„The grass is always greener on the other side of the fence“, heißt ein englisches Sprichwort. Die freie deutsche Übersetzung lässt das Gras außen vor und spricht stattdessen von Kirschen, die angeblich in „Nachbars Garten … immer ein bisschen süßer“ schmecken als im eigenen.
Nun ist – nebenbei bemerkt – gegen das Gras in unserem Garten wirklich nichts einzuwenden. Das Vorbild meines Mannes sind die Tennisplätze in Wimbledon – vor den ersten Tennisspielen natürlich. Und so pflegen er und sein Gehilfe – Sammy, unser elektronisches Schaf – unseren Rasen mit Hingabe. Und auch die Kirschen schmecken gut – leider nicht nur uns, sondern auch den Maden, die sich dort gerne einnisten. Mir verdirbt das ehrlich gesagt den Appetit auf die roten Früchte, egal wie süß sie sein mögen. Den Vögeln glücklicherweise nicht – manche freuen sich offenbar sehr über die Fleischeinlage.
Und was will die Autorin dieses Beitrags damit sagen? Ich schaue mir ja gerne andere Gärten an und bin, ich gebe es zu, meist beeindruckt und manchmal auch ein bisschen neidisch. Denn die meisten GartenbesitzerInnen, die ihre Pforten für BesucherInnen öffnen, haben wirklich einen grünen Daumen. Aber auch unser Garten kann sich sehen lassen.
Gartenhighligts: Rosenbeet
Teich und
Lavendel am Wintergartenn
Und wenn ich dann in meiner Schaukel liege, auf der Terrasse, am Teich oder im Wintergarten sitze, sind mir die Kirschen und das Gras in fremden Gärten ziemlich egal. Dann genieße ich einfach den Garten – und den Tag.
Eigentlich wollte ich ja vorletzte Woche, als ich zum Katzensitten im Harz war, nach Altenau fahren. Der Kräutergarten steht schon lange auf meiner To-visit-Liste. Nach dem Besuch des Kräutergartens wollte ich dann zur Wolfswarte und von dort nach Torfhaus wandern, und von dort mit dem Bus zurück nach Bad Harzburg. So weit der Plan. Doch den hatte ich ohne die örtlichen Nahverkehrsverbindungen gemacht. Zwar liegen Altenau und Bad Harzburg nur knapp 11 Kilometer voneinander entfernt, doch man kommt nur alle paar Stunden mit einem Umstieg und in weniger als einer Stunde von einem Ort zum anderen. Meist muss man zweimal umsteigen und zwei Stunden Fahrtzeit einkalkulieren. Die schnelle Verbindung konnte ich an diesem Tag nicht erreichen, weil ich noch ein wichtiges Telefonat führen musste, für lange Busfahrten und knappe Umstiege an nicht sonderlich attraktiven Orten fehlte mir die Lust. Also bin ich nach Ilsenburg gewandert.
Zugegeben, ich war schon ein paar Mal in Ilsenburg, ganz fremd war der Ort also nicht für mich. Aber ich bin bislang dort immer nur gelaufen – zweimal Richtung Brocken und wieder zurück – oder gewandert: Vom außerhalb des Ortes gelegenen Wanderparkplatz durch das wunderschöne Tal der ebenso schönen Ilse, die es ja schon Heinrich Heine angetan hatte. Zeit, mir den Ort anzusehen, hatte ich da eigentlich nie – oder ich habe sie mir zumindest nicht genommen.
Die Wanderung von Bad Harzburg nach Ilsenburg führte auf dem Kammweg über den Butterberg durch einen Kalkbuchenwald mit teilweise alten, meist ziemlich gesund aussehenden Laubbäumen. Vom Borkenkäfer zerfressene Baumgerippe, die zumindest auf der westlichen Seite die Gegend um den Brocken herum dominieren, habe ich nur ganz wenige gesehen. Und der Weg war zumindest teilweise so, wie ich Wanderwege mag – eng und verschlungen.
Irgendwann habe ich die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt überquert – und den Grenzweg, der den Harz von Nord nach Süd quert. Dort, wo einst der eiserne Vorhang nicht nur die Bundesrepublik und die DDR trennte, sondern die Welt in zwei feindliche Lager zerschnitt, kann man heute wandern. Was für ein Glück es war, dass die Wende 1989 friedlich verlief und alle beteiligten Mächte die Veränderungen anerkannten, wird beim Blick auf den Krieg in der Ukraine deutlich.
