Monatsrückblog Oktober 2024

Das Zeitempfinden ist abhängig vom Alter, habe ich am Sonntag in Terra X erfahren: Je älter man wird, desto schneller vergeht die Zeit. Das liege daran, dass in jungen Jahren mehr Neues passiere, an das man sich erinnere. Deshalb erscheine eine Zeitspanne im Rückblick kürzer, so Marc Wittmann, Leiter einer Studie über Zeitwahrnehmung und -bewusstsein und Autor des Buches „Gefühlte Zeit“. Bei den über 60-Jährigen tickten die Uhren dann allerdings wieder anders, das Zeitempfinden ändere sich wieder. Denn schließlich haben viele Menschen als RentnerInnen wieder Zeit, Neues auszuprobieren und Dinge zu unternehmen, die dann in Erinnerung bleiben (https://www.7jahrelaenger.de/7jl/magazin/wie-das-alter-unser-zeitgefuehl-beeinflusst-62822) – und im Monatsrückblog auftauchen.

Reisen

Dass ich jetzt mehr Zeit zum Reisen habe, ist einer der großen Vorzüge des RentnerInnenlebens – und dank meines D-Tickets sind die Fahrten mit dem öffentlichen Personennahverkehr günstig und recht problemlos. So war ich im Oktober dreimal im Harz: einmal zum Wandern In Ilfeld, einmal zu einer Aus- und Umräumaktion in Bad Harzburg und einmal zu einem Fotoshooting mit Gil-Galad im Wald bei Wolfshagen. Der letzte Hohe König der Elben war eigens für den Fototermin aus Tolkiens Mittelerde nach Niedersachsen gereist. Die SpaziergängerInnen, die uns begegneten, freuten sich allesamt über den unerwarteten Gast.

In Hamburg habe ich meine Enkelkinder besucht und schließlich am vorletzten Oktobertag meinen Mann in Travemünde am Skandinavienkai abgeholt, also dort, wo unsere Nordtour vor fast zwei Monaten begann. Während ich Ende September wieder zurück nach Deutschland geflogen bin, um den zwar nicht immer, aber doch oft Goldenen Oktober zu genießen, blieb mein Mann nördlich des Polarkreises, immer auf der Jagd nach Nordlichtern (https://sternefueralle.wordpress.com/polarlichter/).

Für mich war die Fahrt nach Travemünde eine gute Gelegenheit, ein paar Stunden am Meer zu verbrinfen – und ein gemeinsamer Abschluss unserer Schwedenreise.

Kunst

Im September war ich noch in Jokkmokk, dem samischen Zentrum in Nordschweden, im Oktober gab es ein Wiedersehen mit der samischen Geschichte und Kultur im Sprengelmuseum in Hannover. Joar Nango, Künstler und Architekt aus Tromsö mit samischen Wurzeln, greift für seine Installationen traditionelle Kulturtechniken der Sámi auf – und aktualisiert sie. So verarbeitete er für die Ausstellungsstücke neben traditionellen Werkstoffen wie Holz, Fischhäuten, Rentierfellen und Birkenrinden zum Beispiel auch Kupfer- und Blechplatten von einem Schrottplatz aus der Region Hannover. Aus ihnen entstand ein Gumpi, eine transportable Hütte, die samische Hirten nutzen, um sich vor Wind und Wetter zu schützen, wenn sie ihren Rentierherden folgen. Auch Filme und Fotos geben noch bis Anfang nächsten Jahres im Sprengelmuseum einen Einblick in die samische Kulltur. Als Hocker vor den Bildschirmen dienen übrigens unter anderem ausrangierte Raupen von Schneemobilen.

Thomas Rentmeisters Installation d23 war für mich eine kleine Reise in meine Vergangenheit. Denn der Umzug seiner Mutter in ein Pflegeheim und die Auflösung seines Elternhauses in der Dorfstraße 23 (d23) in Klein-Reken war für den Bildhauer und Professor für Skulptur in Braunschweig ein Anlass, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Und so landeten Möbel, Hausrat und vielen persönliche Dingen nicht auf dem Sperrmüll, sondern als umfangreiche Rauminstallation im Sprengelmuseum. Manches habe ich beim Gang durch die Räume wiedererkannt – ganz ähnliche Dinge haben auch in meinem Elternhaus gestanden. Dass Thomas Rentmeister sie in einem Kunstwerk weiterverwertet hat, gefällt mir. Und ich musste daran denken, wie froh ich war, dass die Käufer meines Elternhauses einen Großteil der Möbel und des Hausrats übernommen und mir so erspart haben, das, was meine Eltern im Laufe ihres Lebens angeschafft haben, auf den Müll zu werfen.

Mein Ausflug ins Sprengelmuseum endete übrigens am Eingang der Dauerausstellung Elementareile. Meine Tasche sei zu groß, befand die für diese Räume zuständige Museums-Mitarbeiterin. Mein Einwand, dass ich am Eingang gefragt und eine andere Auskunft erhalten hatte, beeindruckte sie ebenso wenig wie die Feststellung, dass mindestens drei KollegInnen mich ohne Einwände, aber mit Tasche hatten passieren lassen. Ich drehte also um – und beschloss, den Museumsbesuch an einem anderen Tag fortzusetzen. Dank Museumskarte kann ich das ja jederzeit, außer montags. Montags sind die Museen in Hannover nämlich geschlossen.

Beim Nachmessen zu Hause zeigte sich: Meine Tasche ist wirklich einen halben Zentimeter zu lang, nämlich 30,5 statt der im Sprengelmuseum erlaubten 30 Zentimeter. Dass sie drei Zentimeter schmaler ist als erlaubt, (nämlich nur 22 statt 25 Zentimeter), gleicht offenbar diese Überschreitung nicht aus. Vorschrift ist eben Vorschrift.

Musik

Selbst hätte ich mir die Karte für das Konzert im Amtshof in Burgwedel sicher nicht gekauft, denn ich bin kein Fan von Violinmusik. Aber eine Bekannte hatte sie mir geschenkt, weil sie selbst an dem Abend verreist war. Und ich fand das Thema spannend: Night on Earth – eine musikalische Welt und Zeitreise durch die Nacht mit Ulf Schneider (Violine) und Jan Philip Schulze (Klavier).

Der Konzertabend verlief dann recht ungewöhnlich. Nach dem zweiten Stück stellte der Pianist fest, dass sich beim Transport am Schimmelflügel ein Pedal verklemmt hatte. Ich – musikalische Analphabetin – hatte das nicht gehört, für echte MusikenthusiastInnen ist das aber offenbar ein No-Go. Und so wurde das Konzert unterbrochen, nach einem langen Telefonat mit einem Klavierstimmer zeigte Jan Philipp Schulze, dass er nicht nur Klavier spielen, sondern sein Instrument auch reparieren kann: Er baute zuerst den Deckel, dann die Klaviatur aus – und nach der provisorischen Reparatur wieder ein. Nach einer halben Stunde ging das Konzert dann weiter.

Mehr als die Musik ist mir die Reparatur in Erinnerung geblieben – und ein Stück des amerikanischen Komponisten George Crumb. Ich hatte bislang noch nie etwas von ihm gehört, aber laut Kammermusikführer.de ist er „der ‚grand old man‘ der Neuen Musik in den USA“ https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/4206). Ich habe mir die von ihm komponierte Sonata für Solo Cello bei Youtube angehört. Sie hat mir gefallen, auch wenn sie ganz anders klingt als die Cellostücke, die ich sonst höre. Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass ich für die Zeitschrift Nobilis gerade einen Artikel über Hannoversche Gesellschaft für Neue Musik e.V. (hgnm) korrigiert habe (https://issuu.com/schluetersche/docs/nob_11-2024_epaper). Und man ist ja bekanntlich nie zu alt, Neues auszuprobieren.  

Sport

Gut, ganz neu ist der Sport für mich nicht. Ich habe früher schon mal Tischtennis – oder vielleicht war es eher Pingpong – gespielt: während meines Volontariats an der Mosel (lang, lang ist’s her) ganz kurze Zeit im Verein, später dann gelegentlich und ohne jede Chance mit meiner Tochter, jetzt ab und zu mit den Enkelkindern. Kurz bevor oder nachdem ich sechzig geworden bin, hatte ich ein paarmal mit der Gruppe in der Seniorenbegegnungsstätte trainiert. Doch dann wurde meine Mutter pflegebedürftig, dann kam Corona … – kurzum, es kam immer etwas dazwischen. Jetzt habe ich wieder angefangen – ich spiele nicht gut, aber es macht mir Spaß und ich habe mir fest vorgenommen, diesmal dran zu bleiben. Und Übung macht ja bekanntlich die Meisterin.

Monatsrückblick September 2024

Zwei Dinge waren charakteristisch für „meinen“ September: Ich war im vergangenen Monat viel unterwegs und habe ganz wenig geschrieben.

