Sorry, I’m late, wieder einmal. Und diesmal habe ich es nicht einmal geschafft, die Gartenblicke des Monats auf den letzten Drücker – also am letzten Septembertag – zu posten. Immerhin habe ich die Fotos im September aufgenommen, irgendwann letzte Woche.
Am Teich wird es übersichtlich, der Leuchtturm ist zwischen Blutweiderich, Bergastern und den Ranken der Heckenrosen wieder gut zu sehen. Und auch den größeren der beiden Teiche kann man wieder zwischen den Pflanzen ausmachen. Der Teich ist immer noch mit einer Schicht Entengrütze bedeckt, die die Sicherheit des Froschnachwuchses gewährleistet.
Der Nistkasten an der Eberesche geht immer mehr aus dem Leim, ich muss ihn ersetzen – oder abnehmen. Denn er war auch in seinen besten Tagen nie bewohnt, wie auch die beiden Insektenhotels. Vögeln und Insekten gefallen die anderen Nistmöglichkeiten in unserem Garten wohl besser. Auch die gelben Topinambur fühlen sich in unserem Garten wohl; sie werden, so scheint es, jedes Jahr ein Stückchen größer.
Mit ihren großen Schwestern, den Sonnenblumen, habe ich dagegen weniger Glück. Sie werden abgefressen, sobald ich sie eingepflanzt habe. Und auch der Rittersporn tut sich schwer. Er ist spurlos aus dem Rosenbeet verschwunden, wo er mich in den vergangenen beiden Jahren erfreute. Dort blühen noch ein paar Rosen, eine einzelne Stockrose und unzählige Bergastern.
Die Terrasse wird immer mehr zum Terrassen-Garten. In Blumentöpfen und -kästen an der Hauswand reifen die letzten Tomaten; im Hochbeet sprießen Spinat und Feldsalat, zwischen den Terrassensteinen der Rucola. Die Trauben sind geerntet, mein Mann hat aus ihnen leckeres Gelee gekocht, rotes und weißes. Und in den nächsten Tagen will ich noch den Lavendel im Kräuterbeet schneiden und trocknen.
Und in dem schmalen Beet zwischen Rasen und Wintergarten sitzt wie seit Jahren schon der Zwerg mit seinem Buch. Ob er merkt, wie gut seine rote Zipfelmütze zu den Männlein mit dem roen Mäntelein passt, die Hoffmann von Fallersleben in seinem Kinderlied beschrieben hat und die ihm Gesellschaft leisten?
Maxim Gorki hat’s erfunden: Er rief im Jahr 1935 alle Schriftsteller auf, einen gewöhnlichen Tag im Jahr – zufällig der 27. September – möglichst genau zu beschreiben, um so weltweit einen „Jedertag“ zu porträtieren. Doch obwohl das Unternehmen „Ein Tag der Welt“ „nicht ohne Resonanz“ blieb, wie Christa Wolf im Vorwort zu ihrem Buch „Ein Tag im Jahr“ schreibt, wurde es nicht weitergeführt.
25 Jahre und einen Weltkrieg später wiederholte die Zeitschrift Istwestja den Aufruf, der Christa Wolf, damals noch eine junge, eher unbekannte Autorin, nach eigenen Aussagen „sofort gereizt“ hat: „Ich setzte mich also hin und beschrieb meinen 27. September 1960“– und alle folgenden bis zum Jahr 2011. Die Aufzeichnungen im Jahr 2011 brach sie ab – sie hatte, so ihr Mann, nicht mehr die Kraft zu schreiben. Anfang Dezember starb Christa Wolf. Gerhard Wolf veröffentlichte die Tagesberichte der Jahre 2001 bis 2011 nach ihrem Tod; der erste Band war bereits 2003 unter dem Titel „Ein Tag im Jahr, 1960–2000“ erschienen, beide im Suhrkamp (Taschenbuch) Verlag. Die Texte zu veröffentlichen, war für die engagierte Schriftstellerin „eine Art Berufspflicht“.
