Winter ade

Pünktlich zum Beginn des meteorologischen Frühlings zeigt sich das Wetter nach gefühlt drei Monaten Dauerregen von seiner freundlichen, wirklich frühlingshaften Seite. Die Sonne scheint und mittags ist es sogar manchmal so warm, dass ich ohne Jacke im Garten arbeiten kann.

Nach ein paar Arbeitseinsätzen sieht unser Garten wieder einigermaßen aufgeräumt aus. Mein Mann hat die Bäume geschnitten, ich habe die vertrockneten Stengel und das Laub vom letzten Jahr aus den Beeten entfernt, ebenso die Efeuranken, die sich partout nicht an unsere Absprache halten: An den Zäunen dürfen sie sich nach Herzenslust ausbreiten, die Beete sind efeufreie Zone.

Auch die Heckenrose neben dem Teich musste weichen: Wir haben sie abgeschnitten und die Wurzeln ausgegraben. Denn sie ist uns in den vergangenen Jahren nicht nur über den Kopf, sondern auch immer wieder über den Zaun gewachsen. Wir haben die Triebe zwar regelmäßig gestutzt haben, trotzdem ragten sie mit ihren spitzen Dornen über den Teich und – noch schlimmer – über den Rad-/Fußweg, der an unserem Grundstück vorbeiführt. Geblüht hat die Pflanze nur wenig – und die wenigen Blüten dufteten leider überhaupt nicht.

Im Moment wirkt der Platz neben dem Leuchtturm noch etwas kahl, aber die Stellenbeschreibung für Nachfolgerin am Teichrand ist schon fertig: Sie soll üppig blühen, duften, vogel- und bienenfreundlich sein und möglichst nicht höher als zwei Meter werden. Die Farbe ist nicht soooo wichtig, allerdings werden bei gleicher Qualifikation pink bis lila blühende Pflanzen bevorzugt.

Derzeit dominieren in unserem Garten lila Blüten: Krokusse, Scilla und Hyazinthen fühlen sich in unserem Garten wohl und vermehren sich selbst. Auch die Primel am Teich hat den Winter gut überstanden, nur die Veilchen zieren sich noch, aber sie wollen, um mit Eduard Mörike zu sprechen, wohl „balde kommen“. Für gelbe Farbtupfer sorgen Winterlinge, Krokusse, Narzissen und natürlich die Forsythien.

Wie ein blaues Band liegt das Blaukissen vor unserem Wintergarten. Wenn die ersten Blüten im Februar aufblühen, weiß ich, dass es Frühling wird. Im letzten Jahr hat Fine, die Katze unserer Nachbarn, gerne auf den blauen Blüten gelegen und sich gesonnt. Im Herbst ist Fine gestorben. Ich werde sie vermissen, auch wenn sie mich manchmal erschreckt hat, wenn sie plötzlich neben mir auftauchte.

Der Lesezwerg sitzt dagegen seit Jahren an der gleichen Stelle – im Sommer wie im Winter, immer in das gleiche Buch vertieft. Er zeigt seine Gefühle nicht, aber ich bin sicher, dass auch er sich auf den Frühling freut und die ersten Sonnenstrahlen auf seinem inzwischen fast nackten Körper genießt.

Wer Eduard Mörikes Gedicht „Er ist’s“ nachlesen will, findet es im Internet unter https://www.gedichte7.de/er-ists.html

Schwierige Beziehungen

„Welche Pflanze kostet euch am meisten Nerven und trotzdem könnt ihr nicht ohne sie?“ Diese Frage wurde vor einigen Tagen auf dem Instagram-Account #mein_schöner_Garten gestellt. Ich beteilige mich nur selten an solchen Umfragen, aber diesmal antwortete ich spontan: „Rittersporn“. Denn mein Verhältnis zu dieser Staude lässt sich kurz beschreiben: Ich liebe sie, aber diese Zuneigung beruht leider nicht auf Gegenseitigkeit.

