Ganz in Weiß …

…  präsentiert sich unser Garten nicht, aber Weiß ist derzeit doch die dominierende Blütenfarbe.

Geplant war das nicht, denn ich mag weiße Blumen nicht besonders. Außerdem kommt es mir eher auf den Duft und auf den Geschmack an als aufs Aussehen. Wichtig ist bei der Auswahl auch, dass die Pflanzen im Schatten gedeihen. Denn Sonnenplätze sind in unseren Beeten rar – und die meisten sind schon besetzt.

Dem Waldmeister macht es nichts aus, im Schatten zu stehen, im Gegenteil: Er breitet sich immer weiter aus.

Ich freue mich darüber, denn ich mag den Geruch. Seit ich bei einem Kräuteressen erfahren habe, dass nur getrocknete Pflanzen intensiv duften, pflücke ich sie und verteile Blüten und Blätter in Glasschalen überall im Haus. Dem Geschmack kann ich indes nichts abgewinnen – weder als Bowle noch als Waldmeister-Wackelpudding, der bei meinem Mann Kindheitserinnerungen weckt.

Anders als der Waldmeister tun sich die Maiglöckchen in unserem Garten schwer: Ich habe mehrere Anläufe gebraucht, um sie überhaupt in unserem Garten anzusiedeln. Ich habe keine Ahnung, woran es liegt – an den Genen sicher nicht: Denn ich habe die Pflanzen mitsamt Wurzeln im Garten meiner Mutter und im Nachbargarten ausgegraben. Dort standen sie dicht an dicht und breiteten sich, wie es ihre Art ist, ungehemmt aus. Das tun die Maiglöckchen in unserem Garten nicht – im Gegenteil: Sie führen leider eher ein Einzelgängerdasein, obwohl der Standort – halbschattig, unter Sträuchern und Gehölzen – eigentlich stimmt. Doch vielleicht nehmen sie sich ein Beispiel am Waldmeister in der Nachbarschaft. Oder am Dolden-Milchstern, den ich wohl mit den Maiglöckchen importiert habe. Es würde mich freuen.

Wenn die Maiglöckchen blühen, ist die Zeit des Bärlauchs bald vorbei. Die Blätter beider Pflanzen ähneln sich, aber anders als Maiglöckchen ist Bärlauch nicht giftig. Allerdings darf oder soll man seine Blätter nicht mehr verarbeiten, wenn der Bärlauch blüht. In diesem Jahr habe ich es immerhin zweimal geschafft, die Bärlauchblätter zu verarbeiten. Fortsetzung folgt, im nächsten Jahr.

Die Erdbeeren – egal ob Wald- oder Garten – werden wir gewiss alle verarbeiten, sprich: aufessen.

Die Apfelbeeren überlassen wir dagegen weiter den Vögeln, schließlich haben wir den Strauch extra gepflanzt, weil sie die schwarzen Beeren sehr gerne mögen. Bei Menschen waren sie hierzulande weniger beliebt; inzwischen werden die Aroniabeeren, wie sie auch heißen, jedoch als eine Art Superfood angepriesen. Sie enthalten viel Vitamin C, sollen das Immunsystem stärken, antioxidativ und blutdrucksenkend wirken und sogar vor Krebs schützen. Doch bewiesen ist dies laut Verbraucherzentrale nicht.

„Der Verzehr kleiner Mengen frischer oder getrockneter verarbeiteter Aroniabeeren sowie von Saft und Marmelade ist gesundheitlich unbedenklich und kann zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung beitragen“, heißt es auf der Website der Verbraucherzentrale https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/trendbeere-aronia-7899. Allzu viele der schwarzen Beeren sollte man laut Verbraucherzentrale allerdings nicht essen. „In den Kernen der Aroniabeere sind geringe Mengen an Amygdalin enthalten, welches im Körper giftige Blausäure freisetzen kann.“ Mehr als kleine Mengen trägt der Strauch ohnehin nicht, und außerdem sind die Vögel meist schneller. Ihnen schaden die Beeren offenbar nicht – oder sie wissen besser als wir Menschen, wie viel sie zu sich nehmen dürfen.

