Garten im April

Endlich Frühling, überall im Garten grünt und blüht es. Die beiden Kirschbäume beispielsweise. Über die Früchte der Süßkirsche werden sich später vor allem die Vögel freuen, ebenso über die ebenfalls weiß blühenden Schlehen hinten am Teich. Bis der Flieder aufblüht, dauert es ebenfalls nicht mehr lange, und auch der Apfelbaum ist bald so weit. Mausohr heißt das Stadium kurz vor Beginn der Blüte im Blütenradar des Alten Lands.

Am Teich fühlen die Sumpfdotterblumen, gelbe Farbkleckse im weiß-lila Blütenmeer, und Beinwell wohl. Wie das Buschwindröschen in unseren Garten gekommen ist – oder ist es ein Studentenrösli? -, weiß ich nicht, und auch den hängenden Lauch habe ich sicher nicht gepflanzt. Aber ich freue mich, dass sie da sind.

Im Beet, über das bis zum vergangenen Jahr der mächtige Buchsbaumstier herrschte, wird zum Blumenbeet. Jetzt blühen hier Tulpen, Wildtulpen und ganz neu Rem‘s Favorite. Später kommt dann die Zeit der Anemonen und der Rosen, die ich hierhin (um)gepflanzt habe. Gleich daneben wächst das Blaukissen in diesem Jahr so hoch, dass der Lesezwerg fast zwischen den Blüten verschwindet.

Da wollen auch die Pflanzen im Haus nicht zurückstehen. Hinter dem schützenden Glas des Wintergartens zeigt die Strelitzie, dass sie zurecht Paradiesvogelblume genannt wird. Wie Vögelköpfe schauen die bunten Blüten aus dem dichten Grün hervor. Der Osterkaktus  ist in diesem Jahr etwas spät dran. Aber erstens war Ostern in diesem Jahr außergewöhnlich früh. Und zweitens ist er auch schon ein alter Herr. Wir haben ihn und seinen rosa blühenden Bruder von meiner Schwiegermutter geerbt, die schon seit über 30 Jahren tot ist.

Von meiner Mutter, die vor fast fünf Jahren gestorben ist, habe ich eine Orchidee übernommen. Ich hatte sie ihr kurz vor ihrem Tod geschenkt – jetzt steht sie in meinem Arbeitszimmer. Sie blüht meist lange, vielleicht bis zum 100. Geburtstag meiner Mutter im Mai.

Wo fühle ich mich zu Hause?

Ich blogge schon seit Jahren, aber an einer Blogparade habe ich mich bislang noch nie beteiligt, Doch das von Edith Leister (https://edith-leistner.olrik.de/2024/02/07/blogparade-wo-ich-mich-zu-hause-fuehle/) gestellte Thema hat mich angesprochen. Auch wenn ich es für mich ein wenig umformuliere: Wo fühle ich mich zu Hause?

Diese Frage spukt in meinem Kopf, seit ich im im vergangenen August – zum ersten Mal seit dem Jahrgedächtnis für meine Mutter – wieder in dem Dorf war, in dem sie und ich geboren sind. Meine Mutter hat fast ihr ganzes Leben lang, über 90 Jahre, in Neumagen gelebt, dort sind sie und mein Vater auch begraben. 

Ich bin mit 20 Jahren aus meinem Heimatort weggezogen, um zu studieren, ein Jahrzehnt später dann, nach eine kurzen beruflichen Intermezzo an der Mosel, der Liebe wegen für immer. Eine Rückkehr an die Mosel kam für mich nie infrage: Die Landschaft ist zwar schön, aber die Infrastruktur eher schlecht. Ohne Auto kommt an der Mosel kaum jemand aus. Schlechte Voraussetzungen für ein Leben im Alter.

