Zu Gast im Sprengel Museum: Niki. Kusama. Murakami.

Niki de Saint Phalle kennt in Hannover fast jedeR. Als die Nanas 1974 am Leineufer aufgestellt wurden, hagelte es laut Wikipedia Proteste. „In Leserbriefen an die Hannoversche Allgemeine Zeitung wurden die Nanas unter anderem als ‚Ekelhafte Scheußlichkeiten‘, ‚Kulturschande‘ und ‚Umweltverschmutzung‘ bezeichnet“. Der damalige Stadtimagepfleger Mike Gehrke musste sogar unter Polizeischutz gestellt werden.

Geschadet hat der Aufruhr um die Kunst im öffentlichen Raum weder der Karriere der Künstlerin noch dem Ansehen der Landeshauptstadt – im Gegenteil. Die HannoverannerInnen haben die drei bunten Damen – Caroline, Sophie und Charlotte – längst liebgewonnen. Niki de Saint Phalle wurde erste Ehrenbürgerin der Stadt und schenkte dem Sprengel Museum vor 25 Jahren mehr als 400 ihrer Arbeiten – viele sind zurzeit gemeinsam mit Werken von Yayoi Kusama und Takashi Murakami in der Ausstellung „Niki. Kusama. Murakami. Love You for Infinity“ zu sehen. Insgesamt werden auf rund 2.000 Quadratmetern  etwa 120 Bilder, Skulpturen, Installationen, Grafiken und Filme präsentiert.

In der Eingangshalle: Werke von Yayoi KusamaNiki de Saint Phalle und Takashi Murakami

Von Yayoi Kusama und Takashi Murakami hatte ich – bekennende Kunstbanausin – zugegebenerweise noch nie etwas gehört. Ich habe mir die Ausstellung vor allem wegen Niki de Saint Phalle angesehen.

Niki de Saint Phalle French-American sculptor, painter, and filmmaker Niki de Saint Phalle with one of her pieces, 1983; Photographer: Norman Parkinson / Iconic Images/ Sprengel Museum Hannover

Manche ihrer Arbeiten, zum Beispiel die von ihr gestaltete Grotte in den Herrenhäuser Gärten und viele ihrer Zeichnungen gefallen mir sehr gut, andere, unter anderem auch die legendären Nanas oder auch den verliebten Vogel (L´ouiseau Amoureux Fontaine), den ich im Mai im Ekebergparken entdeckt habe, finde ich eher solala.  Auf jeden Fall imponiert mir, wie sie als Außenseiterin ihren Weg in der Kunstwelt gemacht hat – mit ganz ungewöhnlichen Werken und in einer Zeit, als Kunst noch viel mehr als heute eine Männerdomäne war.

Yayoi Kusama gilt als eine der bedeutendsten japanischen Künstlerinnen der Nachkriegszeit und ist bekannt für ihre Polka-Dots und immersive Installationen.

Ihr Landsmann Takashi Murakami verbindet traditionelle japanische Kunst mit zeitgenössischen Themen aus Popkultur und Konsumwelt. Die Arbeiten der beiden JapanerInnen passen sehr gut zu Niki de Saint Phalles farbenfrohen Werken. Oder, wie der Direktor des Sprengel Museums, Reinhard Spieler, es fachmännisch formulierte: „Diese Ausstellung bringt drei Ikonen der Kunstgeschichte zusammen, die auf ganz unterschiedliche Weise universelle Themen berühren und dabei Brücken schlagen – zwischen Kunst, Popkultur und gesellschaftlicher Reflexion.“ Mich hat die Ausstellung wirklich begeistert, auch wenn ich – siehe oben – nicht mit allen Werken etwas anfangen kann. Und weil Bilder mehr sagen als Worte, lasse ich hier einfach Fotos sprechen.

Highlight war für mich der letzte der insgesamt zwölf Ausstellungsräume: In der großen Ausstellungshalle verdoppelt ein verspiegelter Boden die gezeigten Werke und eröffnet ungewöhnliche Perspektiven. Niki de Saint Phalles „Skull Meditation Room“ in Form eines glitzernden Schädels können die BesucherInnen ebenso betreten wie das „Nana Maison“ und den „Infinity Mirrored Room“ von Yayoi Kusama. In ihm wäre ich gerne länger geblieben, aber die Verweildauer ist hier leider begrenzt. Aber ich komme sicher wieder.

