Monatsrückblick März 2024

Irgendwie war dieser März nicht mein Monat. Dabei hat er eigentlich ganz gut angefangen. Ich hatte im Februar im Wintergarten Zwiebeln von Tulpen und Anemonen entdeckt, die ich im vergangenen Sommer auf der Landesgartenschau in Gandersheim gekauft – und dann vergessen hatte. Als es Anfang März ein bisschen wärmer wurde, habe ich die Tulpenzwiebeln gesetzt, mit den Anemonen wollte ich noch ein bisschen warten, sie können, so die Beschreibung, noch im April und Mai in den Boden. Sie werden allerdings namenlos bleiben, denn mein Mann hat die Namensetiketten beim Aufräumen entsorgt.

Im Garten

Die Tulpen heißen, wenn meine Erinnerung und meine Recherchen stimmen, vermutlich „Rem’s Favourite“, und gehören laut Tulipstore zu den „schönsten geflammten Tulpen, die es gibt“. Widerstandsfähig scheinen sie auch zu sein. Denn die meisten Zwiebeln sind angewachsen und blühen. Allerdings sind die Blüten nicht so geframmt, nicht so lila und auch nicht so hoch, wie sie sein sollten. Doch das liegt möglicherweise  daran, dass ich sie nicht schon im Herbst, sondern erst vor einem Monat eingepflanzt habe.

Auch die Rosa rugosa, die ich im Raiffeisenmarkt entdeckt und eingepflanzt habe, ist offenbar angewachsen. Jetzt hoffe ich, dass sie mehr blüht als ihre Vorgängerin. Diese Vorgabe ist wirklich leicht zu erfüllen, denn drei oder vier Blüten in sieben oder acht Jahren waren wahrlich keine Meisterleistung. Außerdem sollen die Apfelrosen angeblich stark duften – für mich Duftfreak ein entscheidendes Kaufkriterium.

Kürzer treten

Ich habe im März weit weniger unternommen als geplant und auch einiges, was auf meiner To-do Liste für die ersten zwölf Wochen des Jahres stand, habe ich nicht erreicht. Das lag allerdings auch – oder vor allem – daran, dass ich seit Mitte des Monats krank war, oder vielleicht eher kränklich. Auf dem Rückweg von den Herrenhäuser Gärten hat mich vor drei Wochen irgendein Infekt „angeflogen“: Ich huste seither ziemlich stark, war dauernd schlapp und hatte immer wieder Fieber. Daran, 10.000 Schritte täglich zu gehen oder abends noch eine zweite Yogaeinheit und andere Übungen zu absolvieren, war gar nicht zu denken. Und es wäre auch sicher nicht besonders sinnvoll gewesen. Ich musste also notgedrungen kürzer treten – auch die geplante erste Etappe des Hexenstiegs und die Buchmesse in Leipzig sind leider ausgefallen. Aber zumindest den Hexenstieg will ich angehen, wenn ich wieder fit bin, die Leipziger Buchmesse muss allerdings bis zum nächsten Jahr warten.

In Hamburg

Weil ich mich besser fühlte, habe ich die geplante Fahrt nach Hamburg zu den Enkelkindern nicht verschoben – vielleicht war das nicht die beste Idee. Mit meinen beiden Enkeltöchtern habe ich die Pixi-Buch-Ausstellung in Altonaer Museum besucht, die von der Hamburger Illustratorin Regina Kehn gestaltet wurde.

Das erste Pixi-Buch mit dem Titel „Miezekatzen“ erschien in Deutschland vor 70 Jahren, inzwischen wurden laut Museums-Website rund 3.000 verschiedene Titel veröffentlicht. Jährlich werden etwa 14 Millionen Bücher verkauft – seit 1954 insgesamt  rund 500 Millionen (https://www.shmh.de/ausstellungen/pixi/).

Das Format blieb seit der ersten Ausgabe unverändert: Pixi-Bücher sind 10 x 10 cm groß und haben (fast) immer 24 Seiten. Und weil der dänische Verleger Per Hjald Carlsen wollte, dass alle Kinder Bücher besitzen und Freude am Lesen entwickeln konnten, waren und sind die Preise moderat. Ein Buch kostete früher 50 Pfennige, heute 99 Cent.

Mehr als 1.000 Cover aus 70 Jahren Pixi sind in den Schaukästen ausgestellt. Ich entdecke das Büchlein vom kleinen Kater Schnurr – eines der wenigen Bilderbücher, die wir als Kinder hatten. Ich habe die Geschichte geliebt, ebenso wie die von Mama Miezemau und ihren Kindern. Letztere habe ich von mehr als 30 Jahren für meine Tochter gekauft und jetzt mit den Enkelkindern wieder gelesen. Kater Schnurr gibt es leider derzeit nur antiquarisch. Und auch im Pixi-Buch-Bad, in dem große und kleine Fans nach ihren Lieblingsbüchern suchen und nach Herzenslust darin schmökern können, habe ich das Büchlein vom frechen Kater, der die Schule schwänzt, nicht gefunden. Schade.

Am späten Nachmittag waren wir dann noch mit allen Enkelkindern im Planetarium und haben uns die Vorführung „Aurora – im Reich des Polarlichts“ angesehen. Neben Filmaufnahmen des koreanischen Astrophotographen Kwon O Chul werden Originalaufnahmen von Bord der Internationalen Raumstation ISS und naturgetreue Computer-Visualisierungen an die Kuppel des Planetariums projiziert.

Mehr als der Film über die Polarlichter hat mich allerdings die Ausstellung MENSCH, KOSMOS! – DIE STERNE IN UNS beeindruckt. In der von Thomas Kraupe und Wolfgang Köhler konzipierten und gestalteten Ausstellung hängen auf der oberen Foyerebene des Planetariums Kosmosbilder des NASA/ESA Weltraumteleskops Hubble und Porträts von (Hamburger) Prominenten. Die Gesichter wurden von der Maskenbildnerin Claudia Gaerting kunstvoll bemalt und von Wolfgang Köhler ebenso kunstvoll fotografiert.

Die Ausstellung  kann während der Öffnungszeiten des Planetarium Hamburg besichtigt werden; es lohnt sich wirklich. Auf der .Website des Fotografen und Fotokünstlers Wolfgang Köhler sind die Porträts ebenfalls zu sehen (https://www.wolfgangkoehler.com/mensch-kosmos/). Mehr Infos zur Ausstellung und mehrere Hubblebilder gibt’s unter https://www.planetarium-hamburg.de/de/ausstellung/ausstellung-mensch-kosmos

Zwei Blogparaden

Den ersten Blogbeitrag habe ich vor genau zehn Jahren,am 25. März 2014, auf time to fly veröffentlicht (https://timetoflyblog.com/los-gehts-gartnern-ohne-grunen-daumen), der zweite folgte dann erst mehr als ein Jahr später. Inzwischen habe ich fast 400 Blogbeiträge geschrieben – und jetzt auch zum ersten Mal an zwei Blogparaden teilgenommen. Für all die, die – wie auch ich bis vor ein paar Wochen – nicht genau wissen, was eine Blogparade ist, in aller Kürze: Blogparaden sind Aktionen von BloggerInnen für BloggerInnen. Die InitiatorInnen geben ein Thema vor, wer mag, kann einen Beitrag zu diesem Thema schreiben und auf seinem/ihrem Blog veröffentlichen. So vergrößert man das eigene Netzwerk, macht den Blog in der Bloggerszene bekanntert und verbessert vielleicht das Google-Ranking (https://www.blogparaden.de/was-ist-eine-blogparade-2/). Mich haben aber vor allem die Themen „Schreiben über das Schreiben „ (https://timetoflyblog.com/die-leichtigkeit-des-schreibens) und „Wo ich mich zu Hause fühle“ (https://timetoflyblog.com/wo-fuehle-ich-mich-zu-hause) zum Schreiben und Teilnehmen animiert. Und vielleicht sind die ersten Blogparaden nicht die letzten.