„Ein Tag im Jahr“ ist kein Tagebuch, sondern ein Tagesbuch. Zwischen 6 und 26 Seiten sind die Tageserzählungen lang, und nicht immer schrieb Christa Wolf sie sofort nieder. Die Einträge waren für sie auch „ein Test, was ich vom gestrigen Tag noch weiß, was ich aus der schnell verblassenden Erinnerung festhalten, ‚retten‘ kann.“ Sie wollte festhalten, wie das Leben zustande kommt, was das eigene Leben ausmacht. Und so schrieb sie von ihrer Arbeit, über Menschen in ihrem Umfeld, über ihren Alltag – über Alltägliches und Kleinigkeiten – und über das Wetter. Das findet immer statt, unabhängig von der politischen Wetterlage – in ihren Aufzeichnungen und im richtigen Leben. 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, war sie versucht, „dieses Projekt abzubrechen, aus einer tiefer sitzenden Hemmung heraus als aus der gewöhnlichen Unlust. Ich sitze also seit einer halben Stunde untätig vor dem Blatt, auf dem ich mir Notizen machen will“, schrieb sie – und machte dann doch weiter. Zum Glück.
Das Projekt fasziniert nicht nur mich. Die Autorin Angelika Jesse von Borstel aus Altusried führt die Künstlertraditon seit fast einem Jahrzehnt mit dem Schreibprojekt „Ein Tag im Jahr“ weiter. Im Dezember treffen sich die Teilnehmerinnen dann im Frauenzentrum für Kultur, Bildung und Kommunikation in Kempten, um Texte und Erfahrungen auszutauschen. Ich werde zwar sicher nicht nach Kempten reisen, aber auch ich will meinen 27. September beschreiben – in diesem und vielleicht auch in den nächsten Jahren.
Übrigens: Thomas Brasch, der aus der DDR stammende Lyriker, Dramaturg und Schriftsteller, hat dem 27. September ein Gedicht gewidmet. „Der schöne 27. September“ wurde erstmals 1980, vier Jahre nach seiner Ausreise aus der DDR, in dem gleichnamigen Gedichtband veröffentlicht, nachzulesen unter https://marionbrasch.de/2018/09/27/der-schoene-27-september/.
Christa Wolf: Ein Tag im Jahr: 1960-2000 (suhrkamp taschenbuch) Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert (suhrkamp taschenbuch)
Mit der Ruhe und der Idylle am Würmsee ist es vorbei. Mit dem Seesein auch. Denn der See ist verlandet – so wenig Wasser wie jetzt hatte der Würmsee noch nie, behaupten ältere Burgwedeler, die es wissen müssen. Und auch ich habe ihn in den vergangenen 30 Jahren noch nie in einem so jämmerlichem Zustand gesehen.
Nur noch ein paar Pfützen sind übrig geblieben – in ein paar Wochen werden auch sie nur noch Schlammlöcher sein. Folge der anhaltenden Trockenperiode und mehrerer trockener Jahre hintereinander. Der Klimawandel lässt grüßen – und man ahnt, dass ein ausgetrockneter See schon bald eines unserer geringsten Probleme sein wird.
130.000 Kubikmeter Wasser hat die Stadt seit Anfang des Jahres in den See gepumpt und damit das von der Region Hannover erlaubte Kontingent fast ausgeschöpft – vergeblich. Jetzt versucht man, das Beste aus der Situation zu machen: Es wird kein Wasser mehr in den See gepumpt, weil es ohnehin nur verdunsten würde. Stattdessen wird die Gelegenheit genutzt, um den See zu entschlammen. Und so frisst sich jetzt ein Bagger in den Untergrund, wo vor ein paar Monaten noch Gänse und Blesshühner nach Futter suchten. Rund 30 cm Boden werden abgetragen, damit das Wasser nicht durch zu viel organisches Material belastet wird, wenn sich der See im Herbst und Winter wieder füllt – und die Wasservögel wiederkommen.
Die Badende schaut dem Treiben interessiert zu, vielleicht hofft sie, dass sie bald wieder – wie früher – von ihrem Steg ins Wasser springen und schwimmen kann. Doch sie irrt, die Zeiten sind wohl endgültig vorbei. Das Wasser umspült ihren Steg nur, weil die Bagger ganz in der Nähe mit der Arbeit begonnen haben.