Schreiben

Nach 40 Jahre Lohnschreiberei brauchte ich einfach eine Auszeit vom Schreiben. Auf unserer Reise durch Schweden habe ich drei Wochen lang außer Tagebuch, Morgen- und Abendseiten nichts geschrieben – und die Pause hat mir gut getan. Wieder zurück in Deutschland, kehre ich allmählich in die Welt der Schreibenden zurück. Dabei helfen mir die Verabredungen zum Schreiben – online und live – mit einer Schreibfreundin sowie die Schreibimpulse von Denise Fritsch, die jeden Morgen in meinem Mailfach landen.

Schule

Den Frauenschreibtreff im Autorinnenzentrum, eigentlich ein fester Termin in meinem Kalender, habe ich im September ich ausfallen lassen. Denn morgens mussten wir noch für unsere Schwedenreise packen, die am 3. September begann, nachmittags sind wir dann schon gen Norden gestartet. Am Montag und Dienstag wurden nämlich zwei Enkelkinder in Hamburg ein- bzw. umgeschult. Yunus kam in die weiterführende Schule, seine kleine Schwester Ayda in die Grundschule. Im Leben der Kinder sind das wichtige Tage – und wir sind froh, dass wir sie miterleben durften.

Schweden

Über unsere Schwedenreise habe ich schon ausführlich berichtet (https://timetoflyblog.com/schweden-im-herbst). Weil wir an der Südküste entlangfahren wollten, hatten wir einen Platz auf der Fähre von Travemünde nach Trelleborg gebucht. Außerdem ersparten wir uns so den Stau vor der Fehmarnsundbrücke und die eher langweilige Fahrt durch Dänemark. Dass die Fähre einen Umweg über Rostock machte, wurde uns erst bewusst, als wir im Hafen eincheckten. Gestört hat es uns nicht, denn die Seefahrt war bei schönem Wetter ganz entspannt – und dauerte trotz des Zwischenstopps in Meck-Pomm nicht viel länger als die Fahrt mit dem Auto.

Für einen bekennenden Wasserfan wie mich ist Schweden ein Traum. Ein See, ein Fluss oder das Meer sind eigentlich immer in der Nähe, manchmal sogar See, Fluss und Meer. Im Süden haben mich vor allem die hübschen Städte mit viel Flair begeistert, im Norden die Natur. Besondere Highlights waren Stockholm und die nordschwedische Küstenregion Höga Kusten. Die Felslandschaft ist vor Zehntausend Jahren aus dem Meer gewachsen und wächst heute noch immer, wenn auch nur kaum messbar um acht Millimeter im Jahr.

Auch wenn mir die Hohe Küste besonders gut gefallen hat: Schöne Landschaften mit tollen Ausblicken gab es eigentlich überall. So lagen alle 13 Campingplätze, auf denen wir übernachtet haben, an einem Gewässer; meist konnten wir sogar direkt vom Wohnmobil aus auf einem See, einen Fluss oder aufs Meer sehen. Und so sind auf der Reise viele schöne Fotos entstanden, zum Beispiel von Sonnenauf- und -untergängen.

Schwimmen

Apropos Wasser. Ich bin gerne am Wasser, aber schwimmen ist – alle die mich oder meinen Blog kennen wissen es – nicht mein Sport. Mit dem Bahnenschwimmen im Schwimmbad tue ich mich schwer, aber wenn ich an einem See oder am Meer bin, kann ich meist nicht widerstehen und will hinein.

Auch auf dieser Reise bin ich an fast allen Orten, an denen wir Station gemacht haben, ein bisschen geschwommen, wenn auch der doch schon recht niedrigen Wassertemperaturen wegen meist nur kurz. Toll war das Meer bei Simrishamn und Ystad: So hohe Wellen habe ich an der Ostsee noch nie erlebt. An den Höga Kusten war das Wasser spiegelglatt und  deutlich kälter. Weil aber die Sauna am Skuleberget Havscamp direkt am Wasser steht, konnte ich mich aufwärmen, bevor ich ins Wasser eingetaucht bin.

Auf dem nächsten Campingplatz in Byrske habe ich dann kein Bad, sondern – ungewollt – ein Schlammbad genommen. Als ich von einem Steg sprang, versank ich bis zu den Oberschenkeln im Schlick. Einen meiner Schuhe konnte ich noch herausziehen, der andere blieb verschwunden. Darauf, im Lille Luleälv zu schwimmen, habe ich dann verzichtet. Denn Jokkmokk liegt nördlich des Polarkreises – und in der zweiten Nacht im Arctic Camp sanken die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Inzwischen schneit es dort, erzählt mein Mann.

So abgehärtet, schreckten mich die herbstlichen Temperaturen in Deutschland nicht. Wieder zurück in Burgwedel, bin ich jeden Morgen ins Freibad gefahren – und als am 29. September die Freibadsaison endete, hatte ich auch meine zweite Zehnerkarte restlos „abgeschwommen“. Irgendwie hat es sogar Spaß gemacht, wenn ich mich einmal aufgerafft und meinen inneren Schweinehund überwunden habe. Jetzt habe ich vor, im nächsten Jahr wieder einmal eine Saisonkarte zu kaufen und regelmäßig schwimmen zu gehen. Doch ob der gute Vorsatz den Winter übersteht, ist fraglich.

Schöne Bilder: „KUNST in BEGEGNUNG“.

Auch ein bisschen Kunst gab es am letzten Septemberwochenende in Burgwedel. 18 Jahre lang haben KünstlerInnen und KunsthandwerkerInnen ihre Werke ausgestellt – in Büros, öffentlichen Gebäuden oder auch in ihren eigenen Ateliers. Weil es an finanzieller und organisatorischer Unterstützung sowie ein bisschen auch an NachwuchskünstlerInnen fehlte, sollte im vergangenen Jahr mit „Kunst in Bewegung“ eigentlich Schluss sein. Doch dann haben es sich die OrganisatorInnen zum Glück anders überlegt. Aus Kunst in Bewegung wurde Kunst in Begegnung.

Was sich außer dem Namen und dem Logo geändert hat, ist mir nicht ganz klar. Die Erkennungszeichen – die orange lackierten Fahrräder, die orangenen Fahnen und selbst das Kürzel KIB sind gleich geblieben. Und wie in den vergangenen Jahren habe ich es genossen, durch die Stadt zu gehen und mir die Arbeiten von rund 30 KünstlerInnen und KunsthandwerkerInnen anzusehen. Einige wie Heidrun Schlieker, Christine Küppers oder Elke Seitz kenne ich schon sehr lange

andere wie Kerstin Bässmann, Annette Böwe und Ulrich Saloga habe ich erst in diesem oder im letzten Jahr kennengelernt und interessante Gespräche geführt.

Neben altbekannten waren in diesem auch einige neue Ausstellungsorte dabei. Einige HausbesitzerInnen haben ihr Herz für die Kunst entdeckt und für die Kunstaktion derzeit leerstehende Räume zur Verfügung gestellt. Und so hoffe ich, dass im nächsten Jahr die Fortsetzung von Kunst in Begegnung folgt.  

Monatsrückblick August 2024

Zwei Drittel des Jahres sind vorbei, mit dem August endet auch der meteorologische Sommer, Er war laut EU-Klimadienst Copernicus der heißeste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn, auch das laufende Jahr steuere auf einen Höchstwert zu, meldete die Tagesschau am 6. September (https://www.tagesschau.de/wissen/klima/sommer-hoechststand-temperatur-100.html). Und trotzdem wählen immer mehr Menschen eine Partei, die den Klimawandel oder besser gesagt die Klimakatastrophe leugnet.

Zwischen Nordsee und Harz …

… war ich im August unterwegs. Am Anfang des Monats waren wir mit dem Wohnmobil ein paar Tage an der Nordsee, und zwar wieder auf unseren „Stammstellplatz“ in Duhnen. Der liegt direkt an der Nordsee und in der Nähe von Cuxhaven. Mir gefällt die Stadt mit vielen alten, hübsch restaurierten Häusern und vielen kleinen Läden.  Sie sind geblieben, als oder vielleicht gerade weil die großen Kaufhäuser geschlossen haben. Mein Lieblingsladen ist ein Schreibwarenladen namens Skribifax, dessen Inneneinrichtung noch aus dem vorletzten Jahrhundert zu stammen scheint. Meine Lieblingsschreibhefte gibt es dort auch: A5-Kladden von Claire Fontaine mit flexiblem Einband. Natürlich habe ich mich wieder eingedeckt, weil mein Vorrat zur Neige ging.

Mit meiner Tochter bin ich im Harz an der Ecker entlanggewandert. Vor der Wende verlief hier die innerdeutsche Grenze. Wer versuchte, das Bächlein zu überqueren, riskierte sein Leben. Ein mulmiges Gefühl hatten wir, als wir ein Stück entferntim Gebüsch ein Wildschwein sahen. Schon vorher war uns ein strenger Geruch aufgefallen. Offenbar stimmt es, dass man Wildschweine riecht, bevor man sie sieht. Wir waren auf jeden Fall froh, dass die Tiere ebenso wenig an einer Begegnung mit uns interessiert waren wie wir an einem Treffen mit ihnen.

