensemble Schwerin in die Liste der Weltkulturerbe aufgenommen hatte, war es dann endlich so weit.

Zum Residenzensemble Schwerin gehören neben dem Schweriner Schloss, laut Wikipedia das Musterbeispiel eines historistischen Residenzschlosses, weitere 37 Gebäude (https://de.wikipedia.org/wiki/Residenzensemble_Schwerin). Wie viele ich davon gesehen habe, weiß ich nicht. Denn ich habe mich durch die Stadt und den Tag treiben lassen – ohne Plan und bestimmte Ziele. Repräsentative Gebäude begegnen einem dort auf Schritt und Tritt. Selbst der Bahnhof, auf dem ich angekommen und abgefahren bin, ist Teil des Residenzensembles Schwerin und damit UNESCO-Welterbe.

Natürlich war ich am Schloss, einst Wohnsitz der Herzöge, später Museum und seit der Wiedervereinigung auch Sitz des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern. Ich habe unter anderem das Theater, das Museum, den Marstall, das Alte Rathaus, das Kollegiengebäude, heute Sitz der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern, und die wunderschönen alten Villen an der Werderstraße bewundert. Und vom Turm des Doms habe ich den Blick auf die Stadt und die Umgebung genossen, während im Turm die Mittagsglocken läuteten.

Wer wie ich gerne am Wasser ist, hat dazu in Schwerin reichlich Gelegenheit. Ich bin am Unteren Ostorfer See, am Pfaffenteich, am Ziegelsee, am Burgsee und am Schweriner See entlangspaziert. Besonders gut gefallen hat es mir im Burggarten, der das Schloss umgibt. Dort habe ich auch meine beiden Lieblingsplätze gefunden: den Pavillon zwischen den Rosenbeeten und die Orangerie, beide mit Blick auf den Schweriner See. Hier wäre ich gerne geblieben – und ich werde gewiss wiederkommen. Spätestens im Dezember, denn der Weihnachtsmarkt in der Altstadt soll sehr schön sein.   

Am Würmsee

Einer meiner Lieblingsorte in Burgwedel ist der Würmsee – und immer, wenn ich dort bin, frage ich mich, warum ich mir nicht öfter die Zeit nehme, die paar Kilometer zu radeln, um am Ufer zu sitzen oder eine Runde um den See zu spazieren.

In den vergangenen Sommern war der Teich fast verlandet, weil das Grundwasser, das ihn speist, stark gesunken war. Doch nach den regenreichen Monaten ist der Wasserspiegel noch immer hoch, der See reicht fast bis an meine Lieblingsbank heran. Dort sitzen Fuchs, Reiher, Eisvogel und Kröte friedlich zusammen und stellen allen, die vorbeikommen, die gleiche Frage: „Was brauchst du für dein Leben?“

Den vieren machen die vielen Stechmücken offenbar ebenso wenig aus wie den Gänsen, die den immer noch halb überfluteten Steg zum Boot besetzt haben. Auf mich stürzten sich die stechenden Plagegeister, sobald ich stehen blieb. Nur den Steg mit den Badenden hatten sie offenbar noch nicht entdeckt – und so konnte ich auf der hölzernen Liege zumindest eine kurze Schreib-, Denk- und Kaffeepause einlegen.

Klassik in der Altstadt

Manchmal frage ich mich, warum ich etwas bislang nicht wahrgenommen hat. Zum Beispiel das Festival „Klassik in der Altstadt“, das sich längst über Hannover hinaus einen Namen gemacht hat. Schon zum 21. Mal organisierte Ariane Jablonka, Inhaberin der Agentur AJ Classic und des Musikhauses Döll, in diesem Jahr die Konzertreihe mit Nachwuchsmusikerinnen und -musikern, die an der Musikhochschule Hannover oder am Institut zur Früh-Förderung musikalisch Hochbegabter (IFF) studieren. Die Konzerte auf dem Alten Marktplatz und in der Kreuzkirche dauern etwa eine halbe Stunde. Der Eintritt ist frei, die Atmosphäre viel lockerer als bei „normalen“ klassischen Konzerten und das Publikum gemischter. Etwa 10.000 Menschen kamen in diesem Jahr zu den insgesamt 20 Konzerten an drei Samstagnachmittagen.

Mich haben besonders begeistert die Konzerte der Frühstudierende des IFF begeistert. Im ersten zeigten Jannes Wald (Saxofon), Finja Händel (Flöte) und Nepheli Elsas (Klavier) zunächst solo, dann gemeinsam ihr Können. Noch jünger als die drei ist Charlotte Melkonian, die danach auftrat. Die erst elfjährige Cellistin, die noch die Vorklasse des IFF besucht, avancierte zum Publikumsliebling und gewann den Publikumspreis. Vielleicht löst sie ja in ein paar Jahren Sol Gabetta als meine Lieblingscellistin ab.

Nach meiner Premiere stand fest: Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei, vielleicht dann mit meinen musikalischen Enkeltöchtern.