Nach meinem Umzug nach Norddeutschland habe ich meine Eltern oft besucht: anfangs zwei- oder dreimal im Jahr, später dann, als sie alt wurden und die Unterstützung ihrer Kinder brauchten, häufiger. Jeder Besuch war eine Art Reise in meine Kindheit, jeder Einkauf, jeder Spaziergang durch den Ort dauerte viel länger als geplant. Denn immer traf ich unterwegs Bekannte, die mich schon als Kind gekannt hatten. Wir plauderten, sie wollten wissen, wie es mir geht, was ich mache. Und ich fragte nach ihren Männern oder Kindern, mit denen ich in die Schule gegangen oder aufgewachsen war.

Ja, mein Heimatort und das Haus, das meine Eltern gebaut hatten und in das wir kurz nach meiner Geburt eingezogen sind, waren für mich lange ein Zuhause – der Ort vielleicht sogar mehr als das Haus selbst. Denn als meine Schwestern und ich „unser“ Haus nach dem Umzug meiner Mutter ins Pflegeheim verkauften, fiel mir der Abschied vom Elternhaus leichter als befürchtet. Als ich ein letztes Mal im Haus war, um noch einige Dinge einzupacken, die ich seit Jahrzehnten dort aufbewahrt hatte, hatte es seine Seele verloren. Es war nur noch ein Haus, in dem ich lange gelebt habe. Nicht mehr und nicht weniger.

Mit dem Ort und einigen Menschen, die da leben, fühle ich mich dagegen immer noch verbunden. Zwar sterben die Alten, die ich noch kenne und die mich noch kennen, langsam weg. Doch als mein Mann und ich im vergangenen Jahr mit unserem Wohnmobil nach Neumagen fuhren und auf dem Stellplatz am Hafen übernachteten, war es ein bisschen wie nach Hause kommen.

Das ist in Burgwedel, dem Ort, in dem ich jetzt seit fast vier Jahrzehnten, irgendwie anders. Zu Hause fühle mich in unserem Haus, das wir nach unseren Vorstellungen und Wünschen gestaltet und eingerichtet haben – mit großen Fenstern, viel Licht und hellen Möbeln. Ich mag mein Arbeitszimmer, mein Schlafzimmer, von dem aus ich nachts die Sterne sehen kann, das Wohnzimmer, den Wintergarten, in dem ich schon an manchen Februartagen draußen sitze, die Terrasse und den Garten mit den beiden Miniteichen.

Das Städtchen hat alles, was ich zum Leben brauche und was den Alltag angenehm macht. Es gibt viele Läden, sogar eine Buchhandlung, eine Bücherei, Ärzte, Apotheken, ein Schwimmbad und ein Krankenhaus – alles bequem mit dem Fahrrad, zu Fuß oder später auch mit dem Rollator gut zu erreichen. Und mit dem Zug, der von morgens früh bis abends spät stündlich fährt, bin ich in einer Viertelstunde in Hannover.

Ja, in Burgwedel lässt sich gut leben: Aber Wurzeln geschlagen habe ich in all den Jahren nicht wirklich. Ja, ich habe hier Freunde und Bekannte, aber die meisten Menschen, die mir wirklich wichtig sind, leben in anderen Orten, irgendwo in Deutschland. Wir halten Kontakt via Telefon, Mails oder diverse Messengerdienste. Aber einfach mal vorbeischauen ist eben nicht möglich. Das ist wohl der Preis der Mobilität.

Was ich in Burgwedel auch vermisse – und je älter ich werde um so mehr: den Blick aufs Wasser. Vielleicht liegt es daran, dass ich an einem Fluss geboren bin und in den ersten 30 Jahren meines Lebens immer an Flüssen gelebt habe – an der Mosel, am Rhein und kurze Zeit auch an der Lahn. Das hat mich geprägt.

Gerne würde ich wieder am Wasser leben – es muss nicht das Meer sein, ein Fluss, ein Bach oder ein kleiner See reichen aus. Fast täglich gehe ich zu einem künstlichen Teich im Ort, um meine Seesucht zu stillen. Doch der ist, ebenso wie die beiden Miniteiche in unserem Garten, eben doch nur ein unzureichender Ersatz für natürliche Gewässer.