In Hamburg war ich im August zwei Mal, einmal mit dem Auto, einmal mit dem Zug. Fazit: Mit dem Auto dauerte die Fahrt sonntagsmittagsvon Burgwedel bei Hannover bis nach Burgwedel bei Hamburg drei Stunden, zurück waren wir abendsnicht viel schneller. Mit Nahverkehrszug, U-Bahn und Bus brauche ich nicht länger – und die Fahrt ist nicht nur weniger stressig, sondern dank 49-Euro-Ticket auch viel preiswerter. Vielleicht ist die Deutsche Bahn ja doch nicht ganz so schlecht wie ihr Ruf.

Caspar David Friedrich in Hannover

Eigentlich wollte ich mir ja eine der beiden großen Caspar-David-Friedrich-Ausstellungen ansehen, die im 250. Geburtsjahr des vielleicht bedeutendsten deutschen Malers der deutschen Romantik in Hamburg und Berlin gezeigt wurden. Doch irgendwie kam immer etwas dazwischen.Zum Glück gibt es jetzt eine Kabinettausstellung quasi direkt vor der Haustür. Im Landesmuseum Hannover sind in sechs Gemälde von Caspar David Friedrich aus dem eigenen Bestand zu sehen – darunter die Werkfolge „Vier Tageszeiten“, laut Museum „der einzige vollständig erhaltene Tageszeitenzyklus des Künstlers an einem Ort überhaupt“ (https://www.landesmuseum-hannover.de/tageszeiten).

Die Ausstellung hat mir gefallen, die Erläuterungen haben mir die Bilder und ihre Entstehungnäher gebracht. Aber ein Caspar-David-Friedrich-Fan bin und werde ich sicher nicht. Und so traure ich den versäumten Ausstellungen in Berlin und Hamburg nicht wirklichnach.

Oper Open Air

Besser spät als nie: Was ich im Rückblick auf den Monat Juli über die Konzertreihe Klassik in der Altstadt geschrieben habe, gilt auch für das Klassik Open Air im Maschpark von Hannover. Die Open-Air-Konzerte unter dem Motto „Oper für alle“ gibt es schon seit zehn Jahren, wir waren in diesem Mal zum ersten Mal dabei. Die NDR-Radiophilharmonie und drei OpernsängerInnen – die Sopranistin Pretty Yende, der Tenor Kang Wang und der Bariton Simon Keenlyside – präsentierten im Jubiläumsjahr die Höhepunkte der vergangenen Open-Air-Konzerte. Mit uns waren 25.000 Menschen in den Maschpark gekommen, um Arien und Duette aus „Tosca“, „La Traviata“, „La Bohème“, „Rigoletto“, „Don Giovanni“, „Der Bajazzo“ und „Cavalleria rusticana“ zu hören.

Wir hatten unsere Picknickdecke auf der der Bühne gegenüberliegenden Seite des Maschteichs ausgebreitet und erlebten das Geschehen auf einer Videoleinwand hautnah. Es war ein wunderschöner Abend, der mich an die beiden Opernabende in der Arena von Verona erinnerte. Und mein erstes Klassik Open Air wird sicher nicht mein letztes.

Art Journal

A propos letztes. Im vergangenen März habe ich, angeregt von Frau Landau (https://www.instagram.com/frau_landau/), mein Art Journal angefangen (https://timetoflyblog.com/eine-art-journal). Jetzt, nach fast anderthalb Jahren, habe ich mit einer Seite aus dem Programm des Klassik Open Air die letzte Doppelseite des Buchs gestaltet. Es ist weniger ein Art Journal als ein Erlebnis- oder Reisejournal: Ich habe nur wenig selbst gezeichnet. Aber was beim ersten Art Journal (noch) nicht ist, kann beim nächsten ja werden. Das nächste Journal habe ich schon angefangen. Die ersten Einblicke gibt es vielleicht schon im nächsten Monatsrückblick.

„Zeige deinen Schreibtisch“

 Alexandra Bohlmanns Aufruf zur Blogparade folge ich gerne (https://alexandrabohlmann.com/blogparade-zeige-deinen-schreibtisch/). Allerdings habe ich nicht nur einen Arbeitstisch, sondern gleich vier. Und die sind innerhalb des Hauses schon mehrmals umgezogen. Das letzte Mal vor fast einem Jahr.

Mein Mann behauptet, mein Schreibtisch habe mit Ausnahme von Küche, Bad und Wohnzimmer schon in jedem Raum des Hauses gestanden. Das ist übertrieben, ebenso wie sein Vorschlag, Rollen unter die Beine zu montieren, damit ich sie leichter von einem Ort zum anderen bewegen lassen. Denn zum einen sind sie recht leicht, sie zu verrücken ist wirklich kein Problem. Und zum anderen glaube ich, dass sie jetzt am richtigen Platz sind.

Seit alle Kinder aus dem Haus sind, hatte ich – welch ein Luxus – zwei Arbeitszimmer. Als ich Rentnerin wurde, habe ich ein Arbeitszimmmer in ein Atelier, den darin stehenden Schreib- in einen Maltisch umfunktioniert. Denn Malen gehört zu den Dingen, die ich in diesem Leben unbedingt noch lernen möchte: Ich will im wahrsten Sinne des Wortes mehr Farbe in mein Leben bringen. Weil ich das Malzimmer aber kaum genutzt habe, habe ich dann im vergangenen September Mal- und Schreibraum  zusammengelegt (https://timetoflyblog.com/zinnober-und-andere-atelierbesuche). Seither stehen Schreib- und Maltisch einträchtig nebeneinander – das inspiriert mich hoffentlich, Schreiben und Malen zu verbinden.

Beide Tische sind aus hellem Holz und etwa gleich groß. Wenn mir der Sinn nach Veränderung und neuen Blickwinkeln steht, wird der Maltisch mit wenigen Handgriffen zum Schreibtisch – und umgekehrt. Derzeit steht mein Schreibtisch ganz feng-shui-mäßig im rechten Winkel zum Fenster. Ich habe außerdem beim Schreiben die Wand im Rücken und die Zimmertür immer im Blick. Beim Malen schaue ich dagegen aus dem Fenster, ein Dachfenster sorgt für zusätzliches Licht von der Seite. Auf meinem Maltisch können Farben und Bleistifte, Blocks und Skizzenbücher, Schere und Kleber liegen bleiben, auch wenn ich sie manchmal tagelang nicht benutze.

Meist zeichne ich mit Aquarellstiften – und ich liebe Skizzenbücher: Ich möchte meine Ideen und meine Erlebnisse künftig nicht nur in Worten, sondern auch in Skizzen festhalten – zum Beispiel in einem „Visual diary“ oder in einem „Art Journal“. Doch „One Sketch a day“, also eine Zeichnung am Tag, bleibt (noch) allzuoft nur ein guter Vorsatz.

Auf dem Maltisch stört mich kreatives Chaos nicht, auf meinen Schreibtischen mag ich‘s eigentlich gerne ordentlich. Doch Ordnung halten fällt mir leider schwer – mich von einigen lieb gewonnenen Utensilien zu trennen ebenfalls. So aufgeräumt wie auf den Fotos ist mein Schreibtische nur selten. Denn wenn ich arbeite, verteile ich meine Unterlagen nicht nur auf einem, sondern auch auf den angrenzenden Tischen. Und allzu oft bleiben sie dort auch liegen, wenn ich mit der Arbeit fertig bin.

Ich arbeite meist am Notebook: Es wandert mit mir von Schreibtisch zu Schreibtisch; auf ihm schreibe ich meine Texte, recherchiere und bearbeite meine Korrekturaufträge. Doch ich schreibe auch recht viel mit der Hand. Viele Ideen notiere ich ganz klassisch auf A6-Karteikarten und oder in einem Spiralheft, dessen silberne Hülle eine befreundete Buchbinderin für mich angefertigt hat. Wenn ich unterwegs bin, habe ich das Notizheft und die wichtigsten Karten in einer verschließbaren A6-Fächermappe fast immer dabei. Zu Hause bewahre ich die Karteikarten in einem Karteikasten auf dem Schreibtisch; dort liegen dann auch mein Notizbuch und mein Kalender.

Goldenes Kästchen und silbernes Notizbuch

Ich bin, ich gebe es zu, ein Papierfreak: Am liebsten schreibe ich in Kladden und Spiralblocks von Claire Fontaine; der Einband sollte flexibel, das Papier muss unliniert sein. Kariertes oder liniertes Papier gehen gar nicht, gepunktetes Papier, neudeutsch dotted, nur im „Notfall“, wenn es kein anderes gibt. Der Sinn dieser Lineatur erschließt sich mir allerdings nicht wirklich.