Olympische Augenringe

Alle vier Jahre läuft bei uns zwei Wochen lang der Fernseher heiß: Während der Olympischen Spiele schaue ich mir Sportsendungen an, wann immer ich Zeit habe. Mich interessieren – von wenigen Ausnahmen wie Boxen, Ringen, Gewichtheben und Schießen abgesehen – fast alle Sportarten.  Und auch die Eröffnungs- und Abschlussfeier sind eigentlich nicht mein Ding. Eigentlich. Denn die Eröffnungsfeier der 33. Olympischen Spiele am Abend des 26. Juli in Paris hat mich begeistert. Sie fand nämlich nicht wie (fast) alle Eröffnungsfeiern vor ihr in einem Stadion statt, sondern mitten in Paris und auf der Seine. Und sie war eine spannende Reise durch die französische Geschichte und Kultur. Besonders gut gefallen haben mir die Skulpturen der für die Frauenbewegung bedeutenden Frauen. Unter anderem Christine de Pizan, Olympe de Gouges, Simone Veil und Simone de Beauvoir schwimmen jetzt in der Seine. Ob sie auch nach dem Ende der Spiele bleiben dürfen? Ich bin gespannt.

Weiteres Highlight war Jeanne d’Arc, die auf einem Pferd aus Metall auf der Seine von der Pont d’Austerlitz bis zum Place du Trocadéro ritt und die Olympische Fahne überbrachte. Und auch für die Olympische Flamme haben sich die Organisatoren etwas Besonderes einfallen lassen. Sie schwebt in einem Gasballon bis zum Ende der Spiele heute Abend über dem Jardin des Tuileries am Louvre. Und vielleicht sehe ich nach der gelungenen Eröffnung heute Abend auch zu, wie die Olympischen Spiele enden und die Flamme erlöscht.

Wie viel Zeit bleibt

Vor fünf Jahren, am 31. Juli 2019, starb meine Mutter. Sie war 95 Jahre alt, ihre Kräfte und ihr Lebenswillen hatten in den letzten Wochen immer mehr nachgelassen. Seit ihrem Tod sind viele andere Menschen aus meinem Bekannten- und Freundeskreis gestorben. Fast alle waren viel jünger als meine Mutter, einige sogar jünger als ich. Die beiden Freundinnen beispielsweise, die ich schon sehr lange kannte – dass wir uns erst einige Jahre vor ihrem Tod angefreundet haben, bedaure ich sehr. Von der einen konnte ich mich verabschieden, von der anderen nicht. Bei unserem letzten Treffen ahnten wir beide nicht, dass wir uns nicht wiedersehen würden.

Seit ich von ihrem Tod erfahren habe, frage ich mich immer wieder, wie viel Zeit mir noch bleibt – und wie ich sie gestalten möchte. Und ich nehme mir vor, das Leben mehr zu genießen, öfter in den Tag hineinzuleben, wie an manchen Tagen im Juli. Carpe diem.

Auf nach Thüringen

Ich gebe zu: Die gar nicht mehr so neuen Bundesländer sind für mich immer noch weitgehend Terra incognita. Natürlich war ich in den vergangenen 35 Jahren schon an manchen Orten, am häufigsten an der Ostsee, auf dem Darß und auf Usedom. Ich bin im Elbsandsteingebirge und vor allem im Harz gewandert. Ich war in Dresden, Leipzig und in Potsdam. Mein Besuch in Weimar war bislang der einzige im „Freistaat Thüringen“, obwohl geschichtsträchtige Städte wie Gotha, Mühlhausen, Erfurt oder Eisenach quasi direkt vor der Haustür liegen und mit dem Nahverkehrszug und mit dem 49-Euro-Ticket recht gut zu erreichen sind. Also auf nach Thüringen, solange es noch geht. Solange es das Deutschlandticket noch gibt und die AfD in Thüringen noch nicht an der Macht ist.

Noch ist Thüringen nicht verloren. Statement am Rathaus in Mühlhausen

Ob Gotha oder Erfurt hatte ich noch nicht entschieden, als ich morgens in den Zug stieg. Beide sollen zu den schönsten Städten Thüringens zählen. Doch weil mir der Sinn eher nach beschaulicher Residenz- als nach lebhafter Landeshauptstadt stand, bin ich in Gotha ausgestiegen. Auch dass dort in der Gaststätte Tivoli im Jahr 1875 die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), die heutige SPD, gegründet wurde, sprach für die Stadt.

Hoch über der Altstadt thront Schloss Friedenstein, laut Wikipedia der größte frühbarocke Feudalbau in Deutschland. Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha, genannt „Ernst der Fromme“ ließ das Schloss ab 1643 bauen, weil „sich in der Stadt keine geeignete Residenz befand“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Friedenstein). Und weil der Herzog offenbar ein früher Fan des Homeoffice war, entstanden im Schloss nicht nur Wohn- und Repräsentationsräume, sondern auch Verwaltungs- und Wirtschaftsräume, Zeughaus, Kirche und Münzstätte. Sein Nachfolger Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg funktionierte den Ballsaal des Schlosses dann zu einem Theater um (https://de.wikipedia.org/wiki/Ekhof-Theater).

Die Herzöge waren offenbar sehr an Kunst und (Natur)Wissenschaften interessiert. Herzog. Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha-Altenburg zahlte Ende des 18. Jahrhunderts den Schauspielern seines Theaters nicht nur ein festes Gehalt, sondern richtete sogar eine Pensionskasse für sie ein. Weitere hundert Jahre später waren dann die diversen herzoglichen Sammlungen so groß, dass ein anderer Ernst, nämlich Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, ein Museum bauen ließ, das am Wochenende alle besuchen konnten, ohne Eintritt bezahlen zu müssen (https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogliches_Museum_Gotha).