Vielleicht haben wir uns auch deshalb wieder ein Wohnmobil gekauft, weil ich so meinen Traum vom Wohnen am Wasser zumindest zeitweise verwirklichen kann. Und wenn wir dann irgendwo am Wasser stehen, egal ob an der Mosel, an der Aller oder am Meer, fühle ich mich zu Hause.

Wechsel im Wintergarten

Die Eisheiligen sind vorbei, aber schon vor dem Besuch der kalten Dame Sofie hatten wir fast alle Blumen aus ihrem Winterquartier im Wintergarten auf die Terrasse gebracht. Nur die Yucca darf in diesem Jahr drinnen bleiben: Sie ist einfach zu groß und schwer, um sie rauszutragen – und mit dem Seitenast passt sie kaum mehr durch die Wintergartentür.

Die anderen Pflanzen haben die ersten Nächte draußen recht gut überstanden, obwohl es noch ziemlich frisch ist. Aber unter null sind die Temperaturen hier nicht mehr gesunken; außerdem stehen zumindest Zitruspflanzen, Strelitzie, Osterkaktus und Drachenbaum an der Hauswand recht geschützt.

Zu den Zimmerpflanzen haben sich gestern die Kräuter gesellt, die ich bei „meiner“ Kräuterfrau auf dem Markt gekauft habe. Ananassalbei und Strauchbasilikum leisten der Olive Gesellschaft. Ihre Vorgänger haben, wie auch der große Salbeistrauch im runden Kräuterbeet, den Winter nicht überstanden. Ich hoffe, dass sein noch junger Nachfolger an der gleichen Stelle genauso gut wächst und gedeiht.

Den Knoblauch hat mein Mann zu den Tomaten in sein Hochbeet gepflanzt, die essbaren Blüten stehen jetzt neben der Künstlerrose im Beet vor dem Wintergarten, wo wir Anfang des Jahres den vom Buchsbaumzünsler befallenen Buchsbaumstier ausgraben mussten. Vielleicht werde ich die ersten blauen Blüten schon heute pflücken und über den Salat streuen. Sie schmecken lecker und wachsen immer wieder nach, hat die Kräuterfrau versprochen, und auf ihren Rat ist eigentlich immer Verlass.  

Nach dem Auszug der Pflanzen gehört der Wintergarten wieder uns. Aber so aufgeräumt wie jetzt wird er wohl nicht lange bleiben. Meine Kiste mit Büchern, Schreib- und Zeichenutensilien steht schon bereit; und auch mein Mann wird seine Hobbyutensilien schon bald hier ausbreiten. Denn vom Mai bis in den Herbst hinein wird der Wintergarten zum viel genutzten Schreib-, Mal-, Lese-, Arbeits-, Ess-, Wohn- und Hobbyzimmer.

Ab ins Beet

Gestern Abend hat – drei Wochen nach dem meteorologischen – auch der kalendarische und astronomische Frühling begonnen. Tag und Nacht waren gestern gleich lang – und zwar sowohl auf der Nordhälfte als auch auf der Südhälfte der Erde. Bis Ende September sind die Tage hier jetzt länger als die Nächte. Auch das Wetter zeigte sich in den vergangenen Tagen mit zweistellige Temperaturen und zumindest gelegentlichem Sonnenschein durchaus (vor)frühlingshaft. Zeit, sich wieder mal um den Garten zu kümmern, vor allem um das Beet vor dem Wintergarten.