Die Leichtigkeit des Schreibens

Schreiben über das Schreiben – Anna Koschinskis Blogparade hat mich sofort angesprochen (https://annakoschinski.de/schreiben-ueber-das-schreiben-blogparade/). Vielleicht, weil für mich vor einiger Zeit eine neue Schreibphase begonnen hat. Nach 40 Jahren „Lohnschreiberei“, in denen ich unzählige Artikel, viele Broschüren und sogar ein paar Bücher geschrieben habe, schreibe ich jetzt nur noch „for fun“, sprich: an meinen eigenen, privaten Projekten. Beispielsweise Blogbeiträge wie diesen oder Essays, die vorläufig noch in der Schublade landen. 

Ein Leben ohne Schreiben kann ich mir nicht vorstellen. Ich schreibe gerne und (fast) täglich. Angefangen hat mein Schreibleben vor mehr als einem halben Jahrhungert mit Anne Franks Tagebuch, Seit ich es mit 15 oder 16 zum ersten Mal gelesen habe, schreibe ich selbst Tagebuch. Dass Schreiben einmal mein Beruf werden würde, habe ich damals vielleicht gehofft. Wirklich daran geglaubt habe ich wahrscheinlich nicht. Aber unverhofft kommt ja bekanntlich oft.

Journalismusstudiengänge gab es in den siebziger Jahren an deutschen Unis noch nicht, und auch die meisten Journalistenschulen wurden erst gegründet, als ich mein Studium schon abgeschlossen hatte. Mich an der Deutschen Journalisten Schule (DJS) in München zu bewerben, wo schon damals Journalisten ausgebildet wurden, kam mir gar nicht in den Sinn: Denn es gab nur wenige Plätze – und dass ich zu den Auserwählten zählen könnte, glaubte ich nicht. Außerdem hätte ich die Ausbildung nicht finanzieren können. Denn die DJS verlangte zwar kein Schulgeld, zahlte aber für die Ausbildung auch keine Ausbildungsvergütung.

Und so habe ich nach dem Abitur Geschichte und Germanistik studiert und mit dem Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien abgeschlossen. Aber statt um ein Referendariat habe ich mich dann um ein Volontariat in einem kleinen Buchverlag beworben – und die Stelle bekommen. Ich bin nicht Lehrerin geworden, wie meine Eltern es gehofft hatten, sondern Journalistin – und ich habe die Entscheidung nie bereut. Irgendwie war mein Beruf auch eine Art Berufung.

Der Verlag, in dem ich volontierte, publizierte die Buchreihe „Gesamtwerk Deutscher Wein“. Autor war der Verleger, aber die meisten Texte schrieb er nicht selbst, sondern seine Angestellten – in den nächsten drei Jahren und für die nächsten vier Bücher vor allem ich. Als meine ersten Texte gedruckt und mein Name als Mitautorin und Fotografin im Impressum genannt wurde, war ich mega stolz. Schade eigentlich, dass es irgendwann fast zur Routine wurde, meinen Namen gedruckt zu sehren.

Nach dem Umzug nach Norddeutschland arbeitete ich als freie Journalistin und Redakteurin – für Tageszeitungen, Fachzeitschriften, Verbände, Verlage, Vereine, Organisationen und Unternehmen. Ich habe über ganz verschiedene Themen geschrieben – über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ebenso wie über Pflege, Qualitätsmanagement auf Campingplätzen, ökologische Baustoffe, das Duale Studium und die Digitalisierung in Schulen. Ich habe nicht nur unzählige Artikel und fast 400 Blogbeiträge, sondern auch vier Bücher als Mitautorin und drei eigene Bücher geschrieben und veröffentlicht. Als Autorin oder gar als Schriftstellerin habe ich mich trotzdem nie gefühlt – eher als Schreibhandwerkerin. Denn das Schreiben von Sach- oder Gebrauchstexten rangiert in der „Schreibhierarchie“ weit hinter dem „richtigem“, „literarischem“ Schreiben. Außerdem bestimmt auch beim Schreiben die Bezahlung oft den Wert unserer Arbeit.  Und nur wer vom Schreiben seiner Bücher leben kann oder zumindest seine Bücher in einem richtigen Verlag veröffentlicht, gilt als echteR SchriftstellerIn „Schreiben um des Schreibens willen (…) dies ist für die meisten Amerikaner und Europäer eine fremde Vorstellung.( …) Wir behandeln den unveröffentlichten Schriftsteller so, als leide er auf peinliche Weise unter einer unerfüllten Liebe“, schreibt Julia Cameron in ihrem Buch „Von der Kunst des Schreibens: … und der spielerischen Freude, Worte fließen zu lassen“ (S.182). * 

Apropos „spielerische Freude, Worte fließen zu lassen“. Die Leichtigkeit des Schreibens ist mir in den vergangenen Jahrzehnten leider ein wenig abhanden gekommen. Oder sie wurde – zumindest zeitweise – überdeckt von der Notwendigkeit, mit Schreiben Geld zu verdienen, vom Druck, Termine einzuhalten, und sicher nicht zuletzt vom eigenen Anspruch, nicht nur gute, sondern möglichst perfekte Texte abzuliefern.

Doch jetzt ist es Zeit, sie (wieder) zu entdecken – und vielleicht endlich auch die Autorin oder Schriftstellerin in mir. Denn es ist ja angeblich nie zu spät, neu anzufangen

*Cameron, Julia. Von der Kunst des Schreibens: … und der spielerischen Freude, Worte fließen zu lassen. Knaur MensSana eBook, 2013. Kindle edition.

Fasse dich kurz

„Wat et nit all jitt!“ Dieser Satz kam mir heute Morgen in den Sinn, als ich einen Blogbeitrag über den Drabble Dienstag las. Ich wusste bislang nicht, was ein Drabble ist. Doch dank Christianes Blog (https://365tageasatzaday.wordpress.com/2024/02/20/unterwuerfigkeit-drabble/) und dank Wikipedia ist diese Bildungslücke jetzt geschlossen.

Allen, denen es ähnlich geht wie mir, sei es gesagt: Ein Drabble ist eine Geschichte mit genau 100 Wörtern. Der Begriff geht laut Wikipedia auf Monty Pythons Sketch „Drabbles – a word game for 2 to 4 players“ zurück, der in den 1980er-Jahren in Großbritannien eine „Drabblemanie“ ausgelöst haben soll. „Ursprünglich als Fanfiction betrieben, wird sie aufgrund ihrer einfachen äußeren Form gerne von ungeübten Autoren als Einstieg in Lyrik oder Prosa genutzt. Durch die Beschränkung auf das Wesentliche stellt das Schreiben von Drabbles auch für erfahrene Autoren häufig eine Herausforderung dar.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Drabble)“ Wie wahr. 100 Worte sind wirklich sehr wenig; es gibt jedoch „auch Varianten mit 200, 300 und mehr Wörtern“.

Weil ich kurze Textformen mag, habe ich überlegt, beim Drabble Dienstag mitzumachen. Aber zu den Worten, die die Geschichte zum enthalten sollte, nämlich Gefolge – rostig – aufräumen, ist mir nichts eingefallen (https://wupperpostille.wordpress.com/2024/02/16/drabble-dienstag-3-worte-fuer-den-20-2-2024/). Und so habe ich statt eines Drabbles dieser Blogbeitrag geschrieben. Er hat übrigens 200 Wörter.

