Rad fahren – CO2 sparen

Soll ich oder soll ich nicht? Diese Frage stelle ich mir, seit vor ein paar Wochen die Erinnerung auf meinem Computer gelandet ist. Denn in den vergangenen Jahren habe ich immer beim Stadtradeln mitgemacht.

Eigentlich eine gut gemeinte und sinnvolle Aktion: Drei Wochen sollen Einwohnerinnen und Einwohner einer Kommune möglichst viele Kilometer mit dem Rad – und damit CO2-frei – zurücklegen. Ziel ist es, möglichst viele Menschen zum Umsteigen aufs Fahrrad im Alltag zu motivieren und dadurch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. „Etwa 7,5 Millionen Tonnen CO2 ließen sich alleine in Deutschland vermeiden, wenn zirka 30 % der Kurzstrecken bis sechs Kilometer in den Innenstädten mit dem Fahrrad statt mit dem Auto gefahren werden“ (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2002, nachzulesen auf der Website Stadtradeln.de).

Wie viele Kilometer die eifrigen Radfahrerinnen und Radfahrer bei der diesjährigen Aktion bereits gefahren sind und wie viel CO2 sie gespart haben, können sie ebenfalls jederzeit auf der Website ablesen: Am 9. Juni um 10.50 Uhr waren es 22.982.648Kilometer und 3.264Tonnen eingespartes CO2.

Doch gut gemeint ist ja bekanntlich das Gegenteil von gut gemacht. Der Teufel steckt wie so oft im Detail. Denn wer das Rad vor allem als Verkehrsmittel nutzt – quasi als Autoersatz, zum Beispiel zum einkaufen oder um zur Arbeit zu fahren –, radelt in der Statistik hoffnungslos hinterher. Weit mehr Kilometer schaffen Radsportler und Tourenradler, die just for fun aufs Rad steigen.

Keine Frage: Das ist ist im Prinzip positiv. Radfahren macht Spaß und belastet die Umwelt nicht zusätzlich (wenn man nicht auf unerlaubten Wegen durch die Natur brettert). Sport- und Tourenradler tun etwas für ihre Fitness und für ihre Gesundheit – aber sie sparen eben kein CO2 ein. Kaum ein Radsportler ersetzt nämlich die Trainingsfahrt mit dem Rad durch eine Fahrt mit dem Auto. Alternativen sind eher lange Läufe oder andere Ausdauersportarten: CO2-Ersparnis durch 50 Trainingskilometer mit dem Fahrrad: keine. Und die vier, die gemeinsam zum 25 km entfernten Biergarten und wieder zurück radeln, ersparen der Umwelt eben nicht rund 38 kg CO2 (Äquivalent für 200 Kilometer mit dem eigenen Pkw), sondern höchstens ein Viertel, weil sie hoffentlich gemeinsam mit einem Auto fahren. Oder gemeinsam wandern und die Tour in einem Café vor Ort ausklingen lassen (CO2-Ersparnis durchs Radfahren: 0).

Einen Bärendienst leisten diejenigen der Umwelt, die irgendwohin fliegen, um dort eifrig Radkilometer zu sammeln. 680 kg CO2 verbraucht eine Person für einen Flug von Düsseldorf nach Mallorca. Um das auszugleichen, müsste er – oder sie – rund 4.800 Kilometer mit dem Rad statt mit dem Auto fahren. Also mindestens von Hannover nach Palma der Mallorca und zurück radeln.

Der langen Rede kurzer Sinn: Es ist eine Milchmännerrechnung, gefahrene Radkilometer mit CO2-Ersparnis gleichzusetzen. Um das zu erkennen, braucht man kein Mathestudium, da genügt, wie Franz Müntefering einst so schön sagte, Volksschule Recklinghausen. Das Hochrechnen der CO2-Ersparnis nutzt niemandem, sondern schadet eher: Es spielt den Klimawandelleugnern in die Hände, die Klimaschützern gerne unterstellen, dass sie mit falschen Zahlen operieren.

Ehrlicher wäre es, zwei Kategorien zu machen: Fahrten mit dem Fahrrad, die Fahrten mit dem Pkw oder anderen Verkehrsmitteln ersetzen und tatsächlich CO2 einsparen, und Fahrten, die einfach nur Spaß machen. Das ist zugegebenermaßen kompliziert. Einfacher wäre es, die CO2-Ersparnis wegzulassen oder sie als mögliche, nicht als tatsächliche Ersparnis zu kennzeichnen. Dazu genügt ein einfacher Konjunktiv. Dann müsste ich mir nicht überlegen, ob ich beim Stadtradeln mitmache.

Wandern im Harz: Auf dem Brocken

Goethe war hier – und hat dem höchsten Berg Norddeutschland im Faust ein literarisches Denkmal gesetzt. Heinrich Heine hat den Brocken ebenfalls bestiegen – und danach die Harzreise verfasst. Ich nehme mir vor nach meiner Wanderung einen Blog zu schreiben (was ich hiermit getan habe).