In Ilsenburg hatte ich dann doch wieder zu wenig Zeit, um mir den Ort in aller Ruhe anzusehen. Weil der Bus, der mich in einer halben Stunde ohne umzusteigen nach Bad Harzburg schon eine Dreiviertelstunde später fuhr, blieb es bei einem kurzen Rundgang durch den Ortskern.
Aber ich werde wiederkommen, um das schon um das Jahr 1000 gegründete Kloster und das Schloss zu besichtigen, das fast 850 Jahre später an der West- und der Nordseite des Klosters errichtet wurde. Heute ist die romanische Klosteranlage ein Kunst- und Kulturzentrum, in dem regelmäßig Konzerte, Lesungen und Ausstellungen stattfinden – ein Grund, den nächsten Besuch in Ilsenburg besser zu planen. Und den Kräuterpark in Altenau werde ich in diesem Jahr auch noch besuchen. Das habe ich mir fest vorgenommen.
Die Gartenpforten in der Region Hannover sind wieder geöffnet, und natürlich lasse ich es mir nicht entgehen, über die Gartenzäune hinweg Blicke in fremde Gärten zu werfen. An Pfingsten habe mich auf drei Gärten in Burgwedel und in der benachbarten Wedemark beschränkt. So habe ich nicht nur Gartenerfahrungen, sondern auch Kilometer fürs Stadtradeln gesammelt. Immerhin 50 km waren es – und laut CO2-Rechner habe ich dadurch etwa neuneinhalb Kilo des klimaschädlichen Gases eingespart. Am vergangenen Samstag bin ich dann in den Süden von Hannover, nach Wennigsen am Deister, gefahren – natürlich klimafreundlich mit Bus und Bahn.
Zum ersten Garten hätte auf meiner Liste ich auch zu Fuß gehen können: Der Garten von Sabine Mazur-Lunze liegt in Großburgwedel, wenn auch am anderen Ende. Und doch war es ein bisschen wie Eintauchen in eine andere Welt. Das lag sicher auch an den Buddha-Statuen, die einen Hauch Fernost in den Garten zauberten. Gerne hätte ich mich dazu gesetzt und neben dem Brunnen aus Naturstein, die Ruhe und den Garten genossen. Vor allem die Akeleien hatten es mir angetan. Sie blühten rund ums Haus in den verschiedensten Farben und Größen, während sie sich in meinem eigenen Garten schwer tun. Aber das ändert sich vielleicht, denn hat mir ein Tütchen mit Samen mitgegeben. Herzlichen Dank dafür.
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20 Kilometer weiter, in Elze, sieht die Gartenwelt ganz anders aus. Oder besser gesagt, die Welten. Denn der naturnahe Nutz- und Ziergarten von Ursula und Detlef Schwertmann vereint ganz unterschiedliche Bereiche: Im Gemüsegarten mit Hochbeeten stehen die Pflanzen in Reih und Glied nebeneinander, im Naturgarten direkt daneben dürfen Blumen und Stauden (scheinbar) wild wachsen, so, wie sie – oder die Natur – es wollen. Doch natürlich weiß ich, wie viel Arbeit dahintersteckt.
Meinen Lieblingsplatz habe ich schnell gefunden: am kleinen Teich mit Blick auf das Gewächshaus, in dem die Tomatenpflanzen mir schon über den Kopf wachsen: Doch die Plätze vor der Gartenhütte waren leider schon besetzt, von anderen Gästen, die wie ich den Garten genossen haben und etwas schneller waren als ich.
Im Therapiegarten des Vereins Grüne Stunde in Mellendorf, letzte Station auf meiner Pfingstgartentour, werden alte Menschen, vor allem Menschen mit Demenz, stundenweise von GartentherapeutInnen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen betreut. Sie können, wenn sie es möchten, selbst gärtnern oder aber einfach nur den Aufenthalt im Garten genießen.
Damit das gelingt, ist der Garten barrierefrei, die Wege sind so breit, dass sie bequem mit Rollator und Rollstuhl befahren werden können. An den Hochbeeten können die Besucherinnen und Besucher auch vom Rollstuhl aus arbeiten. Heimische Pflanzen dominieren, schließlich sollen sie bei den Besucherinnen Erinnerungen wecken.