Beeindruckt haben mich auch sechs Taststationen neben einigen Werken von Niki Saint Phalle. Sie ermöglichen nicht nur blinden und sehbehinderten Menschen barrierefreie Zugänge, sondern auch „sehende“ wie ich können die Kunstwerke dadurch auf eine neue Art „begreifen“. Eine wirklich gute Idee.

Das habe ich von Mama gelernt

Vor ein paar Tagen habe ich einen Blogbeitrag von Christiane gelesen, der mich an meine eigene Mutter erinnert hat. Sie schildert  „eine völlig beliebige Diskussion zwischen Mutter und Kind.
Mutter: ‚Dann geh auf dein Zimmer!‘
Kind (aufsässig): ‚Dann geh du doch auf dein Zimmer!‘
Mutter: ‚Was ist denn mein Zimmer?‘
Kind (überlegt lange): ‚Die Küche!‘“

Das Kind war Christiane, und der Dialog tut ihr, wie sie schreibt „heute noch leid.“ Ihre Mutter war wie viele Frauen in den 50er- und 60er-Jahren Hausfrau, aber sie hätte gerne weiter gearbeitet. Am liebsten als Gutsrendantin, also in der Verwaltung/Buchhaltung eines landwirtschaftlichen Betriebs. Denn sie konnte gut mit Zahlen umgehen. Genau wie meine Mutter, die als Buchhalterin in einem Weinbaubetrieb gearbeitet hat – und sie hat es sehr gerne getan. Sie arbeitete nur vormittags, aber oft brachte sie Arbeit mit nach Hause und erledigte nebenbei noch den „Bürokram“ für einen kleinen Betrieb im Ort.

Arbeiten verboten

Dass mein Vater nicht genug verdient hat, um die Familie zu ernähren und den Traum vom eigenen Haus zu verwirklichen, war ihr Glück. Denn sonst hätte sie vielleicht, wie Christianes Mutter und viele Frauen nach dem Krieg, ihren Beruf aufgeben müssen. Erwerbstätige Mütter waren damals die Ausnahme, erst recht wenn sie wie meine Mutter drei Kinder hatten. Sie galten schnell als „Rabenmütter“.

Spätestens nach der Geburt des ersten Kindes hörten Frauen in der Regel auf zu arbeiten – wenn nicht freiwillig, dann oft gezwungenermaßen. Denn obwohl Frauen und Männer nach dem Grundgesetz seit 1949 gleichberechtigt waren, durften die Männer bis in die 50er-Jahre hinein die Arbeitsverträge ihrer Frauen auch gegen deren Willen kündigen. Zur (unentgeltlichen) Mitarbeit im Betrieb ihres Mannes waren Ehefrauen indes verpflichtet, auch wenn sie lieber in ihrem Beruf weitergearbeitet hätten – wenn sie denn einen hatten. Dass Frauen einen Beruf erlernten, Abitur machten oder gar studierten, war damals nämlich nicht selbstverständlich. Warum auch Geld in die Ausbildung der Töchter investieren, wenn sie ja doch heirateten und ihren Beruf aufgaben. Hier beginnt und schließt sich der Teufelskreis.

Erst als 1958 das erste Gleichberechtigungsgesetz in Kraft trat, durften verheiratete Frauen ohne Zustimmung ihres Mannes erwerbstätig sein – allerdings nur, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war, wie es im neu formulierten § 1356 BGB hieß. Bis das „Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts“ 1975 beide Ehegatten berechtigte, erwerbstätig zu sein und sie die „Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen regeln“ mussten, sollten noch fast 20 Jahre vergehen.

Zurück in die 50er?

Heute ziehen sich Tradwives wieder freiwillig ins Haus und an den Herd zurück und verherrlichen die Rollenbilder der 50er-Jahre. Immer mehr Mom-Influencerinnen erwecken mit schönen – oder geschönten – Bildern den Eindruck, dass ein Leben als nicht erwerbstätige Hausfrau und Mutter stressfrei und erfüllend ist. Ob sie sich bewusst machen, welchen Geist sie aus der Flasche lassen? Was sie ihren Kindern, vor allem ihren Töchtern antun. Was sie aufs Spiel setzen, wenn sie helfen, das Rad zurückzudrehen und freiwillig auf das verzichten, wofür die Frauen mehr als 100 Jahre lang gekämpft haben? Ich glaube nicht.   

