Gartenblicke Juni

Sommer. Die längsten Tage des Jahres sind leider schon vorbei, doch noch merkt man es nicht. Die Sommerblumen blühen, so kommt es mir vor, so schön wie selten. Vor allem Fingerhüte und Glockenblumen vermehren sich von selbst – im Rosenbeet …

… und auch an den Teichen, die jetzt aus diesem Blickwinkel nicht mehr zu sehen sind. Selbst der Leuchtturm, immerhin über einen Meter hoch, verschwindet hinter der Blütenpracht. Im nächsten Jahr wird die wilde Ecke wohl noch wilder. Denn der Nachbar hat zwei große Tannen gefällt, die den Hecken das Licht genommen haben und mit ihren herabfallenden Nadeln selbst den Pflanzen das Leben schwer gemacht haben, die im Schatten recht gut gedeihen: Waldmeister und Bärlauch zum Beispiel. Und vielleicht blühen im nächsten Frühjahr dann endlich auch die Maiglöckchen, die ich dort gesetzt habe.

Auch der Lesezwerg versinkt zwischen verblühten Blaukissen und Giersch. Er vermisst die blauen Blüten nicht, kann er sich doch mit Lavendel, Rosen, Mohn, Fingerhut und Dreimasterbumen trösten.

In den Hochbeeten wächst manches, doch nicht unbedingt das, was ich gesät habe. Eine Möhre habe ich noch nicht gesehen, dafür macht sich  der Rainfarn breit, der wohl mit der erde ins Hochbeet gekommen ist; Der Rettich hat zwar große Blätter, doch die Wurzeln sind noch winzig, ebenso die Erbsen, doch eigentlich mag ich ja ohnehin die Schoten lieber. Und ob es sich bei den rot geäderten  Blättern um Mangold oder um Rote Beete handelt, vermag ich nicht zu sagen. Gesät habe ich beides und essbar sind wohl auch beide.Ich werde also abwarten – und vielleicht einen Zitronenmelissentee trinken. Die Zitronenmelisse wuchert am Rand der Terrasse so, dass es selbst mir, bekennender Zitronenmelissenduftfan, zu viel wird. Ich werde einen Teil ausgraben; vielleicht darf sie in Foes Garten weiterwachsen.

Sorgen bereitet mir nach wie vor die Eberesche, die in diesem Jahr nur wenige Blätter und auch nur wenige Beeren hat. Schade dass der Specht sich nichts aus den Tierchen macht, die sich unter der Rinde seines Vermieters breit machen.

Gute Absicht statt gute Tat

Vorgestern war Weltblutspendetag: „Wat et nit all jit“, würden die Kölner oder die Leute aus der Eifel sagen. Der Tag soll daran erinnern, wie wichtig es ist, Blut zu spenden, weil andere – und vielleicht morgen schon man selbst – Blutspenden brauchen.

Auf der Website www.blutspende-nordost.de lese ich, dass täglich in Deutschland 15.000 Blutspenden benötigt werden. Zurzeit sind die Blutvorräte hierzulande sehr gering: Das Blutspendebarometer auf der Website zeigt bei fast allen Blutgruppen, auch bei meiner, einen beunruhigend geringen Blutbestand. Der besorgt blickende Blutstropfen will sagen: Spende Blut, am besten sofort. https://www.blutspende-nordost.de/wissen-und-blut/blutspendebarometer.php

Das wollte ich letzte Woche tun: Ich bin abends zur Blutspendeaktion ins evangelische Gemeidehaus gegangen. Natürlich hatte ich mich vorher erkundigt: Spenden darf man oder frau auch mit über 60 Jahren – wenn er oder sie keinE ErstspenderIn ist.

Das bin ich nicht, ich habe mit 18 oder 19 zum ersten Mal Blut gespendet und es während meines Studiums und danach regelmäßig – zwei Mal im Jahr – getan. Denn Blut und Organe kann man auch spenden, wenn man kein oder nicht viel Geld hat. Ich habe den Blutverlust ausgezeichnet vertragen – und hätte auch weiter Blut gespendet, wenn, ja wenn nach meinem Umzug beim ersten Blutspendeversuch in meinem neuen Wohnort nicht jemand nach meinem Gewicht gefragt hätte. „46 Kilo“, habe ich wohl wahrheitsgemäß gesagt – und damit war meine Karriere als Blutspenderin vorbei. Unter 50 Kilo dürfe man oder frau kein Blut spenden, erfuhr ich. Dass ich kerngesund war, die vergangenen 20 Blutspenden sehr gut vertragen und einen Hb-Wert hatte, von dem selbst viele Männer nur träumen, war der verantwortlichen Ärztin egal. Und meiner Aussage, dass ich vielleicht auch 51 Kilo wiegen würde, schenkte sie keinen Glauben: Sie schickte mich nach Hause.