Weniger wählerisch bin ich bei den Stiften, die beiden Stiftebehälter enthalten ein buntes Sammelsurium. Denn meine Vorlieben ändern sich immer wieder. Meist schreibe ich mit Kulis, gekauften oder geschenkten, gelegentlich nutze ich auch Gelstifte oder Fineliner. Und auch ohne Textmarker komme ich nicht aus. Denn ich erfasse Inhalte leichter, wenn ich Texte nicht am Computer, sondern auf Papier lese – und die wichtigsten Stelle markiere

Ein Timer hilft mir, meine Arbeitszeit bei bestimmten Aufgaben zu begrenzen. Denn immer noch vergesse ich manchmal die Zeit, wenn ich recherchiere oder schreibe. Bei anderen Aufgaben lasse ich mich allzu gerne ablenken. Damit das nicht geschieht, teilt die Eule die Zeit nach dem Pomodoro-Prinzip in 25-Minuten-Abschnitte, in denen ich konzentriert arbeite, und kurze Erholungspausen. Und der Buddha bringt mit seiner kleinen Kerze in den Herbst- und Wintermonaten ein bisschen Licht in die Dunkelheit, wenn ich schon früh oder noch spät am Schreibtisch sitze.

In dem vergoldeten Pappkästchen sammle ich meine USB-Sticks. Seit ich im Volontariat vor fast einem halben Jahrhundert wegen eines Programmierfehlers das Inhaltsverzeichnis des Computers gelöscht und mehrere Tage damit verbracht habe, die nicht gesicherten Dateien der Kollegen zu rekonstruieren, speichere ich meine Dateien täglich ab, oft mehrmals und auf verschiedenen Datenträgern. Die Hexe am Computer bewacht sie, unterstützt von zwei Kolleginnen, die an der Schreibtischlampe hängend den Überblick behalten und mir (hoffentlich) Glück bringen.

Auf dem Holzbrettchen, das meine Tochter mit Kaffeetasse und Buch verziert hat, steht meist eine halbvolle Kaffeetasse. Auf Kaffee kann ich nicht verzichten, vor allem morgens ist er ein Muss. Ich bin Frühaufsteherin und eigentlich kein Morgenmuffel, doch vor der ersten Koffeindosis bin ziemlich unleidlich und unkreativ.

Musik höre ich dagegen nur phasenweise. Um mehr Platz und Ordnung auf meinem Schreibtisch zu haben, habe ich sowohl die CD-Box als auch den Monitor auf meinen Ersatzschreibtisch ausgelagert. In seinem ersten Leben war Schreibtisch Nr. 3 eine Tischnähmaschine. Sie gehörte meiner Mutter, genäht wurde an ihr eigentlich nie. Auch bei mir wird sie zweckentfremdet, vor allem für Videokonferenzen und Korrekturarbeiten am großen Monitor.

Bei Korrekturaufträgen arbeite ich meist mit zwei Notebooks. Mit meinem Arbeitsnotebook logge ich mich ins Verlagssystem ein, mit meinem alten Ersatznotebook recherchiere  ich im Internet, wenn sich (inhaltliche, orthografische oder grammatische) Fragen ergeben.  Das zweite Notebook hat, anders als sein jüngerer Bruder, einen festen Platz. Es steht auf einem kleinen Computertisch – Arbeitstisch Nr. 4. der nach getaner Arbeit wieder an die Wand und damit aus dem Blick rückt.

Auf nach Thüringen

Ich gebe zu: Die gar nicht mehr so neuen Bundesländer sind für mich immer noch weitgehend Terra incognita. Natürlich war ich in den vergangenen 35 Jahren schon an manchen Orten, am häufigsten an der Ostsee, auf dem Darß und auf Usedom. Ich bin im Elbsandsteingebirge und vor allem im Harz gewandert. Ich war in Dresden, Leipzig und in Potsdam. Mein Besuch in Weimar war bislang der einzige im „Freistaat Thüringen“, obwohl geschichtsträchtige Städte wie Gotha, Mühlhausen, Erfurt oder Eisenach quasi direkt vor der Haustür liegen und mit dem Nahverkehrszug und mit dem 49-Euro-Ticket recht gut zu erreichen sind. Also auf nach Thüringen, solange es noch geht. Solange es das Deutschlandticket noch gibt und die AfD in Thüringen noch nicht an der Macht ist.

Noch ist Thüringen nicht verloren. Statement am Rathaus in Mühlhausen

Ob Gotha oder Erfurt hatte ich noch nicht entschieden, als ich morgens in den Zug stieg. Beide sollen zu den schönsten Städten Thüringens zählen. Doch weil mir der Sinn eher nach beschaulicher Residenz- als nach lebhafter Landeshauptstadt stand, bin ich in Gotha ausgestiegen. Auch dass dort in der Gaststätte Tivoli im Jahr 1875 die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), die heutige SPD, gegründet wurde, sprach für die Stadt.

Hoch über der Altstadt thront Schloss Friedenstein, laut Wikipedia der größte frühbarocke Feudalbau in Deutschland. Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha, genannt „Ernst der Fromme“ ließ das Schloss ab 1643 bauen, weil „sich in der Stadt keine geeignete Residenz befand“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Friedenstein). Und weil der Herzog offenbar ein früher Fan des Homeoffice war, entstanden im Schloss nicht nur Wohn- und Repräsentationsräume, sondern auch Verwaltungs- und Wirtschaftsräume, Zeughaus, Kirche und Münzstätte. Sein Nachfolger Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg funktionierte den Ballsaal des Schlosses dann zu einem Theater um (https://de.wikipedia.org/wiki/Ekhof-Theater).

Die Herzöge waren offenbar sehr an Kunst und (Natur)Wissenschaften interessiert. Herzog. Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha-Altenburg zahlte Ende des 18. Jahrhunderts den Schauspielern seines Theaters nicht nur ein festes Gehalt, sondern richtete sogar eine Pensionskasse für sie ein. Weitere hundert Jahre später waren dann die diversen herzoglichen Sammlungen so groß, dass ein anderer Ernst, nämlich Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, ein Museum bauen ließ, das am Wochenende alle besuchen konnten, ohne Eintritt bezahlen zu müssen (https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogliches_Museum_Gotha).

Ich habe zugegebenerweise weder Museum noch Theater  noch Schloss besichtigt, sondern bin direkt in Richtung Altstadt gegangen und habe die Wasserkunst bewundert. Die 1895 eingeweihte Wasserspiel- und Brunnenanlage verbindet Schloss und Marktplatz und ist nicht nur eine der Haupt-Sehenswürdigkeiten Gothas, sondern Teil eines ausgeklügelten Wasserversorgungssystems.

Weil es in Gotha keinen Fluss gibt und Brunnen schon im Mittelalter nicht mehr ausreichten, um den Wasserbedarf zu decken, ließ Landgraf Balthasar in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts den Leinakanal bauen. Durch ihn wurde das Wasser aus dem Thüringer Wald in die Stadt geleitet und mit einem hölzernen Pumpwerk bis aufs Schloss gepumpt.

Von der Wasserkunst hat man einen schönen Blick auf den Marktplatz und das Alte Rathaus, noch besser ist der Ausblick vom Rathausturm über die Stadt und die Umgebung.

Wieder zurück auf dem Boden, bin ich durch die Altstadt mit vielen hübsch restaurierten Häusern spaziert – und natürlich durch den Schlosspark und die Orangerie. Die spätbarocke Orangerie, die größte Thüringens, wurde im 18. Jahrhundert angelegt, um exotische Pflanzen zu sammeln, zu züchten und zu zeigen. Über 600 Orangen-, 300 Lorbeer- und fast ebenso viele Zitronenbäume standen damals dort (https://de.wikipedia.org/wiki/Orangerie_Gotha). Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Orangerie aufgegeben, jetzt wird der Bestand an Kübelpflanzen schrittweise wieder aufgebaut. Ich bin gespannt.

Auf der Rückfahrt habe ich dann in Mühlhausen Station gemacht. Irgendwie war der Stopp in der Stadt, die bis 1991 auch Thomas-Müntzer-Stadt hieß, auch ein Abstecher in die Vergangenheit. Denn im Studium habe ich mich intensiv mit dem Reformator Thomas Müntzer beschäftigt, der sich, anders als Martin Luther, nicht auf die Seite der Obrigkeit stellte, sondern den Kampf der Bauern um Freiheit und soziale Gerechtigkeit unterstützte. Als Prediger in der Marienkirche machten er und sein Mitstreiter Heinrich Pfeiffer Mühlhausen zum Zentrum der radikalreformatorischen Bewegung. Für sein Engagement zahlt Müntzer einen hohen Preis: Er wurde bei der Schlacht von Frankenhausen gefangen, gefoltert und in Mühlhausen hingerichtet.