Zum Glück ist die Bewegung (noch) klein – und viele Familien können es sich, wie meine Eltern damals, nicht leisten, auf ein Einkommen zu verzichten. Zum einen sind die Lebenshaltungskosten gestiegen, zum anderen aber auch die Ansprüche. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf betrug laut Umweltbundesamt 2023 47,5 Quadratmeter, in den 50e-Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren es nur 15 . Und während vierköpfige Familie damals durchschnittlich auf 50 Quadratmetern lebten – das waren gerade mal 12,5 Quadratmeter pro Person –, lag  die Pro-Kopf-Wohnfläche in Haushalten mit mindestens vier Personen Anfang der 20er-Jahre dieses Jahrhunderts nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 29,9 Quadratmetern.

Ein eigenes Kinderzimmer war in meiner Kindheit und Jugendzeit nicht die Regel: Meine ältere Schwester war die einzige in der Familie, die ein Zimmer für sich allein hatte, und ich habe sie glühend darum beneidet. Denn ich musste mein Zimmer bis ich in die 11. Klasse kam mit meiner jüngeren Schwester teilen. Als ich mit fast 16 dann in einen ehemaligen Abstellraum – zunächst ohne Ofen – umziehen durfte, war ich überglücklich.

Kein eigenes Zimmer

Mein Vater hatte sich einen kleinen Raum im Keller als Werkstatt eingerichtet. Für meine Mutter war, das glaube ich heute, lange Zeit ihr Büro ihr Zufluchtsort. Ein eigenes Zimmer in unserem Haus hatte sie nie – und sie hat auch nie eins beansprucht. Auch nicht, als alle Kinder aus dem Haus waren und viele Räume leer standen. Aber sie besetzte das „Esszimmer“, das ohnehin nur benutzt wurde, wenn Besuch kam.

Im Alltag diente der große Esstisch als Schreibtisch. Dort stand ihre elektrische Schreibmaschine, dort lagen auch die Aktenordner und Kassenbücher, die sie gerade bearbeitete. Und auf dem alten Schreibtisch meiner Schwester in der Ecke des Zimmers fand der Computer Platz, den sie sich wünschte, als sie schon über 80 war. Ich bin sicher, dass auch ihre Arbeit sie so fit und rege gehalten hat.

Denn auch als sie Rentnerin wurde, arbeitete sie weiter in ihrem Betrieb – nicht primär des Geldes wegen, sondern weil ihre Arbeit ihr Spaß machte. Sie ging zunächst an zwei Vormittagen in der Woche ins Büro, später nur noch an einem. Erst kurz vor ihrem 90. Geburtstag teilte sie ihrem Chef mit, dass sie nicht mehr für ihn arbeiten würde.

So lange werde ich nicht arbeiten. Aber meine Mutter hat gewiss meine Einstellung geprägt. Daran, meinen Beruf aufzugeben, habe ich nie gedacht. Ich habe schon kurz nach der Geburt meiner Tochter wieder gearbeitet. Das war auch in den 80er- und 90er-Jahren noch nicht selbstverständlich – in meinem Bekanntenkreis gab es nur wenige erwerbstätige Mütter. Die meisten kehrten erst wieder in ihren Beruf zurück, als ihre Kinder in der weiterführenden Schule waren. Und so manches Mal wurde ich von anderen Müttern gefragt, wie ich es denn übers Herz brächte, mein Kind „fremden Leuten“ anzuvertrauen, während ich außer Haus arbeitete. Die fremden Leute waren – weil es keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei gab – in der Regel mein Mann oder meine Eltern.

Als Rabenmutter habe ich mich trotzdem nicht gefühlt, weil ich erwerbstätig war. Auch das habe ich von Mama gelernt. Danke dafür. Danke auch an Christiane, die mich mit ihrem Blogbeitrag zu meinem inspiriert hat.

Der 27. September oder „Jedertag“

Jedes Jahr Ende September kommt mir ein Schreibprojekt in den Sinn, das Maxim Gorki vor 90 Jahren initiiert hat. Er rief im Jahr 1935 seine SchriftstellerkollegInnen in aller Welt auf, einen ganz gewöhnlichen Tag in ihrem Leben möglichst genau zu beschreiben und auf diese Weise einen „Jedertag“ zu porträtieren.