Ich habe zugegebenerweise weder Museum noch Theater  noch Schloss besichtigt, sondern bin direkt in Richtung Altstadt gegangen und habe die Wasserkunst bewundert. Die 1895 eingeweihte Wasserspiel- und Brunnenanlage verbindet Schloss und Marktplatz und ist nicht nur eine der Haupt-Sehenswürdigkeiten Gothas, sondern Teil eines ausgeklügelten Wasserversorgungssystems.

Weil es in Gotha keinen Fluss gibt und Brunnen schon im Mittelalter nicht mehr ausreichten, um den Wasserbedarf zu decken, ließ Landgraf Balthasar in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts den Leinakanal bauen. Durch ihn wurde das Wasser aus dem Thüringer Wald in die Stadt geleitet und mit einem hölzernen Pumpwerk bis aufs Schloss gepumpt.

Von der Wasserkunst hat man einen schönen Blick auf den Marktplatz und das Alte Rathaus, noch besser ist der Ausblick vom Rathausturm über die Stadt und die Umgebung.

Wieder zurück auf dem Boden, bin ich durch die Altstadt mit vielen hübsch restaurierten Häusern spaziert – und natürlich durch den Schlosspark und die Orangerie. Die spätbarocke Orangerie, die größte Thüringens, wurde im 18. Jahrhundert angelegt, um exotische Pflanzen zu sammeln, zu züchten und zu zeigen. Über 600 Orangen-, 300 Lorbeer- und fast ebenso viele Zitronenbäume standen damals dort (https://de.wikipedia.org/wiki/Orangerie_Gotha). Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Orangerie aufgegeben, jetzt wird der Bestand an Kübelpflanzen schrittweise wieder aufgebaut. Ich bin gespannt.

Auf der Rückfahrt habe ich dann in Mühlhausen Station gemacht. Irgendwie war der Stopp in der Stadt, die bis 1991 auch Thomas-Müntzer-Stadt hieß, auch ein Abstecher in die Vergangenheit. Denn im Studium habe ich mich intensiv mit dem Reformator Thomas Müntzer beschäftigt, der sich, anders als Martin Luther, nicht auf die Seite der Obrigkeit stellte, sondern den Kampf der Bauern um Freiheit und soziale Gerechtigkeit unterstützte. Als Prediger in der Marienkirche machten er und sein Mitstreiter Heinrich Pfeiffer Mühlhausen zum Zentrum der radikalreformatorischen Bewegung. Für sein Engagement zahlt Müntzer einen hohen Preis: Er wurde bei der Schlacht von Frankenhausen gefangen, gefoltert und in Mühlhausen hingerichtet.

Natürlich habe ich die Thomas-Müntzer-Gedenkstätte in der Marienkirche besucht und das Bauernkriegsmuseum in der Kornmarktkirche. St. Crucis ist übrigens nur eine von insgesamt zwölf mittelalterlichen Kirchbauten in Mühlhausen. Mit dem Bau der Kornmarktkirche wurde 13. Jahrhundert begonnen. Fast ebenso alt ist die dritte Kirche, die ich in Mühlhausen besucht habe: In der Divi-Blasii-Kirche arbeitete Johann Sebastian Bach, einer meiner Lieblingskomponisten, von Juli 1707 bis Juli 1708 als Organist.  Bis zum 20. September ist dort übrigens eine Ausstellung über die Synagogen in Thüringen zu sehen, die am 9. November 1938 von den Nazis zerstört wurden. Bilder des Fotografen Jan Kobel zeigen, wo die 32 Synagogen standen und wie die Grundstücke heute genutzt werden. Texte von Judith Rüber informieren über die Bedeutung jüdischen Lebens in Thüringen. Auch – aber nicht nur deshalb – hat sich der Besuch der Thomas-Müntzer-Stadt gelohnt.


Ostsee statt Normandie

Eigentlich wollten wir in diesem Frühsommer ja zwei Wochen in die Normandie fahren. Aber weil ich Ende Juni noch einen wichtigen Termin hatte und die Sommerferien in Frankreich in diesem Jahr schon am 4. Juli begonnen haben, haben wir die Reise aufs nächste Jahr verschoben und stattdessen mehrere kurze Fahrten geplant.

Zum Beispiel an die Müritz, die auf der Liste meiner Reiseziele schon lange weit oben steht. Doch dann schreckten uns die Stechmücken, die sich in diesem regenreichen Jahr an Seen besonders stark vermehrt haben. Aus dem gleichen Grund kam auch der Bodensee, Alternativreiseziel Nummer zwei, nicht infrage. Und so entschieden wir uns kurzfristig für die schleswig-holsteinische Ostseeküste. Bis zur Lübecker Bucht dauert die Fahrt ohne Staus nicht einmal drei Stunden. Außerdem hatten die Schulferien in Schleswig-Holstein und in Hamburg Mitte Juli noch nicht begonnen.

Auf dem Campingplatz Walkyrien zwischen Grömitz und Neustadt sind wir eher zufällig gelandet. Doch es war ein glücklicher Zufall. Bis zu dem kleinen Naturstrand sind es von den Stellplätzen aus gerade mal 300 Meter – und rund 60 Treppenstufen. Weil der Campingplatz auf der Steilküste liegt, konnten wir vom Wohnmobil aus immer das Meer sehen. Besonderes Highlight für mich: eine Sauna, ebenfalls mit Blick auf die Ostsee, selbst aus den Saunakabinen. Bei Außentemperaturen um die 25 Grad hatte außer uns offenbar niemand Lust auf noch mehr Wärme. Und so hatten mein Mann und ich die Sauna an zwei Nachmittagen ganz für uns allein. Was will frau mehr?