Auch mein Badeboot auf der anderen Seeseite liegt längst auf dem Trockenen. Der Steg, der zu ihm führt, ragt mehr als einen halben Meter aus dem Seegrund. Ich bräuchte ihn nicht mehr, um zu meinem Lieblingsplatz zu kommen, ja, ich könnte sogar trockenen Fußes durch den See wandern zur Badende wandern, um sie zu besuchen. Doch ich weiß, dass sie keine Gesellschaft mag und lieber für sich ist.
Auch die Torffresser sind Einzelgänger; sie finden zwar noch genügend Grünfutter, doch auf ihre Lieblingsspeise – frischen Torf – müssen sie ebenso verzichten wie auf Frösche und Amphibien. Die sind längst ausgewandert.
Nur die Kröte am gegenüberliegenden Seeufer harrt noch an ihrem angestammten Platz unter der Bank aus. Aber auch sie und ihre vier Freunde werden wohl nicht mehr lange bleiben – ohne Wasser kein Leben am See.
Auch nicht in der Hütte, die immer noch leer steht und wie mir heute scheint still vor sich hin rostet.
Am Wochenende war ich zum Katzensitten im Harz. Ich bin eine erfahrene Katzensitterin – die Katzen unserer Nachbarn hüte ich seit Jahrzehnten, zur Zufriedenheit der Katzen und ihrer Besitzer. Fiene, die Nachbarkatze, fremdelt zwar anfangs noch immer ein bisschen, wenn ich ihre Betreuung übernehme. Doch nach ein paar Tagen akzeptiert sie mich als Familienmitglied, und als Anerkennung für meine Dienste als Tütenöffnerin legt sie mir gelegentlich eine Maus vor die Tür, meist mit einem Blättchen garniert. Den Sinn fürs Dekorative hat Fiene wohl von ihrer Besitzerin „geerbt“; vielleicht weiß sie aber auch, dass ich Salat eigentlich lieber mag als Fleisch.
Prinzessin K. kannte ich bislang zwar durch gelegentliche Besuche bei ihrer Besitzerin, aber „gesittet“ habe ich sie zum ersten Mal. Nun ist Katzensitten ja keine tagfüllende Angelegenheit. Meist möchten die Stubentiger – oder im Fall von Prinzessin K eher Stubenpanther – in Ruhe gelassen werden, wenn sie satt sind und die gewünschten Streicheleinheit bekommen haben. Prinzessin K. hat sich danach jedenfalls ganz tiefenentspannt auf ihren Katzenbaum zurückgezogen und ich war entlassen – frei nach Friedrich Schiller: „Der Mensch hat seine Arbeit getan, der Mensch kann gehen.“*
Ganz entspannt …
Ich habe die Gelegenheit genutzt, mir Bad Harzburg anzusehen. Jahrelang sind wir einfach daran vorbeigefahren; jetzt nehme ich mir Zeit, durch die Hauptstraße zu bummeln, die auch noch Bummelallee heißt. Das Städtchen hat Charme: Mir gefallen die hübsch renovierten Häuser, die teilweise noch aus einer Zeit stammen, in der Kur- und Badeaufenthalte noch den Herrschaften vorbehalten waren …
… die Radau, die durch den Ort fließt, und die vielen kleinen Teiche …
… und natürlich der Rosengarten. Vor allem die gelben Rosen haben es mir angetan, die intensiv nach Zitrone duften.
Auf dem Rückweg komme ich am Sophiengarten vorbei – die Wohnanlage ist ebenso neu wie der klassizistische Pavillon in der Mitte, aber die Inschrift gefällt mir: Freut euch nicht zu spät.
Ein kluger Rat, und ich nehme mir vor, ihn zu beherzigen. Ebenso wie den, der auf der Tasse steht, aus der ich hier meinen Kaffee trinke:
In der Sendung mit der Maus, die ich früher fast lieber gesehem habe als meine Tochter, würde es heißen: Das ist Lateinisch und heißt wörtlich „Pflücke den Tag“. Gemeint ist: „Genieße den Tag“.** Das tue ich leider zu selten. Aber das kann sich ja ändern.
Merke: Frau kann beim Katzensitten und beim Bloggen darüber offenbar manches lernen.