Anders als die Aroniabeeren  galt Beinwell schon in der Antike als Heilpflanze. Auch Äbtissin Hildegard von Bingen und der Schweizer Arzt und Allchemist Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus, setzten Beinwell ein, um Knochenschäden, Wunden und Geschwüre zu heilen. Letzteres sollte man besser nicht tun, weil Beinwell schädliche Alkaloide enthält. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfiehlt daher, Beinwell äußerlich nur bei intakter Haut anzuwenden, innerlich gar nicht. Umschläge mit Beinwell sollen bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen helfen. „Schwellungen gehen zurück, Schmerzen werden beseitigt“, beschreibt Apotheker M. Pahlow im großen Buch der Heilpflanzen. Genau das, was mein Knie braucht.

Ich werde also Pahlows Rezept befolgen, Beinwellwurzeln ausgraben und daraus einen Auszug bereiten. Vielleicht tun die warmen Umschläge meinem Knie ja gut. Einen Versuch ist es wert – und an Beinwell mangelt es in unserem Garten nicht: Er breitet sich überall aus.

Von Un- und anderen Kräutern

Böse Zungen behaupten, dass bei mir nur die Pflanzen überleben, die auch den härtesten Bedingungen trotzen, die also auch ohne (meine) Pflege überleben würden. Wie jedes gute Gerücht hat auch dieses einen wahren Kern. Dass ich keinen grünen Daumen und kein gutes Gedächtnis für Pflanzen habe, ist kein Geheimnis.

Trotz meiner anerkannten Florasthenie ist unser Garten keineswegs öd und leer. Das liegt sicher auch daran, dass ich – meine Grün-Schwäche kennend – überwiegend Pflanzen kaufe und ansiedle, die robust sind und schnell heimisch werden. Waldmeister zum Beispiel oder auch Bärlauch, die nicht nur in der wilden Ecke am Teich, sondern auch  im Schatten des Apfelbaums gut gedeihen. Auch andere Kräuter – z. B. Minze (mindestens vier verschiedene Arten), Salbei (drei Arten), Zitronenmelisse, -thymian und -verbene – fühlen sich bei mir sehr wohl. Das ist gut so, denn die Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Ich liebe duftende Kräuter. Und Rauke habe ich zum (Fr)Essen gern.

Bärlauch ...
Bitte nicht verwechseln: Bärlauch …

Außerdem habe ich ein Faible für Wiesen- und Feldblumen, die in meiner Kindheit überall gewachsen sind und teilweise als Unkraut galten: Maiglöckchen, Mohn, Fingerhut, Glockenblumen, Akelei und Stockrosen sind bei mir willkommen und dürfen sich  ausbreiten.

… und Maiglöckchen

Dreimasterblumen, Topinambur, Bergastern und Beinwell weise ich dagegen wegen ihres einnehmenden Wesens gelegentlich in die Schranken – sprich, ich reiße sie aus, wenn sie alle Pflanzen neben sich zu überwuchern drohen. Das tue ich nicht gerne, denn ich mag ihre Blüten. Und Grenzen zu ziehen fällt mir auch im richtigen Leben nicht leicht. Aber vielleicht lerne ich im Garten ja etwas fürs Leben.

Gespannt bin ich, was demnächst in dem Beet am Zaun wächst: Dort werde ich, wenn mit der kalten Sophie die letzte Eisheilige vorbei ist, Samen von 30 Blumensorten aussäen, die gerne von Bienen angeflogen werden. Ob ich damit die Bienen rette, weiß ich nicht. Für alle Fälle habe ich für sie  und andere Insekten ein kleines Hotel eröffnet – mit Blick aufs Wasser

Ich habe zwar keinen grünen Daumen, aber ein blindes Huhn findet ja bekanntlich auch gelegentlich ein Korn. Und so bin ich stolz auf einige Pflanzen wie Rittersporn oder Pfingstrosen,  die eher als Diven gelten. Die Pfingstrosen blühen in diesem Jahr zum ersten Mal, sie duften aber leider nicht. Das ist bei meiner Lieblingsrose anders: Rhapsody in Blue hat meine Schnittversuche offenbar überstanden und sehr viele Knospen. In einigen Wochen wird sie duften und blühen – allerdings  nicht blau, sondern in meine Lieblingsfarbe lila.