Ein bisschen Kunst vielleicht. Von der Malerin Sonja Knoop hatte ich noch nie etwas gehört. Doch weil mir einige Bilder auf ihrer Website gefielen und sie ihr Atelier für Besucherinnen öffnen wollte, fuhren wir nach Neustadt. Leider war das Atelier geschlossen, und so bummelten wir durch den Hafen und die Altstadt, ehe wir wieder Richtung Grömitz fuhren. Damit, dass es auf der Strecke so viele Steigungen gibt, hatten wir nicht gerechnet. Aber während ich die Hügel hinaufstrampelte, erinnerte ich mich dunkel daran, dass daran wohl die Eiszeit schuld ist: Damals, vor rund 10.000 Jahren, lagen weite Teile des Landes zwischen Nord- und Ostsee unter einer dicken Eisschicht. Als das Eis schmolz, blieben riesige Gesteinshaufen zurück. Grund- und Endmoränen, die uns jetzt ins Schwitzen brachten.

Hügelig ist auch die Strecke nach Cismar. Dort werden zurzeit in dem ehemaligen Benediktinerkloster Bilder von Armin Müller-Stahl ausgestellt. Ich mag den Schauspieler, der auch Musiker, Autor und Maler ist. Und auch der Titel der Ausstellung gefällt mir: „Es genügt ein Mensch zu sein“  (https://kloster-cismar.sh/de/armin-mueller-stahl–es-genuegt-ein-mensch-zu-sein-). Außerdem sollen sich rund um das Kloster viele Kunst- und Kulturschaffende angesiedelt haben. Sie „machen Cismar zu einem ganz besonderen magischen Ort machen“, las ich in der Broschüre „Kunst und Kultur. Kloster Cismar und Umgebung 2024“.  Grund genug, nach Cismar zu fahren,

Das Kloster, eines der bedeutendsten Bauwerke lübischer Frühgotik, ist wirklich imposant.  Mönche leben in der Abtei allerding schon lange nicht mehr, „Um 1560 wurde das Kloster aufgegeben und später in ein landesherrliches Schloss umgewandelt“, weiß Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Cismar). Heute nutzt das Landesmuseum Schleswig-Holstein das Gebäude im Sommer für Kunstausstellungen.

Noch bis Mitte August sind in der ehemaligen Amtmann-Wohnung und im Kuppelsaal des ehemaligen Benediktinerklosters rund 80 Bilder von Armin Müller-Stahl zu sehen. Die Bilder gefallen mir, nur schade, dass fast nur Porträts von Männern ausgestellt sind. Und ich frage mich, ob es daran liegt, dass der Maler so wenige Frauen porträtiert hat, oder doch eher an der Auswahl. 

Der Kunstraum Remise im Quergebäude des Klosters ist leider geschlossen. Dort bieten KünstlerInnen verschiedene Kurse und Projekte an. „Das Programm umfasst Malerei und Zeichnen, künstlerisches Gestalten mit unterschiedlichen Materialien und Techniken, Maskenbau und Maskenspiel, Schreibwerkstätten und ‚Alte Schriftkunst‘ sowie das kreative Erkunden der Klosteranlage.“ (http://www.remise.cismar.de/). Im Weißen Haus, dem ehemaligen Amtsschreiberhaus direkt neben dem Kloster, lebt und arbeitet heute die Lyrikerin Doris Runge; der Verein Literatur im Weißen Haus Cismar organisiert dort Lesungen und andere literarische Veranstaltungen. Leider nicht, als ich im Kloster bin. Und so radelte ich nach einem Kaffee im Garten des Klostercafés wieder zurück zum Campingplatz – diesmal über Grömitz.

Der Küstenradweg führt zwischen Grömitz und Bliesdorf Strand über die Steilküste und bietet wunderschöne Ausblicke auf die Ostsee. Leider ist er teilweise schlecht ausgeschildert und endet am Campingplatz Kagelsbusch. Den Weg vor dem Campingplatz dürfen eigentlich nur Campinggäste betreten. „Aber niemand hält sich dran“, erklärte mir ein Radfahrer, der sein Rad an der Sperre vorbeischob. Ich folgte seinem Beispiel. Denn dass ein Einzelner vielen einen Weg einfach versperrt, geht meiner Meinung nach gar nicht. Eigentum verpflichtet! Aber das nächste Mal werde ich wohl nach Grömitz wandern – und den „verbotenen Weg“ am Strand umgehen.

Unser erster Besuch in Walkyrien wird sicher nicht der letzte sein. denn an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gibt es noch viel zu entdecken. Der Campingplatz auf der Steilküste ist dafür sicher eine gute Ausgangsbasis.

Auf dem Hexenstieg

Irgendwie ist es verhext mit dem Hexenstieg. Die rund 100 Kilometer lange Wanderung durch den Harz von Osterode bis nach Thale – oder umgekehrt – steht schon lange auf meiner To-walk-Liste. Zum einen natürlich wegen des Namens, zum anderen ist der Hexenstieg laut Harzinfo ein „ausgezeichneter Qualitätsweg Wanderbares Deutschland und gehört zu den Top Trails of Germany“ also zu den besten Wanderwegen Deutschlands. (https://www.harzinfo.de/erlebnisse/wandern/harzer-hexen-stieg). „Auf dem Harzer-Hexen-Stieg präsentiert sich der Harz seinen Gästen von einer ganz besonderen märchenhaften und mystischen Seite. Hier werden Wanderungen zu einem echten Erlebnis“, heißt es auf der Website. Ich war also gespannt.

