Vom Baum ins Glas

Unser Garten ist mehr oder weniger ein Ziergarten mit Rasen, Blumen, Stauden, Sträuchern und zwei kleinen Teichen. Ein paar Nutzpflanzen haben wir natürlich auch: So gedeihen beispielsweise Minze, Melisse, Salbei, Thymian oder Lavendel bei uns ausgesprochen gut. Aber ich nutze die Kräuter zugegebenerweise nur selten. Ich mag sie vor allem wegen ihres Dufts. Wenn ich im Garten bin, pflücke ich oft einen Zweig, einige Blüten oder Blätter, zerreibe sie zwischen den Fingern, stecke sie in meine Tasche oder zwischen die Seiten des Buchs, das ich gerade lese. Wahrscheinlich überleben die Kräuter auch nur wegen ihres Dufts. Denn ich bin bekennende Florasthenikerin: Pflanzen (wieder) zu erkennen, fällt mir schwer. Und manches, was ich in einem Jahr gepflanzt oder gesät habe, reiße ich im nächsten Frühjahr wieder aus, weil ich die Pflanze nicht wiedererkenne, sondern irrtümlich für Unkraut halte.

Tomaten, Salat und Gemüse wachsen bei uns in zwei Hochbeeten – in meinem in diesem Jahr allerdings eher spärlich. Die Tomaten tragen zwar ein paar Früchte; vom Rucola ist dagegen im Hochbeet gar nichts zu sehen. Dafür sprießt er wie schon in den vergangenen Jahren zwischen den Steinen der Terrasse. Fast täglich pflücke ich eine Hand voll – das genügt.

Die Erdbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren und Himbeeren wandern jeden Morgen frisch vom Strauch in die Müslischalen. Von den Stachelbeeren konnte mein Mann in diesem Jahr sogar zwei Gläser Marmelade kochen. Die Süßkirschen überlassen wir dagegen meist den Vögeln: Mir verdirbt schon der Gedanke an die Maden der Kirschbaumfliege, die ich in den meisten Früchten entdecke. Doch zum Glück mögen Kirschbaumfliegen keine Sauerkirschen, und so können wir die zu Marmelade verarbeiten. Die schmeckt, anders als gekaufte Kirschmarmelade, nicht nach Marzipan, sondern ist wirklich sehr lecker.

In den vergangenen Jahren hat mein Mann die Kirschen geerntet. Doch diesmal bin ich auf den Baum gestiegen – und habe mich auf der Leiter stehend daran erinnert, wie gerne ich früher geklettert bin.

Vom Baum …

Als Kind war der Zwetschgenbaum im Garten meiner Eltern im Sommer mein Rückzugsort. Dort war ich zumindest zeitweise vor meiner kleinen Schwester sicher, mit der ich ein Zimmer teilen musste. Noch lieber wäre ich auf den Apfelbaum geklettert, doch selbst der unterste Ast war für mich unerreichbar hoch. Ein Seil als Kletterhilfe anzubringen, erlaubten meine Eltern nicht. Zu gefährlich, behaupteten sie. Dabei kletterte ich im Sportunterricht am Tau problemlos bis an die Decke der Turnhalle.

Das würde mirnatürlich heute nicht mehr gelingen,ja, ich würde es nicht einmal versuchen. Aber auf der Leiter wagte ich mich fast bis in den Gipfel des Kirschbaums. Was Gretchen lernt, verlernt Grete so schnell eben nicht.

Demnächst werde ich auf den Apfelbaum steigen, der in unserem Garten steht. Denn wie sagte Astrid Lindgren, als sie vor einem halben Jahrhundert mit ihrer Freundin Elsa Olenius um die Wette auf einen Baum kletterte: „Es gibt kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern.“ Und wer will der Erfinderin von Pipi Langstrumpf, Lotta und der Brüder Löwenherz schon widersprechen.

Astrid Lindgren war übrigens damals so alt wie ich heute, nämlich 67, ihre Freundin war sogar schon 80 Jahre alt (https://www.draesner.de/astrid-lindgren-klettert-auf-einen-baum/). Ob ich mit 80 noch so fit bin, weiß ich nicht. Aber ich habe hoffentlich noch ein paar Kletterjahre vor mir.

PS: Aus den Sauerkirschen, die ich geerntet habe, haben mein Mann und ich mehr als zwei Dutzend Gläser Marmelade gekocht. Das reicht bis zum nächsten Jahr. Dann werde ich hoffentlich wieder auf den Baum steigen und Kirschen ernten.