Alte Obst- und alte Rosensorten wachsen auch in dem naturbelassenen Garten von Gunda Dunkel-Meyer und Reinhard Dunkel in Wennigsen. Das kleine Teehaus passt wunderbar in diesen romantischen Garten; es sieht so aus, als hätte es schon immer hier gestanden. Dabei wurde es erst vor ein paar Jahren gebaut – allerdings mit alten Baumaterialien.
Die Ökologische Siedlung Wennigsen ist erst in den 90er Jahren entstanden – und doch sieht es aus, als wäre es eine gewachsene Einheit. 33 Bauherren und -herrinnen haben sich zusammengefunden, um das Wohnkonzept am Rande des Ortes zu verwirklichen. Neben ihren eigenen Häusern besitzen sie ein Gemeinschaftshaus; gemeinsam kümmern sie sich auch um die großen Grünflächen, die zur „Siedlung“ gehören. „Unterm Hollerbusch“ heißt der Weg, der die Häuser verbindet – und der Name ist Programm: Am Wegesrand stehen Obstbäume und blühende Büsche, auch Holunder.
Ihre Gärten gestalten die HausbesitzerInnen individuell, allerdings gibt es zwischen den meisten Gärten keine Zäune. Und weil die Übergänge zwischen den Nachbargrundstücken fließend sind, wirken die vergleichsweise kleinen Grundstücke sehr großzügig.
Etwa zehn GartenbesitzerInnen hatten ihre nicht vorhandenen Pforten geöffnet – und mir spannende Einblicke in ihre Gärten beschert und in das Konzept der Ökologischen Siedlung. Vielen Dank.
Als der Schweizer Schriftsteller und Kabarettist Franz Hohler 60 Jahre alt wurde, nahm er sich vor, ein Jahr lang keine Auftritte und Lesungen, dafür aber jede Woche eine Wanderung zu machen. Denn beim Gehen fühlt er sich „gut und frei“, wie er in seinem Buch „52 Wanderungen“ schreibt. Außerdem wollte er in diesem Jahr auch „für das Alter üben“.
Nun liegt mein eigener 60. Geburtstag schon ziemlich lange zurück; im Oktober gehe ich in Rente. Viel Zeit zu üben bleibt also nicht mehr. Zudem habe ich in den nächsten drei Monaten wenig Freizeit, weil ich auch in diesem Sommer wieder – noch einmal – eine Zeitschrift betreue. Das bedeutet viel recherchieren, viel schreiben, viel Arbeit.
Trotzdem reizt mich die Idee – und die Gelegenheit ist günstig. Mit dem 9-Euro-Ticket kann ich in den nächsten drei Monaten kreuz und quer durchs Land reisen – und das will ich nutzen. Ich habe mir deshalb vorgenommen, in den nächsten drei Monaten jede Woche zumindest einen Ausflug zu machen – zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Öffis oder mit dem Wohnmobil. Und natürlich will ich im Blog – hoffentlich jede Woche – darüber schreiben.
Das erste Ziel am Pfingstsonntag: Celle. Nach Celle fahre ich eher selten. Dabei liegt das Städtchen mit dem Zug nur eine Station und zehn Minuten entfernt – und ist mit mehr als 400 alten, meist gut restaurierten Fachwerk-, Barock und Jugendstilhäusern wirklich hübsch. Die Aller fließt mitten durch die Stadt, das barocke Schloss ist vom Schloßgraben umgeben, die Altstadt vom Stadtgraben und der Französische Garten, ein Park am Rande der Altstadt, wird vom Magnusgraben begrenzt.
Magnusgraben,Schlossgraben undTeich im großen Garten
Gestern lockte mich zudem die Allerart, ein Kunsthandwerker- und Antiquitätenmarkt rund ums Schloss, außerdem wollte ich mir den barocken Rosengarten im Französischen Garten ansehen. Beides war, ich gebe es zu, eher enttäuschend. Das Allervergnügen war eher ein Flohmarkt mit Eintritt, der Rosengarten eher ein Gärtchen, in dem es nicht allzu viele Rosen gab. Dafür ein Denkmal für Ernst Schulze, einen in Celle geborenen und aufgewachsenen Dichter der Romantik. Ich gebe zu, ich kannte nicht einmal seinen Namen und habe noch nie etwas von ihm gelesen – Letzteres wird wohl auch so bleiben. Weder „Caecilie“, ein romantisches Gedicht in zwanzig Gesängen und zwei Bänden, noch die „Reise durch das Weserthal“ werden es je auf meine Must-read-Liste schaffen.