Remember: 27. September

Das Leben der meisten Menschen besteht aus eher banalen „Alltagen“, in der Literatur kommen ereignislose Tage dagegen kaum vor. „Die Literatur liebt es, das Leben zu dramatisieren. Sie strafft und konzentriert die Ereignisse, sie inszeniert sie, sie spitzt sie zu, sie verdichtet sie im doppelten Sinne des Wortes. In der Literatur ist das Leben überlebensgroß. Noch aus der Ereignislosigkeit möchte sie ein Ereignis machen – doch zum Wesen des Jedertags gehört, kein Ereignis zu sein“, schrieb der Autor und Literaturkritiker Uwe Wittstock am 27. September 2009 in einem Artikel in der Welt.

Den 27. September wählte Gorki wohl eher zufällig aus. Das Projekt „Ein Tag der Welt“ soll zwar auf positive Resonanz gestoßen sein, es wurde aber nach Gorkis Tod im Jahr 1936 nicht weitergeführt. Erst 25 Jahre später wiederholte die Zeitschrift Istwestja den Aufruf, von dem ich sicher nie etwas erfahren hätte, wenn, ja wenn Christa Wolf, damals noch eine junge, unbekannte Autorin, nicht von der Idee begeistert gewesen wäre: Sie beschrieb den 27. September 1960 – und alle folgenden 27. September bis zum Jahr 2011. Die letzten Aufzeichnungen brach sie ab, weil sie keine Kraft mehr hatte.

Die gesammelten Texte sind im Suhrkamp Verlag erschienen, der erste Band im Jahr 2003 unter dem Titel „Ein Tag im Jahr, 1960–2000“. Die Tagesberichte der Jahre 2001 bis 2011 – „Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert“ – veröffentlichte Gerhard Wolf nach dem Tod seiner Frau. Christa Wolf beschreibt darin ihren Alltag als berufstätige Mutter und zeitgeschichtliche Ereignisse. Sie gibt Einblicke in ihr Leben als Schriftstellerin – und in die Gesellschaft.

Mich fasziniert das Projekt, seit ich die beiden Bücher gelesen habe, und ich überlege immer wieder, wie diese Tradition fortgeführt werden kann. Die Altusrieder Autorin Angelika Jesse von Borstel tut dies seit 2012. Sie ruft schreibende Frauen ihrer Region dazu auf, ihren 27. September zu protokollieren. Anfang Dezember – um den Todestag Christa Wolfs – treffen sich die Schreiberinnen dann im Frauenzentrum in Kempten zu einer Literarischen Gesprächsrunde, lesen ihre Tages-Notizen vor und tauschen ihre Gedanken aus.

Vielleicht motiviert ja auch dieser Blogbeitrag Schreibende in anderen Regionen diesem Beispiel zu folgen.

PS:

Natürlich darf in meinem Blogbeitrag über den 27. September das Gedicht von Thomas Brasch nicht unerwähnt bleiben. Das Gedicht, das Braschs bekanntesten Gedichtband „Der schöne 27. September“ den Namen gab, ist vermutlich eine Antwort auf ein Tagesprotokoll von Christa Wolf. Die schrieb wiederum das Nachwort zu dem 2004 im Suhrkamp Verlag veröffentlichten Gedichtband.

Laut Uwe Wittstock kannten und respektierten sich beide, obwohl es zwischen ihnen nicht viele (literarische) Gemeinsamkeiten gab. „Der eine war ein Rebell, die andere eine Zweifelnde“, schrieb Wittstock in der Welt. Und: „Als Christa Wolf 1987 gebeten wurde, als alleinige Jurorin den Kleistpreis an einen Schriftsteller ihrer Wahl zu vergeben, sprach sie ihn Thomas Brasch zu“, der damals schon die DDR verlassen hatte und in der Bundesrepublik lebte.

Nachzulesen ist Thomas Braschs  Gedicht unter https://marionbrasch.de/2018/09/27/der-schoene-27-september/

13 Wünsche: Altes Ritual neu interpretiert

Gestern haben die Raunächte begonnen, jene zwölf Nächte, die in vielen Kulturen und Religionen und schon seit alters her eine ganz besondere Zeit sind. Auch Menschen, die mit Religion wenig im Sinn haben und nicht an höhere Mächte glauben, halten „zwischen den Jahren“ inne, schauen auf das noch nicht ganz vergangene Jahr zurück und auf das vor ihnen liegende voraus, machen Pläne oder nehmen sich Ziele, die dann leider manchmal vergessen sind, bevor die Raunächte oder die ersten Monate des Jahres vorbei ist.