Verschiedene Teilstrecken des Hexenstiegs bin ich schon gewandert: von Altenau nach Torfhaus beispielsweise, die Brockenumgehung nach Sankt Andreasberg, auf dem Goetheweg auf den Brocken und hinunter nach Schierke oder durchs Bodetal. Doch in diesem Jahr möchte ich den Harz einmal von West nach Ost durchqueren. Weil der Fernwanderweg ja quasi vor der Haustür liegt, buche ich keine Übernachtungen, sondern fahre morgens mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Start der jeweiligen Etappe und abends vom Endpunkt wieder nach Hause – oder zu meiner Tochter nach Bad Harzburg. So bin ich flexibler und kann je nach Tagesform und Wetter entscheiden, wie weit ich wann wandere.

Eigentlich sollte es schon im März losgehen. Doch dann wurde ich krank, an wandern war wochenlang nicht zu denken. Beim zweiten Versuch im Mai verhinderten zwei ungeplante Veranstaltungen meinen Einstieg in den Hexenstieg.

Am ersten Freitag im Juli war es dann endlich so weit: Ich startete früh morgens in Burgwedel und kam pünktlich zweieinhalb Stunden später in Osterode am Harz an. Eine Karte hatte ich nicht dabei, die lag – ebenso wie meine hohen Wanderschuhe – in der Wohnung meiner Tochter, weil wir meist dort gemeinsam loswandern. Aber zum Glück ist der Weg vom Bahnhof in Osterode bis zum Campingplatz Prahljust in Clausthal Zellerfeld ist nicht sonderlich anspruchsvoll und gut ausgeschildert. Neben Wegweisern weisen überall Markierungen mit der kleinen Hexe den rechten Weg. Und so verlief ich mich auch ohne Karte auf der ersten Etappe kein einziges Mal.

Nein, an der Auszeichnung der Strecke ist nichts auszusetzen. Weniger gut gefiel mir der Weg selbst. Hexen sind – oder waren – meist naturverbundene Wesen. Und so habe ich auf dem Hexenstieg  zumindest teilweise naturbelassene, schmale Pfade erwartet oder zumindest erhofft. Doch auf der ersten Etappe bis nach Clausthal-Zellerfeld überwiegen Wirtschaftswege – breite, meist geschotterte Wege, eher gemacht und gedacht für Traktoren und andere (Forst)Fahrzeuge als für WandererInnnen.

Das liegt möglicherweise auch daran, dass manche Wege wegen umgestürzter Bäume gesperrt sind. Der Borkenkäfer und der Klimawandel leisten im Harz derzeit ganze Arbeit. Wo früher dichter Wald war, stehen heute oft nur noch einzelne Baumgerippe. Aber irgendwann in hoffentlich nicht allzuferner Zukunft werden wir, da bin ich sicher, dem Borkenkäfer dankbar sein. Denn dort, wo vor ein paar Jahren noch Fichtenmonokulturen standen, wächst jetzt ein Mischwald heran, der hoffentlich resistenter gegen Käfer, Wind, Wetter und Klimawandel ist.

Besonders begeistert hat mich die erste Etappe des Hexenstiegs ehrlich gesagt nicht.  „Teuflisch schön und höllisch spannend“, wie auf Harzinfo angepriesen, war sie gewiss nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.  Ich weiß, dass es im und am Harz viele schöne Wege gibt. Den Rundwanderweg Spur der Steine bei Wolfshagen beispielsweise. Er ist nur ein paar Kilometer lang und führt, meist auf schmalen, verschlungenen Pfaden, um einen inzwischen renaturierten ehemaligen Diabas-Steinbruch herum. Dort wurden zwischen 1885 bis 1986 rund 25 Millionen Tonnen Gestein abgebaut (https://www.harzlife.de/tip/steinbruch-wolfshagen.html). Das Innere des Geländes mit einem markanten, fast 50 Meter hohen Felsen darf nicht betreten werden. Weil sein Gestein des Felsens als nicht abbauwürdig galt, blieb der Brutfelsen von den Abraumbaggern verschont. Heute nisten in den Höhlen viele Vögel. Und auch das Gelände um ihn herum mit flachen Teichen, künstlichen Inseln und Böschungen ist inzwischen ein Refugium für einheimische Tiere und Pflanzen. Allein wegen der beiden Ausblicke auf das Biotop hat sich die Wanderung gelohnt.

Die zweite Etappe des Hexenstiegs von Clausthal-Zellerfeld nach Altenau wollte ich übrigens am vergangenen Donnerstag wandern. Doch dann streikte mein ohnehin lädiertes Knie. Es schmerzte bei jedem Schritt und eine eiförmige Verdickung in der Kniekehle, laut Dr. Google eine sogenannte Bakerzyste, signalisierte mir, dass es besser wäre, das Knie ein bisschen zu schonen. Es ist offenbar wirklich verhext mit dem Hexenstieg. Aber aufgeschoben ist ja bekanntlich nicht aufgehoben.

Mehr Fotos und Infos über den verlassenen Steinbruch bei Wolfshagen unter

Monatsrückblick Juni 2024

Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, diesen Monatsrückblick gleich am Anfang des Monats zu schreiben, doch das ist mir – wieder einmal – nicht gelungen. Dass dieser Text erst jetzt online geht, liegt aber auch daran, dass wir ein paar Tage unterwegs waren und die Internetverbindung – vorsichtig formuliert – nicht sonderlich gut.