Natürlich habe ich die Thomas-Müntzer-Gedenkstätte in der Marienkirche besucht und das Bauernkriegsmuseum in der Kornmarktkirche. St. Crucis ist übrigens nur eine von insgesamt zwölf mittelalterlichen Kirchbauten in Mühlhausen. Mit dem Bau der Kornmarktkirche wurde 13. Jahrhundert begonnen. Fast ebenso alt ist die dritte Kirche, die ich in Mühlhausen besucht habe: In der Divi-Blasii-Kirche arbeitete Johann Sebastian Bach, einer meiner Lieblingskomponisten, von Juli 1707 bis Juli 1708 als Organist.  Bis zum 20. September ist dort übrigens eine Ausstellung über die Synagogen in Thüringen zu sehen, die am 9. November 1938 von den Nazis zerstört wurden. Bilder des Fotografen Jan Kobel zeigen, wo die 32 Synagogen standen und wie die Grundstücke heute genutzt werden. Texte von Judith Rüber informieren über die Bedeutung jüdischen Lebens in Thüringen. Auch – aber nicht nur deshalb – hat sich der Besuch der Thomas-Müntzer-Stadt gelohnt.


Ostsee statt Normandie

Eigentlich wollten wir in diesem Frühsommer ja zwei Wochen in die Normandie fahren. Aber weil ich Ende Juni noch einen wichtigen Termin hatte und die Sommerferien in Frankreich in diesem Jahr schon am 4. Juli begonnen haben, haben wir die Reise aufs nächste Jahr verschoben und stattdessen mehrere kurze Fahrten geplant.

Zum Beispiel an die Müritz, die auf der Liste meiner Reiseziele schon lange weit oben steht. Doch dann schreckten uns die Stechmücken, die sich in diesem regenreichen Jahr an Seen besonders stark vermehrt haben. Aus dem gleichen Grund kam auch der Bodensee, Alternativreiseziel Nummer zwei, nicht infrage. Und so entschieden wir uns kurzfristig für die schleswig-holsteinische Ostseeküste. Bis zur Lübecker Bucht dauert die Fahrt ohne Staus nicht einmal drei Stunden. Außerdem hatten die Schulferien in Schleswig-Holstein und in Hamburg Mitte Juli noch nicht begonnen.

Auf dem Campingplatz Walkyrien zwischen Grömitz und Neustadt sind wir eher zufällig gelandet. Doch es war ein glücklicher Zufall. Bis zu dem kleinen Naturstrand sind es von den Stellplätzen aus gerade mal 300 Meter – und rund 60 Treppenstufen. Weil der Campingplatz auf der Steilküste liegt, konnten wir vom Wohnmobil aus immer das Meer sehen. Besonderes Highlight für mich: eine Sauna, ebenfalls mit Blick auf die Ostsee, selbst aus den Saunakabinen. Bei Außentemperaturen um die 25 Grad hatte außer uns offenbar niemand Lust auf noch mehr Wärme. Und so hatten mein Mann und ich die Sauna an zwei Nachmittagen ganz für uns allein. Was will frau mehr?

Ein bisschen Kunst vielleicht. Von der Malerin Sonja Knoop hatte ich noch nie etwas gehört. Doch weil mir einige Bilder auf ihrer Website gefielen und sie ihr Atelier für Besucherinnen öffnen wollte, fuhren wir nach Neustadt. Leider war das Atelier geschlossen, und so bummelten wir durch den Hafen und die Altstadt, ehe wir wieder Richtung Grömitz fuhren. Damit, dass es auf der Strecke so viele Steigungen gibt, hatten wir nicht gerechnet. Aber während ich die Hügel hinaufstrampelte, erinnerte ich mich dunkel daran, dass daran wohl die Eiszeit schuld ist: Damals, vor rund 10.000 Jahren, lagen weite Teile des Landes zwischen Nord- und Ostsee unter einer dicken Eisschicht. Als das Eis schmolz, blieben riesige Gesteinshaufen zurück. Grund- und Endmoränen, die uns jetzt ins Schwitzen brachten.

Hügelig ist auch die Strecke nach Cismar. Dort werden zurzeit in dem ehemaligen Benediktinerkloster Bilder von Armin Müller-Stahl ausgestellt. Ich mag den Schauspieler, der auch Musiker, Autor und Maler ist. Und auch der Titel der Ausstellung gefällt mir: „Es genügt ein Mensch zu sein“  (https://kloster-cismar.sh/de/armin-mueller-stahl–es-genuegt-ein-mensch-zu-sein-). Außerdem sollen sich rund um das Kloster viele Kunst- und Kulturschaffende angesiedelt haben. Sie „machen Cismar zu einem ganz besonderen magischen Ort machen“, las ich in der Broschüre „Kunst und Kultur. Kloster Cismar und Umgebung 2024“.  Grund genug, nach Cismar zu fahren,

Das Kloster, eines der bedeutendsten Bauwerke lübischer Frühgotik, ist wirklich imposant.  Mönche leben in der Abtei allerding schon lange nicht mehr, „Um 1560 wurde das Kloster aufgegeben und später in ein landesherrliches Schloss umgewandelt“, weiß Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Cismar). Heute nutzt das Landesmuseum Schleswig-Holstein das Gebäude im Sommer für Kunstausstellungen.

Noch bis Mitte August sind in der ehemaligen Amtmann-Wohnung und im Kuppelsaal des ehemaligen Benediktinerklosters rund 80 Bilder von Armin Müller-Stahl zu sehen. Die Bilder gefallen mir, nur schade, dass fast nur Porträts von Männern ausgestellt sind. Und ich frage mich, ob es daran liegt, dass der Maler so wenige Frauen porträtiert hat, oder doch eher an der Auswahl. 

Der Kunstraum Remise im Quergebäude des Klosters ist leider geschlossen. Dort bieten KünstlerInnen verschiedene Kurse und Projekte an. „Das Programm umfasst Malerei und Zeichnen, künstlerisches Gestalten mit unterschiedlichen Materialien und Techniken, Maskenbau und Maskenspiel, Schreibwerkstätten und ‚Alte Schriftkunst‘ sowie das kreative Erkunden der Klosteranlage.“ (http://www.remise.cismar.de/). Im Weißen Haus, dem ehemaligen Amtsschreiberhaus direkt neben dem Kloster, lebt und arbeitet heute die Lyrikerin Doris Runge; der Verein Literatur im Weißen Haus Cismar organisiert dort Lesungen und andere literarische Veranstaltungen. Leider nicht, als ich im Kloster bin. Und so radelte ich nach einem Kaffee im Garten des Klostercafés wieder zurück zum Campingplatz – diesmal über Grömitz.

Der Küstenradweg führt zwischen Grömitz und Bliesdorf Strand über die Steilküste und bietet wunderschöne Ausblicke auf die Ostsee. Leider ist er teilweise schlecht ausgeschildert und endet am Campingplatz Kagelsbusch. Den Weg vor dem Campingplatz dürfen eigentlich nur Campinggäste betreten. „Aber niemand hält sich dran“, erklärte mir ein Radfahrer, der sein Rad an der Sperre vorbeischob. Ich folgte seinem Beispiel. Denn dass ein Einzelner vielen einen Weg einfach versperrt, geht meiner Meinung nach gar nicht. Eigentum verpflichtet! Aber das nächste Mal werde ich wohl nach Grömitz wandern – und den „verbotenen Weg“ am Strand umgehen.

Unser erster Besuch in Walkyrien wird sicher nicht der letzte sein. denn an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gibt es noch viel zu entdecken. Der Campingplatz auf der Steilküste ist dafür sicher eine gute Ausgangsbasis.

Monatsrückblick Mai 2024

Fast hätte ich ihn vergessen. Nur ein abonnierter Newsletter erinnerte mich daran, dass es schon wieder Zeit für den Monatsrückblick war. Doch dann dauerte es noch ein paar Tage, bis der Text endlich fertig war.

Erste Blognacht

Den Rückblick auf den Monat April habe ich während der Blognacht geschrieben, die Anna Koschinski allmonatlich organisiert. Von diesem Angebot habe ich zufällig erfahren, als ich im März zum ersten Mal an einer Blogparade teilgenommen habe. Ich hatte mir den Termin notiert – doch dann wieder vergessen. Erst kurz vor dem Start des Cowritings hat mich mein Online-Kalender erinnert – und ich konnte mich rechtzeitig in den Zoomraum einwählen. Es war eine gute Entscheidung: Mit anderen zu schreiben motiviert mich, selbst wenn die Mitschreiberinnen nicht im gleichen Raum, sondern in einem virtuellen Schreibraum sitzen. An der Blognacht Ende Mai konnte ich leider nicht teilnehmen, aber Ende Juni will ich wieder dabei sein. Dann wird der nächste Monatsrückblick vielleicht nicht so lange auf sich warten lassen.