Die Raunächte beginnen in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember, und enden am Abend des 6. Januar, dem Fest der Erscheinung des Herrn, jeweils um Mitternacht. Die Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember gehört den meisten Überlieferungen zufolge zwar nicht zu den Raunächten, leitet sie aber ein. Raunachtfans wie ich nutzen die Tage bis Weihnachten, um die Wohnung aufzuräumen, über das alte Jahr nachzudenken und Wünsche für das neue zu formulieren.

Loslassen und wünschen

Ein Ritual soll helfen, Altes loszulassen. Ängste, Sorgen und belastende Eigenschaften, die man – oder frau – los- oder hinter sich lassen will, und Projekte, die sich überlebt haben, werden auf einen Zettel geschrieben und verbrannt.

Das habe ich am Heiligen Abend getan. Und natürlich habe ich wie in den vergangenen Jahren aus meinen Wünschen und Zielen für das kommende Jahr die 13 wichtigsten ausgewählt und auf kleine Zettel geschrieben. In jeder Raunacht ziehe ich einen. Doch anders als in den vergangenen Jahren verbrenne ich sie nicht und vertraue die Wünsche auf diese Weise dem Universum und höheren Mächten an. Diesmal notiere ich auf den Zetteln den Namen des Monats, für den er bestimmt ist, und bewahre sie in einer Schale bis zum Beginn des jeweiligen Monats auf. Dann lese ich ihn und erfahre, auf welches Ziel ich mich in diesem Monat besonders konzentrieren soll.

Darüber, das 13-Wünsche-Ritual abzuwandeln, habe ich schon früher nachgedacht. „Schließlich macht es Sinn, wenn das Universum, dem ich meine Wünsche anvertraue, und ich zur gleichen Zeit am gleichen Ziel arbeiten. Vielleicht freut es sich über ein bisschen Unterstützung und darüber, dass frau ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt“, habe ich vor drei Jahren in einem Blogbeitrag geschrieben (https://timetoflyblog.com/wuensche-zur-wintersonnenwende). Doch dann habe ich es beim alten Ritual belassen. Denn ich bin zugegebenerweise ein bisschen abergläubisch und kenne mich weder mit dem Universum noch mit höheren Mächten wirklich gut aus. Und ich wollte sie nicht dadurch verärgern, dass ich ihnen ins Handwerk pfusche.

Dass ich diesmal einen anderen Weg eingeschlagen habe, liegt auch an der Raunachtschallenge von Eva-Maria Zurhorst. „Wir laden alle Kräfte zwischen Himmel und Erde ein, uns auf unserem Weg zu unterstützen“, heißt es auf ihrer Website (https://mitglieder.zurhorstundzurhorst.com/rauhnachtschallenge/rauhnacht-1/. „Aber wir geben hier in unserer modernen Zeit die Verantwortung für unser Handeln im Alltag nicht ab.“ Sie rät den TeilnehmerInnen, selbst die Weichen stellen und alles zu unternehmen, „damit deine tief aus deinem Herzen und deiner Seele kommenden Wünsche auch in dein Leben kommen können“. Ich finde, so passt das alte Ritual noch besser in die heutige Zeit.

Zwischen den Jahren

Übrigens: Ich mag nicht nur die Raunächte, sondern auch die Bezeichnung „zwischen den Jahren“. Die hängt auch mit der unterschiedlichen Dauer von Mond- und Sonnenjahr zusammen. Das für unseren Kalender maßgebliche Sonnenjahr dauert genau 365,24219 Tage, das Mondjahr ist elf Tage und zwölf Nächte kürzer (https://de.wikipedia.org/wiki/Zwischen_den_Jahren). Schon Julius Caesar legte mit seiner Kalenderrefom im Jahr 45/46 vor Christus die Dauer des Jahres auf 365 Tage und den 1. Januar als Jahresbeginn fest. Für viele Christen endete das alte Jahr trotzdem schon am Heiligen Abend; das neue Jahr begann dagegen in weiten Teilen Europas erst am 6. Januar. Die Zeit zwischen den beiden christlichen Feiertagen blieb die Zeit zwischen den Jahren, selbst als der 1. Januar im Jahr 1691 durch Papst Innozenz XII. auch für die Christen als Neujahrstag verbindlich wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Neujahr)