Ein Zimmer ist nicht genug

Feng Shui hin oder her: Wirklich glücklich war ich mit meinem Arbeitszimmer nicht, nachdem ich meine beiden Arbeitstische nach Feng-Shui-Gesichtspunkten im Raum positioniert hatte (https://timetoflyblog.com/feng-shui). Und so war Anfang des Monats mal wieder eine Umräumaktion fällig. Ich habe Mal- und Schreibtisch wieder getauscht, der Maltisch steht jetzt vor dem Fenster – und ich sitze mit dem Rücken zur Tür, wenn ich daran male. Dafür kommt das Licht von vorne und von der Seite – und ich kann nach draußen sehen. Der Schreibtisch steht fengshuimäßig rechtwinklig zum Fenster und ich habe die Tür im Blick.

Mein Schreib-/Malzimmer ist nicht mein einziger Schreibort in unserem Haus. Meine Morgenseiten schreibe ich meist auf der Empore, weil dort morgens das Licht am schönsten ist. Später, solange die Sonne noch nicht hineinscheint, sitze ich gerne im Wintergarten, und die Abendseiten schreibe ich im Bett.

Meine privaten Schreiborte möchte ich nicht missen – aber sie allein genügen mir nicht immer (https://timetoflyblog.com/aus-wien-nach-hannover). Ich schreibe gerne mit anderen zusammen. Der Frauenschreibtreff am ersten Sonntag im Monat ist für mich ein fester Termin, auch am Cowriting im AutorInnenzentrum habe ich schon einmal teilgenommen – und ich habe mich mit einer Schreibfreundin zum Schreiben per Zoom verabredet. Zwei Stunden haben wir gemeinsam geschrieben: Sie in ihrem, ich in meinem Schreibzimmer. Fortsetzung folgt bestimmt.

Ein Gedicht

Mit Lyrik kenne ich mich nicht sonderlich gut aus. Das meiste, was ich in der Schule und im Studium über Versmaß, Reime und Gedichtformen gelernt habe, habe ich längst vergessen. Lange Zeit habe ich gar keine Gedichte gelesen und schon gar keine geschrieben. Jetzt entdecke ich diese Gattung neu. Da passte es gut, dass Frau Landau beim Treffen der Lyrik AG die Schreibübungen einem Buch entnommen hat, das primär für Kinder geschrieben wurde: „Poedu. Poesie von Kindern für Kinder“ von Kathrin Schadt. Die Übungen haben aber uns Erwachsenen aber ebenso viel Spaß gemacht. Ich will auf jeden Fall dranbleiben. Und frau ist ja bekanntlich nie zu alt, mit etwas Neuem zu beginnen.

Neue und alte Ziele

Mit dem Dranbleiben ist es so eine Sache. Angeregt von einem Blogbeitrag von Kerstin Salvador habe ich im Oktober vergangenen Jahres angefangen, mir nicht nur Jahres-, sondern Quartalsziele zu setzen (https://timetoflyblog.com/monatsrueckblick-oktober-2023). Mir hat die Idee gefallen, nur mit der Umsetzung hapert es leider, stelle ich bei der Auswertung der beiden Quartalslisten für die erste Jahreshälfte fest. Viele übertrage ich, weil immer noch unerledigt, auf die Liste fürs neue Quartal. Einige Reiseziele beispielsweise oder das Vorhaben, feste Schreibroutinem in meinen Rentnerinnenalltag zu etablieren. Aber neues Quartal, neuer Versuch. Und vielleicht sieht die Bilanz ja etwas freundlicher aus, wenn ich, wieder Kerstin Salvadors Beispiel folgend, erreichten und noch nicht geschafften Zielen eine dritte einführe, nämlich noch nicht ganz umgesetzte Ziele“. Und damit ich meine Ziele nicht aus den Augen verliere, werde ich die Liste ausdrucken und in meinen Kalender und in mein Tagebuch kleben.

Immerhin zwei Ziele habe ich, zumindest im Durchschnitt, in der ersten Jahreshälfte erreicht: Ich habe jede Woche einen Blogbeitrag geschrieben (insgesamt 29 von Januar bis Juni) und ein Buch gelesen (insgesamt 30 bis Ende Juni).

Gärten und Kunst

Dass ich mir gerne schöne Gärten und Kunst(handwerker)ausstellungen ansehe, wissen alle, die meine Blogbeiträge (mehr oder weniger) regelmäßig lesen. Besonders schön finde ich es, wenn wie beim Sommerspaziergang in Wettmar Kunstobjekte in Gärten gezeigt werden oder wenn in einem Ort Gärten, Ateliers und Kunstausstellungen gleichzeitig geöffnet sind wie bei der „Wennigser Gartenlust und Kunstspur“.  

Apropos Gärten: Hannover ist eine Schrebergarten-Hochburg. So viele Schrebergärten wie in Leipzig, nämlich rund 32.000, gibt es in der niedersächsischen Landeshauptstadt zwar nicht, aber mit 20.000 liegt sie im bundesweiten Ranking ziemlich weit oben. Einige konnte ich Anfang Juni im Kleingärtnerverein Tiefenriede e. V. bewundern.