Das Gewichtsproblem ist nun leider gelöst: Ich wiege inzwischen über 50 Kilo. Deshalb bin ich guten Mutes zum Blutspenden gegangen. Doch mein Blut wollte man auch diesmal nicht: Ich sei mit 63 leider zu alt, erfuhr ich. Obwohl ich vor Jahren Blut gespendet hatte, galt ich als Erstspenderin – denn meine alten Spenden waren im Computer nicht erfasst. Wie auch: Damals gab es noch keine Computer.

Dass ich pumperlgesund bin und sehr gute Blutwerte habe, zählt immer noch nicht. Grenzwert ist Grenzwert – diesmal lag ich drüber. Und so bin ich wieder unverrichteter Dinge nach Hause gegangen – mit meinem Blut, aber ohne neuen Spenderausweis. Leider konnte ich nicht helfen, den besorgniserregend geringen Blutbestand aufzustocken. Und so bleibt nur die gute Absicht statt der guten Tat.

Rosen, Rosen

Eigentlich bin ich kein Rosenfan – oder genauer gesagt, ich war keiner. Irgendwie mochte ich Rosen früher nicht besonders. Vielleicht lag es ja an dem Poesiealbumspruch, den die älteren LeserInnen sicher kennen:

Sei wie das Veilchen im Moose,
sittsam bescheiden und rein
und nicht wie die stolze Rose,
die immer bewundert will sein.

So werden junge Menschen in die Irre geführt. Vielleicht hat mich auch abgeschreckt, dass die Rose als Königin der Blumen gilt – mit Königinnen und anderem Adel habe ich es ja bekanntlich nicht so. Aber auch das sind eben Vorurteile. Und ich habe, zumindest was Pflanzen angeht, meine Meinung revidiert.

Wächst bis zum Wintergartendach: Rhapsody in blue und ihre wilde Schwester

Denn im Gartenalltag hat sich gezeigt, dass Rosen gar nicht so anspruchsvoll und divenhaft sind, wie man es  Königinnen nachsagt: (Fast) alle wachsen und gedeihen  in meinem Garten auch ohne besondere Pflege und Zuwendung prächtig – die ausgewilderten No-name-Topfrosen ebenso wie die  Rosen mit langem Stammbaum, die echten aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) ebenso wie die falschen, also Stock- und Pfingstrosen aus den Familien  Malvaceae und Paeoniaceae. Und  auch  mit Fingerhut und Mohn vertragen sich die Rosen gut – sie haben offenbar keine Berührungsängste.

Ganz in Weiß:  Rosen und  Fingerhut passen auch farblich gut zueinander …

… dagegen ist die Farbabstimmung im Rosenbeet bei Rosen und und Pfingstrosen suboptimal.

Die drei Rosenpflanzen, die ich im vergangenen Jahr bei der Aktion offene Pforte „adoptiert“ habe, haben selbst den etwas unbequemen und zugigen Transport aus den Nachbarorten im Radkorb heil  überstanden. Die Künstlerrose aus Bissendorf-Wietze und die Päonienrose aus Altwarmbüchen blühen unterm Wohnzimmerfenster schon bzw. bald. Nur Adoptivrose Nummer drei bereitet mir ein bisschen Sorgen. Die Dominie Sampson soll angeblich früh und im Schatten blühen – doch noch tut sich gar nix. Vielleicht fühlt sie sich einsam zwischen Walderdbeeren, Iris und Topinambur; möglicherweise vermisst sie ihre 250 Schwestern aus Silke Rex‘ Rosengarten. Ihn kann ich in diesem Jahr leider nicht besuchen, weil die Gartenpforten in der Region Hannover corona-bedingt geschlossen bleiben.

Abracadabra – meine Künstlerrose

Mein Rosen-Liebling Rhapsody in blue – duftendes Geschenk meiner Nachbarin – und ihre duft- und namenlose weiße Schwester wachsen und blühen dagegen scheinbar um die Wette: Sie würden unseren Wintergarten längst überwuchern, würde ich sie nicht immer wieder zurückschneiden. Und auch die Heckenrose neben dem Teich hätte sicher schon den Zaun überwunden und sich über den Radweg und die Straße ausgebreitet. Vielleicht lasse ich künftig wachsen was wächst. Denn der Gedanke, dass unser kleines Haus hinter einer Wand aus Rosen verschwindet wie weiland Dornröschens Märchenschloss, gefällt mir. Ob sie dazu hundert Jahre brauchen würden?

Keine hundert, aber doch einige Jahre hat es gedauert, bis sich in diesem Frühjahr endlich die ersten Veilchen in unserem Garten angesiedelt haben. Mal habe ich im Gartencenter zu früh nach den Pflänzchen gefragt, mal war ich zu spät. Und einige Violas, die ich gepflanzt habe, sind spurlos verschwunden. Vielleicht sind sie ja der Gierschjagd im Frühjahr zum Opfer gefallen oder ich habe sie mit dem Laub aus dem Garten geharkt, weil sie sich gar zu bescheiden versteckt haben.

Das passiert den Rosen nicht. Womit bewiesen wäre, dass ein anderer Spruch stimmt: Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.