PS 2: Über die Früchte, die jetzt noch im Baum hängen, freuen sich die Vögel, auch wenn sie bei den Sauerkirschen auf die Fleischeinlage verzichten müssen.

Garten in Gelb

Gelb ist nicht wirklich meine Farbe. Meine beiden einzigen gelben Kleidungsstücke – eine zitronengelbe Regen- und eine sonnengelbe Winterjacke – habe ich mir nur gekauft, weil ich damit vor allem in der dunklen Jahreszeit auf dem  Rad besser zu sehen bin. Und ich mag gelbe Rosen. Doch sonst bevorzuge ich bei Blumen eigentlich andere Farben. Dass jetzt in unserem Garten Gelb dominiert, ist weniger geplant als vielmehr naturgegeben. Aber die Farbe passt zur Jahreszeit, und es ist, als brächte die Natur noch einmal eine Extraportion Sonne in den Garten, bevor der Sommer sich endgültig verabschiedet.

Die gelben Topinambur waren schon in unserem Garten heimisch, als ich vor 36 Jahren hier eingezogen bin. Und obwohl ich jedes Jahr dutzende herausreiße, kommen ebenso viele nach. Auch die Goldrute breitet sich in unserem Garten ungefragt aus. Weil sie  als Nektar- und Pollenpflanzen für Insekten nützlich sein sollen, lasse ich ein paar Neophyten stehen, obwohl ich sie eigentlich nicht mag.  Das ist bei Ringelblumen anders: Sie waren leider ein paar Jahre ganz aus unserem Garten verschwunden und kehren jetzt zum Glück allmählich wieder zurück.

Dagegen versuche ich bislang vergeblich, Sonnenblumen in unserem Garten anzusiedeln. Während sie in anderen Gärten und auch auf Balkonen wild wuchern, gibt es sie bei uns nur vereinzelt in der Blumenvase. Dabei verfüttern wir im Winter kiloweise Sonnenblumenkerne an die Vögel – auch in der Hoffnung, dass der ein oder andere Samen mit oder ohne Umweg durch den Vogelmagen in unseren Beeten landet. Manchmal streue ich auch Kerne direkt ins Bett – ohne Erfolg. Und von den Sonnenblumen, die ich blühend gepflanzt haben, hat bislang keine länger als drei Tage überlebt. Sie fielen allesamt dem Gelbe-Blumen-Monster zum Opfer, das in unserem Garten sein Unwesen treibt.

Genauso erging es den Dahlien. Weil auch sie immer in Nullkommanix abgefressen waren, habe ich in diesem Jahr zum ersten Mal keine blühenden Pflanzen, sondern Knollen gepflanzt – und hatte mehr Glück. Zumindest an zwei Stellen haben die Dahlien überlebt.

Am gelb blühenden Rucola haben die Gelb-Blumen-Monster dagegen überhaupt kein Interesse. Vielleicht riecht ihnen die Pflanze zu intensiv. Oder die Blätter sind ihnen zu scharf und zu bitter, wenn die Pflanzen endlich blühen. Und so breitet sich der Rucola überall im Garten aus. Besonders gut gedeiht er auf unserer Terrasse, wo er überall zwischen den Steinen hervorsprießt.

Den Rucola essen wir selbst, die gelben und roten Hagebutten und die Sanddornbeeren überlassen wir dagegen den Vögeln, die in unserem Garten wohnen. Vor allem die die vitaminreichen Früchte der Heckenrosen sind angeblich für viele Vogelarten Leckerbissen und  helfen ihnen, den Winter zu überstehen. Im Moment bevorzugen die Vögel allerdings die süßen Trauben, die auf unserer Terrasse wachsen.

Davon, mit uns zu teilen, halten unsere gefiederten Mitbewohner wenig: Wenn  wir die Terrasse betreten, werden wir meist von ihnen beschimpft. Vertreiben lassen wir uns von ihrem Gezeter allerdings nicht.  Denn irgendwie ist es ja nicht nur ihr, sondern auch unser Garten.

Große Grünedaumengeister und kleine grüne Krachmacher

„Komme der große Grünedaumengeist zum Fest über Dich“, hat mir eine Freundin Ende vergangener Woche gewünscht. Und so habe ich die guten Wünsche, die günstige Gelegenheit (wenig Arbeit) und das leidlich gute Wetter an Pfingsten genutzt, um mich ein bisschen um den Garten zu kümmern.