Feng Shui

Glaubt ihr an Feng Shui? Diese aus China stammende daoistische Harmonielehre, die durch die Gestaltung der Wohn und Lebensräume eine Harmonie zwischen Menschen und ihrer Umgebung erreichen will (https://de.wikipedia.org/wiki/Feng_Shui)? Ich bin zwar für fernöstliches Gedankengut durchaus empfänglich: Ich mache täglich Yoga, und es bekommt mir gut. Und Akupunktur wirkt bei mir Wunder, wenn ich Rückenschmerzen habe. Aber von Feng Shui habe ich üerhaupt keine Ahnung. Vor ein paar Tagen bin ich eher zufällig auf einige Ratschläge gestoßen, wie man sein Arbeitszimmer einrichten soll, damit das Chi, die kreative Energie, frei fließen kann – oder was man besser vermeiden sollte.

So sollte man auf keinen Fall mit dem Rücken zur Tür sitzen. Weil man dann nie weiß, wer sich nähert oder hereinkommt, stört diese Position angeblich die Konzentration und macht unruhig. Außerdem ist es nach Feng Shui nicht ratsam, den Tisch genau vor dem Fenster zu positionieren. Der Blick nach draußen lenkt nämlich unnötig von der Arbeit ab. Ich habe also bei der Einrichtung meines Schreib-/Arbeitszimmers eigentlich alles falsch gemacht.

Nun ist die Gefahr, dass irgendjemand plötzlich in Zimmer kommt, nicht besonders groß. Denn erstens wohnen mein Mann und ich ja alleine im Haus, und zweitens verraten die knarrenden Treppenstufen zuverlässig, wenn jemand sich nähert.  Und auch die Ablenkung durch den Blick durchs Fenster hält sich in Grenzen: Durch das Fenster auf der Giebelseite sehe ich nur die Krone des Kirschbaums in unserem Garten und die obere Etage der Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo sich zumindest tagsüber, wenn ich am Schreibtisch sitze, nie etwas tut. Und das schräge Dachfenster über dem Zeichentisch gibt nur den Blick auf den derzeit meist grauen Himmel frei. Aber tatsächliche Verhältnisse und uralte Instinkte sind eben zwei völlig verschiedene Dinge.

Nun sind die Gestaltungsmöglichkeiten in meinem Zimmer begrenzt. Die hohen Bücherregale haben eben nur an den geraden Wänden Platz. Am Grundriss und and der Position von Fenstern und Tür läßt sich nichts ändern. Und ich möchte auf keinen der beiden Arbeitstische verzichten. Sie haben zwar weder abgerundete Ecken noch eine geschwungene Form, was für Menschen, die kreativ arbeiten, am günstigsten sein soll. Aber sie sind groß und aus hellem Holz – und sie gefallen mir immer noch ausfesprochen gut. Und so habe ich die Tische nur anders platziert: Sie stehen jetzt jeweils im 90-Grad-Winkel zum Fenster, angeblich die optimale Position. Wenn ich an ihnen sitze, habe ich jetzt die Tür im Blick. Den schwarzen Monitor, den ich eigentlich nur für meine Korrekturaufträge benötige, habe ich bei der Umräumaktion auf einen Extratisch verbannt, an dem ich künftig korrigieren werde. Dort stört er optisch weniger – und ich muss ihn nicht jedes Mal von einem Tisch auf den anderen und wieder zurückhieven.

Außerdem habe ich meinen Schreib- und Maltisch getauscht. So habe ich jetzt beim Schreiben und Recherchieren den Raum und die Tür im Blick, beim Zeichnen schaue ich allerdings auf eine Wand. Das sprichwörtliche „Brett vorm Kopf“ ist zwar laut Feng Shui für die Kreativität nicht sonderlich günstig. Aber immerhin verschwindet die Wand teilweise hinter dem Bücherregal – und Bücher machen mich ja bekanntlich glücklich. Und die Bilder von Paula Modersohn, Annette Walz, Edvard Munch und Jack Davis dazwischen inspirieren mich hoffentlich, mehr zu zeichnen.

Ob die Umräumaktion was nützt, wird sich zeigen, aber schaden tut’s gewiss auch nicht, alte bewährte Regeln und Hinweise zu befolgen. Und mir gefällt das Zimmer, wie es jetzt ist. Und das ist eigentlich die Hauptsache.

Monatsrückblick Januar 2024

Natürlich bin ich mit guten Vorsätzen ins neue Jahr gestartet, obwohl ich sie nicht so genannt habe. Denn viele gute Vorsätze überleben bekanntlich den Januar nicht, bei mir sterben manche sogar schon in der ersten oder zweiten Woche des Jahres. Deshalb habe ich meine Ziele diesmal in einer drei Monats-Liste aufgeschrieben – und einiges in der Tat schon im ersten Monat umgesetzt.

So habe ich meinen Vorsatz, jeden Tag einen (nicht mehr gebrauchten) Gegenstand zu wegzuwerfen oder wegzugeben, zumindest im Durchschnitt eingehalten. Ich habe die Sachen allerdings micht täglich, sondern kompakt bei zwei kleineren Ausmistaktionen aussortiert. Und ich habe auch nicht an jedem Tag eine Zeichnung oder Skizze gemacht, aber immerhin an fast jedem, und an manchen sogar zwei. Das gleicht sich fast aus. Daran, jeden Tag mit einer Mischung aus aus Indoor-Walking, Gymnastik, Yoga und Journalschreiben ausklingen zu lassen, habe ich mich inzwischen gewöhnt – und die Abendroutine bekommt mir gut.

Gegangen bin ich laut meinem Fitnesstracker im Januar durchschnittlich 12.120 Schritte – und damit täglich 2000 mehr, als ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Daran hatten auch die beiden Wanderungen im Harz ihren Anteil. Bei der ersten bin ich mit meiner Tochter von Bad Harzburg zur Marienteichbaude gewandert, bei der zweiten durch das Okertal zum Romkehaller Wasserfall. Ich staune jedes Mal, was ein paar Kilometer und ein paar Höhenmeter ausmachen. Als wir in Bad Harzburg loswanderten, lag dort kein Schnee, aber schon nach einem Kilometer stapften wir durch eine Winterlandschaft. Der Romkehaller Wasserfall war fast vollständig vereist – und trotzdem hat ein ganz mutiger Kletterer versucht, ihn zu erklimmen. Geschafft hat er es allerdings nicht, solange wir zugesehen haben. Irgendwann gab er auf und seilte sich vom vereisten Fels ab.

Überhaupt war ich im Januar viel unterwegs – mein 49-Euro-Ticket hat sich wieder einmal mehr als bezahlt gemacht. Anfang des Monats habe ich meinen Mann zum Flughafen nach Hamburg gebracht und mir auf dem Rückweg einen kleinen Abstecher an die Binnenalster gegönnt. Es war ein wunderschön sonniger Tag und ich habe den Blick aufs Wasser wirklich genossen. Sonne und Blicke aufs Wasser satt gab es auch am nächsten Tag bei einem kurzen Ausflug zum Altwarmbüchener See in der Nachbargemeinde.

Eine Woche später bin ich dann nach Berlin gefahren – um mir die Munch Ausstellung im Museum Barberini in Potsdam anzusehen, vor allem aber auch, um zwei Schulfreundinnen wiederzusehen, die in Berlin wohnen. Zu der einen ist der Kontakt nie abgerissen, wir haben uns in den vergangenen Jahren gelegentlich getroffen – entweder in Berlin oder in unserem Heimatort, in dem schon unsere Mütter gemeinsam zur Schule gegangen sind. Die andere, die ich schon aus dem Kindergarten kenne, habe ich nur zweimal gesehen, seit wir vor fast einem halben Jahrhundert an verschiedenen Schulen Abitur gemacht haben. Und obwohl unsere Leben sehr unterschiedlich verlaufen sind, sind wir irgendwie vertraut miteinander¸ es gibt eine gemeinsame Ebene: Wenn wir uns treffen ist es, als hätten wir uns vor ein paar Tagen oder Wochen zuletzt gesehen.