Das sieht ziemlich kahl aus, seit im Januar der Buchsbaumstier weichen musste. Mein Mann hatte vor Jahren fünf kleine Buchsbäume nebeneinander gepflanzt, sie gehegt, gepflegt und in Form geschnitten. Im Laufe der Jahre sind die Buchsbäumchen zu einer mehrere Meter langen, dichten, fast mannshohen Hecke zusammengewachsen. Doch gegen die gefräßigen Larven des Buchsbaumzünslers hatte der Stier keine Chance. Er siechte dahin, wurde immer schwächer und kahler. Alle Rettungsversuche waren vergeblich. Und so haben wir ihn schließlich abgeschnitten und die Wurzeln ausgegraben. Beim Rein-Beet-Machen haben wir auch einige andere Pflanzen entfernt. Die Dreimasterblumen beispielsweise, die mit ihren lila Blüten zwar hübsch aussehen, aber leider ein sehr einnehmendes Wesen haben und andere Pflanzen rücksichtslos überwuchern. Ganz verschwunden sind sie sicher nicht, obwohl ich mehrere Kilo Wurzelgeflecht entfernt habe – Dreimasterblumen sind zäh. Aber ich hoffe, dass sie ihre neuen Beet-Nachbarn vorläufig in Ruhe lassen.

Aus dem Beet vor dem Wohnzimmerfenster habe ich zwei Rosen ausgegraben und umgesetzt. Nachdem mein Mann dort einen Schmetterlingsbusch gepflanzt hat, fristeten die Künstlerrose und die Päonienrose ein Schattendasein. Ich hoffe, dass sie den Umzugsstress gut verkraften und den Platz an der Sonne genießen. Mir jedenfalls gefällt ihr neuer Standort viel besser. So kann ich sie und ihre Blüten sehen, wenn ich im Wintergarten sitze – und anders als der Stier lassen die Rosen den Blick auf unsere Teiche frei.

Auch Wildtulpen und eine Dahlie namens Milena Fleur sind in das Beet eingezogen. Tulpen gibt es in unserem Garten bislang nur wenige und auch mit Dahlien hatte ich früher wenig Glück. Kaum waren sie eingepflanzt, waren sie wieder abgefressen. Aber im letzten Jahr war der Bann gebrochen: Zumindest an zwei Stellen haben sie überlebt und blühten bis in den Herbst hinein. Ich hoffe, dass sie wiederkommen und dass auch Milena Fleur anwächst und gedeiht. Die Zwiebel der Winterlinge und die Narzissen, die ich ebenfalls gesetzt habe, blühen wahrscheinlich erst im nächsten Frühjahr.

Sehr mitgenommen sehen die Christrose und die Primel aus, die aus dem Haus in den Garten umgezogen sind und jetzt den frei gewordenen Platz unterm Schmetterlingsbusch einnehmen. Für sie ist der neue Standort eigentlich ideal. Denn anders als ihre Vorgängerinnen, die Rosen, mögen beide es durchaus (halb)schattig. Trotzdem bin ich nicht sicher, dass sie dort Wurzeln schlagen. Weil ich ihnen den Umzug in den gefrorenen Boden nicht zumuten wollte, sind sie länger als geplant drinnen drinnen geblieben. Doch das ist ihnen nicht gut bekommen. Aber vielleicht erholen sie sich ja an der frischen Frühlingsluft.

Winter ade?

„Es war wohl die letzte Schneewanderung in diesem schneearmen Winter,“ habe ich vor fast genau einem Monat geschrieben nach einer Wanderung mit meiner Kollegin Foe geschrieben (https://timetoflyblog.com/wandern-und-schreiben). Aber unverhofft kommt ja bekanntlich oft: Der Winter will in diesem Jahr scheinbar nicht weichen und hat in den letzten Tagen bewiesen, wie viel Kraft und Ausdauer er noch hat. Kein Wunder: Er hat ja im Januar eine Pause gemacht und uns eine Ahnung von Frühling beschert

Der Schnee, mit dem der Winter am Donnerstag seinen Anspruch zu bleiben untermauerte, war zwar am Freitagmorgen wieder geschmolzen, als ich in Richtung Harz aufbrach. Weil aber Wetterbericht und die Wolken am Himmel nichts Gutes verhießen, wanderten wir nicht, sondern arbeiteten ein wenig in Foes neuem Schrebergarten.