Pfingstrosen und Rosen

Garten(er)kenntnisse

Eben habe ich beim Yoga auf der Terrasse – ja zum ersten Mal in diesem Jahr – Pflänzchen entdeckt, die ich gestern, als ich im Beet daneben gearbeitet habe, übersehen habe. Überall zwischen den Steinen sprießt, neben Gras und anderen eher unerwünschten Pflanzen, Ruccola. Die jungen Blätter schmecken so intensiv, dass schon ganz wenige morgen dem Salat eine ganz besondere Note verleihen werden (heute gibt’s Spargel, auch zum ersten Mal in diesem Jahr).

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Zarte Pflänzchen in der Morgensonne

Es ist nicht die einzige Pflanze, die ich quasi durch Zufall wiederentdeckt habe: an den Veilchen, zum Beispiel, die mir im letzten Jahr Bekannte aus dem Harz mitgegeben haben, bin ich in den letzten Tagen immer achtlos vorbei gegangen. Immerhin zwei haben also den Winter oder meine gärtnerischen Bemühungen überstanden. Und als ich gestern einen Platz für die in den Herrenhäuser Gärten gekauften Narzissen suchte, habe ich auch eine Blume gefunden, die ich schon verloren glaubte: die Maiglöckchen, die ich in den vergangenen Jahren aus verschiedenen anderen Gärten in meinen eigenen umgesiedelt habe. In den Nachbargärten blühen sie bereits, bei mir recken sie erst jetzt die Spitzen aus der Erde. Herzlich willkommen.

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Ein paar Dinge sind mir dabei klar geworden:

  • Frau muss gelegentlich einfach mal sie Perspektive wechseln. Den Ruccola habe ich auf dem Rücken liegend und auf dem Kopf stehend entdeckt.
  • Frau sollte Geduld haben, was zugegebenerweise nicht zu meinen Kernkompetenzen gehört: Manches braucht einfach seine Zeit.
  • Genau hinsehen lohnt sich.
  • Manchmal sind Umwege nötig.

Die Narzisse habe ich nämlich, ich gestehe es, nicht etwa gekauft, weil der Pflanz- oder Farbplan es für meinen Garten vorsieht oder weil genau diese Narzissenart hier besonders gut gedeiht. Auch nicht, weil sie mir besonders gut gefällt, sondern nur – typisch für eine Chaosgärtnerin wie mich – wegen ihres Namens.

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Rip van Winkle

Denn die kleine Narzisse trägt einen großen Namen: Rip Van Winkle ist eine Erzählung des amerikanischen Schriftstellers Washington Irving. Sie erschien erstmals 1819 in seinen Sketchbooks und gilt als erste Short Story überhaupt. Vorbild soll die  Sage vom Ziegenhirten Peter Klaus sein, die Johann Karl Christoph Nachtigal 1800 in der Sammlung von Volcks-Sagen aus dem Harz veröffentlichte. Auch andere Sagenmotive fließen in die kurze Geschichte ein: die Kyffhäusersage zum Beispiel und klassische Sagenmotive zum Beispiel aus der Odyssee.

Weil ich mich nicht mit fremden Federn schmücken möchte,  gebe ich es zu: Das literaturgeschichtlichen Hintergrundwissen verdanke ich Wikipedia, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich selbst kenne Rip van Winkle nur als Hörspiel von Max Frisch und durch seinen Roman Stiller. Der daraus entstanden ist. Weil Max Frisch lange Zeit einer meiner Lieblingsautoren und Stiller mein Lieblingsroman war, wollte ich die Narzisse haben. Vielleicht ist es Zeit, ihn wieder mal zu lesen und ihn wieder zu entdecken – nach mehr als 30 Jahren und nach einem halben oder, wenn man das Alter meiner Mutter als Maßstab nimmt, nach einem Drittel Leben.