*Das Zitat stammt, anders als ich gedacht habe, nicht von Shakespeare, sondern es ist aus Friedrich Schillers Verschwörung des Fiesco, und zwar aus dem vierten Auftritt des dritten Akts. Und es heißt auch nicht Schuldigkeit, sondern Arbeit.
**Laut Wikipedia ist der Satz die Schlusszeile der Ode „An Leukonoë“ von Horaz, der von 65 v. Chr. bis 8 v. Chr. lebte. Er fordert „als Fazit des Gedichtes dazu auf, die knappe Lebenszeit heute zu genießen und das nicht auf den nächsten Tag zu verschieben“. Das will ich tun. https://de.wikipedia.org/wiki/Carpe_diem
Langsam wird’s eng. Nein, nicht in unserem Haus. Da ist reichlich Platz, seit die Kinder erwachsen und ausgezogen sind. Aber in den beiden Teichen lebt inzwischen eine Großfamilie: Vor ein paar Jahren ist ein Frosch in unseren Garten gezogen; in diesem Frühjahr sind schon fünf Frösche aus dem Winterquartier zurückgekommen – und es werden immer mehr.
Vier Frösche wohnten zunächst zusammen im und am großen Teich, der nicht wirklich groß ist, einer allein im kleinen Teich, der ziemlich klein ist. Irgendwann ist der Junggeselle in den großen Teich umgezogen – und hat sein Domizil dem Nachwuchs überlassen.
Keine Panik. Die alten Frösche haben sich an die Chaosgärtnerin gewöhnt.
Zur Jugend-WG im kleinen Teichgehören mindestens vier kleine Frösche. Die ganz kleinen – gerade dem Kaulquappen-Stadium entwachsen – leben noch mit ihren Eltern im großen Teich. Gezählt habe ich fünf, wie viele es wirklich sind, weiß ich nicht. Denn zwischen den Blättern der Kleinen Wasserlinse (Lemna minor) sind die kleinen Teichfrösche sind kaum zu sehen. Damit der Froschnachwuchs nicht versehentlich auf dem Kompost landet, verzichte ich derzeit darauf, die Entengrütze abzufischen.
Reichlich Nachwuchs
Was ist, wenn die kleinen Frösche erwachsen sind, weiß ich nicht. Für eine so große Familie sind die beiden Teiche sicher zu klein. Vielleicht müssen wir umbauen und aus zwei kleinen einen großen Mehrgenerationen-Teich machen. Altersgerecht am besten. Und mit Vollpension. Denn Würmer, Maden, Larven und vor allem Schnecken gibt‘s im Garten reichlich.
Vielleicht begeistern sich ja auch einige Jung-Frösche für vegetarische Ernährung und für die Entengrütze, die beide Teiche derzeit in grüne Teppiche verwandelt. Die soll übrigens sehr nährstoffreich und gesund sein – nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen: Auf einem Quadratmeter können die Kleinen Wasserlinsen mehr Eiweiß und Stärke erzeugen als Sojabohnen. Und auch der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren Forschern der Uni Jena zufolge sehr hoch.
Grüner Frosch auf grünem Teppich
In einigen asiatischen Ländern, z. B. in Kambodscha, Laos, Myanmar und Thailand, stehen Wasserlinsen, vor allem Verwandte aus der Familie Wolffia, schon seit Generationen auf dem Speiseplan. Und auch als Heilmittel wird die Lemna minor eingesetzt: Laut Apotheken.de in Europa schon seit alters her innerlich bei Entzündungen der oberen Atemwege, äußerlich bei Gicht und Rheuma, in der Chinesischen Medizin bei Masern, Ödemen, Gelenkschmerzen, Akne und Hautinfektionen.
Und vielleicht landen die Wasserlinsen ja auch bei uns versuchsweise als Wildgemüse auf dem Teller, wenn die kleinen Frösche der Kinderstube entwachsen sind und kein grünes Versteck mehr brauchen.
Wirklich groß ist der Teich nicht. Unzumutbare Wohnverhältnisse für die Frosch-Großfamilie?