Bei der einen Freundin habe ich übernachtet, mit der anderen habe ich die Munch Ausstellung in Potsdam und das Anne Frank Zentrum in Berlin besucht. Das stand schon lange auf meine To- visit-Liste, jetzt hat es endlich mal geklappt.

Die Dauerausstellung „Alles über Anne“ gewährt nicht nur Einblicke in Anne Franks Leben, sondern schlägt auch eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart. Sie richtet sich vor allem an Kinder unnd Jugendliche, die sich durch Annes Schicksal oft besonders angesprochen fühlen. Denn schließlich war sie in ihrem Alter, als sie mit ihrer Familie untertauchen, sich in einem Hinterhaus verstecken musste, schließlich doch entdeckt, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurde. „Über die Beschäftigung mit dem Tagebuch und Annes Biografie bekommen die Schülerinnen und Schüler einen persönlichen Zugang zur Geschichte des Nationalsozialismus, des Antisemitismus und des Holocaust. Wir wollen sie aber auch anregen, sich mit Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung und Flucht in der Gegenwart auseinanderzusetzen“, sagte mir Veronika Nahm, die Leiterin des Anne Frank Zentrums, vor einiger Zeit mal in einem Interview (https://www.friedrich-verlag.de/bildung-plus/schulleben/auf-den-spuren-anne-franks/).

Die Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und Faschismus ist nötiger denn je. Denn der Hass auf nimmt nicht nur in Deutschland seit dem Überfall der Hamas Terroristen auf Israel zu – bei den anstehenden Landtagswahlen in Thüringen wird die rechtsextreme AfD möglicherweise stärkste Fraktion. Doch seit das Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckt hat, wie rassistisch Mitglieder der AfD sind und welche Deportationspläne sie für Deutschland schmieden, gehen Hundertausende Menschen auf die Straße und zeigen, dass sie gegen Faschisten, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und für die Demokratie in unserem Land sind. Auch ich habe im Januar an vier Demos teilgenommen – und an einigen Mahnwachen der Omas gegen rechts vor der Neuen Synagoge in Hannover.

Nach Hannover fahre ich ziemlich häufig, seit ich nicht mehr berufstätig bin. Im Januar habe mir unter anderem zweimal die Paula Modersohn Ausstellung im Landesmuseum angesehen und natürlich war ich dabei, als meine Tochter im Unternehmerinnenzentrum durch ihre erste Fotoausstellung führte*.

Mit einer Schreibgruppe habe ich mich im Schauspielhaus Hannover getroffen. Das wird mittwochs bis freitags von 14 – 18 Uhr zum Open Haus und öffnet das Foyer für alle, die „Ruhe genießen, Musik hören, für die Uni lernen, coworken, vernetzen, Freund:innen treffen, Yoga mit der Gruppe machen, entspannt ein Buch lesen oder eine Sitzung halten“ – oder natürlich auch allein oder gemeinsam schreiben möchten (https://staatstheater-hannover.de/de_DE/open-haus). Eine wirklich gute Idee – und ein schöner Begegnungsort und Treffpunkt in der Innenstadt von Hannover.

Der monatliche Schreibtreff am ersten Sonntag des Monats ist für mich ein fester Termin. Allerdings haben wir im Januar ausnahmsweise am zweiten Sonntag gemeinsam geschrieben – und auch nicht im AutorInnenzentrum, sondern in den Praxisräumen einer Schreibfreundin. Denn das AutorInnenzentrum musste – oder soll ich schreiben – konnte aus dem Ihmezentrum ausziehen. Für alle, die das Ihmezentrum nicht kennen: Der Hochhauskomplex ist nicht nur meiner Meinung nach das scheußlichste Gebäude in Hannover.

Um Geld zu sparen, haben die Mitglieder des AutorInnenzentrums ihr neues Domizil in der Deisterstraße teilweise selbst renoviert. Auch ich habe an zwei Tagen geholfen, habe Löcher zu- und Wände abgespachtelt, grundiert und gestrichen. Zu Hause konnte ich ebenfalls – notgedrungen – unter Beweis stellen, dass ich handwerklich doch kein ganz hoffnungsloser Fall bin. Weil mein Mann in Nordschweden Polarlichter jagte, musste ich den defekten Abfluss unter der Spüle selbst reparieren. Es hat nicht im ersten Anlauf geklappt, aber inzwischen ist er dicht. Geht doch.

* Die Ausstellung mit Landschafts-, Tier und Naturfotos kann noch bis zum 19. April montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr im Unternehmerinnenzentrum in der Hohen Straße in Hannover-Linden besichtigt werden. Mehr Informationen unter https://foerodens.wordpress.com/2023/11/01/meine-erste-fotoausstellung/

Der letzte Fragebogen

Seit ich vor etwas mehr als einem Jahr Rentnerin geworden bin, habe ich mich von manchem getrennt. Ich habe ganze Papierberge in die Altpapiertonne entleert, zahlreiche entleerte Aktenordner verschenkt und noch mehr Newsletter und Pressedienste abbestellt. Außerdem habe ich u. a. die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft sowie diverse Versicherungen gekündigt. Denn als Rentnerin brauche ich weder eine Berufshaftpflicht- noch eine Vermögensschadensversicherung. Und so habe ich heute wohl zum letzten Mal den Fragebogen einer Versicherung ausgefüllt, der mich mein ganzes Berufsleben als Selbstständige begleitet hat und mit dem sichergestellt werden soll, dass mein Versicherungsschutz wenn auch abgelaufen so doch auf dem aktuellen Stand ist.

Ich gebe zu: In den ersten Jahren nach Abschluss der Versicherung habe ich die mir zugesandten Fragebogen schlichtweg ignoriert, weil ich glaubte, man hätte sie mir irrtümlich zugesandt. Keine einzige Frage hatte nämlich irgendetwas mit mir und meiner Tätigkeit als Journalistin und Lektorin zu tun. Denn ich beschäftigte nicht nur keine Service-Kräfte in meinem Auslieferungslager – ich hatte noch nicht mal eins. Meine Texte habe ich in den ersten Jahren per Post, später dann per Fax und per Mail versandt. Und der Redakteur, der gelegentlich meine Artikel mit nach Hannover nahm, als ich noch für die HAZ arbeitete, tat das aus reiner Gefälligkeit. Ich besaß auch weder Hub- und Gabelstapler noch Kräne, Motorschlitten, Winden, Tank- oder Kesselwagen – und ich gedachte auch nicht, derartige Geräte anzuschaffen. Und mein Tätigkeits-, Produktions-, Reparatur- und Lieferprogramm ist im Prinzip immer gleich geblieben, seit ich mich selbstständig gemacht habe: Ich schrieb, korrigierte und lektorierte Texte, wenn auch zu ganz unterschiedlichen Themen.

Nach mehreren Mahnungen und der Drohung, die mir den Versicherungsschutz zu entziehen, wenn ich nicht kooperiere, gab ich nach: Ich füllte den Fragebogen aus und versicherte der Versicherung, dass sie die Allererste wäre, die ich über etwaige Veränderungen meines Lieferprogramms, des Personal- und Fahrzeugbestands in Kenntnis setzen würde. Doch das genügte ihr nicht: Sie bestand auf einem jährlichen Update und so flatterte alljährlich am Jahresende der Fragebogen bzw. die Aufforderung, ihn auszufüllen, ins Haus.