Immer wieder schön: die Herrenhäuser Gärten

Der Frauenschreibtreff am ersten Sonntag des Monats im  AutorInnenzentrum ist im Mai leider ausgefallen. Stattdessen habe ich mit meiner Schwiegertochter und den beiden Enkelinnen die Herrenhäuser Gärten besucht. Und obwohl einige Beete weichen mussten, weil im Präriegarten derzeit neue Gewächshäuser gebaut werden, waren sie begeistert. Vor allem die Pfingstrosen und die Rhododendren haben ihnen gefallen. Sie wollen wiederkommen – dann werden wir sicher auch in den Großen Garten gehen. Dort bin ich eher selten, ich bin kein Fan von Pflanzen, die in Reih und Glied stehen und immer wieder in Form gestutzt werden. Doch es gibt natürlich auch im Großen Garten Plätze, die ich mag. Die von Nicky de Saint-Phalle gestaltete Grotte beispielsweise, das Gartentheater mit den Goldenen Figuren und natürlich den Rosengarten, wo bei meinem Besuch Mitte Mai die Rosen voll erblüht waren.

Offene Pforte und offene Ateliers

Ich mag Kunst und ich mag schöne Gärten, wenn auch beides eher passiv. Denn ich kann weder malen noch habe ich einen grünen Daumen. Wenn andere ihre Ateliers und/oder ihre Gartenpforten öffnen, schaue ich gerne rein. Und manchmal lassen sich wie am zweiten Maiwochenende Atelierspaziergang und offene Gartenpforte kombinieren.

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Im Garten

Auch unser Garten zeigte sich im Mai von seiner schönen Seite. Die Rosen blühten in diesem Jahr ungewöhnlich früh und auch unsere Frösche – sieben oder acht an der Zahl – waren sehr früh aus ihrem Winterquartier zurückgekehrt. Ebenso früh, wie sie kamen, waren sie dann wieder verschwunden, ihren Nachwuchs haben sie allerdings bei uns zurückgelassen. Den Alten war es mit der Kinderschar wohl zu eng oder zu unruhig in den beiden Miniteichen. Die jungen Frösche scheint die Enge nicht zu stören. Fast alle leben im kleinen Teich – im größeren habe ich bislang nur einen einzigen gesichtet. Auch dass sie den Platz mit einer kleinen Ente teilen müssen, macht ihnen offenbar nichts aus. Sie leben friedlich miteinander, auch wenn es manchmal nicht so aussieht.

Ein Jahr Deutschlandticket

Ich habe es sehnsüchtig erwartet und nutze es seit einem Jahr viel und gerne: das Deutschlandticket. Meist reise ich damit durch Niedersachsen und die angrenzenden Bundesländer, aber ich bin auch schon bis nach Würzburg gefahren. Die Hinfahrt durch Thüringen ins Frankenland dauerte mit Nahverkehrszügenzwar länger, war aber eindeutig schöner als die Rückfahrt mit dem ICE.

Durch das Deutschlandticket habe ich viele Orte besucht, an denen ich bisher meist achtlos vorbeigefahren bin. Im Mai zum Beispiel Braunschweig. Obwohl Hannover und Braunschweig nah beieinander liegen – mit dem Nahverkehrszug dauert die Fahrt gerade mal eine Dreiviertelstunde – war ich erst einmal in der Nachbarstadt. Daran, dass die beiden Fußballklubs eine enge Feindschaft verbindet, lag es gewiss nicht. Es hatte sich einfach nicht ergeben. Jetzt habe ich meine Kollegin Foe im Krankenhaus in Braunschweig besucht – und habe die Gelegenheit genutzt, durch die Stadt zu spazieren.

Mein ganz subjektiver Eindruck: Meine Lieblingsstadt wird Braunschweig sicher nicht, aber es gibt einige schöne Ecken, die es zu sehen lohnt.

Katzensitten mit Erkenntnis

Meinen Kurzaufenthalt als Katzensitterin in Harz hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt: Ich wollte die ersten Etappen des Hexenstiegs wandern. Doch dann musste ich an zwei Tagen nach Hannover – an einem zur Einweihung des AutorInnenzentrums, am nächsten Tag zu einem Workshop. Letzteren wollte ich nicht absagen, weil mich das Thema interessierte. Aber im Nachhinein weiß ich: Ich hätte ihn mir besser erspart. Ich hätte stattdessen durch den Harz wandern, die Natur genießen und ein bisschen schreiben sollen. So blieb mir nur am letzten Tag Zeit für eine kurze Wanderung auf dem Besinnungsweg (https://timetoflyblog.com/auf-dem-besinnungsweg) – und die Erkenntnis, dass ich künftig häufiger das tun und dahin gehen sollte, wohin mein Herz mich trägt.

Handwerker im Haus

Wer in einem alten Haus wohnt, weiß es: Irgendetwas muss – oder soll – immer repariert, renoviert oder verändert werden. Im Mai wurden in der oberen Etage drei neue Fenster und im Wohnzimmer im Erdgeschoss zwei neue Glastüren eingebaut. Früher haben wir die meisten Arbeiten selbst gemacht, inzwischen überlassen wir vieles den Handwerkern. Vieles, aber nicht alles.

Weil die neuen Türen leider nicht in die alten Rahmen passten, haben wir, bevor die Handwerker kamen, die alten Zargen entfernt. Und auch die Nacharbeiten – verputzen, tapezieren, streichen usw. – haben wir selbst erledigt. Diese Arbeiten dauerten natürlich viel länger als das Einsetzen der Türen selbst. Zum Glück ist mein Mann ein begabter Handwerker – und während ich diese Zeilen schreibe, ist das meiste geschafft. Durch die Fenster im Dachgeschoss entweicht weniger Wärme, das Wohnzimmer ist mit neuen Glastüren schöner und großzügiger denn je. Außerdem haben einen besseren Durch- und Ausblick – gute Aussichten also für die Zukunft.

Monatsrückblick Februar 2024

Lag’s daran, dass der Monat kürzer war? Hatte ich einfach anderes zu tun? Zum Beispiel im Garten, der so langsam aus dem Winterschlaf erwacht. Oder brauchte ich auch einfach mal eine Pause? Warum auch immer: Ich war im Februar weniger unterwegs als im Januar, aber ich habe doch einiges erlebt.

Im Museum: Pablo Picasso I Max Beckmann MENSCH – MYTHOS – WELT

Picasso meets Beckmann, seit Mitte Februar zumindest im Sprengel Museum. Persönlich begegnet sind sich die beiden Schlüsselfiguren der modernen Malerei nie, obwohl sich Max Beckmann zeitweise in Paris aufhielt, wo Pablo Picasso damals lebte. Aber sie kannten die Bilder des anderen. „Tatsächlich fühlte Beckmann sich von Picassos beispiellosem Erfolg in der internationalen Kunstwelt lebenslang herausgefordert und angespornt. Nur zu gern hätte er seine Bilder neben denen seines heimlichen Rivalen ausgestellt gesehen. Von Picasso wiederum ist überliefert, dass er Beckmanns Werk schätzte. Nach dem Besuch von dessen erster Ausstellung in Paris 1931 soll er über ihn gesagt haben: „Il est très fort.‘“, heißt es auf der Website des Sprengelmuseums (https://www.sprengel-museum.de/museum/aktuelles/picasso-beckmann).

In der gemeinsamen Ausstellung des Von der Heydt-Museum Wuppertal und des Sprengel Museums Hannover wird Beckmanns Wunsch wahr. Dort hängen die Bilder der beiden Maler – insgesamt rund 200 – quasi Wand an Wand.

Der Andrang war zwei Tage nach der Ausstellungseröffnung ziemlich groß. Mich hat die Ausstellung allerdings nicht wirklich begeistert: Ich war nie ein großer Beckmann-Fan, und auch von den ausgestellten Picassos haben mir nur wenige wirklich gut gefallen. Aber ich werde sicher noch einmal hingehen. Vielleicht ist es wie bei Paula Modersohn-Becker ja auch Begeisterung auf den zweiten Blick. Die Paula Modersohn Ausstellung im Landesmuseum Hannover wurde übrigens bis zum 20. Oktober verlängert.

Am Würmsee

Wirklich schön fand ich es am Würmsee. Der Teich bei Kleinburgwedel führt zurzeit so viel Wasser führt wie schon lange nicht mehr – das lässt hoffen, dass er in diesem Sommer vielleicht nicht austrocknet. Jetzt sind die beiden Holzstege, auf denen ich bei warmem Wetter gerne sitze, überflutet, die Badenden haben sich auf das Geländer geflüchtet, um keine nassen Füße zu bekommen. Steg und Boot auf der anderen Seeseite sind ganz versunken. Wie es den roten Torffressern geht, weiß ich nicht. Denn der Weg auf der Nordseite des Sees ist nur mit Gummistiefeln passierbar. Wer wie ich mit normalen Schuhen unterwegs ist, kann den See nicht umrunden, sondern muss auf etwa der Hälfte der Strecke umkehren. Die Torffresser stehen wahrscheinlich bis zu den Knien im Wasser. Aber das macht ihnen wahrscheinlich wenig aus. Sie sind als Torffresser ja morastigen Untergrund gewöhnt.