Fast ein Jahr, nachdem ich am Natelsheidesee vor verschlossenen Toren stand, weil der gleichnamige Campingplatz schon geschlossen war, habe ich es nach endlich geschafft: Ich bin im Natelsheidesee geschwommen. Aber es war wie so oft im Leben, wenn man lange – zu lange – auf etwas wartet: Die Realität kann die inzwischen viel zu hohen Erwartungen nicht erfüllen.
Am See lag‘s nicht. Anders als die Ostsee, wo man gefühlt stundenlang durchs knietiefe Wasser waten muss, kann man im Natelsheidesee schon nach drei oder vier Metern schwimmen. Das Wasser war noch recht warm, fühlte sich gut – weich wie Regenwasser – an und an dem kleinen Badestrand war ich die einzige.
Natelsheide See in Bissendorf Wietze
Mehr los – für meinen Geschmack zu viel – war in dem kleinen Outdoor-Café/Restaurant am anderen Seeufer. Und weil das Wetter eher trist war und mich zudem das Dauergeräusch von der Autobahn direkt nebenan nervte, verzichtete ich auf den Kaffee, den ich eigentlich trinken wollte, stieg aufs Rad und fuhr weiter.
Den Kirchhorster See habe ich eher zufällig „wiederentdeckt“: Als ich vor fast 20 Jahren in einem kleinen Verlag in Kirchhorst gearbeitet habe, bin ich in der Mittagspause manchmal im See geschwommen – seither bin ich an dem kleinen See immer nur vorbei gefahren. Der Abstecher hat sich gelohnt: Ich hatte den See und den großen Badesteg ganz für mich allein.
Vielleicht lag’s daran, dass der Sommer zumindest nach der Definition der Meteorlügen schon seit 1. September zu Ende ist, vielleicht waren auch die Blaualgen schuld. Das Gesundheitsamt der Region hatte ihretwegen zur Vorsicht geraten. Da ich weder ein Kind bin noch vorhatte, viel Wasser zu schlucken, habe ich zuerst im See und dann ganz ungestört auf dem Steg in der Sonne gebadet.
Kirchhorster See
Auf dem Rückweg bin ich zu einem kleinen Seerosenteich geradelt, der am Rande der Gartenstadt Lohne liegt. Die ist, anders als der Name vermuten lässt, keine Stadt, nicht einmal ein richtiges Dorf, sondern ein Schlafort ohne Infrastruktur. Ich finde sie trostlos, mag aber den kleinen See, an dem ich früher auf dem Weg zur Arbeit manchmal Halt gemacht habe.
Biotop am Rande der Gartenstadt Lohne
Die Seerosen waren längst verblüht, dafür entdeckte ich am anderen Ufer zwischen den Pflanzen ein pelziges Tier. Für eine Bisamratte war’s zu groß, ob Biber oder Nutria wusste ich ebenso wenig wie die Frau, die vorbeikam und stehen blieb. Im Frühjahr seien noch vier kleine Biber/Nutrias im See gewesen, doch dann war die Familie verschwunden. Jetzt sehe sie sie zum ersten Mal nach Wochen wieder, erzählte sie.
Biber oder Nutria, das ist hier die Frage. Die gut erkennbaren Ohren und die langen Barthaare sprechen für Nutria.
Der Altwarmbüchener See musste bis zum nächsten Sonntag warten. Der See ist der zweitgrößte See in Hannover – und ein beliebtes Naherholungsgebiet. Die vielen Birken auf der kleinen Vogelschutzinsel und am Ufer und mehrere kleine Teiche am Rundweg vermitteln ein bisschen Finnland-Feeling.
Finnland? Nein …
Am See gibt es zwei offizielle Badestrände – einer in Hannover und einer in Altwarmbüchen – und mehrere inoffizielle, einen Bootsverleih und einen Wassersportverein. Man kann segeln, surfen, rudern, paddeln – und natürlich schwimmen. Aber dazu hatte außer mir offenbar niemand mehr Lust – und wieder hatte ich einen Badesee ganz für mich allein.
… der Altwarmbüchener See
Der Springhorstsee, See Nummer vier auf meiner Bade-Tour durch Burgwedel und die Nachbardörfer, liegt am Ortsrand von Burgwedel, also quasi vor meiner Haustür. Wenn mich die Sehnsucht nach Wasser packt, fahre ich oft zum See; geschwommen bin ich dort in diesem Sommer noch nicht.