Romantikdichter im Rosengarten
Gelohnt hat sich der Ausflug trotzdem – schon wegen der Lindenallee im Französischen Garten und den dunkel lila blühenden Rhododendronbüschen. Und die alte Weide, die in den kreisrunden Teich im Französischen Garten hineinwächst, ist ebenfalls sehenswert.
Sehr gut gefallen hat mir auch das Kunstprojekt „zuKUNSTperspektiven“: Noch bis zum 2. Juli zeigen SchülerInnen aus Celle und Umgebung an vier verschiedenen Orten ihre Kunstwerke – und was sie bewegt, welche Träume, Vorstellungen, Wünsche und Ängste sie haben. Grund genug, wiederzukommen und mir auch die Bilder in den anderen Ausstellungsorten anzusehen. Mehr Infos über das in Zusammenarbeit mit Lehrkräften verschiedener Schulen entstandene Projekt des Vereins KulturTrif(f)t e.V. unter https://kulturtrifft.de/zukunst-perspektiven/.
Lila ist meine Lieblingsfarbe, und so ist es sicher nicht kein Zufall, wenn in unserem Garten derzeit Lila in den verschiedensten Nuancen dominiert.
Denn wenn immer ich bei neuen Pflanzen die Wahl habe, entscheide ich mich für eine aus dem Pink-lila-Farbspektrum. Beim Storchenschnabel zum Beispiel, bei der Hecken- oder bei der Künstlerrose, die mir nicht nur wegen ihres Dufts, sondern auch wegen der interessanten Farbkombination gefallen hat. Mein absoluter Rosenliebling ist und bleibt aber Rhapsody in Blue, anders als der Name es sagt, nicht blau, sondern lila blüht und ebenfalls wunderschön duftet.
Auch Lavendel steht auf der Liste unserer Lieblingspflanzen weit oben – und wächst deshalb überall in unserem Garten. Irgendwann im Sommer werde ich die Blüten pflücken, zu kleinen Sträußchen zusammenbinden und in den Zimmern verteilen oder in kleine Säckchen abfüllen, damit der Duft die Motten abschreckt.
Strauchbasilikum, Schnittlauch und Salbei blühen nicht nur lila, sondern landen auch auf unseren Tellern oder in unseren Tassen.
Das empfiehlt sich beim Fingerhut nicht, denn der ist leider giftig. Schon zwei bis drei getrocknete Blätter können für Erwachsene tödlich sein, bei Kindern genügen schon kleinere Mengen. Als unsere Tochter klein war und oft Kinder in unserem Garten spielten, haben wir die Fingerhüte aus unserem Garten verbannt. Das haben sie uns sehr übel genommen und es hat zweieinhalb Jahrzehnte gedauert, bis sie wieder zurückgekehrt sind. Doch jetzt fühlen sie sich hier sehr wohl, sind gern gesehen und dürfen bleiben, ebenso wie die Dreimasterblume. Deren einnehmendes Wesen zwingt mich zwar manchmal , ihrer Expansion Einhalt zu gebieten. Doch missen möchte ich sie in meiner Sinfonie in Lila nicht.
PS: Beim Nachdenken über diesen Blogbeitrag kam mir der Roman von Alice Walker in den Sinn, den ich schon lange wieder einmal lesen wollte. Das habe ich getan, und wie vor Jahren hat mich auch diesmal die Geschichte von Celie in ihren Bann gezogen. Auch den Essayband „Auf der Suche nach den Gärten unserer Mütter/Beim Schreiben der Farbe Lila“, der schon lange in meinem Regal steht, habe ich endlich gelesen. Seither denke ich, überzeugte Feministin, über einen Satz im Vorwort nach: „Womanist (ein Begriff, der für Alice Walker offenbar programmatische Bedeutung hat) ist im Vergleich zu feministisch wie lila zu lavendel.“ Mir gefällt beides.