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Der Brocken fasziniert mich immer wieder: Seit der Berg – zu DDR-Zeiten militärisches Sperrgebiet – im Dezember 1989 wieder geöffnet wurde, war ich sicher ein Dutzend Mal oben. Meist bin ich wie am Sonntag von Torfhaus aus gewandert. Weil ich recht früh unterwegs war, habe ich auf dem Goetheweg nur wenige Menschen getroffen. Und auch auf dem Gipfel war es noch sehr ruhig.

Der Brocken hat für mich eine besondere Bedeutung – nicht nur, weil ich Hexen mag. Ich war auf dem Berg, als mein Vater starb. Am Tag zuvor war ich noch bei ihm gewesen. Fast neun Jahre später nehme ich auf der Wanderung zum Brocken auch ein bisschen Abschied von meiner Mutter. Nein, sie ist nicht gestorben, sie verschwindet nur seit zwei Jahren immer mehr in ihrer Demenz. Es ist ein Abschied auf Raten. Anderthalb Jahre hat sie in einem Heim ganz in meiner Nähe gelebt. Sie hat sich – soweit die Demenz es erlaubt – gut eingelebt und sich wohl gefühlt. Aber meine  Schwestern meinen, dass sie in einem Heim in Norderstedt besser aufgehoben ist – als ich diese Zeilen schreibe, ist sie bereits umgezogen. Ich werde meine Mutter also künftig nicht mehr zwei- oder dreimal in der  Woche, sondern nur noch alle zwei oder drei Wochen einmal besuchen.

Mit dem Wetter habe ich bei all meinen Brockenwanderungen Glück: Das ist bei mehr als 306 Nebel- und mehr als 260 Regentagen keine Selbstverständlichkeit. Es ist mit 8 Grad eher frisch, wenn auch deutlich wärmer als im Jahresdurchschnitt, ziemlich windig und etwas diesig. So zeigt sich das ganze Ausmaß des Waldsterbens zumindest von oben nicht ganz so deutlich. Der tote Silberwald hebt sich nicht ganz so klar vom umgebenden Grün ab – oder umgekehrt.

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Auf dem Brocken: Hexentanzplatz

Auf dem Weg bergab zeigt sich dann, dass der Borkenkäfer ganze Arbeit geleistet hat. Auf dem Teufelsstieg in Richtung Schierke sind stellenweise nur noch wenige grüne Nadelbäume zu sehen.

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Und dennoch deprimiert mich der Anblick weniger als bei meiner Harzwanderung im vergangenen Jahr. Die riesigen grauen Steine und die toten Bäume im Eckerloch wirken fast mystisch – Sinfonie in Grau. Und wenn man genau hinschaut, sieht man, dass zwischen den toten Nadel- neue Laubbäume wachsen. Der Wald lebt – und ist, wenn man den Fachleuten und der Infotafel auf dem Goetheweg glauben darf, artenreicher und stabiler als zuvor. Irgendwann werden wir dem Borkenkäfer also dankbar sein, dass er der dem Tannen- und Fichteneinerlei den Garaus gemacht hat.

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Die Natur schafft das – hoffentlich

Bis wieder alles grün ist, werde ich allerdings nicht warten. Ich plane schon meine nächste Tour zum Brocken: Auf dem Teufelsstieg von Elend aus entlang der Bode über die Schnarcher- und Mauseklipppen und durch das Eckerloch. Dieser Weg soll dem Aufstieg von Mephisto und Faust nachempfunden sein. Und bergab will ich auf Heines Spuren wandern: durch das Tal der schönen Ilse nach Ilsenburg, angeblich der schönste Wanderweg vom und zum Brocken. Und auch in Thale am anderen Ende des Hexenstiegs will ich in diesem Sommer noch wandern: natürlich zum Hexentanzplatz.

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Kaffeepause auf dem Weg zum Tal der Hexen

Fastenbilanz

Jetzt ist sie vorbei, die Fastenzeit. Ja, Ostern auch schon, ich gebe es zu, aber irgendwie habe ich es nicht früher geschafft. Immerhin noch früh genug, Bilanz zu ziehen. Was habe ich durchgehalten, was nicht.

Also, ich habe sechs Wochen lang keine Schokolade und kein Eis gegessen, Letzteres ist mir vor allem an den letzten Tagen vor Ostern schwer gefallen, als ich bei schönem Wetter an der Eisdiele im Hauptbahnhof von Hannover vorbeigekommen bin -nach Franco in Bernkastel die beste Eisdiele, die ich kenne. Am Ostersonntag habe ich mir dort auch gleich ein Eis  gegönnt. Und beim Osterfrühstück in den Herrenhäuser Gärten ein kleines Schokoosterei. Das habe ich mit Andacht gegessen, wie meine Mutter gesagt hätte. Neudeutsch heißt das dann eher achtsam.

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Den Schokohasen, den ich dabei hatte, habe ich wieder mit nach Hause genommen, musste ihn aber dann leider notschlachten, weil er nach dem Ausflug in meinem Fotorucksack ganz platt war.