Der Springhorstsee gehört wie der Natelsheidesee zu einem Campingplatz. Weil niemand am Eingang zu sehen war, habe ich befürchtet, zu spät zu kommen. Aber das Tor zum Strand ließ sich öffnen: Ich konnte zum See, den Blick aufs Wasser und das Schwimmen in aller Ruhe genießen. Merke: Manchmal ist es gut, wenn man spät kommt.
Strandfeeling in Großburgwedel
Es wird nicht der letzte Besuch in diesem Jahr sein. Denn die Seesucht geht weiter: Sie kann nämlich nur vorübergehend gestillt, aber nicht geheilt werden.
Kein Sommer mehr, aber auch noch nicht richtig Herbst. Die Farben im Garten verändern sich: Vom Frühjahr bis zum Sommer dominiert in unserem Garten die Farbe Lila in den verschiedensten Nuancen, jetzt gibt es nur noch einzelne rote Farbkleckse, passend zum Laub, das sich allmählich bunt färbt, bevor es braun wird.
Die Beeren der Eberesche zum Beispiel,
oder des Sommers letzte Rose, die ich schon in den Gartenblicken im August gezeigt habe
Ihre Schwestern in den anderen Beeten blühen längst nicht mehr, sondern tragen schon Hagebutten, die echte Rose vor dem Wintergarten ebenso
wie die Heckenrose am Teich, hinter der der Leuchtturm roter Sand fast verschwindet wie einst Dornröschens Schloss im Märchen.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben hat den roten Früchten ein Kinderlied gewidmet. Dass viele das Männlein, das mit seinem „purpurrothen Mäntelein“ „ganz still und stumm“ im Walde steht, irrtümlich für einen Fliegenpilz halten, ist nicht verwunderlich. Denn allein stehen die Hagebutten bei uns und auch anderswo nicht. Im Gegenteil, es gibt in diesem Jahr besonders viele. Ich könnte sie ernten und daraus Tee aufbrühen. Aber ich zögere, weil ich Hagebuttentee hasse, seit ich ihn bei der einzigen „Kur“ meines Lebens trinken musste. Damals war ich acht oder zehn – seither habe ich Hagebuttentee gemieden. Vielleicht gebe ich ihm jetzt eine neue Chance. Oder ich koche zum ersten Mal in meinem Leben Hagebuttenmarmelade, die sehr lecker schmecken soll.
Die Trauben werden wir gewiss zu Gelee verarbeiten – die roten ebenso wie die weißen, nach einem Rezept, das wir von der Bekannten bekommen haben. Sie wurde wie ich an der Mosel geboren, kennen gelernt haben wir uns im Harz, wo sie jetzt wohnt und einen wunderschönen Garten hat.
Im Hochbeet hoffen die letzten Tomaten auf ein paar schöne Tage; wenn das Wetter nicht mitspielt, ernten wir sie grün und lassen sie in der Küche in einem dunklen Gefäß reifen und erröten.
Der Lesezwerg wird auch diesen Herbst und Winter draußen verbringen. Seine Kleidung ist im Laufe der Jahre abgeblättert – er ist nackt, bis auf die rote Zipfelmütze, die zwischen verwelktem Blaukissen, Giersch und Rosenablegern hervorblitzt. Was er liest, verrät er nicht, vielleicht ja die Gedichte von Hoffmann von Fallersleben.
Übrigens: Daran, dass Hoffmann von Fallersleben mit seinem Lied wirklich die Hagebutte meinte, besteht kein Zweifel: Er hat laut Wikipedia das Rätsel Jahre später in einer Extra-Strophe aufgelöst:
„Das Männlein dort auf Einem Bein,
Mit seinem rothen Mäntelein
Und seinem schwarzen Käppelein,
Kann nur die Hagebutte sein.“
Die Strophe wird auf ausdrücklichen Wunsch des Dichters nur gesprochen – und kommt auch in Engelbert Humperdincks Oper Hänsel und Gretel nicht vor. Hoffmann von Fallersleben war auch nicht der erste, der die Hagebutte besungen hat: Schon in einem Retherbüchlein (Rätselbuch) aus dem 16. Jahrhundert ist sie Wikipedia zufolge des Rätsels Lösung. https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_M%C3%A4nnlein_steht_im_Walde
Am Tag vor dem meteorologischen Herbstbeginn ist es nicht mehr zu übersehen: Der Sommer ist fast vorbei. Es wird allmählich Herbst.