Apropos Chaosgärtnerin: All jenen, die meine Blogbeiträge über meinen und andere Gärten (schmerzlich) vermissen, sei’s gesagt: Schaut einfach mal unter www.Chaosgaertnerinnen.de Dort blogge ich jetzt zusammen mit Foe Rodens. Leider funktioniert die E-Mail-Anmeldung noch nicht. Aber wenn ihr Interesse habt, schickt mir einfach eine Mail: Ihr bekommt dann eine Mail, wenn ein neuer Blogbeitrag veröffentlicht wird.

Endlich Frühling

Das Warten hat sich gelohnt, zumindest für meinen Lesezwerg. Monatelang war es ziemlich grau und ungemütlich um ihn herum, doch er hat tapfer auf seinem Stammplatz ausgeharrt. Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich ihn in seiner abgeblätterten Jacke in der Kälte sitzen sah. Aber er hat sich dort im wahrsten Sinne des Wortes „fest“gesetzt. Jetzt sitzt er wieder  auf seinem blauen Kissen – wie immer in sein Buch vertieft.

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Lesezwerg im Blaukissen, die Ranunkeln passen (fast) zur roten Mütze.

Im gleichen Beet blühen noch Tulpen und Traubenhyazinthen, sie sind spät dran in diesem Jahr, auch Forsythien und Kirschbaum stehen in voller Blüte. Meine Kräuter erwachen langsam aus dem Winterschlaf: Der Salbei hat den Winter nicht überlebt, weder der Echte Salbei (Salvia officinalis) noch Pfirsich- und Ananassalbei, die ich im letzten Jahr gepflanzt habe, weil sie so gut riechen. Auch der Rosmarin schwächelt: Er blüht zwar, aber die Zweige werden braun. Der Lavendel ist, so scheint es, besser über den Winter gekommen.

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Waldmeisterteppich am Teich.

Auch der Waldmeister ist hart im Nehmen, er breitet sich hinterm Teich immer weiter aus. Mir ist es recht, denn ist mag den Duft. Als ich ihn vor zwei oder drei Jahren gepflanzt habe, war ich zuerst enttäuscht. Dass Waldmeister nur duftet, wenn er getrocknet wird, habe ich erst erfahren, als ich mal an einem Wildkräuter-Menü in einem Restaurant teilgenommen habe. Jetzt trocknen und duften ein paar Stengel  im Wintergarten vor sich hin. Der Bärlauch beginnt zu blühen und auch die Maiglöckchen strecken ihre Blätter aus der Erde. Ich hatte schon befürchtet, sie wären verschwunden.

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Veilchen, Maiglöckchen und natürlich – Giersch.

Meine Tonfrösche haben samt Vogeltränke ihr Winterquartier im Wintergarten verlassen und warten auf  gefiederte Besucher. Die werden, wenn es so warm bleibt, der der Tränke sicher bald einen Besuch abstatten und sie, wie im vergangenen Jahr, zum Planschbecken umfunktionieren.

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Endlich wieder draußen.

 

Ihre lebenden Kollegen, die im vergangenen Jahr die beiden Teiche bewohnten, habe ich bislang weder gesehen noch gehört, obwohl es an den Teichen schon recht grün und wohnlich geworden ist.

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Aber das Frühjahr hat ja gerade erst angefangen. Und da ich, anders als nach dem letzten Winter, keine Leichen aus dem Teich fischen musste, bin ich guter Hoffnung, dass sie wiederkommen. (Und während ich diesen Text schreibe, beginnt draußen, mitten in der Nacht, das Froschkonzert. Hoffentlich stört es die Nachbarn nicht.)

Ich selbst habe heute mein Terrassenbüro eröffnet – und ich hoffe, dass es noch oft so warm ist wie heute und ich es in diesem Frühling und Sommer oft nutzen kann. Dann hat sich das Warten auch für mich gelohnt.

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Arbeiten in der Sonne, zwischen Strelitzie und Zitrusfrüchten.