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Alkohol habe ich in der Fastenzeit an zwei Tagen getrunken (oder waren’s drei? Danke Sabine und Werner, dass ihr mich verführt habt: Es war sehr lecker und hat gut getan).

Mit dem umweltbewussten Leben hat es nicht ganz so gut geklappt – ich war leider nicht so konsequent, wie es sicher nötig wäre. Ich bin wenig Auto gefahren, aber das tue ich ja eigentlich immer. Ich bin lieber mit Öffis, zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Immerhin habe ich keine Einwegflaschen gekauft und meist unverpacktes Obst. Das habe ich dann auch meist in ein mitgebrachtes Netz gesteckt. Nur Obst aus ökologischem Anbau oder fairem Handel zu kaufen, schaffe ich allerdings nicht. Es ist mir bei meinem Obstverbrauch schlichtweg zu teuer, und manches wie Kaffee und Schokolade schmeckt mir unökologisch einfach besser. Bei anderen Lebensmitteln wie Eiern oder Kartoffeln ist es dagegen umgekehrt.

Aufschlussreich war der Blick auf die Mikroplastik-Liste: Mein Make-up, also Lippenstift, Eyliner und Co, ist garantiert mikroplastikfrei – benutze nämlich keine. Die meisten Duschgels und Haarwaschmittel habe ich dagegen auf der Liste entdeckt. Ich werde sie noch aufbrauchen und  ersetzen, wenn ich beim nächsten Mal – dann mit App oder Liste – einkaufen gehe. An Stückseife fürs Haarewaschen kann ich mich nicht gewöhnen, denn ich bin ein Duftfreak.

Das Konsum-Fasten ist mir dagegen nicht schwer gefallen, denn ich bin sicherlich kein Shopping-Freak: Ich kaufe recht wenig neue Sachen – Ausnahme Bücher, und die auch immer öfter Secondhand – und trage meine Klamotten meist jahrelang. Künftig werde ich noch mehr darauf achten, wo die Dinge herkommen.

Was noch positiv war: ich habe in den letzten Wochen viel weniger ferngesehen als sonst und es eigentlich kaum vermisst. Das will und werde ich auf jeden Fall beibehalten und dann vielleicht öfter Zeit zum Bloggen, zum Lesen oder zum Schreiben finden.

Zugegeben: Die Welt rette ich so sicher nicht, aber irgendwo muss frau ja anfangen. Und wie heißt es so schön: Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

Fasten nicht nur fürs Klima

Gestern hat sie wieder begonnen, die Fastenzeit. Mit der Kirche habe ich im Alltag zwar wenig im Sinn, trotzdem will ich dem alten kirchlichen Brauch folgen und in den sechseinhalb Wochen bis Ostern fasten –  also auf Dinge ganz verzichten oder den Konsum zumindest einschränken.

Das nehmen sich immer mehr Menschen vor. Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage von DAK und Forsa halten 63 Prozent der Befragten einen mehrwöchigen Verzicht auf ein bestimmtes Genussmittel oder Konsumgut für sinnvoll, bei einer ähnlichen Forsa-Umfrage im Jahr 2012 waren es nur 53 Prozent.

73 Prozent der Fastenfans könnten – oder wollen? – laut DAK auf Alkohol verzichten, 67 Prozent auf Schokolade und Bonbons. Die Bereitschaft zum Handy- und Computerfasten wuchs im Vergleich zur Vorjahresbefragung von 21 auf 29 Prozent, die zum Verzicht auf das Auto von 15 auf 20 Prozent. Die traditionelle Enthaltung beim Fleischverzehr könnten sich 46 Prozent der Befragten vorstellen.

Meine eigenen Verzichtideen sind also nicht besonders Originell: Alkohol ist überhaupt kein Problem, weil ich sehr wenig Alkohol trinke; Schokolade, Eis und Salzstangen fallen mir schon schwererer. Der Verzicht auf Handy und Computer ist schon aus beruflichen Gründen nicht machbar. Und ohne Kaffee geht gar nichts; das kommt also nicht infrage.

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Rosenmontagszug in Mainz, Wagen Nr. 67: Zum Kotzen.                             Foto: Peter Zschunke

Seit ich am Rosenmontag den Tweet eines Studienfreunds aus Mainz vom Umzugswagen mit der kotzenden Erde gesehen habe (Peter Zschunke‏ @pedromiramis), denke ich über Plastikfasten nach – und überhaupt in der Fastenzeit möglichst umweltbewusst zu leben. Also beispielsweise kein abgepacktes Obst und keine Einwegflaschen mehr kaufen. Auch auf meine Lieblingsjoghurtsorten (Natur und Ananas), die es nur in Plastikbechern gibt, muss ich verzichten. Es wird nicht leicht, das ahne ich, denn noch während ich darüber nachdenke, habe ich den guten Vorsatz schon zum ersten Mal gebrochen. Weil ich nicht zu Hause bin, habe ich die erste Tasse Morgenkaffee nicht wie gewohnt aufgebrüht, sondern habe eine dieser praktischen Mini-Kaffeetüten benutzt – und unnötigen Verpackungsmüll produziert. Kein optimaler Start also.

