Frühjahrsputz im Garten

Vor ein paar Tagen habe ich bei der Gartenarbeit eine Leiche entdeckt. Sie hing zwischen den durchgeweichten Blättern der Seerose, die ich mit dem Kescher aus dem größeren meiner beiden Miniteiche gefischt habe. Glücklicherweise sah sie nicht so furchterregend  aus, wie es die Pathologen in Krimis immer wieder behaupten. Bleich war sie, allerdings nicht aufgedunsen,  obwohl sie schon eine ganze Weile im Wasser gelegen haben muss.

Das lag sicher daran, dass er – oder sie, das Geschlecht konnte ich leider nicht erkennen – auch einen Großteil seines/ihres Lebens im Wasser verbracht hat. Nicht in diesem Teich, sondern in dem kleineren direkt daneben. Vielleicht ist er vor dem Frost in den größeren und tieferen Teich geflüchtet. Gerettet hat es ihn nicht. Ich habe den kleinen Frosch unter der Sanddornhecke begraben, die ist so stachlig, dass sicher kein Tier ihn ausbuddeln wird.

Neuer Teichbewohner

Ein Nachfolger ist auch schon wieder bei uns eingezogen.  Als ich die Lilien am Rand des kleinen Teichs freigeschnitten und freigerupft habe, hüpfte irgendetwas vom Rand ins Wasser. Es ist wie bei Königs: Der Frosch ist tot, es lebe der Frosch. Vielleicht ist er ja ein verwunschener Prinz? Wenn ja, wird er weiter inkognito bleiben: Ich werde sein Geheimnis nicht lüften. Einen Frosch gegen die Wand zu werfen, wie es Königstöchter offenbar gelegentlich tun, käme mir nie in den Sinn.

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Neuer Frosch am kleinen Teich. Foto: Utz Schmidtko

Ziemlich rigoros bin ich allerdings beim Frühjahrsputz im Garten jenen Pflanzen an meinem Teich zu Leibe gerückt, die meine Lilien überwuchert und fast erstickt haben. Ich hatte sie erst im vergangenen Jahr dorthin gesetzt, weil es vor den Heckenrosen etwas grüner sein sollte. Damit, dass sie ihre Aufgabe so übereifrig erfüllen würden, habe ich nicht gerechnet – jetzt habe ich sie strafversetzt, an den Zaun zum Nachbargrundstück, wo ich jedes Jahr unter Flieder, Haselnuss und anderen Büschen der Allianz aus Efeu und Giersch ein Stück mehr Boden abringe.

Und da ich schon beim Ausgraben war, habe ich mit der Brombeerhecke weitergemacht. Wir hatten sie vor Jahren gepflanzt, wohl in Erinnerung an die wildwachsenden Brombeeren, die ich gerne esse, wenn ich im Sommer an der Mosel bin. Als ich noch klein war, sind wir im Sommer manchmal losgezogen, haben die Mehren, wie sie in meinem Heimatort heißen, gepflückt, um Marmelade davon zu kochen. Leider haben die Brombeeren in unserem Garten überhaupt nicht geschmeckt; dafür sind überall stachlige Triebe aus dem Boden gewachsen. Weil ich meist ohne Handschuhe arbeite, habe ich mir manchen Dorn in den Finger gerammt. Jetzt war meine Geduld am Ende – ich habe eine Grenze gezogen. Rechts der Gartenhütte werde ich Himbeeren pflanzen, hinter der Gartenhütte dürfen die Brombeeren weiterwuchern und mit Sandorn, Felsenbirne und Heckenrose links der Hütte zu einer stacheligen Vogelschutzhecke verwachsen. Die ist noch ziemlich kahl, in meinen Kräuterbeeten zeigen sich die ersten Kräuter bereits wieder: Zitronenmelisse und Minze, Rosmarin und Sauerampfer, Waldmeister und Bärlauch haben den Winter gut überstanden. Mein Salbei bereitet mir allerdings Sorgen. Und ob sich die Lavendelpflanzen von dem radikalen Rückschnitt erholen, den ich ihnen vor ein paar Wochen verpasst habe, wird sich zeigen. Angeblich sollen die Sträucher so dicht und voll nachwachsen, wie ich es aus der Provence und von Fotos kenne. Wenn nicht, werde ich es mit einer neuen Sorte versuchen, deren Name vielversprechend klingt: Blue Dwarf, blauer Zwerg. Winterhart soll diese Sorte  sein, langlebig und hoffentlich unempfindlich. Denn das ist bei meinem fehlenden gärtnerischen Talent überlebenswichtig.