Denn seit einigen Jahren ist dies online möglich und auch die Zahl der Fragen hat sich im Lauf der Jahre deutlich reduziert. So musste ich in diesem Jahr nur zwei Fragen beantworten, nämlich ob

  • „… sich Änderungen zum versicherten Risiko oder neue Risiken ergeben (haben, Ergänzung von mir, ew), die während des abgelaufenen Versicherungsjahres entstanden sind, insbesondere Änderung des Betriebscharakters, des Tätigkeits-, Produktions- und Lieferprogramms, Montage/ Reparaturarbeiten und /oder direkte Exporte in die USA/ US-Territorien?“ und
  •  „… während des abgelaufenen Geschäftsjahres Anschaffungen oder Investitionen getätigt (wurden, Ergänzung von mir, ew), die zu einer Veränderung der versicherten Sachwerte oder des Risikos geführt haben (z. B. neu hinzu gekommene Betriebsgrundstücke, Gebäude, Betriebseinrichtungen, Baugeräte, Waren, Vorräte)?

Ich habe hinter beiden Fragen mit gutem Gewissen das Nein angeklickt. Doch als ich auf Senden drückte, kam so etwas wie Wehmut auf: Vielleicht werde die Fragen nach meinen Baugeräten, Betriebseinrichtungen und Vorräten im nächsten Jahr doch vermissen. Ich hatte mich so daran gewöhnt.

Bye bye Baum

Ich habe in den vergangenen 40 Jahren über manches Merkwürdige gelesen und geschrieben: Über die Erfindung der Dauerwelle beispielsweise, über einen Wecker, der davonrennt und sich versteckt, wenn man nach ihm schlägt, oder über einen BH, der auch als Atemschutzmaske dient. Letztere wurden sogar mit dem Ignobel-Preis, einem inzwischen anerkannten Preis für skurrile Forschungsprojekte, ausgezeichnet.

Skurril ist für mich auch das (Teil)Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2018, auf die ich bei der Recherche für diesen Blogbeitrag gestoßen bin. Auf die Frage, wie lange sie ihren Weihnachtsbaum (üblicherweise) stehen lassen, antworteten nämlich 6 Prozent der von Statista befragten InternetnutzerInnen, dass sie den Baum vor Heiligabend abbauen; weitere vier Prozent dann schon an den Weihnachtsfeiertagen. Fake, war meine erster Gedanke, aber Statista ist eigentlich ein seriöses Marktforschungsinstitut und immerhin hat auch der Stern über diese Umfrage berichtet (https://www.stern.de/gesellschaft/weihnachtsbaum–so-lange-lassen-ihn-die-deutschen-stehen-8503024.html). Na gut, die Kollegen sind damals auch auf die Hitlertagebücher reingefallen, aber das ist ja schon lange her.

Seit ich die Umfrageergebnisse gelesen habe, grüble ich darüber nach, warum jemand einen Weihnachtsbaum kauft, schmückt – und dann noch vor dem Fest, für das er eigentlich angeschafft wurde, wieder loswerden will. Ebenfalls recht schnell, zwischen Weihnachten und Neujahr, trennen sich 11 Prozent der Befragten von ihrem Baum. Zwischen Neujahr und dem 6. Januar müssen 27 Prozent, am 6. Januar dann weitere 19 Prozent der Bäume weichen. Immerhin fast ein Drittel darf noch länger im warmen Wohnzimmer bleiben.

Für unseren Weihnachtsbaum war ganz traditionell am Dreikönigstag Schluss. Das Fest der Heiligen Drei Könige oder Epiphanias, die Erscheinung des Herrn, ist eines der ältesten kirchlichen Feste. Es erinnert daran, dass laut Matthäus-Evangelium drei Weise, Könige oder Magiere aus dem Morgenland, von einem Stern geleitet, Jesus in Bethlehem fanden – und er damit in der Welt „erschien“.

Für die katholische und evangelische Kirche endet die Weihnachtszeit – und damit auch die Weihnachtsbaumzeit – am Sonntag nach Epiphanias. Dagegen feiern die orthodoxen Kirchen, die sich noch nach dem alten julianischen Kalender richten, z. B  die russisch-orthodoxe und die serbisch-orthodoxe, Weihnachten erst am 6. und 7. Januar. Und auch im römisch-katholischen Italien mussten die Kinder früher bis zum 6. Januar auf ihre Geschenke warten. Denn in Italien werden die Kleinen traditionell an Epiphanias von der Weihnachtshexe Befana beschert.

Auch für mich ist der 6. Januar nicht Dreikönigs-, sondern Befanatag. Schließlich habe ich vor ein paar Jahren „die wahre Geschichte der Weihnachtshexe Befana“ aufgedeckt und aufgeschrieben. 🙂

Gelesene Bücher 2023

Wann habe ich eigentlich angefangen, jedes Jahr die Bücher zu zählen, die ich gelesen habe, und ihre Titel zu notieren? Die ersten (erhaltenen) Anfänge meiner Bücherlisten reichen ins Jahr 2015 zurück: Damals habe ich mir in Lissabon ein „Diário de leitura“, also ein Büchertagebuch, gekauft. Der erste Eintrag war im Februar 2015 Pascal Merciers „Nachtzug nach Lissabon“. Der Roman war lange Zeit eines meiner Lieblingsbücher und natürlich begleitete er mich auch bei unserem Kurzurlaub in Lissabon. Wahrscheinlich hatte ich mir das Reiseziel überhaupt nur oder hauptsächlich wegen dieses Buchs ausgesucht.

Natürlich war ich wie auch der Protagonist des Romans, der Lateinlehrer Raimund Gregorius, in der Livraria Bertrand, der ältesten durchgehend betriebenen Buchhandlung der Welt. Als ich dort das Büchertagebuch entdeckte, konnte ich nicht widerstehen. Regelmäßig habe ich allerdings erst seit 2020 die gelesenen Bücher eingetragen. Im vergangenen wie auch in diesem Jahr haben mich dann die Blogbeiträge von Christof Herrmann (https://www.einfachbewusst.de/2023/12/gelesen-buecher-2023/) animiert, meine eigene Leseliste zu veröffentlichen.

Ich lese etwa 50 bis 60 Bücher jährlich, im vergangenen Jahr waren es genau 60. Da ich die Listen nicht ganz zuverlässig führe, sind es möglicherweise sogar einige mehr. Außerdem fehlen Bücher, die ich noch nicht ganz zu Ende gelesen habe, im vergangenen Jahr zum Beispiel Siri Hustvedts Essayband „Mütter, Väter und Täter“.

Mein Ziel, jede Woche ein Buch zu lesen, habe ich also übertroffen. Ich habe mit Max Frisch meinen früheren Lieblingsautor wiederentdeckt. Die „Entwürfe zu einem Berliner Tagebuch“ haben mich so beeindruckt, dass ich auch „Die Entwürfe zu einem dritten Tagebuch“ angefangen und im neuen Jahr schon zu Ende gelesen habe. Außerdem liegt Montauk neben meinem Bett. Und ich habe einige AutorInnen neu entdeckt, die ich bislang nicht kannte. Besonders berührt haben mich die Bücher von Alba de Cespedes, Angelika Klüssendorf und Bernardine Evaristo.

Ich bin, ich habe es schon einmal geschrieben, eine unstrukturierte Leserin (https://timetoflyblog.com/die-unstrukturierte-leserin): Viele Bücher entdecke ich mehr oder weniger zufällig, zum Beispiel im Freihandbestand der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover, in den Neuerwerbslisten und in den Regalen der Bücherei in Großburgwedel, in Buchhandlungen oder als Hinweis in anderen Büchern. Bestsellerlisten interessieren mich wenig, mehr als auf die Kritiken und Empfehlungen verschiedener Kulturseiten und -sendungen vertraue ich auf die Tipps meiner (Schreib)Freundinnen.