Bis zu meiner Lieblingsbank auf der Südseite des Sees reicht das Wasser noch nicht; so kann ich neben dem Reiher, dem Fuchs, dem Hasen, dem Eisvogel und der Kröte Platz nehmen und über die Frage nachdenken, die auf der Bank steht: Was brauchst du für dein Leben?

Kurzer Monat, kurze Gedichte

Genau weiß ich das immer noch immer nicht, aber sicher brauche ich viel weniger Zeug, als ich im Lauf der Jahre angesammelt habe. Meinen Vorsatz, mich jeden Tag von einem Gegenstand zu trennen, habe ich auch im Februar durchgehalten – ebenso wie den, jeden Tag ein Haiku zu schreiben. Denn schließlich ist der Februar der „National Haiku writing Month“.

Nun haben meine Haikus mit den traditionellen japanischen Gedichten sicher wenig gemein. Denn die Kurzgedichte aus dem fernen Osten haben laut Wikipedia einen Bezug zur Natur und bilden mit ganz wenigen Worten ein einmaliges Ereignis sowie die damit verbundenen Gefühle ab. Die einzige Vorgaben, an die ich mich beim Schreiben meiner Haikus für den Hausgebrauch (fast) immer halte, sind Zeilen- und Silbenzahl. Die erste Zeile hat fünf, die zweite sieben und die dritte wieder fünf Silben.

Doch ausgerechnet diese Regel ist inzwischen überholt. Weil die japanischen Lauteinheiten, die Moren, anders als die deutschen Silben „alle gleich lang sind und weniger Information tragen, dürfen es durchaus auch mehr oder weniger Silben sein (https://de.wikipedia.org/wiki/Haiku).

Lyrik und andere Lesungen

Mit Lyrik kenne ich mich nicht besonders gut aus. Weil ich das ändern will und mich Gedichte immer mehr faszinieren, habe ich das von Sabine Göttel moderierte Werkstattgespräch Lyrik im Literaturhaus Hannover besucht. Das Konzept gefällt mir: Zwei LyrikerInnen – an diesem Abend Eva Taylor und Alexander Rudolfi – tauschen sich über Kernfragen ihrer Arbeit aus, geben Einblicke in ihre poetischen Positionen und ihre unterschiedlichen Schreibweisen. Von Eva Taylor würde ich gerne mehr lesen, mit den Gedichten von Alexander Rudolfi kann ich dagegen wenig anfangen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich ihn akustisch nur schwer verstehen konnte. Schade eigentlich.

Vielleicht sollte sich Alexander Rudolfi ein Beispiel an Ewald Arenz nehmen, dessen Lesung ich ein paar Tage vorher besucht hatte. Ewald Arenz ist ein echter Leseprofi – kein Wunder, als Lehrer ist er ja gewohnt, sein Publikum zu unterhalten und bei Laune zu halten. Und die Besucherinnen und Besucher im Amtshof in Burgwedel waren sicher interessierter, als es seine SchülerInnen oft sind.

Neue Technik, neue Möglichkeiten

Apropos Zeug: Eigentlich versuche ich ja, meinen Konsum und meinen Besitz zu reduzieren. Trotdem konnte ich nicht widerstehen und habe mir – nach langem Überlegen – ein iPad gekauft. Ich habe lange überlegt. Denn das iPad ist deutlich leichter als mein Notebook – ein großer Vorteil, wenn ich unterwegs bin. Außerdem kann ich darauf mit der Hand schreiben – das Programm wandelt das von Hand Geschriebene automatisch in getippten Text um, den ich dann in Word abspeichern und an meinem Notebook weiterverarbeiten kann. Auch dass ich in schon vorhandene Dateien hineinschreiben und überarbeiten kann, finde ich toll. Das ist noch besser als das Smartpad, das ich mir vor einiger Zeit mal gekauft und über das ich auch schon mal einen Blogbeitrag geschrieben habe (https://timetoflyblog.com/schreiben-mit-der-hand-2-0). Und last, but not least hoffe ich, dass ich nicht nur meine gekauften E-Books auf dem Gerät lesen kann, sondern dass darauf auch die Onleihe funktioniert. Auf dem Portal Onleihe Niedersachsen haben sich mehr als 150 Büchereien zusammengeschlossen. In der Online-Bibliothek kann frau rund um die Uhr digitale Medien wie E-Books und E-Papers kostenlos ausleihen und nutzen (https://www.onleihe.de/nbib24/frontend/welcome,51-0-0-100-0-0-1-0-0-0-0.html). Auf meinem Kindle funktioniert die Onleihe leider nicht – und einen zweiten E-Book-Reader wollte ich nicht anschaffen und mitschleppen. Ob das Ausleihen auf dem iPad klappt, habe ich noch nicht ausprobiert. Aber ich werde sicher im nächsten Monatsrückblick darüber berichten.

Monatsrückblick Januar 2024

Natürlich bin ich mit guten Vorsätzen ins neue Jahr gestartet, obwohl ich sie nicht so genannt habe. Denn viele gute Vorsätze überleben bekanntlich den Januar nicht, bei mir sterben manche sogar schon in der ersten oder zweiten Woche des Jahres. Deshalb habe ich meine Ziele diesmal in einer drei Monats-Liste aufgeschrieben – und einiges in der Tat schon im ersten Monat umgesetzt.

So habe ich meinen Vorsatz, jeden Tag einen (nicht mehr gebrauchten) Gegenstand zu wegzuwerfen oder wegzugeben, zumindest im Durchschnitt eingehalten. Ich habe die Sachen allerdings micht täglich, sondern kompakt bei zwei kleineren Ausmistaktionen aussortiert. Und ich habe auch nicht an jedem Tag eine Zeichnung oder Skizze gemacht, aber immerhin an fast jedem, und an manchen sogar zwei. Das gleicht sich fast aus. Daran, jeden Tag mit einer Mischung aus aus Indoor-Walking, Gymnastik, Yoga und Journalschreiben ausklingen zu lassen, habe ich mich inzwischen gewöhnt – und die Abendroutine bekommt mir gut.

Gegangen bin ich laut meinem Fitnesstracker im Januar durchschnittlich 12.120 Schritte – und damit täglich 2000 mehr, als ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Daran hatten auch die beiden Wanderungen im Harz ihren Anteil. Bei der ersten bin ich mit meiner Tochter von Bad Harzburg zur Marienteichbaude gewandert, bei der zweiten durch das Okertal zum Romkehaller Wasserfall. Ich staune jedes Mal, was ein paar Kilometer und ein paar Höhenmeter ausmachen. Als wir in Bad Harzburg loswanderten, lag dort kein Schnee, aber schon nach einem Kilometer stapften wir durch eine Winterlandschaft. Der Romkehaller Wasserfall war fast vollständig vereist – und trotzdem hat ein ganz mutiger Kletterer versucht, ihn zu erklimmen. Geschafft hat er es allerdings nicht, solange wir zugesehen haben. Irgendwann gab er auf und seilte sich vom vereisten Fels ab.

Überhaupt war ich im Januar viel unterwegs – mein 49-Euro-Ticket hat sich wieder einmal mehr als bezahlt gemacht. Anfang des Monats habe ich meinen Mann zum Flughafen nach Hamburg gebracht und mir auf dem Rückweg einen kleinen Abstecher an die Binnenalster gegönnt. Es war ein wunderschön sonniger Tag und ich habe den Blick aufs Wasser wirklich genossen. Sonne und Blicke aufs Wasser satt gab es auch am nächsten Tag bei einem kurzen Ausflug zum Altwarmbüchener See in der Nachbargemeinde.

Eine Woche später bin ich dann nach Berlin gefahren – um mir die Munch Ausstellung im Museum Barberini in Potsdam anzusehen, vor allem aber auch, um zwei Schulfreundinnen wiederzusehen, die in Berlin wohnen. Zu der einen ist der Kontakt nie abgerissen, wir haben uns in den vergangenen Jahren gelegentlich getroffen – entweder in Berlin oder in unserem Heimatort, in dem schon unsere Mütter gemeinsam zur Schule gegangen sind. Die andere, die ich schon aus dem Kindergarten kenne, habe ich nur zweimal gesehen, seit wir vor fast einem halben Jahrhundert an verschiedenen Schulen Abitur gemacht haben. Und obwohl unsere Leben sehr unterschiedlich verlaufen sind, sind wir irgendwie vertraut miteinander¸ es gibt eine gemeinsame Ebene: Wenn wir uns treffen ist es, als hätten wir uns vor ein paar Tagen oder Wochen zuletzt gesehen.

Bei der einen Freundin habe ich übernachtet, mit der anderen habe ich die Munch Ausstellung in Potsdam und das Anne Frank Zentrum in Berlin besucht. Das stand schon lange auf meine To- visit-Liste, jetzt hat es endlich mal geklappt.