Seit Jahren versuche ich, den Delphinium, so der offizielle Name des Rittersporns, in unserem Garten anzusiedeln – mal in dem Beet vor dem Wintergarten, meist aber in dem runden Rosenbeet. Denn angeblich ist Rittersporn ja ein idealer Begleiter für Rosen. Und sonnig, wie von Fachleuten empfohlen, sind beide Beete.

Trotzdem gibt der Delphinium in der Regel nur ein kurzes Gastspiel in unserem Garten. Spätestens am Ende des Sommer verschwindet er auf Nimmerwiedersehn. Nur einmal überlebte er den Winter und blühte im nächsten Jahr erneut. Doch mein Gärtnerinnenglück war nur von kurzer Dauer. Nach dem zweiten Saison ereilte auch diesen Rittersporn das Schicksal seiner Vorgänger. Er verblühte und ward nie wieder gesehen.

Leider ist der Rittersporn nicht die einzige Pflanze, die mich weniger mag als sie. Noch weniger Glück habe ich mit Sonnenblumen. In den Gärten der Nachbarn wachsen sie zuhauf, vermehren sich selbst und werden mannshoch, bei uns widersetzen sie sich leider allen Ansiedlungsversuchen. Obwohl ich schon unzählige Sonnenblumensamen ausgesät habe, ist unser Garten quasi eine sonnenblumenfreie Zone. Auch meine Hoffnung, dass sich aus den Kernen, die ich von Herbst bis Frühjahr für die Vögel ausstreue – mit oder ohne Umweg über den Vogelmagen – die eine oder andere Blüte entwickelt, wurde bislang enttäuscht. Wenn ich schon blühende Sonnenblumen mit Wurzeln kaufe und einpflanze, überleben sie oft nicht einmal die erste Nacht im Freien. Ich habe die Schnecken im Verdacht, aber überführen konnte ich sie bislang noch nicht.

Dass man die Hoffnung nie aufgeben soll, zeigen die Winterlinge (Eranthis hyemalis). Angeblich sind sie total pflegeleicht und im Garten einer Freundin bildeten sie in der Tat alle Jahre wieder von Februar bis April einen dichten gelben Teppich. In unseren Beeten zeigte sich dagegen keine einzige gelbe Blüte, so sehr ich mich auch um sie bemühte. Vor drei Jahren habe ich dann ein paar Zwiebeln aus Bärbels Garten aus- und in meinem Garten eingegraben. Leider vergeblich. Das habe ich sehr bedauert, nicht nur, weil ich Winterlinge mag, sondern vor allem, weil meine Freundin kurz nachdem sie mir die Zwiebeln geschenkt hat gestorben ist.

Weil ich ein blühendes Andenken an sie wollte, habe ich auch in diesem Jahr – wie in den beiden vorangegangenen – wieder Winterlinge gekauft und gepflanzt. „Es ist eure letzte Chance“, habe ich beim Einpflanzen gedroht.

Ob es Zufall ist oder ob die Drohung gewirkt hat, weiß ich nicht: Inzwischen haben sich an auch an zwei Stellen im Garten Winterlinge hervorgewagt. Ob sie aus Bärbels Garten stammen, weiß ich nicht und es ist mir auch egal: Hauptsache sie sind da.

Vorfrühling in den Herrenhäuser Gärten

Die Sturmtiefs mit Orkanböen, die in den letzten Tagen übers Land gebraust sind,  haben natürlich auch vor den Herrenhäuser Gärten nicht Halt gemacht. Der Berggarten und der Große Garten waren von Donnerstag bis Montag geschlossen, weil der Aufenthalt dort zu gefährlich war. Nur der Georgengarten, ein öffentlicher Park, konnte auf eigene Gefahr betreten werden.  Ich war vor den Stürmen dort, bei gutem Wetter – zum ersten Mal in diesem Jahr.