Apropos Rezensionen und Empfehlungen: Nicole Seifert stellte bei der Recherche für ihr Buch „Frauenliteratur: Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“* fest, dass im April 2018 auf den Literaturseiten von FAZ und Süddeutscher Zeitung jeden Monat 47 Bücher von Autoren, aber nur 16 von Autorinnen besprochen wurden (Nicole Seifert, S, 34f).

Die Studie #frauenzählen, bei der im März 2018 in Kooperation mit dem Institut für Medienforschung der Universität Rostock 2.036 Rezensionen und Literaturkritiken in 69 deutschen Medienformaten ausgewertet wurden, kam zu einem ähnlichen, repräsentativen Ergebnis: „Auf jedes besprochene Werk einer Autorin kommen zwei Werke eines Autors (…). Männer sind damit doppelt so häufig vertreten“ – und zwar quer durch alle Mediengattungen. „In Wochenzeitschriften werden Autoren noch etwas stärker präsentiert (70%); allein bei Frauenzeitschriften kehren sich die Verhältnisse um: 64% der rezensierten Werke sind von Autorinnen verfasst“ (Sichtbarkeit von Frauen in Medien und im Literaturbetrieb, Seite 8, http://www.frauenzählen.de/studie_downloads.html). Ob sich daran inzwischen etwas geändert hat? Ich glaube kaum. Denn der Fortschritt ist bekanntlich eine Schnecke – und manchmal geht es auch nach einem Schritt nach vorn zwei Schritte zurück.

So musste ich in Nicole Seiferts Buch lesen, „dass wir in der Schule praktisch ausschließlich männliche Autoren lasen“ und dass ihr „in acht Jahren Gymnasium inklusiver Deutsch-Leistungskurs in den späten Achtziger- und frühen NeunzigerJahren  … mit Annette von Droste-Hülshoff nur eine einzige Autorin“ begegnete. Meine Tochter hat ein paar Jahre später das gleiche Gymnasium besucht. Vielleicht hätte ich mich doch mehr darum kümmern sollen, was sie gelesen und gelernt hat – oder besser gesagt was nicht.

Wie gut und fortschrittlich meine eigenen Deutsch- und GeschichtslehrerInnen an der Realschule in Neumagen und am Auguste-Viktoria-Gymnasium in Trier waren, wurde mir bei der Lektüre von Nicole Seiferts Buch wieder einmal bewusst: Ich selbst habe in dem Jahr Mittlere Reife gemacht, in dem Nicole Seifert geboren wurde. Und natürlich standen in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren vorwiegend Autoren auf dem Lehrplan. Aber wir haben im Unterricht neben der schon damals obligatorischen Judenbuche von Annette von Droste-Hülshoff auch Gedichte von Ina Seidel, Elisabeth Langgässer, Nelly Sachs, Marie Luise Kaschnitz und Ingeborg Bachmann gelesen. Und das „Tagebuch der Anne Frank“ und „Das siebte Kreuz“ von Anna Seghers waren wenn nicht Unterrichtslektüre so doch dringende Lektüreempfehlungen. Vielen Dank nachträglich an Hermann Erschens, Dr. Elisabeth Becker und Dieter Schulz. Sie haben sicher großen Anteil daran, dass ich immer noch eine leidenschaftliche, wenn auch unstrukturierte Leserin bin – mit einem Faible für von Büchern, die von Frauen geschrieben wurden, wie ein Blick auf die unten stehende Liste der gelesenen Bücher zeigt.

Übrigens: „Frauenliteratur: Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“ erscheint im Februar als Taschenbuch. Gespannt bin ich auch auf Nicole Seiferts neues Buch „Einige Herren sagten etwas dazu“, in dem sie die Geschichte der Gruppe 47 aus der Perspektive der Autorinnen erzählt. Es erscheint ebenfalls im Februar im Verlag Kiepenheuer & Witsch.

*Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.

Gelesene Bücher 2023

  1. Elke Heidenreich: Ihr glücklichen Augen
  2. Elizabeth Strout: O William
  3. Dörte Hansen: Zur See
  4. Linda Bostöm Knausgard: Oktoberkind
  5. Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter
  6. Felicitas Hoppe 17° fieber
  7. Alex Schulmann: Verbrenn all meine Briefe
  8. Monika Peetz: Sommerschwestern I
  9. Kristin Valla: Haus überm Fjord
  10. Bonnie Garmus Eine Frage der Chemie
  11. Auszeit Storys
  12. Renate Strobl: Ein Raum für mich
  13. Kerri Maher: Die Buchhändlerin von Paris
  14. Christine Schünemann: Schreiben
  15. Christiane Palm-Hoffmeister: FrauenZimmerSchreiben
  16. Tomas Tromströmer: Lebenserinnerungen
  17. Richard Ford: wie wir schreiben wollen Essays
  18. Virginia Woolf: Ein Zimmer für sich allein
  19. Isabel Allende: Violetta
  20. Dora Heldt: Drei Frauen und ein falsches Leben
  21. Helga Schubert: Der heutige Tag
  22. Anne Gesthuysen: Mädelsabend
  23. Anne Gesthuysen: Wir sind doch Schwestern
  24. Kirsten Hannah: Winterschwestern
  25. Barbara Bronnen: Stadt der Tagebücher
  26. Raynor Winn: Wilde Stille
  27. Marie Luise Kaschnitz: Steht noch dahin
  28. Bernardine Evaristo: Mädchen, Frau etc
  29. Bernardine Evaristo Manifesto
  30. Christoph Hein: Unterm Staub der Zeit
  31. Ewald Arenz: Die Liebe an miesen Tagen
  32. Donna Leon: Wie die Saat, so die Ernte
  33. Christiane Wünsche: Wir sehen uns zu Hause
  34. Deborah Levy: Ein eigenes Haus
  35. Monika Peetz, Sommerschwestern, teil 2
  36. Robert Seethaler: Café ohne Namen
  37. Bettina Storks:  Die Poesie der Liebe
  38. Emily Pine: Botschaften an mich selbst
  39. Judith Herrmann: Wir hätten uns alles gesagt
  40. Judith Hermann: Letti Park
  41. Daniel Schreiber: Zuhause
  42. Nina George: Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
  43. Heike Abidi: Scheißegal, ich mach das jetzt
  44. Cornwall Geschichten
  45. Merian Reiseführer Cornwall
  46. Anja Schreiber: Entfessle dein Selbst durch Journaling
  47. Meike Moshammer: Auszeit in Wanderstiefeln
  48. Susanna Tamaro: Ein denkendes Herz
  49. Ann Patchet: Aus Liebe zum Buch
  50. Susanna Tamaro: Geh wohin dein Herz dich trägt
  51. Volker Weidermann: Mann am Meer
  52. Sylvie Schenk: Maman
  53. Elke Vesper: Jetzt erst recht
  54. Max Frisch: Entwürfe zu einem Berliner Journal
  55. Thomas Mann: Tonio Kröger
  56. Alba de Cespedes: Das verbotene Notizbuch
  57. Angelika Klüssendorf: Risse
  58. Angelika Klüssendorf: Das Mädchen
  59. Susanna Tamaro: Die Demut im Blick
  60. Brigitte Giraud: Schnell leben

Jahresrückblog 2024

Und noch einmal Reinhard Mey. Sein Lied „Einundsiebzigeinhalb“ passt nicht nur zur Halbzeitbilanz, sondern auch zum Jahresrückblog am Ende des Jahres. „Was ist aus all dem geworden, was ich mir am Neujahrsmorgen, ganz fest vorgenommen hab?“ Oder, um den König aus Hermann van Veens Musical die Ente Kwak zu zitieren: „Ist es schon wieder so weit?“

Ja, wieder Silvester: Zeit, Bilanz zu ziehen, zurück, aber auch ein wenig nach vorne zu schauen. Zu diesem Jahresrückblog hat mich Judith Peters gleichnamige Aktion inspiriert – allerdings habe ich ihre Vor- und Ratschläge meinen Bedürfnissen entsprechend modifiziert. So habe ich den Beitrag nicht wie die anderen Teilnehmerinnen am 20. Dezember veröffentlicht. Zum einen, weil ich am Morgen dieses Tages zu einer Untersuchung im Krankenhaus war. Zum anderen nutze ich meinen Blog nicht beruflich, er ist rein privat. Und weil ich zwischen den Jahren weder Urlaub noch eine Auszeit vom Bloggen mache, stelle ich diesen Beitrag am letzten Tag des Jahres online.