Bei der Recherche für diesen Blogbeitrag bin ich dann auf die gemeinsame Fastenaktion für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit 2019  gestoßen, an der sich elf evangelische Landeskirchen und drei katholische Bistümer beteiligen.  Jan Christensen, Umweltpastor  der Nordkirchen, ruft dazu auf, den Klimaschutz in den Mittelpunkt der eigenen Fastenzeit zu stellen und eine klimafreundliche Lebensweise auszuprobieren! Jede Woche steht unter einem anderen Motto: Achtsam essen, beispielsweise, fairer Konsum und anders unterwegs beispielsweise. Die sechste Woche ist dann (möglichst) plastikfrei. Das klingt gut. Die Aktion gefällt mir und ich werde mitmachen – und vielleicht trotzdem noch auf Schokolade, Eis und Alkohol verzichten.

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Foto: Steffen Hummel

Zum Einstieg, in der ersten Woche, geht es um Zeit für sich selbst und die Mitgeschöpfe, Routinen des Alltags zu hinterfragen, zu entschleunigen. Denn laut Website heißt Fasten auch „innehalten und zur Ruhe kommen.“ Das passt gut, denn in dieser Woche habe ich keine Redaktions- und Abgabetermine. Ich soll, so Empfehlungen in der Aktions-Broschüre, meine Sinne schärfen, dem Alltäglichen mehr Aufmerksamkeit schenken und einen anderen Blickwinkel auf meine Umgebung und meine Mitmenschen suchen. Ein Tagebuch, um meine Gedanken und Ideen festzuhalten, habe ich auf jeden Fall schon mal zur Hand – und das passende Tischset liegt zufällig vor mir, während ich diese Zeilen schreibe. Carpe diem steht darauf, also nutze oder besser genieße den Tag, wie der römische Dichter Horaz in seiner Ode An Leukonoë empfahl.

Mehr über die Aktion, eine Broschüre und andere Materialien zum Download gibt es unter

http://www.klimaschutz-ekvw.de/klimafasten/einladung/

http://www.klimaschutz-ekvw.de/klimafasten/downloads-und-druckdateien/

Kunst am See

Zugegeben, der Würmsee ist kein wirklicher See, eher ein Teich oder auch nur ein flacher Tümpel. Früher war er angeblich so tief, dass  die Kinder darin schwimmen lernen konnten. Das hat mir zumindest ein Paar erzählt, das aus der Gegend stammt und das ich gestern zufällig am See getroffen habe. Ich erinnere mich daran, dass es in den ersten Jahren, als ich hier war, noch einen Tretbootverleih gab und dass wir im Winter auf dem See Schlittschuh gelaufen sind. Ich habe das Eislaufen hier erst gelernt.

Entstanden ist der Würmsee durch den Torfabbau und weil er – anders als die Moorseen in der Umgebung – permanent Wasser verliert, ist er fast verlandet. Nur weil regelmäßig Grundwasser nachgepumpt wird, ist er jetzt wieder das, was er früher war: ein beliebtes Naherholungsgebiet nicht nur für Leute aus Burgwedel, sondern auch für Leute aus den umliegenden Orten.

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Der Torffresser erinnert daran, wie der See entstanden ist: durch den Torfabbau.

Auch ich war jahrelang gar nicht mehr am Würmsee – aber seit ich ihn vor zwei Jahren zufällig wiederentdeckt habe, fahre ich oft mit dem Fahrrad hin. Meist gehe ein oder zwei Runden um den See, tanke die Portion Wasserblick, die ich für mein Wohlbefinden brauche, und fahre wieder nach Hause. Wenn die Wege matschig sind, begnüge ich mich mit einem Blick auf den See. Und so habe ich erst jetzt entdeckt, was sich hier in den letzten Wochen getan hat. Um den See entsteht der „Erlebnispfad Würmsee“ mit acht Stationen. Die ersten vom Atelier LandArt entworfenen Stationen  machen Lust auf mehr.

Gut, mit den riesigen Vogelnestern, die wie auf Stelzen aus dem flachen Wasser ragen, kann ich nicht so viel anfangen. Vielleicht nehmen ja die Vögel sie in Beschlag, die hier am See wohnen. Die knallig roten Torffresser sind dagegen ein wunderschöner Farbklecks an diesem eher grauen Spätwintertag. Ich bin gespannt, wie sie aussehen, wenn um sie herum alles grün ist.

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(Sozialer) Wohnungsbau für Vögel

Wirklich gut gefällt mir die Stahlrohr-Hütte zwischen den Kiefern, Erinnerung daran, dass am See nach dem Krieg Flüchtlinge einquartiert wurden (ja, wir schaffen das).

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Damals waren die Bauvorschriften offenbar noch nicht so strikt und die Standards eher einfach.

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Und die Stege am See sind einfach toll. Auf ihnen oder in der Stahlrohr-Hütte werde ich sicher manches Mal sitzen, wenn es ein bisschen wärmer ist. Kunst zum Anfassen, zum Nutzen. Ich bin gespannt auf die nächsten Kunstwerke, die bis zum Sommer hier entstehen.