Mein lesender Zwerg sitzt geduldig auf seinem blauen Kissen aus. Seine Jacke hat längst verloren hat, doch dass scheint ihn nicht zu stören. Ganz vertieft er in seine Lektüre trotzt er nur noch mit seiner roten Mütze bekleidet seit Jahren Wind und Wetter.

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Lesender Zwerg im Blaukissen. Foto: Utz Schmidtko

Kunst in Burgwedel

Ich bin ein Kunstbanause. Was Malerei (und leider auch Musik) angeht, bin ich völlig talentfrei, ambitions- und ahnungslos. Wenn ich ein Bild sehe, kann ich sagen: gefällt mir oder gefällt mir nicht. Wenn es hoch kommt, weiß ich auch noch, warum (wegen der Farben, wegen des Motivs (Noldes Mohnblumen zum Beispiel) oder einfach nur so. Die Qualität eines Bildes oder einer Skulptur kann ich indes nicht beurteilen. Ist es Kunst, Kunsthandwerk oder nur Kitsch? Ich weiß es nicht – und es ist mir irgendwie auch egal.

Ich habe zwar keine Ahnung von Kunst, aber ich interessiere mich sehr dafür, wie Künstler leben und arbeiten. Vielleicht hoffe ich insgeheim, dass es mich inspiriert (wenn schon nicht zum Malen, dann doch zum schreiben); ein Schuss Voyeurismus ist zugegebenerweise auch dabei. Aus diesem Grund ist Kunst in Bewegung für mich ein Pflichttermin. Seit 2006 öffnen Künstler – Profis und Amateure – einmal im Jahr ihre Ateliers und ihre Gärten oder präsentieren in öffentlichen Gebäuden, zum Beispiel im Rathaus, in der Seniorenbegegnungsstätte oder im Amtsgericht, ihre Werke.

In den ersten Jahren sind die Burgwedeler in Scharen von einem Ausstellungsort zum anderen gezogen; die meisten mit dem Fahrrad oder zu Fuß, weil Burgwedel zwar offiziell Stadt, aber eigentlich ein überschaubares Dorf ist. Ich erinnere mich genau, dass sich im Atelier eines der Initiatoren zehn oder mehr Leute drängten. Kunst in Bewegung hat viele bewegt. An diesem Wochenende war, so scheint es mir, das Interesse geringer. Irgendwie hat die Veranstaltung ein wenig von ihrem Charme eingebüßt. Der lag für mich (nicht nur, aber) auch in der privaten Atmosphäre, die in den letzten Jahren verlorengegangen ist. Ich mochte den Blick hinter die Kulissen und  finde es schade, wenn auch verständlich, dass nicht mehr so viele Künstlerinnen und Künstler ihre Ateliers öffnen wie in dern ersten Jahren. Außerdem machen einige meiner Lieblingskünstlerinnen wie Christina Jehne nicht mehr mit. Andere sind nach Wettmar „abgewandert“.

Deshalb habe ich mich diesmal auf ein Kurzprogramm, d. h. auf die privaten Ausstellungsorte beschränkt, auf den verwunschenen Garten von Elke Seitz beispielsweise mit den zahllosen Spiegeln. Ich war bei Lieselotte Schuster und natürlich im Atelier von Inka Dybus. Ihre Glaskunstwerke faszinieren mich immer wieder – besonders toll wirken sie in ihrem Garten: ein Gesamtkunstwerk.