Abends fing es wieder an zu schneien und es schneite die halbe Nacht ohne Unterlass. Und so war dann am nächsten Morgen statt Gartenarbeit ein Spaziergang im Schnee angesagt – eine wirklich schöne, wenn auch unerwartete Alternative.

Mehr Schnee als am Harzrand war in der Nacht erstaunlicherweise im hannoverschen Flachland gefallen. Mein Winterling und die Traubenhyazinthe waren (fast) komplett unter der Schneedecke verschwunden und mussten von mir von der kalten und schweren Last befreit werden, als ich wieder zu Hause ankam.

Mehr Glück hatten die Hyazinthe und die Krokusse, die unter schützenden Bäumen und Sträuchern wachsen. Was wieder einmal zeigt: Der Platz an der Sonne ist eben nicht immer die beste Wahl.

Dem Blaukissen und meinem Lesezwerg bietet das gläserne Dach unseres Wintergartens Schutz. Im Wintergarten ist es an Tagen wie diesen schon sommerlich warm. Fast 27 Grad zeigte das Thermometer heute Mittag. Und so konnte ich mein Schreibzimmer im Wintergarten eröffnen – vielleicht zum letzten Mal in diesem Winter mit dem Blick auf den n verschneiten Garten.

Neues aus dem Wintergarten

Unser Wintergarten macht seinem Namen zurzeit alle Ehre – und erfreut uns mitten im Winter mit vielen bunten Blüten.

„Die beiden ersten Blüten der Strelitzie haben sich geöffnet“, habe ich im März 2020 geschrieben. Diesmal ist es schon Ende Januar so weit. Die dritte im Bunde verwelkt sogar schon: Sie ist irgendwann im Oktober aufgeblüht und hat fast ein Vierteljahr geblüht. Mindestens drei Nachfolgerinnen sind bereit – mehr als je zuvor.

Mehr geht nicht – das denke ich alle Jahre wieder, wenn unser Osterkaktus – trotz seines Namens immer um Weihnachten – anfängt zu blühen. Doch im folgenden Jahr belehrt er mich dann stets eines Besseren. Ich staune nicht nur darüber, wie viele Blüten die Hatoria hat, sondern auch, wie lange sie blühen.

Der Osterkaktus schwächelt noch nicht, die Blüten der Christrose färben sich dagegen allmählich grün – ein Zeichen, dass sie verwelken und irgendwann abgeschnitten werden sollten. Bislang steht die Christrose im Wintergarten, doch sobald es etwas wärmer ist, werde ich sie in den Garten pflanzen. Dann ist die Chance, dass sie den Sommer überlebt und auch im nächsten Jahr blüht, größer.

Christrosen sind nämlich, das habe ich beim Schreiben dieses Blogbeitrags gelernt, viel anspruchsvoller als ihre Verwandten, die Lenzrosen. Sie mögen lehmige Böden, doch damit kann unser Garten (zum Glück) nicht dienen. Außerdem brauchen sie Kalk – ohne ihn bekommen sie keine Blüten. Ich werde beim Pflanzen also einfach den Trick anwenden, den ich ebenfalls im allwissenden world wide web gefunden habe: Ich lege ein Stück weiße Kreide ins Pflanzloch, um die Christrose mit Kalk zu versorgen. Warum die Kreide weiß sein muss, stand da nicht. Aber vielleicht färben sich die Blüten rot oder pink, wenn ich entsprechende farbige Kreiden mit einpflanze.

Weniger anspruchsvoll als ich gedacht oder befürchtet habe, ist die Orchidee, die ich von meiner Mutter geerbt habe. Sie darf weder in den Wintergarten noch im Sommer auf die Terrasse, denn obwohl ihre Vorfahren aus den Tropen stammen, verträgt sie keine pralle Sonne. Auf der Fensterbank meines Arbeitszimmers auf der Westseite fühlt sie sich aber offenbar wohl.