Leben

Im vergangenen Jahr hat sich für mich einiges geändert. Ich bin seit Ende 2022 Rentnerin, seit Mitte 2023 nehme ich keine Schreibaufträge mehr an. 40 Jahre Lohnschreiberei sind genug. Ich habe gerne und viel gearbeitet – zeitweise wahrscheinlich zu viel. Und oft habe ich es nicht geschafft, das Leben zu genießen. Zu groß war mein Perfektionismus, zu groß die Angst, Aufträge dauerhaft zu verlieren, wenn ich einmal nein sage. Aber jetzt ist Zeit für das Leben nach der Arbeit – und für die Dinge, die ich gerne tue. Wann, wenn nicht jetzt? Denn wer weiß, wie viel Zeit noch bleibt.

Schreiben und lesen

Ich schreibe gerne, und natürlich werde ich weiter schreiben. Blogbeiträge zum Beispiel. In diesem Jahr habe ich nur 51 veröffentlicht, im nächsten Jahr sollen es ein paar mehr werden. Außerdem möchte ich Essays schreiben und mich an Gedichte wagen. Noch beschränke ich mich meist darauf, Letztere zu lesen – vor dem Einschlafen schlage ich oft den Conrady auf, der neben meinem Bett steht. Oder ich lese mich mit dem lyrischen Kalender durchs Jahr.

Apropos lesen: Ein Leben ohne Bücher kann ich mir nicht vorstellen. 60 habe ich in diesem Jahr gelesen – mehr als eins jede Woche. Die Liste der gelesenen Bücher werde ich in den nächsten Tagen in einem Extra-Beitrag posten.

Kunst

Ich liebe Bücher, seit ich lesen kann. Und ich schreibe, seit ich vor fast 50 Jahren Anne Franks Tagebuch zum ersten Mal gelesen habe. Gezeichnet habe ich dagegen nie. Doch jetzt möchte ich es endlich lernen, möchte mehr Farbe in mein Leben bringen. Deshalb habe ich im November mit einem privaten Zeichenkurs angefangen – und ich habe mir wieder einmal fest vorgenommen, im nächsten Jahr mehr zu zeichnen. Vielleicht klappt es ja in meinem neu eingerichteten Schreib-/Malzimmer, in dem ich nicht nur viel Platz, sondern auch viel Licht habe.

Zu der vorläufig letzten Umräumaktion in unserem Haus haben mich die verschiedenen Atelierspaziergänge angeregt, an denen ich in diesem Jahr teilgenommen habe. Ich bin eine Kunstbanausin, aber ich liebe es, Blicke hinter die Kulissen zu werfen und zu sehen, wie und in welcher Umgebung Kunst entsteht.

Außerdem habe ich viele Museen, Ausstellungen und Galerien besucht. Ein Highlight war sicher das Tate in Saint Ives, nicht nur wegen der Bilder im Museum, sondern auch wegen des tollen Blicks aus dem Museum aufs Meer. Sehr gut gefallen haben mir auch die Ausstellungen von Ilon Wikland und Volker Kriegel im Museum Wilhelm Busch. Und die Ausstellung „Nach Italien“ im Landesmuseum hat dazu geführt, dass wir unsere Reisepläne geändert haben und im Frühjahr statt nach Portugal in die Toskana gefahren sind.

Ganz stolz bin ich auf die erste Ausstellung meiner Tochter: Noch bis April sind im Unternehmerinnenzentrum in Hannover Tier-, Natur- und Landschaftsfotos von ihren Reisen und Wanderungen zu sehen.

Reisen

Gereist bin ich im zu Ende gehenden Jahr viel, nicht nur, aber auch dank des 49-Euro-Tickets. Dass es später kam als angekündigt, habe ich den PolitikerInnen längst verziehen, zumindest solange sie es nicht wieder abschaffen. Und auch daran, dass ich bei Kontrollen keine Karte, sondern mein Smartphone vorzeigen muss, habe ich mich inzwischen gewöhnt.

Durch das Ticket bin ich viel mobiler geworden. Ich kann einfach irgendwohin fahren, umweltfreundlich und preiswert. Auf diese Weise habe ich verschiedene Städte erkundet, die schon lange auf meiner To-visit-Liste standen, Wolfenbüttel zum Beispiel, Bad Gandersheim oder Lübeck. Außerdem bin ich jetzt oft in Hannover – gehe ins Museum, in die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, in die Herrenhäuser Gärten oder an den Maschsee. Und manchmal wandere ich ziellos durch die Straßen und lerne die Stadt kennen, in deren Nähe ich seit mehr als drei Jahrzehnten lebe.

Neben den kurzen Fahrten gab es natürlich auch die großen und kleinen Reisen mit dem Wohnmobil. Anders als geplant sind wir nicht nach Portugal und Skandinavien gefahren, sondern nach Italien und England. Aber das ist ja der Vorteil dieser Art des Reisens: Man kann spontan entscheiden, wohin die Reise geht. Man kann bleiben, wo es einem gefällt, und weiterziehen, wenn man oder frau mag. Und oft ist der Weg das Ziel.

Wann immer es geht, schaue ich mir unterwegs Gärten an, nicht selten sind sie besondere Highlights auf den Reisen. So waren der Giardino Bardini und der Giardino delle Roses meine Lieblingsorte in Florenz. In Saint Ives hat mir der Skulpturengarten von Barbara Hepworth sehr gut gefallen und nach Saint Austell sind wir nur wegen der Lost Gardens of Heligan gefahren.

Gewandert bin ich auch, wenn auch nicht so viel, wie ich eigentlich wollte. Immerhin bin ich auf den Calmont bei Ediger-Eller gestiegen, bin zum ersten Mal in den Alpen und auf dem South West Coast Path in Cornwall gewandert. Beides schmeckt nach mehr. Den Hexenstieg habe ich leider auch in diesem Jahr nicht geschafft. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der Harz liegt ja quasi vor der Tür und ist zudem auch eine ideale Übungsstrecke für Wanderungen aller Art  

Dank meines Fitnesstrackers weiß ich übrigens genau, wie viel ich in diesem Jahr gegangen bin: Es waren durchschnittlich 9.852 Schritte am Tag, also 3.595.980 insgesamt. Das Ziel 10.000 Schritte täglich habe ich also verfehlt, wenn auch nur knapp verfehlt.  

Omas gegen rechts

Seit einiger Zeit beteilige ich mich an Aktionen der Omas gegen rechts. Denn in Zeiten wie diesen genügt es meiner Meinung nach nicht mehr, gegen Antisemitismus und rechtsradikale Parteien zu sein, die unsere Demokratie gefährden – man muss es auch zeigen.

Dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder bedroht werden, dass sie Angst haben müssen, mit einer Kippa auf die Straße zu gehen oder in der Öffentlichkeit Hebräisch zu sprechen, macht mich nicht nur wütend, sondern erfüllt mich mit Scham. Und die politische Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt macht mir zunehmend Angst. Immer öfter denke ich an Martin Niemöllers Worte (https://martin-niemoeller-stiftung.de/martin-niemoeller/als-sie-die-kommunisten-holten):

„Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie mich holten,
gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.“

Von 1937 bis 1945 war Niemöller in Gefängnissen und Konzentrationslagern eingesperrt. Sein Schicksal sollte uns mahnen, rechtzeitig aufzustehen und zu verhindern, dass hierzulande die Höckes, Chrupallas und Weidels an die Macht kommen, unsere Freiheit aushöhlen oder gar abschaffen.

Lieblings-Posts

Nennt eure „drei liebsten eigenen Blogartikel des Jahres“, empfiehlt Judith Peters den TeilnehmerInnen des Jahresrückblogs. Ich musste nicht lange nachdenken. Den Beitrag „Nie wieder ist jetzt“ habe ich nach einer Mahnwache vor dem Holocaust Mahnmal auf dem Opernplatz in Hannover geschrieben. Wir wollten am 9. November, am 85. Jahrestag der Pogromnacht von 1938, nicht nur an die Holocaust-Opfer, sondern auch an die Opfer des Massakers der Hamas in Israel erinnern. Und wir wollten ein Zeichen setzen – gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland und in vielen anderen Ländern (https://timetoflyblog.com/nie-wieder-ist-jetzt).

Die beiden anderen Beiträge gehören eng zusammen: der Text über die Stadt der Tagebücher (https://timetoflyblog.com/die-stadt-der-tagebuecher) und der Beitrag über Orlando Orlandi Posti. Der junge Italiener, dessen Briefe aus dem Gefängnis im Tagebucharchiv von Pieve Santo Stefano aufbewahrt werden, wurde 1944 von den Nazis in den Adreatinischen Höhlen ermordet (https://timetoflyblog.com/in-memorian-orlando-orlandi-posti).

So etwas darf nie wieder passieren. Nie wieder ist jetzt.

Monatsrückblick November 2023

Rechnet sich das 49-Euro-Ticket für dich, fragte mich eine Bekannte vor ein paar Tagen. Auf jeden Fall, antworte ich spontan, obwohl ich es noch nicht nachgerechnet habe. Als ich für diesen Monatsrückblick meine Fahrten im November aufgelistet habe, bestätigt sich der erste Eindruck: Ich war auch im November viel unterwegs. Ich habe meine Tochter im Harz besucht und die Enkelkinder in Hamburg. Ich bin mit dem Ticket nach Travemünde und zurück gefahren und von dort zweimal nach Lübeck – und retour. Einmal, um die Gedenkhäuser der berühmten Lübecker zu besichtigen – von Thomas und Heinrich Mann, Willy Brandt und Günter Grass –, ein zweites Mal, um über den Weihnachtsmarkt zu gehen, der am 27. November eröffnet wurde.

Zwei berühmte Lübecker, Günter Grass und Willy Brandt. Das Foto habe ich im Günter-Grass-Haus abfotografiert.

Selbst die Fähre über die Trave auf den Priwall konnte ich mit dem Ticket kostenlos nutzen, Dass man nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Nerven spart, weil man sich nicht durch den Tarifdschungel diverser Verkehrsverbünde kämpfen und vor Ticketschaltern anstehen muss, ist ein weiterer Vorteil.

In Hannover bin ich dank des Tickets auch häufiger als früher: Gleich am ersten Sonntag im November habe ich den monatlichen Schreibtreff im Ihmezentrum mit einem Rundgang durch die Ateliers in der List kombiniert.

Die Gruppe Lister Künstler gibt es seit mehr als 20 Jahren – schon in der Gründungsphase entstand wohl die die Idee, die Ateliers zu öffnen, Kunstinteressierten Einblicke in die praktische Arbeit zu geben und ihnen die eigenen Werke – nicht nur die fertigen, sondern auch Skizzen und Entwürfe, zu zeigen. Ich habe den Atelierrundgang durch die List, der immer am ersten Novembersonntag stattfindet, erst in diesem Jahr zufällig entdeckt – und ich war sicher nicht zum letzten Mal dabei. 

Meinem Ziel, zeichnen zu lernen und mehr Farbe in mein Leben zu bringen, bin ich im November ein Stück näher gekommen: Ich lerne seit Anfang des Monats zeichnen bei Heidrun Schlieker, einer Malerin, deren Bilder und vor allem Skizzenbücher ich seit Langem bewundere. Außerdem habe ich an Brigitte Helblings Workshop „Essays schreiben“ im AutorInnenzentrum Hannover teilgenommen. Mich fasziniert diese Form, für die es keine festen Vorgaben gibt, schon lange. Es ist, so Michael Hamburger in seinem Essay über den Essay, ein Spiel, „das seine eigenen Regeln schafft“ (http://culturmag.de/litmag/michael-hamburger-essay-ueber-den-essay/100328).

„Essayist:innen schauen auf die Welt um sich herum – und auf sich selbst – und machen sich dann daran, das Entdeckte, Erlebte, Gesehene in Worte zu fassen“, schreibt Brigitte in  ihrer Ankündigung des Workshops. Das gefällt mir, und vielleicht sind Essays ja genau die Form, die mir besonders liegt. Ich werde es versuchen – was ausgesprochen gut zum Essay passt. Schließlich kommt der Name vom Französischen essayer = versuchen.

Geschrieben habe ich natürlich auch, wenn auch (viel) weniger, als ich es mir vorgenommen habe. Denn der November ist ja der Nanowrimo, der „National novel writing month“. Besonders ehrgeizige und fleißige AutorInnen schreiben in diesem Monat 50.000 Wörter, also einen kurzen Roman. Das ist für mich völlig utopisch. Ich habe aus dem Nanowrimo wie schon im letzten Jahr, angeregt von den Instagrammerinnen Kathinka Engel und Kyra Groh, meinen privaten „Schreib so viel du kannst November“, gemacht, einen „nanowrimo light und stressfrei“ (https://timetoflyblog.com/schreibsovieldukan).

Und so bin ich in Travemünde statt zu schreiben oft am Meer entlangspaziert oder durch die Stadt gebummelt, ohne festes Ziel und fast ohne schlechtes Gewissen. Vielleicht brauche ich nach mehr als 40 Jahren Lohnschreiberei einfach eine Auszeit vom Schreiben, nicht zum Schreiben. Und außerdem kommen mir beim Gehen oft gute Geh-danken.

Schreiben mit Blick aufs Meer in Travemünde

Wer schreiben will, sollte viel lesen, darin sind sich fast alle SchreibratgeberInnen einig. Das habe ich im vergangenen Monat getan. Ich habe unter anderem mit Alba de Céspedes eine Autorin entdeckt, von der ich noch nie etwas von gehört hatte, und mit Max Frisch einen meiner früheren Lieblingsautoren wiederentdeckt. Und weil ich in Lübeck, der Heimatstadt von Thomas Mann war, habe ich auch Tonio Kröger, die frühe Novelle von Thomas Mann, wieder gelesen. Wirklich begeistert war ich zugegebenerweise nicht – und ich überlege, ob ich wirklich noch einen weiteren Versuch starten soll, den Zauberberg zu lesen. Mit dem fast 1000 Seiten dicken Roman, der als einer der großen Romane der klassischen Moderne gilt, habe ich mich bislang schwer getan. Und vielleicht gehört er wie Ulysses von James Joyce zu den Werken der Weltliteratur, die ich nie zu Ende lesen werde.