Los ging es am Sonnabend mit dem Gartenfestival in den Herrenhäuser Gärten: Hier im Georgengarten findet man immer wieder ungewöhnliche Pflanzen und Gartenaccessoires.

Garten Kugel DSC_1077

Weil ich mit dem Zug nach Hannover gefahren bin, waren meine Einkaufsmöglichkeiten leider begrenzt. Der Hexe aus Metall konnte ich allerdings nicht widerstehen, obwohl der Transport wegen des Gewichts und der langen Stange, auf der sie thront, nicht ganz leicht war.

Kräutergartenhexe DSC_1085
Kräutergartenhexe

Kräuterbeet mit Kräuerhexe

Doch sie hat die Heimfahrt mit U-Bahn, Zug und Bus gut überstanden und bewacht jetzt das kleine Kräuterbeet, das ich neben der Terrasse angelegt habe. Statt Giersch und Franzosenkraut wachsen dort jetzt Zitronenverbene, Ananas- und Pfirsichsalbei neben Mohn und Ringelblumen. Die Rucolapflanze hat ihre neue Heimat in einem blauen Pflanzkasten gefunden, den die Schnecken hoffentlich nicht erklimmen können. Das Glück haben unsere Erdbeeren leider nicht, die erste rote hat eine Schnecke – oder war‘s unsere Hausamsel – schon vor mir entdeckt und angenagt. Die zweite habe ich dann schnell in meinen Bauch in Sicherheit gebracht.

Kräuterbeet vorher DSC_1056
Kräuterbeet mit Giersch und Franzosenkraut vorher …

Kräuterbeet Nachher DSC_1090
… und mit Zitronenverbene, Pfirsich- und Ananassalbei nachher.

Apropos Beeren: Am schmalen Beet am Zaun zum Nachbargrundstück können wir mit Hilfe des Grünedaumengeistes hoffentlich schon im nächsten Jahr wieder Beeren ernten: schwarze Johannisbeeren für mich, rote für meinen Mann und Stachelbeeren für uns beide. Wem die Taybeeren schmecken, ist noch ungewiss: Sie verdanken ihren Platz in unserem Garten einem Missverständnis: Mein Mann hat sie schlichtweg mit den Himbeeren verwechselt, die eigentlich auf meiner Will-haben-Liste standen. Wirklich begeistert bin ich von der Kreuzung aus Himbeere und Brombeere nicht: Sie ist sehr stachlig, deshalb schwer zu ernten und wird deshalb möglicherweise in die Vogelschutzhecke hinter den Teichen versetzt.

Stachelige Taybeere DSC_1099
Nachwuchs für die Vogelschutzhecke – keine Stachelbeere, sondern stachelige Taybeere

Nachwuchs am Teich

Auch von den Teichen gibt’s Zuwachs zu vermelden, allerdings tierischen. Dort sind drei  neue Frösche eingezogen. Während ihre Vorgänger, die den Winter nicht überlebt haben, sehr ruhige Mitbewohner waren, quaken die neuen laut und ausdauernd –  sie haben sich offenbar (noch) viel zu erzählen. Schon morgens um vier sind sie zu hören – und abends nach Mitternacht immer noch. Von den Nachbarn hat sich noch niemand beschwert, allerdings zeigt Fine, die Nachbarkatze, seit einiger Zeit deutlich mehr Interesse an unserem Teich als früher. Dass Frösche unter Naturschutz stehen, weder verletzt noch getötet und nur in Ausnahmefällen (wenn nämlich ihr nächtliches Gequake den Richtwert  von 35 Dezibel um 20 Dezibel übersteigt) mit richterlicher Erlaubnis umgesiedelt werden dürfen, stört Fine wahrscheinlich wenig. Sie folgt ihren eigenen Gesetzen. Darauf, dass Katzen eigentlich wasserscheu sind, sollten sich die kleinen grünen Krachmacher besser nicht verlassen. Fine ist keine gewöhnliche Katze. Ihre Sprungkraft ist gewaltig, ihre Geschicklichkeit auch. Meine Nachbarin berichtet, dass sie auf die obersten Regalbretter springt, ohne irgendetwas umzuwerfen. Kleine Teiche wie unsere überwindet sie wahrscheinlich problemlos mit einem Satz. Zu hoffen ist nur, dass die Frösche schneller und nicht zu sehr ins Gespräch, sprich ins Gequake, vertieft sind.

Kleiner grüner Krachmacher im grünen Dschungel DSC_1091
Kleiner grüner Krachmacher im grünen Dschungel