Die Zeiten, in denen Schrebergärten als spießig galten, sind längst passé. Für freie Parzellen gibt es vielerorts lange Wartelisten. Auch die meisten GartenbesitzerInnen, mit denen ich in der Schrebergartenkolonie in Hannover gesprochen habe, haben lange auf ihren Garten gewartet. Zwar müssen – oder sollen – bestimmte Regeln eingehalten werde. Es gibt sogar – typisch deutsch? – ein Bundeskleingartengesetz (BKleingG) und natürlich haben sich auch schon diverse Gerichte mit den Kleingärten befasst. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), der obersten Instanz in Zivil- und Strafverfahren, ist zum Beispiel „in der Regel … wenigstens ein Drittel der Fläche für den Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf zu nutzen“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Bundeskleingartengesetz). Wat et nit all jit“, würde die Kölnerin sagen.

Doch in vielen oder den meisten Kleingartenanlagen dürfen die PächterInnen, inzwischen oft junge Leute, ihre Gärten weitgehend so gestalten, wie sie es möchten. Und so hieß das Motto an diesem Tag der offenen Pforte im Kleingärtnerverein Tiefenriede e. V. denn auch „Bunte Vielfalt auf kleinem Raum“.

Insgesamt habe ich mir im Juni sicher gut zwei Dutzend Gärten angeschaut. Leider blieb die Pforte eines meiner Lieblingsgarten wegen Krankheit geschlossen. Aber ich hoffe, dass ich im nächsten Juni wieder den Rosengarten von Silke Rex bewundern  kann.

Zweimal Nordsee und zurück

Manchmal muss es eben Meer sein. Im Juni war es die Nordsee, denn sie ist, wenn man in der Nähe von Hannover lebt, am schnellsten zu erreichen. Wenn alles gut geht, dauert die Fahrt nach Cuxhaven knapp zwei Stunden. Und man erspart sich die Staus um Hamburg, in die man fast immer gerät, wenn man an die Ostsee fährt.

Leider ist die Nordsee meist gerade nicht da, wenn man kommt. Aber immerhin kann man sich darauf verlassen, dass das Wasser immer wiederkommt: Pünktlich nach dem Gezeitenkalender folgt auf jede Ebbe eine Flut. Und das Wattenmeer, das sich von der niederländischen Insel Texel bis zum dänischen Esbjerg erstreckt, ist wirklich etwas Besonderes. Mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten sollen in der vom Wechsel der Gezeiten geprägten Naturraum leben, außerdem machen im Frühjahr und Herbst jährlich zehn Millionen Zugvögel auf ihrer Reise in den Süden bzw. in den Norden hier Station (https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/wattenmeer/index.html). Damit dieser einzigartige Lebensraum erhalten bleibt, steht er als Weltnaturerbe unter besonderem Schutz.

Meist fahren wir nach Döse bei Cuxhaven, doch diesmal haben wir zuerst einen Abstecher nach Otterndorf gemacht und dort eine Nacht auf einem kleinen Stellplatz an der Medem-Schleuse verbracht.

Wir sind an der Elbe entlangspaziert, auf der die riesigen Containerschiffe Richtung Hamburg oder hinaus auf die Nordsee schippern. In der Otterndorfer Altstadt haben mir die Häuser, die direkt an der Medem liegen, besonders gut gefallen. Sie erinnern mich ein bisschen an Amsterdam oder Venedig – zwei Orte, die schon lange auf meiner To-Visit-Liste stehen. Einige Häuser in der Altstadt stammen aus dem 16. Jahrhundert, noch älter ist die St.-Severi-Kirche, die schon im 12. Jahrhundert gebaut und später oft umgebaut wurde. Hinter den eher nüchternen typisch norddeutschen Backsteinmauern verbirgt sich eine prächtige Innenausstattung aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

„Die Bänke und Stühle wurden von den Pfarrmitgliedern erworben“, lese ich in einer von Marie-Luise Grefe verfassten Beschreibung der Kunstschätze der Kirche (https://kirche-otterndorf.de/wp-content/uploads/2024/05/24-Otterndorfer-Kirche-neu-mit-Bildern-X.-von-Marie-Luise-Grefe.pdf). Die Plätze wurden von Juraten, den gewählten oder bestellten Vertreter der Kirchengemeinde, vergeben. „Sie konnten vererbt oder mit Zustimmung des Juraten weiter verkauft werden.“ Bei Besitzerwechsel wurde noch Anfang des 20. Jahrhunderts eine Umschreibegebühr fällig.

Die Besitzer konnten ihre Bänke nach Gutdünken bemalen, gestalten und mit ihren Namen versehen. Erst 1935 wurden die Namen übermalt und sind seitdem für alle zugänglich. Doch heute bleiben die Kirchenbänke wahrscheinlich auch in Otterndorf wie auch andernorts meist leer. So ändern sich die Zeiten. 

Keine Frage, der kleine Ort an der Elbe ist eine Reise wert. Und wir werden gewiss wiederkommen, dann aber mit Fahrrad und Kanu, um den Ort und die Gegend besser – auch vom Wasser aus – zu erkunden. Am zweiten Tag hat unseres Kurzurlaubs hat es uns dann doch wieder direkt ans Meer gezogen – auf „unseren“ Stellplatz direkt an der Kugelbake.

Seine Bedeutung als Orientierungshilfe für die Seefahrer hat das bei TouristInnen beliebte Seezeichen aus Holz längst verloren. Und wenn die riesigen Containerschiffe vorbeiziehen, frage ich mich, ob die Steuerleute von hoch oben die nur knapp 30 Meter hohe Bake überhaupt noch wahrnehmen.