Im Spiegel - im Garten von Elke Seitz
Im Spiegel – im Garten von Elke Seitz

 

Inka Dybus - Glaskunst im Garten
Inka Dybus – Glaskunst im Garten

 

Atelier von Inka Dybus
Atelier von Inka Dybus

Nächste Woche geht’s weiter – bei Sommerspaziergang in Wettmar.

Ärger mit Untermietern

Wir haben die Wohnung unserer Untermieter geräumt. Sie sind schon vor einigen Monaten ausgezogen, ohne sich zu verabschieden und ohne ihre Einrichtung mitzunehmen. Wirklich traurig waren wir über den Auszug nicht. Wir hatten heimlich darauf gehofft, dass sie uns nach einigen Monaten wieder verlassen würden. Denn gut war unser Verhältnis nie, genau gesagt: Ich habe sie nie besonders gemocht. Obwohl es – ich muss es zugeben – eigentlich keine Konflikte gab. Sie waren ruhig, meist haben wir ihre Anwesenheit gar nicht bemerkt. Nur wenn sie sich gestört fühlten, reagierten sie ungehalten. Doch Störungen ließen sich leider nicht immer vermeiden. Die Kommunikation zwischen uns funktionierte einfach nicht. Wir fanden nie die gleiche Wellenlänge. Sie suchten keinen Kontakt – und wir auch nicht. Jeder ging seiner Wege. Unsere Lebensgewohnheiten waren einfach zu unterschiedlich – und manche Missstimmung zwischen uns beruhte  wahrscheinlich auf Missverständnissen.

Als ich beispielsweise einmal bei starkem Regen die Rollläden in meinem Zimmer herunterlassen musste, waren sie sehr aufgebracht. Wütend versuchten sie, in mein Zimmer einzudringen und es ist mir gerade noch gelungen, das Fenster rechtzeitig zu schließen. Ich hatte bis dahin gar nicht bemerkt, dass sie eingezogen waren und fühlte mich ehrlich gesagt sogar ein bisschen bedroht.

Seither traute ich ihnen nicht mehr wirklich– auch wenn ich nicht alle Horrorgeschichten glaubte, die über sie erzählt werden. Dass sie zu siebt ein Pferd getötet haben beispielsweise und dass sie das immer wieder tun würden. Und dass auch Menschen nicht vor ihnen sicher sind, wenn man sie reizt. Trotzdem bin ich ihnen nach unserem ersten Zusammentreffen aus dem Weg gegangen und habe den Raum neben ihrem einfach möglichst wenig benutzt. Das war zwar nicht schlimm, weil ich im Sommer ohnehin lieber im Wintergarten arbeite – dennoch fühlte ich mich ein wenig eingeschränkt. Schließlich ist es unser Haus, nicht ihrs.

Vielleicht haben sie gespürt, dass sie nicht wirklich willkommen waren. Sie haben zwar nie etwas gesagt, aber im Herbst waren sie dann so plötzlich verschwunden, wie sie gekommen waren. Dass sie ihre Einrichtung und ihre Abfälle nicht mitgenommen haben, hat vor allem meinen Mann geärgert, weil er ihre Wohnung ausräumen musste. Ich fand es interessant zu sehen, wie sie sich eingerichtet hatten: Sie hatten den ohnehin kleinen Raum in mehrere Bereiche unterteilt. Besonders stabil war die Einrichtung nicht und wir konnten sie ohne große Kosten entsorgen.  Jetzt landet alles auf dem Müll – wir wollen keine Nachmieter mehr.  Unsere alten Mieter hatten ohnehin nie Miete bezahlt.

Warum wir sie überhaupt so lange geduldet haben, wollt ihr wissen. Nun ja: Wir haben ein Herz für Tiere, sind gesetzestreue Bürger – und Hornissen stehen bekanntlich unter Artenschutz.

 

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Vor der Räumung: Verlassenenes Hornissennest. Foto: Utz Schmidtko