Die Teiche, im Sommer zwischen den Pflanzen gut versteckt, sind wieder zu sehen – und zwischen Herbstastern und Blutweiderich lugt auch der Leuchtturm Roter Sand wieder hervor.
Die Frösche haben sich im Laufe des Sommers an mich gewöhnt, einer bleibt sogar gelangweilt sitzen, wenn ich die grüne Entengrütze oder Algen aus dem Teich fische.
Die Eberesche bereitet mir nach wie vor Sorgen: Sie hat in diesem Jahr nur wenige Blätter und Früchte. Hoffentlich übersteht sie den Winter. Der Nistkasten hat auf jeden Fall ausgedient. Vielleicht gefällt sein Nachfolger den Vögeln besser.
Auch die Rosen haben sich in diesem Jahr zurückgehalten; jetzt blühen im runden Rosen-Erdbeer-Beet wohl die letzten Rosen des Sommers und erinnern mich an eines meiner Lieblingsgedichte: „Sommerbild“ von Christian Friedrich Hebbel:
„Ich sah des Sommers letzte Rose stehn,
Sie war, als ob sie bluten könne, rot“
Der Lesezwerg in seinem längst verblühten blauen Kissen hat eine neue Nachbarin bekommen: Neben Lavendel und den kleinen Ausläufern der großen Rose habe ich zwei Winteranemonen eingepflanzt. Als ich Anfang August zum Jahrgedächtnis meiner Mutter an der Mosel war, hat eine Freundin sie mir geschenkt. Sie hatte vor Jahren Ableger von meiner Mutter bekommen, die sich in ihrem Garten prächtig vermehrt haben. Ich bin gespannt, ob die Anemonen den Umzug überstanden haben und im nächsten Jahr in meinem Garten ebenso schön blühen.
Der Lavendel neben der Terrasse ist fast verblüht; ich werde die Blüten in den nächsten Tagen abschneiden und zu kleinen Sträußen zusammenbinden. Die verteile ich überall im Haus, weil ich den Duft sehr gerne mag.
Die Hochbeete sind abgeerntet, meins habe ich neu eingesät. Die ersten Spinatpflänzchen zeigen sich schon, und auch der Feldsalat lässt nicht mehr lange auf sich warten.
Die Trauben zwischen den beiden Terrassen sind schon „im Wein“, wie es an der Mosel heißt, wenn die Beeren weich werden. Ungewöhnlich früh, wie mir scheint. In zwei oder drei Wochen werden wir sie ernten – wenn uns die Vögel etwas übrig lassen. Denn anders als uns sind ihnen die Trauben schon jetzt nicht mehr zu sauer.
Und für alle, die es interessiert, hier noch der Link zum Gedicht von Christian Friedrich Hebbel
Vorgestern bin ich zum Würmsee gefahren, aber er war – wie auch bei meinem Besuch in der vorletzten Woche – nicht da. Überrascht hat mich das nicht, denn im Sommer verschwindet der See fast immer. Zurück bleibt, wenn überhaupt, nur ein bisschen Wasser in der Mitte, kaum mehr als eine überdimensionale Pfütze.
Der Regen in den letzten Tagen hat daran nichts geändert; er war kaum mehr als ein Tropfen in den trockenen See. Wo vor ein paar Monaten noch Wasser war, wachsen jetzt Pflanzen; die Badende könnte den Steg jetzt verlassen und ihr Sonnenbad auf dem Seegrund fortsetzen.
Mein „Boot“ am gegenüberliegenden Ufer liegt natürlich auf dem Trockenen, auf meinem Lieblingsplatz sitzend, sehe ich, wie weit der Wasserspiegel abgesunken ist.