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Sommersitz

Guter Mond …

Heute Morgen hatte ich einen Logenplatz. Während mein Mann – wie es sich für den Vorsitzenden des Vereins Sternwarte Sankt Andreasberg gehört – die Mondfinsternis bei frostigen minus 10 Grad im Harz gemeinsam mit einigen Vorstandskollegen, einem Kamerateam und mehr als 50 Teilzeit-Mondbewunderern beobachtete, saß ich gemütlich in meinem Bett. Mit einer Tasse Kaffee in der Hand sah ich aus dem Fenster, wie aus dem Vollmond allmählich eine Sichel wurde und dann im Kernschatten der Erde als sogenannter Blutmond sichtbar wurde. Der schien genau genommen nur wirklich rot, wenn ich durch meine Kamera schaute, womit wieder einmal bewiesen wäre, was schon Antoine de Saint Exuperys kleiner Prinz wusste: Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar. Ob allerdings die Kamera es erfasst, erscheint mir fraglich.

Den Mofi-Logenplatz habe ich mir redlich verdient: Schließlich bin ich der wahre Mondfan in der Familie. Ich mag den Mond nicht nur, wenn er sich wie heute oder bei der Mondfinsternis im Sommer spektakulär verhüllt. Ich nehme ihn so, wie er gerade ist: zu- und abnehmend, voll oder neu. Und ich verteidige ihn jedesmal heroisch, wenn mein Mann und andere Amateur-Astronomen ihn als Lichtsau. und Schlimmeres beschimpfen, nur weil er ihrer Meinung nach zu hell scheint und ihnen an manchen Tagen den Blick auf die Sterne erschwert.

Ihnen sei ein für allemal gesagt: Der Mond hat die älteren Rechte, er war schon da, bevor Ihr überhaupt das Teleskop erfunden habt. Und unsere Vorfahren waren dankbar, wenn er ihnen in dunklen Nächten ein bisschen Licht spendete. Das Verschwinden des Mondes, heute ein Medienspektakel, machte ihnen eher Angst. So fürchteten die alten Chinesen, dass ein Drache den Mond verschlingt, bei den Wikingern war‘s angeblich ein Wolf. Der rote Mond galt früher als schlechtes Omen.

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Roter Mond, großer Auftritt – Mondfinsternis mit Teleskop und Profi-Kamera in Andreasberg … (Foto Utz Schmidtko)

Ich tue mein Bestes, um die kollektive Missachtung durch die Amateur-Astronomen von heute wieder gut zu machen. Ich versuche, den Mond positiv zu stimmen, indem ich ihm Gedichte vorsage oder gelegentlich ein Lied vorsumme – guter Mond, du gehst so stille, beispielsweise, oder die Mondnacht von Joseph von Eichendorff.

Auswahl gibt’s genug. Denn Dichter und Schriftsteller haben den Mond zu allen Zeiten geschätzt – und ihn immer wieder besungen. Vielleicht ist die Mondkarte beim Tarot deshalb eine gute Karte für Schriftsteller und Künstler: Sie verheißt ihnen Glück und Inspiration.

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… und das Ende der Finsternis in  Burgwedel

Mich hat der Mond, der längst wieder aus dem Schatten der Erde hervorgekommen ist, zwar nicht zu großen Werken, aber immerhin zu diesem Blogbeitrag inspiriert, den ich statt meiner üblichen Morgenseiten geschrieben habe. Das hat sich der Mond, finde ich, redlich verdient.

Natur-, Kunst- und andere Welten

Kurz vor Jahresende Museumsbesuch Nummer drei auf meiner Hannover-Museums-Liste: das Landesmuseum am Maschsee, das sich auch Weltenmuseum nennt. Drei sogenannte Welten gibt es hier zu sehen: Natur-, Kunst- und Menschenwelten.

Der Auftakt war recht verheißungsvoll: In den NaturWelten kann man lebende Tiere – angeblich  3.350 – und die dazu passenden naturkundlichen Exponate bewundern. Mehr als 200 Tierarten aus unterschiedlichen Lebensräumen – von der kühlen Nordsee bis zur tropischen Südsee – sollen es allein in den Aquarien der Wasserwelt sein. Am besten gefallen mir die bunten Neonsalmler. Die mochte ich schon, als unsere Tochter vor gut zwei Jahrzehnten ihr erstes Aquarium bekam. Die grimmig blickenden Piranhas und die Terrarien mit lebenden Bewohnern des Dschungels sind dagegen nicht mein Ding.

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Lebendiges Museum: leuchtende Neons …
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… und grimmige Piranhas

In den KunstWelten im Obergeschoss führt der Rundgang durch etwa 600 Jahre europäische Kunstgeschichte: von mittelalterlichen Altarbildern bis zu den Im- und frühen Expressionisten. Doch ich kann mit Rubens, Rembrandt, Brueghel und Co wenig anfangen und mit den Bildern von Slevoigt, Beckmann, Corinth oder Paula Modersohn-Becker – den modernsten der Ausstellung – tue ich mich ebenfalls schwer. Eigentlich gefallen mir nur zwei Bilder wirklich: die „Dame im Pelzmantel“ von Lovis Corinth und  Paul Signacs „St. Maria della salute in Venedig“.