Viel Pflege braucht meine Orchidee nicht: Ich gieße sie ein oder zweimal in der Woche und gieße später das Wasser, das im Untersetzer steht, ab. Denn nasse Füße, sprich Staunässe, mag sie ebenso wenig wie allzu große Hitze.

Sie ist spät dran in diesem Jahr – erst drei Blüten haben sich bislang geöffnet. Aber es werden in den nächsten Tagen sicher mehr: Ich habe mehr als zwei Dutzend Knospen gezählt. Wahrscheinlich blühen sie dann bis in den Sommer hinein. Weil Orchideen nämlich sehr spezialisiert sind und in der Natur nur von bestimmten Insekten bestäubt werden können, haben sie sehr lange Blühzeiten. Das erhöht die Chance, dass das richtige Insekt während der Blüte vorbeiflattert, so Boris Schlumpberger in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift nobilis (https://nobilis.de/orchideen-tipps-fuer-eine-gluecklich-bluehende-schoenheit/?doing_wp_cron=1675239444.4843928813934326171875).

Schlumpberger muss es wissen: Er ist Kustos der Herrenhäuser Gärten in Hannover, in denen es eine der größten Orchideensammlungen der Welt mit rund 25.000 Pflanzen gibt. Ein kleiner Teil dieser Sammlung ist im Orchideenhaus im Berggarten zu sehen. Ein Besuch lohnt – nicht nur, aber vielleicht besonders, wenn das Wetter grau und trist ist und die ersten Blüten im eigenen Garten noch auf sich warten lassen.

Aus der Zeit gefallen

Als Moselanerin kenne ich natürlich Eiswein: Er wird aus Trauben hergestellt, die am Rebstock gefroren sind. Eishimbeeren oder Eiserdbeeren kannte ich bislang noch nicht. Das liegt daran, dass Erd- und Himbeeren – anders als Trauben – eigentlich nicht im Herbst, sondern im Früh- oder Spätsommer reifen und deshalb in der Regel vor dem ersten Frost längst geerntet sind.

Das war in diesem Jahr anders. Noch in der letzten Woche habe ich morgens  oft Himbeeren  gepflückt – nicht sehr viele, aber immerhin genug, um dem Müsli einen besonderen Geschmack zu verleihen. Auch Erdbeeren gab’s. Sie wurden zwar nicht mehr richtig rot und reif, waren aber doppelt so groß wie die Beeren, die ich im Sommer ernten konnte. Der plötzliche Wintereinbruch hat sie und uns dann doch überrascht – und die späte Erntezeit für dieses Jahr wohl endgültig beendet.

Die letzten Zimmerpflanzen hatten wir zum Glück schon vor ein paar Tagen von der Terrasse in ihr Winterdomizil gebracht. Dort wird es jetzt wieder eng – denn die meisten sind während der Sommerfrische kräftig gewachsen. Die Strelitzie hat kaum mehr durch die Tür gepasst. Sie reicht inzwischen fast bis an die gläserne Decke – und blüht sogar zum zweiten Mal in diesem Jahr. Das habe ich in alle den Jahren, in denen sie bei uns wohnt, noch nie erlebt.

Auch Ananassalbei und Strauchbasilikum blühen noch – ich fürchte allerdings, dass es ihnen selbst in ihrem Winterquartier bald zu kalt wird. Denn beide sind nicht winterhart und mögen keine Kälte. Für den Ananassalbei sollten die Temperaturen zwischen 5 und 15 Grad liegen, für den Strauchbasilikum braucht sogar 10 bis 15 Grad, um sich wohl zu fühlen. Das bringt sie und mich in eine schwierige Situation: In unserem ungeheizten Wintergarten ist es beiden zumindest zeitweise zu kalt, im Haus ist es ihnen immer zu warm – und im Keller zu dunkel. Denn hell sollte der neue Standort schon sein.