Der Stellplatz, der eigentlich nur ein Parkplatz ist, liegt direkt hinterm Deich. Wir müssen nur eine Treppe hochgehen, um zum Strand zu kommen, der sich kilometerweit über Duhnen bis nach Sahlenburg erstreckt.  

Geschwommen bin ich hier noch nie. Denn man muss auch bei Flut gefühlt kilometerweit hinauslaufen, bis das Wasser tief genug dazu ist. Aber ich liebe es, barfuß über den Sand und durch das Watt zu waten. Und oft sitze ich einfach nur da, lese, schreibe und genieße den Blick aufs Wasser, wenn es denn da ist, oder aufs Watt. Wenn das Wetter mitspielt, kann ich morgens die Sonne im Osten über dem Meer auf- und abends im Westen überm Meer untergehen sehen. Was will frau mehr – vielleicht den direkten Blick vom Stellplatz aufs Wasser.

Den gibt es angeblich ein paar Kilometer weiter, erzählt eine Stellplatznachbarin.  Der Stellplatz in Harlesiel liege vor dem Deich, der den Blick aufs Wasser verdeckt. Toiletten und Duschen gebe es direkt auf dem Platz, außerdem ein Schwimmbad mit Meerwasser. Das klang so vielversprechend, dass wir uns das selbst ansehen wollten. Doch dann wären wir zwei Wochen später fast auf dem falschen Stellplatz gelandet.

Bei Harle und Siel kam mir nämlich als Erstes Neuharlingersiel in den Sinn – der Ort, an dem ich vor 50 Jahren zum ersten Mal am Meer war, mit einer Trainingsgruppe des SV Wintrich (danke an Edi, meinen früheren Trainer, nicht nur für das Trainingslager). Doch der Stellplatz in Neuharlingersiel war, das merkte ich bei der Recherche im Internet, nicht der richtige: Er liegt zwar auch am Anleger, die Toiletten können aber nur tagsüber während der Öffnungszeiten der Tourist-Information benutzt werden. Für mich ist das ein K.o.-Kriterium. Auf dem Campingplatz funktionierte die Online-Buchung von drei Computern, mit denen wir es versuchen, nicht. Und für eine telefonische Buchung oder eine Buchung an der Rezeption sollten wir zehn Euro extra zahlen. Für mich ein Unding. Also suchte ich weiter und fand schließlich den Wohnmobilstellplatz in Harlesiel. Der liegt, wie von der Stellplatznachbarin in Döse angekündigt, direkt an der Mole, mit Blick aufs Wasser. Reservierungen sind nicht möglich, doch als wir mittags ankamen, waren noch ein paar Plätze frei. Und unsere Stellfläche war großgenug für unser kleines Wohnmobil und das Auto unserer Tochter. Die kam erst abends nach der Arbeit, als alle Plätze längst belegt waren.

Nele interessiert sich seit ihrer Kindheit für Vögel und wenn ich mit ihr unterwegs bin, egal ob beim Wandern im Harz oder beim Kurzurlaub am Meer, sehe ich Vögel, die ich bis dahin gar nicht kannte. Diesmal zum Beispiel einen Löffler, der aussieht wie ein Storch, allerdings einen löffelartigen Schnabel hat. Mit dem sucht er im Watt nach Nahrung – ein bisschen sieht es so aus, als würde er den Boden mit einem Staubsauger bearbeiten (Neles Vogel- und viele andere Fotos sind auf Ihrer Webseite https://foerodens.wordpress.com/ zu sehen).

Harlesiel selbst und der Nachbarort Carolinensiel liegen hinter dem schützenden Deich an der Harle, einem kleinen, gerade mal 23 Kilometer langen Flüsschen, das durch ein sogenanntes Siel ins Meer mündet. Siele, die hier in Ostfriesland vielen Orten ihren Namen geben, sind kaut Wikipedia verschließbare Gewässerdurchlasse in Deichen und fungieren quasi als Ventile. Durch sie fließt das Wasser aus Flüssen und Entwässerungsgräben ins Meer ab, sie lassen aber kein Meerwasser ins Binnenland. „Tideabhängig erfolgt das Schließen normalerweise durch höheren Druck bei höherem Wasserstand auf der Meerseite, das Öffnen dagegen durch höheren Druck von der Binnenseite bei niedrigerem Wasserstand auf der Meerseite“, lese ich bei Wikipedia. Dort erfahre ich auch, dass das Wort Siel wahrscheinlich aus dem Friesischen stammt, auf das Verb „seihen“ zurückgeht und eine „Stelle, wo Wasser ausfließen kann“ bezeichnet (https://de.wikipedia.org/wiki/Siel). Wieder was gelernt.

Sonnenuntergänge am Meer haben wir in Harlesiel auch erlebt – und wir waren nicht die einzigen, die dieses Naturschauspiel fasziniert beobachteten. An einem Abend bot die Natur sogar ein doppeltes Schauspiel. Im Westen versank die Sonne im Meer während sich im Osten ein Regenbogen über das Land spannte.

Last but not least habe ich in Harlesiel (wieder) gemerkt, dass es mir gut tut zu schwimmen – und dass es eigentlich sogar Spaß macht, wenn ich meinen inneren Schweinehund und die Scheu vor dem Wasser überwinde, dass meist gar nicht so kalt ist, wie ich befürchte. Da das Schwimmbad direkt vor der Stellplatztür lag und die Nutzung in der Stellplatzgebühr enthalten war, sind meine Tochter und ich jeden Tag ein paar Runden geschwommen. Das will ich auch in Burgwedel fortsetzen.