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Kunst im Treppenhaus

Die Menschenwelten spare ich mir für meinen nächsten Besuch – dank Musehumscard kann ich Kunst und andere Ausstellungen ja häppchenweise genießen. Dann werde ich mir auch wie die ältesten außerirdischen Objekte des Museums, die angeblich 4.000.000.000 Jahre alten Gibeon-Meteorite, und den vergleichsweise jungen, gerade mal 100.000 Jahre alten Mammutzahn ansehen. Vielleicht ist dann auch Platz im Museumscafé, das zwar gemütlich, aber klein und bis auf den letzten Platz besetzt war.

Wandern im Harz: Hexenstieg Teil I

Irgendwann, im nächsten Jahr wahrscheinlich, will ich in den Alpen wandern bzw. sie – in mehreren Etappen – zu Fuß überqueren. Deshalb habe ich mir vor ein paar Wochen neue Wanderschuhe gekauft, die auch für Bergwanderungen geeignet sind. Natürlich müssen sie eingelaufen werden und auch ich muss trainieren, damit die Tour eine Alpentour und keine Alptour wird.

Was liegt näher, als im Harz anzufangen, und zwar – als bekennende Hexe – mit dem Hexenstieg. Der führt von Osterode nach Thale und ist rund 100 km lang. Weil es organisatorisch besser passt, beginne  ich mit der zweiten Etappe von Altenau nach Torfhaus. Von dort soll es dann demnächst weitergehen – über den Brocken nach Schierke.

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Im Harz gibt’s nicht nur Hexen, sondern viele andere Sagengestalten, hier Frau Holle.

 

Ich wandere alleine, nur von Bevana begleitet. Mein Mann bringt mich auf dem Weg zu seiner Sternwarte nach Altenau. Wir finden den Einstieg beim Grabenhaus Rose, obwohl weder das Navi noch die meisten Leute in Altenau das ehemalige Wasserwerk kennen. Dabei versorgte es das Städtchen bis vor einigen Jahren mit Trinkwasser. Allen, die irgendwann diese Etappe wandern wollen, sei es gesagt: Das Grabenhaus Rose liegt hoch über Altenau, kurz hinter dem Friedhof. Vom Parkplatz an der B 498 sind es noch etwa 500 m bis zum Dammgraben – und zum Hexenstieg.

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Gut beschildert: der Einstieg in den Hexenstieg am Grabenhaus Rose.

Hier gibt es viele Hinweisschilder und Markierungen, auf der Strecke geizt man  damit. An Kreuzungen und Abzweigungen suche ich oft vergeblich nach einem Zeichen, wo es weitergeht. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: auf den ersten Kilometern immer am Dammgraben entlang. Problematisch wird’s, als der Dammgraben zum Nabetaler Graben wird. Der Abschnitt vom Nabetaler Wasserfall bis nach Torfhaus ist nämlich gesperrt und weil der Pfad nicht durch Bäume blockiert, sondern abgebrochen war, traute ich mich nicht weiter.

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Hier ist Schluss. Zu Fuß geht’s am Nabetaler Wasserfall nicht weiter.

Die ausgeschilderte Umleitung führt über einen ziemlich langweiligen Wirtschaftsweg, ist schlecht ausgeschildert und viel länger als der eigentliche Weg. Gefühlt Stunden später, nachdem ich das Schild „Torfhaus 3 km“ passiert hatte, hatte ich an der Straße zwischen Altenau und Torfhaus ein deja vue: „Torfhaus 3 Kilometer“, steht auch hier auf einem Wegweiser.

Höllenritt am Hexenstieg

Die Passage, die dann folgt, ist eigentlich so, wie ich sie liebe: ein schmaler, natürlicher Pfad, keine breite befestigte Wanderautobahn. Leider läuft der Weg parallel zur L 504, auf der am Sonnabend die Hölle los, sprich sehr viel Verkehr ist. Um die „Steile Wand“ zumindest von oben zu sehen, hätte ich die vielbefahrene Straße überqueren müssen – am Himmelfahrtswochenende angesichts der vielen Raser auf vier und zwei Rädern ein Himmelfahrtskommando, auf das ich lieber verzichte. Selbst auf dem Wanderweg bin ich nicht ganz sicher. Denn bei meinem Aufstieg Richtung Torfhaus kommen mir auf dem Trampelpfad einige Mountainbikefahrer entgegen, die sich ebenso halsbrecherisch ins Tal stürzen wie ihre motorisierten Kollegen. Ich habe zwar eigentlich keine Lust, jedes Mal auszuweichen, aber die Klügere gibt ja bekanntlich nach.

 

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Nein, ich will keine Harzer Wandernadel. Aber einen Hexenstempel in meinem Tagebuch.

