Beeindruckende Ausstellung

Nein, selbst hätte ich mir die Museumscard Hannover diesmal nicht gekauft, oder zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. Denn erstens stimmt meiner Meinung nach das Preis-Leistungsverhältnis nicht, wenn man sie zum Beispiel mit dem Museums-PASS-Musées vergleicht . Mit dem Museums-PASS-Musées kann ich in diesem Jahr mehr als 360 Museen, Schlösser und Gärten sowie über tausend Wechselausstellungen besuchen (https://www.museumspass.com/de) , mit der hannoverschen Museumscard gerade mal 10 (in Worten zehn) (https://www.hannover.de/Kultur-Freizeit/Museen-Ausstellungen/Museumsführer/MuseumsCard). Und wenn ich „bis zu drei Kindern bis zum vollendeten 17. Lebensjahr mit in die Museen“ nehmen möchte, muss ich für acht Euro die „Zusatzoption Familie“ für acht Euro buchen. Im Museums-PASS-Musées ist für 123 Euro der Eintritt zusätzlich für fünf Kinder unter 18 Jahren frei. So geht familienfreundlich und so begeistert man Kinder für Kunst und Geschichte.

Mehr noch als das Preis-Leistungsverhältnis stört mich (zweitens) der Provinzialismus der niedersächsischen Karte: Seit vergangenem Jahr ist auch ein Museum außerhalb Hannovers dabei: das Roemer- und Pelizaeus-Museum in der Nachbarstadt Hildesheim. Museen in Braunschweig, Celle oder anderen niedersächsischen Städten: Fehlanzeige. Beim Museums-PASS-Musées kooperieren Museen aus drei Ländern – aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich, in Deutschland machen Museen aus zwei Bundesländern, aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, mit. Und während der Museums-PASS-Musées automatisch beim ersten Besuch aktiviert wird und dann ein Jahr lang gilt, muss der Beginn bei der Museumscard Hannover exakt festgelegt werden. Immerhin darf das Ausstellungsdatum „bis zu drei Monaten nach dem Datum des Kaufs liegen“. Bravo. Da haben die Verantwortlichen wohl noch nicht gemerkt, dass das digitale Zeitalter schon begonnen hat.

Dass eines der zehn Museen, das Historische Museum Hannover, wegen Umbaus noch das ganze Jahr geschlossen ist und im Hannover Kiosk nur eine Art Notprogramm bietet, stört mich weniger. Denn die Prunkkutschen der hannoverschen Herrscher, die dort unter anderem gezeigt wurden, sind ohnehin nicht mein Ding. Ärgerlicher finde ich, dass auch das Museum August Kestner und das Museum Schloss Herrenhausen erst wieder im Frühjahr öffnen. Allein aus diesem Grund hätte ich mir die Museumscard jetzt noch nicht gekauft. Aber darüber, dass mein Mann sie mir geschenkt hat und ich jetzt die Museen ein ganzes Jahr lang besuchen kann, habe ich mich sehr gefreut (Danke nochmal). Und auch den Starttermin hat er perfekt gewählt.

Kz überlebt

Zum Glück bin ich gleich am ersten Gültigkeitstag ins Landesmuseum. Denn sonst hätte ich die Sonderausstellung „KZ überleb“t verpasst, die am nächsten Tag zu Ende ging. Seit 2013 wurde die Wanderausstellung laut Pressemitteilung des Museums an über 20 Stationen in Deutschland, Österreich, Polen und Tschechien gezeigt und von rund 130.000 Menschen besucht (https://www.landesmuseum-hannover.de/wp-content/uploads/pressemitteilung-kz-uberlebt-portrats-von-stefan-hanke.pdf). Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich sie noch gesehen habe.

Never forget: Orte des Grauens. Nie wieder ist jetzt!

Von 2004 bis 2014 hat der Regensburger Fotograf Stefan Hanke in sieben europäischen Ländern 121 Überlebende nationalsozialistischer Konzentrations- und Vernichtungslager besucht und in ihrem Lebensumfeld oder an Orten ihres Leidens fotografiert. 72 der eindrucksvollen Schwarz-Weiß Porträts waren in der gemeinsamen Ausstellung des Landesmuseums und der Villa Seligmann zu sehen. Kurze Texte und Zitate informierten über das unermessliche Leid, das ihnen angetan wurde, und über ihre persönlichen Lebenswege. Die Bilder geben den Opfern ein Gesicht und „ermöglichen einen besonderen Zugang in die Geschichte(n) rund um eine der größten Katastrophen der Menschheit“.

Beeindruckend war auch die virtuelle Begegnung mit NS-ZeitzeugInnen im Rahmen des Projekts „in Echt“, das von der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH (BKG) konzipiert und in Kooperation mit der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf realisiert wurde.

In einem Raum der Ausstellung konnte ich, ausgestattet mit VR Brille und Kopfhörern, fünf Menschen zuhören und zuschauen, die die NS-Konzentrationslager als Kinder und Jugendliche überlebt haben. Charlotte Knobloch, Inge Auerbach, Ruth Winkelmann, Leon Weintraub und Kurt Hillmann erzählen seit Jahren zum Beispiel in Schulen, was sie erlebt haben und engagieren sich so gegen das Vergessen. Doch die jüngsten ZeitzeugInnen sind inzwischen über 80 Jahre alt, manche, wie Margot Friedländer, sogar älter 100. Wie lange sie noch ihre Erfahrungen an die jungen Menschen weitergeben können, ist ungewiss. Die interaktive Ausstellung „zeigt einen möglichen Weg, wie virtuelle Zeitzeug*innengespräche die Erzählungen der Überlebenden bewahren und die Lücke füllen können, wenn es keine Zeitzeug*innen mehr gibt“. (https://www.landesmuseum-hannover.de/presse/). Dies ist in einer Zeit, in der die „in Teilen gesichert rechtsextremistische“ AfD bei der Wahl zum Bundestag die zweitstärkste Partei zu werden droht, wichtiger denn je.

Die Porträts von Stefan Hanke sind auch im Ausstellungskatalog* abgedruckt, der für 39,80 Euro im Shop des Landesmuseums und in der Villa Seligmanngekauft werden kann.

*Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung

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