Die Dauerausstellung „Alles über Anne“ gewährt nicht nur Einblicke in Anne Franks Leben, sondern schlägt auch eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart. Sie richtet sich vor allem an Kinder unnd Jugendliche, die sich durch Annes Schicksal oft besonders angesprochen fühlen. Denn schließlich war sie in ihrem Alter, als sie mit ihrer Familie untertauchen, sich in einem Hinterhaus verstecken musste, schließlich doch entdeckt, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurde. „Über die Beschäftigung mit dem Tagebuch und Annes Biografie bekommen die Schülerinnen und Schüler einen persönlichen Zugang zur Geschichte des Nationalsozialismus, des Antisemitismus und des Holocaust. Wir wollen sie aber auch anregen, sich mit Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung und Flucht in der Gegenwart auseinanderzusetzen“, sagte mir Veronika Nahm, die Leiterin des Anne Frank Zentrums, vor einiger Zeit mal in einem Interview (https://www.friedrich-verlag.de/bildung-plus/schulleben/auf-den-spuren-anne-franks/).

Die Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und Faschismus ist nötiger denn je. Denn der Hass auf nimmt nicht nur in Deutschland seit dem Überfall der Hamas Terroristen auf Israel zu – bei den anstehenden Landtagswahlen in Thüringen wird die rechtsextreme AfD möglicherweise stärkste Fraktion. Doch seit das Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckt hat, wie rassistisch Mitglieder der AfD sind und welche Deportationspläne sie für Deutschland schmieden, gehen Hundertausende Menschen auf die Straße und zeigen, dass sie gegen Faschisten, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und für die Demokratie in unserem Land sind. Auch ich habe im Januar an vier Demos teilgenommen – und an einigen Mahnwachen der Omas gegen rechts vor der Neuen Synagoge in Hannover.

Nach Hannover fahre ich ziemlich häufig, seit ich nicht mehr berufstätig bin. Im Januar habe mir unter anderem zweimal die Paula Modersohn Ausstellung im Landesmuseum angesehen und natürlich war ich dabei, als meine Tochter im Unternehmerinnenzentrum durch ihre erste Fotoausstellung führte*.

Mit einer Schreibgruppe habe ich mich im Schauspielhaus Hannover getroffen. Das wird mittwochs bis freitags von 14 – 18 Uhr zum Open Haus und öffnet das Foyer für alle, die „Ruhe genießen, Musik hören, für die Uni lernen, coworken, vernetzen, Freund:innen treffen, Yoga mit der Gruppe machen, entspannt ein Buch lesen oder eine Sitzung halten“ – oder natürlich auch allein oder gemeinsam schreiben möchten (https://staatstheater-hannover.de/de_DE/open-haus). Eine wirklich gute Idee – und ein schöner Begegnungsort und Treffpunkt in der Innenstadt von Hannover.

Der monatliche Schreibtreff am ersten Sonntag des Monats ist für mich ein fester Termin. Allerdings haben wir im Januar ausnahmsweise am zweiten Sonntag gemeinsam geschrieben – und auch nicht im AutorInnenzentrum, sondern in den Praxisräumen einer Schreibfreundin. Denn das AutorInnenzentrum musste – oder soll ich schreiben – konnte aus dem Ihmezentrum ausziehen. Für alle, die das Ihmezentrum nicht kennen: Der Hochhauskomplex ist nicht nur meiner Meinung nach das scheußlichste Gebäude in Hannover.

Um Geld zu sparen, haben die Mitglieder des AutorInnenzentrums ihr neues Domizil in der Deisterstraße teilweise selbst renoviert. Auch ich habe an zwei Tagen geholfen, habe Löcher zu- und Wände abgespachtelt, grundiert und gestrichen. Zu Hause konnte ich ebenfalls – notgedrungen – unter Beweis stellen, dass ich handwerklich doch kein ganz hoffnungsloser Fall bin. Weil mein Mann in Nordschweden Polarlichter jagte, musste ich den defekten Abfluss unter der Spüle selbst reparieren. Es hat nicht im ersten Anlauf geklappt, aber inzwischen ist er dicht. Geht doch.

* Die Ausstellung mit Landschafts-, Tier und Naturfotos kann noch bis zum 19. April montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr im Unternehmerinnenzentrum in der Hohen Straße in Hannover-Linden besichtigt werden. Mehr Informationen unter https://foerodens.wordpress.com/2023/11/01/meine-erste-fotoausstellung/

Munchs Lebenslandschaften

Von Edvard Munch kannte ich eigentlich nur sein berühmtes Bild „Der Schrei“. Bis ich im Internet auf die Ausstellungen gestoßen bin, die im Museum Barberini in Potsdam und in der Berliner Galerie zu sehen sind bzw. waren. Denn die Ausstellung „Zauber des Nordens“ in Berlin schloss am 22. Januar ihre Tore; die „Lebenslandschaften“ in Potsdam sind noch bis zum 1. April zu sehen. Dann wandert die Ausstellung weiter, ins MUNCH nach Oslo, aus dem einige der gezeigten Bilder ausgeliehen wurden. 

Im Museum Barberini werden insgesamt 116 Gemälde, Holzschnitte, Lithographien und Zeichnungen des norwegischen Künstlers gezeigt, berühmte ebenso wie weitgehend unbekannte. Es ist laut Museum die erste Ausstellung zu Edvard Munchs Landschaftsdarstellungen. Denn „obwohl Edvard Munch fast die Hälfte seiner Arbeiten Naturmotiven widmete, wird er bislang nicht als Landschaftsmaler wahrgenommen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Ausstellung will die Bedeutung seiner Naturdarstellungen erforschen, gängige Vorstellungen hinterfragen und neue Sichtweisen auf sein Werk anstoßen.

Meine Reise nach Potsdam hat sich gelohnt. Viele der ausgestellten Bilder haben mir gefallen der gelbe Baumstamm beispielsweise, der Dunkle Tannenwald oder das Frühlingspflügen. Und auch die Mädchen auf der Brücke und die Munchs Bilder von den Sommernächten am Strand haben mich fasziniert.

Andere, zum Beispiel „Stoffwechsel – Leben und Tod,“ haben sich mir erst auf den zweiten Blick und dank des Audioguides erschlossen, der mich durch die Ausstellung begleitete. Und manchen Gemälden wie den Badenden kann ich gar nichts abgewinnen. Kaum zu glauben, dass die kraftstrotzenden Männer vom gleichen Künstler gemalt wurden wie der Schrei.

Ausstellungsansicht Museum Barberini, Foto: David von Becker

Der Schrei ist und bleibt mein Lieblingsbild. Wie es entstanden ist, beschreibt Edvard Munch selbst in seinem Violetten Tagebuch unter dem Datum 22.1.1892  (zitiert nach https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schrei):

„Ich ging den Weg entlang mit zwei Freunden – die Sonne ging unter – der Himmel wurde plötzlich blutig rot – Ich fühlte einen Hauch von Wehmut – Ich stand, lehnte mich an den Zaun Todmüde – Ich sah hinüber […] die flammenden Wolken wie Blut und Schwert – den blauschwarzen Fjord und die Stadt – Meine Freunde gingen weiter – ich stand da zitternd vor Angst – und ich fühlte etwas wie einen großen, unendlichen Schrei durch die Natur.“

Das Bild gibt es in verschiedenen Versionen, eine erste Skizze des Motivs findet sich laut Wikipedia bereits 1889/90 in einem  Skizzenbuch, die Version mit Öl, Tempera und Pastell beendete Munch Ende 1893. In der Ausstellung ist eine Lithografie aus dem Jahr 1895 zu sehen.

Der Schrei

Mit dem Schrei wurde laut Oskar Kokoschka der Expressionismus geboren, ich sehe mir nach der Munch-Ausstellung noch die Sammlung Hasso Plattner an: Über 100 impressionistische und postimpressionistische Gemälde sind in der Dauerausstellung zu sehen, unter anderem von Claude Monet, Auguste Renoir, Alfred Sisley, Paul Signac und Gustave Caibotte. Nirgendwo außerhalb von Paris werden nach Angaben des Museums mehr Gemälde von Claude Monet an einem Ort gezeigt als in Potsdam. Eines meiner Lieblingsbilder von Monet, der Seerosenteich, ist derzeit leider verliehen, und ich musste mit einem anderen Seerosenbild des malers vorlieb nehmen. Doch so habe ich einen guten Grund, wieder nach Potsdam zu fahren, wenn das Gemälde wieder zurück im Museum Barberini ist.

Sammlung Hasso Plattner, Museum Barberini, Potsdam
© David von Becker

Das Museum Barberini und die beiden Ausstellungen sind eine Reise wert. Wer will, kann auf der Website des Museums online durch die Ausstellungen wandern und per Audioguide Informationen über verschiedene Gemälde abrufen.

https://www.museum-barberini.de