Apropos klüger. Hinterher ist man das meist: Ich hätte mich nicht auf meinen Wanderführer verlassen, sondern mich vorab im Internet informieren sollen. Immerhin hatte ich eine Karte dabei. Und so entdeckte ich kurz vor Torfhaus, der höchst gelegenen Siedlung im Harz, eine Abkürzung zu meinem eigentlichen Etappenziel, die Sternwarte in Sankt Andreasberg.

Tote Bäume, kaputte Wege

Andreasberg liegt auf der Südumgehung des Brockens, der Hexenstieg führt am Oderteich vorbei.

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Idyllisch: der Oderteich.

Der Bohlenweg ist in einem beklagenswerten Zustand: Umgestürzte Bäume haben die Planken teilweise unter sich begraben und versperren den Weg. Noch trauriger ist der Zustand des Waldes. Viele Bäume sind vom Borkenkäfer befallen und abgestorben, die Winterstürme hatten leichtes Spiel und haben viele Baumriesen entwurzelt. Zwischen den Baumgerippen  zu wandern, hatte etwas Gespenstisches. Bis es hier wieder richtig grün ist, werden einige Jahre vergehen. Und so war ich froh, als ich nach fast fünf Stunden die Sternwarte erreichte.

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Frei nach Joseph Freiherr von Eichendorff: Wer hat dich, du schöner Wald,  so fürchterlich zerstört? Der Borkenkäfer war’s. Doch auch die Menschen haben ihr Teil dazu beigetragen.

Fazit

Meine Wanderschuhe haben den Test bestanden, meine Trinkflasche und mein Rucksack dagegen nicht. Meine Trinkflasche ist schon im Auto halb ausgelaufen; ich habe sie direkt am Start durch eine Pfandflasche ersetzt. Das gleiche Schicksal wird mein Wanderrucksack erleiden, denn leider fällt die Trinkflasche aus der Seitentasche heraus. Zum Trinken immer den Rucksack absetzen und öffnen zu müssen, ist nicht besonders komfortabel. Mein Knie hat gehalten, auch wenn ich ihm am nächsten Tag eine Pause gönnte und statt auf den Brocken nur auf den Sonnenberg gegangen bin.

Ich werde den Hexenstieg weiter wandern, auch wenn vor allem im Nationalpark Harz derzeit viele Strecken schwer begehbar oder sogar ganz gesperrt sind. Denn es gibt, Borkenkäfern, Stürmen und saurem Regen zum Trotz, noch viele schöne Stellen.

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Auf dem Sonnenberg über Sankt Andreasberg.

Doch vor den nächsten Etappen werde ich mich besser informieren. Infos gibt es beispielsweise auf der Website

http://www.harz-wanderkarten.de/harz-meldungen.php

Platzverweis für Efeu und Giersch

Am vergangenen Wochenende, dem ersten Frühlingswochenende in diesem Jahr, habe ich endlich mal wieder im Garten gearbeitet. Es war höchste Zeit. Giersch und Efeu haben meine mehrmonatige wetter- und winterbedingte Gartenabstinenz ausgenutzt, um sich überall breitzumachen.

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Einnehmende (Pflanzen) Wesen.

Natürlich weiß ich, dass Giersch inzwischen in Nobelrestaurants gerne als Salat serviert und dass Efeu schon seit der Antike als Heilmittel eingesetzt wird. Doch leider konnte ich noch kein Restaurant als Abnehmer gewinnen – die haben wahrscheinlich alle selbst genug Giersch im Garten. Und weil ich nur selten krank bin, brauche ich Efeu höchstens in homöopathischen Dosen.

Deshalb gelten für Giersch und Efeu in unserem Garten eigentlich klare Regeln: Sie dürfen an allen Zäunen hochranken und auch den schmalen Streifen hinter der Gartenhütte besetzen. Beete, Rasen und die Hauswand sind dagegen für sie tabu. Wenn ich sie dort erwische, erteile ich Platzverweise – sprich, ich reiße sie aus.

Nun bin ich ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob sie die Regel wirklich verstanden haben. Aber obwohl ich ausdrücklich begrüße, dass der DFB in der vergangenen Woche die Gelb-Rot-Sperre gegen den Freiburger Bundesligaspieler Niels Petersen aufgehoben hat, weil er die erste gelbe Karte nicht gesehen hatte, bleibe ich hart und setze das Platzverbot um.

Das mag inkonsequent sein, aber Konsequenz ist ohnehin nicht meine Stärke. Andere Gartenbesitzer, die erfahrener und erfolgreicher sind als ich, sind im Kampf gegen Efeu und/oder Giersch im Übrigen viel rigoroser. Ein Gärtner-Paar hat den Efeu ganz aus seinem Garten verbannt und eine Bekannte greift gelegentlich zur chemischen Keule, um den Giersch loszuwerden. Das tue ich nicht, ich kämpfe ehrlich, Frau gegen Giersch und Efeu, nur mit meinen Händen, Schippe und Spaten gegen das Wurzelwerk. Allein gegen die Übermacht.

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Wo letzte Woche noch Giersch und Efeu wucherten, ist jetzt Platz für Neues, für Veilchen …

 

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… und Bärlauch beispielsweise.