Um den Osterkaktus brauche ich mir dagegen keine Gedanken zu machen. Er stellt keine hohen Ansprüche. Die niedrigen Temperaturen im Wintergarten machen ihm nichts aus, obwohl seine Vorfahren aus den südbrasilianischen Tropenwäldern stammen. Vielleicht versteht er sich deshalb so gut mit dem Drachenbaum, mit dem er sich seit seiner Kindheit einen Topf teilt. Denn in ihrer brasilianischen Heimat sind die Kakteengewächse Aufsitzerpflanze und wachsen im Geäst von Bäumen.

Die Sommerfrische ist ihm gut bekommen – er hat unzählige Blüten. Und obwohl die nicht gezähnten Blätter eindeutig beweisen, dass er kein Weihnachtskaktus (Schlumbergia), sondern ein Osterkaktus (Hatiora-Hybride) ist, wird er in diesem Jahr zur Weihnachtszeit blühen. Doch er ist ja nicht die einzige Pflanze, die aus der Zeit gefallen ist.

Endlich Platz

Jetzt gehört der Wintergarten wieder uns. Er ist zum ersten Mal seit Jahren komplett pflanzenfrei.

Weilinzwischen alle Eisheiligen mit Ausnahme des Heiligen Urban durchs Land gezogen sind, haben wir unsere Pflanzen aus dem Wintergarten nach draußen gebracht. In der Nacht  nach dem Besuch der kalten Sofie habe ich die kälteempfindliche Gurke in meinem Hochbeet noch durch eine Zipfelmütze aus Vliesstoff geschützt. Doch wenn die Meteorolügen recht haben, ist das ab jetzt nicht mehr nötig. Die Temperaturen sollen ab jetzt auch nachtsüber  10 Grad liegen. Und so durften der Ananassalbei und der Strauchbasilikum ebenfalls umziehen und ergänzen jetzt die Kräuersammlung auf und an der Terrasse. Urban kann ihnen am 25. Mai dann hoffentlich nichts mehr anhaben.

In diesem Jahr spendieren wir auch der Yucapalme und der Strelitzie zum ersten Mal seit Langem eine Auszeit im Freien. Uns selbst beschert der Pflanzenumzug mehr Platz im Wintergarten – und ein bisschen Urlaubsflair auf unserer Terrasse: Sie erinnert mich ein wenig an die begrünten Innenhöfe, die sich in vielen südlichen Ländern oder in südlicheren Teilen Deutschlands hinter Mauern und Zäunen verstecken.

Blütenpracht

Chaosgärtnerinnen proudly present: die neuesten Blüten von der Fensterbank und aus dem Wintergarten, die unterschiedlicher kaum sein könnten: prachtvoll die einen, eher unscheinbar, aber nicht weniger schön die anderen.

Die beiden Blüten der Strelitzie sind groß und farbenprächtig – und nicht zu übersehen. Sie erinnern wirklich an die bunten Vögel, denen die Strelitzia reginae ihre deutschen Namen verdankt: Papageien- oder Paradiesvogelblume.

Wie der rosa blühende Kaktus in meinem Arbeitszimmer heißt, weiß ich nicht. Ich vermute, dass er zur Familie der Mammillaria gehört, was netter klingt als die deutsche Bezeichnung Warzenkakteen. Etwa 180 Mitglieder soll diese Großfamilie haben,  die damit zu den artenreichsten Gattungen der Kakteengewächse zählt (https://www.pflanzenfreunde.com/lexika/kakteen/mammillaria.htm). Ursprünglich stammen die Mammillarias aus Mexiko, wie sie von dort auf meine Fensterbank gekommen sind, weiß ich nicht. Ich glaube mich zu erinnern, dass meine Tochter den Kaktus irgendwann gekauft und bei uns zurückgelassen hat, als sie ausgezogen ist.