Ein Besuch im Berggarten zu jeder Jahreszeit, auch wenn die Schauhäuser leider seit Dezember  wegen Corona  gesperrt sind. Draußen wagen sich erst wenige Arten hervor, doch die legen sich mächtig ins Zeug: Schneeglöckchen, Winterlinge und Krokusse blühen überall und bilden teilweise weiße, gelbe und lila Blütenteppiche. Willkommene Abwechslung im sonst eher noch tristen Wintergrau und -braun.

Im Staudengrund fließt noch kein Wasser; der kleine Bachlauf wird erst in den nächsten Wochen geflutet. Ich liebe es, am plätschernden Bach entlang zu schlendern oder mich an einen der kleinen Teiche zu setzen, zu lesen, zu schreiben oder einfach nur die Ruhe zu genießen.  Noch sind die Ufer kahl, doch schon bald werden hier Wildstauden blühen.

Im Staudengrund steht auch mein Lieblingsbaum, die mächtige Süntelbuche Buche (Fagus sylvatica ‚Tortuosa‘). Was aussieht wie ein kleines Gehölz ist ein einziger Baum. Der Hauptstamm wurde 1880 gepflanzt; durch Absenker sind neue Stämme entstanden. Sie bilden im Sommer eine mehr als 750 Quadratmeter große dichte Krone. Der Weg auf der anderen Seite wird dann zu einem grünen Tunnel.

Die Süntelbuche im Berggarten ist eine der größten Süntelbuchen Niedersachsens; eine ganze Süntelbuchenallee gibt es im Kurpark von Bad Nenndorf. Dem Süntel, einem zum Weserbergland gehörenden Höhenzug zwischen der Kurstadt und Hameln, verdankt der zur Familie der Rotbuchen gehörende Baum seinen Namen. Dort wuchs früher der größte Süntelbuchenwald Europas.

Doch anders als ihre Verwandten wachsen Süntelbuchen nicht brav in die Höhe, sondern in die Breite. Ihre Stämme sind nicht gerade, sondern kurz und verdreht, die Äste miteinander verwachsen.  Deshalb galten sie  als verwunschen, vom Teufel oder von Hexen verdorben. Und weil sie sich weder gut zur Möbelfertigung noch als Brennholz eignen, wurde letzte Süntelbuchenwald vor mehr als hundert Jahren gerodet, das Hexen- oder Teufelsholz wurde verbrannt.

Bei Instagram werde ich jeden Monat ein Foto von „meiner“ Süntelbuche posten, wer mag, findet die Fotos unter chaosgaertnerinnen oder unter #12telblick2022.

Vorfrühling in den Herrenhäuser Gärten

Blumen statt Schokolade! Wo lässt sich das Motto von Susanne Hackel (kräuterwerkstatt) für die Fastenzeit (https://timetoflyblog.com/ziele-fuer-die-fastenzeit) besser umsetzen als in den Herrenhäuser Gärten? Und wann besser als an einem sonnigen Februarsonntag, der – noch im Winter – schon ein richtiger Frühlingstag ist?

Zwar sind die Schauhäuser leider wegen Corona geschlossen, ich kann also nur von außen einen Blick ins Tropen- und ins Orchideenhaus werfen. Schade.

Aber auch draußen im Berggarten blüht es: Winterlinge, Schneeglöckchen und Krokusse vor allem …

… aber auch ein paar Christrosen noch und ein erster Rhododendronstrauch schon. Der Hamamelis, die japanische Zaubernuss, trägt ebenfalls schon Knospen und Blüten, meine beiden Lieblingsbäume, die kaukasisische Flügelnuss und die Süntelbuche, sind dagegen noch kahl. Aber nur Geduld, ihre Zeit kommt noch.

Der Moorweiher und die Teiche im Staudengrund waren noch nicht ganz vom Eise befreit …

… im künstlichen Bach fließt noch kein Wasser und die Bachufer im Staudengrund sind noch recht kahl. Aber das ändert sich bald – in ein paar Wochen ist nicht nur der Staudengrund nicht wiederzuerkennen. Egal, wie oft ich den Berggarten besuche – immer wieder zeigen sie ein anderes Gesicht. Die grüne Fortsetzung folgt bald.