Der Efeu nimmt übrigens den von mir angebotenen Rückzugsort Zaun dankend an, der Giersch erweist sich dagegen als sehr erdverbunden und traut sich offenbar nicht in höhere Gefilde. Um ihm den neuen Lebensraum schmackhaft zu machen, habe ich ihm sogar eine Zeile aus dem Gedicht von Jan Wagner vorgelesen, in der es heißt dass der Giersch „bis hoch zum giebel kriecht“. Mehr Lyrik sollte es dann allerdings nicht sein, denn schließlich will ich den Giersch nicht auf dumme Gedanken bringen. Denn er ist, um mit Jan Wagner zu sprechen, „nicht zu unterschätzen, der Giersch“.

Alle, die meinen, dass ich übertreibe, können Jan Wagners Gedicht nachlesen unter

http://www.lyrikwelt.de/gedichte/wagnerjang5.htm

Von Schmetterlingen und ungeahnten Effekten

Gibt es ein unpassenderes Wort in der deutschen Sprache als Schmetterling? Sich das Leben nehmen vielleicht, wenn man das Leben eben nicht (an)nimmt, sondern nicht mehr leben will, sein Leben weggibt wie ein altes Kleidungsstück, das nicht mehr passt oder dessen man einfach überdrüssig geworden ist. Doch das ist ein anderes Thema.

Schmetterlinge also. Einem Schmettern gleicht der Flügelschlag dieser filigranen Wesen kaum. Davon kann man sich derzeit in den Herrenhäuser Gärten in Hannover überzeugen. Dort flattern bis Mitte März etwa 1000 Schmetterlinge im Tropenhaus – bei durchaus frühlingshaften 24 Grad. Die meisten kommen aus Costa Rica, Malaysia, Thailand und von den Philippinen, einige auch aus Afrika, wo sie in speziellen Farmen gezüchtet wurden.

Neben Schmetterlingen sind im Tropenhaus ausnahmsweise auch einmal nimmersatte Raupen gern gesehen. Sie dürfen ihren Hunger unter anderem an eigens für sie gepflanzten Bananen- und Zitruspflanzen, Pfeffergewächsen und Passionsblumen stillen. Die Schmetterlinge bevorzugen dagegen Pflanzen mit leuchtend bunten Blüten voller Nektar und Pollen, beispielsweise den Stern von Ägypten oder das Flammende Käthchen. Oder sie laben sich an Futterstationen mit reifem Obst.

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Gemeinsam schmeckt’s besser – an einer Futterstation

Mit Milchprodukten haben Schmetterlinge dagegen nichts am Hut. Dabei verdanken sie denen vielleicht sogar ihren Namen. Denn der wird angeblich vom ostmitteldeutschen Wort Schmetten abgeleitet. Das bedeutet Sahne. Einem alten Volksglauben nach verwandelten sich nämlich Hexen in Schmetterlinge und stahlen Sahne und andere Milchprodukte. Vielleicht fühle ich mich den Schmetterlingen deshalb so verbunden.

Im Berggarten sind derzeit rund 60 verschiedene Schmetterlingsarten zu Gast – manche fast so groß wie ein Handteller, andere so klein, wie wir es von den heimischen Schmetterlingen gewohnt sind. Und während beispielsweise die Bananenfalter stundenlang reglos an einer Stelle verharren …,

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Bananenfalter

 

…  scheint der Himmelsfalter oder Blaue Morphofalter (Morpho peleides) pausenlos durch die Luft zu flattern. Vergeblich versuche ich, einen an einer Blüte oder auf einer der vielen Futterstationen zu fotografieren. Vielleicht, das merke ich erst später, habe ich ihn aber nur nicht erkannt. Denn nur die Flügelinnenseiten schillern blau – und die sind eben nur im Flug zu sehen. Bei meinem nächsten Besuch werde ich genauer auf ihn achten.

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Himmelsfalter doppelt – Paarung im Flug?

Die Ausstellung „Gaukler der Tropen – Schmetterlinge im Berggarten“ ist noch bis zum 18. März zusehen. Viele Falter werden das Ende nicht mehr erleben. Denn die meisten leben nur zwei bis vier Wochen.

Übrigens:

Laut Edward Lorenz, dem Vater der Chaostheorie und Entdecker des sogenannten Schmetterlingseffekts, kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Shanghai einen Wirbelsturm in New York auslösen. Zumindest theoretisch. Womit wissenschaftlich bewiesen wäre, was wir schon lange wussten: Kleine Ursachen haben oft große Auswirkungen. Und vielleicht haben die Schmetterlinge in Hannover ja wirklich das politische Erdbeben ausgelöst, das derzeit die SPD erschüttert und niederschmettert. Dann wäre der Name doch nicht so unpassend, wie er auf den ersten Blick scheint.

Mehr über die Ausstellung Gaukler der Tropen: Herrenhäuser Gärten, Herrenhäuser Straße 4, 30419 Hannover, Infotelefon (0511) 168-34000, www.herrenhausen.de