Von meiner Schwiegermutter stammt die wohl älteste Zimmerpflanze im Haus: Der Osterkaktus ist mit seiner Tochter oder der jüngeren Schwester vor ziemlich genau 30 Jahren, nach dem Tod meiner Schwiegermutter, bei uns eingezogen. Er blüht alle Jahre wieder, auch wenn seine Kraft nachlässt. Jedes Jahr sind es weniger und kleinere Blüten, die Blätter sind nicht mehr so grün und prall wie bei seinen jüngeren Verwandten, sondern verholzen. Aber mir gefällt er: Ich finde, er altert in Würde.

Die beiden Kiwis – eine männliche und eine weibliche – sind erst im vergangenen Sommer zu uns gekommen und über Winter groß geworden. Jetzt blüht die Kiwi-Dame und die vielen beigen Blüten lassen auf reiche Ernte im Sommer hoffen. Wenn die Eisheiligen in gut einem Monat vorbei sind, werden sie und ihr Gefährte wieder nach draußen ziehen. Wir werden sie in aus ihren Töpfen in das kleine Beet an der Terrasse umpflanzen und ernten dann die Früchte für unser Müsli jeden Morgen ganz frisch. Neben den Kiwis sind dann  auch Erd-, Stachel- und Himbeeren in Pflückweite.

Auch Rip van Winkle wartet im Wintergarten auf wärmere Tage. Meine Tochter hat meinen Blogbeitrag über die verschwundene Narzisse gelesen und mir neue geschenkt. Vielen Dank dafür. Diesmal sind es gleich sieben Zwiebeln, die ich einpflanzen kann – und ich hoffe, dass sie spätestens im nächsten Jahr genauso aufblühen wie der Kaktus meiner Tochter auf meiner Fensterbank.

Sie müssen draußen bleiben

Unser Wintergarten macht seinem Namen zurzeit alle Ehre: Auch wenn die Sonne scheint, ist es draußen derzeit noch recht kühl. Unter und hinter dem schützenden Glas zeigt das Thermometer dagegen mittags, wenn die Sonne um das Haus der Nachbarn herumgewandert ist,  oft 30 Grad und mehr – gerade richtig für eine Frostbeule wie mich. Vor allem in der Übergangszeit, also im (Vor)frühling und im Herbst, sitze ich gerne dort; der Wintergarten wird von Februar bis November zum Lese-, Schreib-, Arbeits-, Ess- und Wohnzimmer.

Auch die Pflanzen fühlen sich pudelwohl: Die Strelitzie wird bald blühen, die beiden Kiwis haben den Winter gut überstanden und sind schon jetzt größer als im vergangenen Herbst. Und auch meine Zitronenverbene wird wieder grün und duftet intensiv, wenn man an ihren Blättern reibt.

 

Der Osterkaktus, den wir aus einem Ableger großgezogen haben, wirft gerade die letzten rosa Blüten ab. Doch an den Blättern zeigen sich schon wieder kleine Knospen – er blüht diesmal wohl nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern auch, nomen est omen, an Ostern. Seine Mutter oder Tante trägt dagegen rot, wie die Knospen verraten.

Noch ist es im Wintergarten ein wenig eng, aber Anfang Mai, wenn die Eisheiligen vorbei sind, ziehen die meisten Pflanzen und der Mosaik-Tisch wieder auf die Terrasse.

Die Orangen- und Zitronenbäumchen müssen schon heute raus in die Kälte. Denn auf ihnen tummeln sich schon wieder die Blattläuse: Sie stechen die  Pflanzen an und zapfen ihnen einen zuckerhaltige Saft ab. Der wiederum lockt die Ameisen an: Sie melken die Läuse, kneifen ihnen in den Hintern, damit sie einen süßen Nektar, den sogenannten Honigtau, ausscheiden. Damit ernähren sich die Ameisen und füttern ihre Brut.

Das dürfen sie gerne tun, aber bitte draußen, im Garten oder auch auf der Terrasse: In unserem Wintergarten sind Ameisen ebenso wie Blattläuse unerwünscht. Sie müssen draußen bleiben.