Blick vom Boot vor zwei Wochen …… und aufs Boot vorgestern
Ein bisschen erinnert mich der Anblick an die Serengeti in Afrika, wo Flüsse und Seen in der Trockenzeit verschwinden, Millionen Tiere dem Wasser nachwandern und sich um die verbleibenden Schlammlöcher scharen.
Schlammloch oder See?
Das ist hier anders. Gänse und Reiher habe ich bei meinen letzten Besuchen am See nicht mehr gesehen – sie fliegen zumindest tagsüber zu Plätzen, wo es mehr Wasser und mehr Nahrung für sie gibt. Die Torffresser bleiben dagegen in ihrem Reservat: Sie lassen sich den Appetit nicht verderben und grasen seelenruhig zwischen den austrocknenden Torfhaufen. Die Letzten ihrer Art haben vielleicht deshalb überlebt, weil sie so genügsam und anpassungsfähig sind. Und zur Not können sie ja auch mit ihren Schaufeln nach Wasser graben
Und auch die fünf von der Bank – Eisvogel, Kröte, Reiher, Fuchs und Hase – harren noch aus. Aber ich frage mich, wie lange noch. Sie blicken, so scheint es mir, sorgenvoll auf den kleiner werdenden See. Das, was sie wirklich zum leben brauchen, nämlich Wasser, wird allmählich knapp. Und vielleicht werden auch sie demnächst auswandern wie die Tiere aus dem Talerwald, an die sie mich bei jedem Besuch wieder erinnern.
Was brauchst du wirklich zum Leben: Wasser. Das wird auch hierzulande langsam knapp
Ende Juli, Hochsommer, auch wenn die Hochs zurzeit einen Bogen um uns zu machen scheinen. Zumindest können sie sich gegen die Tiefs draußen auf dem Atlantik nicht wirklich durchsetzen.
Dass es in diesem Jahr mehr regnet als in den beiden vergangenen, tut der Natur gut, auch wenn man den Pflanzen in unserem Garten die Freude nicht richtig anmerkt. Irgendwie sehen sie in diesem Jahr ein bisschen zerzaust aus, so, als fiele es ihnen schwer, sich auf den in diesem Jahr typischen Regen-Sonne-Wind-Mix einzustellen.
Dem Lavendel machen die Wetterkapriolen nichts aus: Er blüht so prächtig wie noch nie – nicht nur bei mir, sondern auch in den Nachbargärten. Ich werde die Blüten demnächst abschneiden und trocknen – und die Sträucher dann zurückschneiden, wie die Profis empfehlen.
Das hat im vergangenen Jahr bei den Rosen sehr gut funktioniert. Sobald ich die alten Blüten abgeschnitten habe, sind neue nachgewachsen – bis in den Herbs hinein. In diesem Jahr war die Rosensaison eher kurz und heftig: Meine duftenden Lieblingsrosen – Rhapsody in blue und Abracadabra – haben ausgerechnet im Juni geblüht, als es ständig geregnet hat und ich nur selten im Garten war. Nur der Rosenstock im Rosenerdbeerbeet hat noch viele Blüten, der Teehibiskus direkt neben ihm blüht lila-weiß, zum allerersten Mal. Dafür ist mein lila Rittersporn spurlos verschwunden – leider nicht zum ersten Mal. Ich habe mit dieser Pflanze kein Glück. Aber weil ich Rittersporn so hübsch finde, bekommt er noch eine Chance. Der Neue steht noch im Topf auf der Terrasse, bis ich einen geeigneten Platz für ihn gefunden habe.
Am Teich zeigt nur noch der Blutweiderich Farbe. In den nächsten Tagen werde ich die Mohnsamen überall im Garten verteilen. Ich liebe Mohn – auch wenn oder gerade weil er so vergänglich ist. Eine Bekannte hat mir Samen einer Mohnpflanze in ihrem Garten versprochen, und vielleicht entdecke ich ja noch irgendwo den gelben kalifornischen Mohn, nach dem ich schon so lange suche, oder den rotgelben Islandmohn für nächsten Sommer.
Die Vogelbeeren sind inzwischen rot. Es sind längst nicht so viele wie in den vergangenen Jahren; hoffentlich beschweren sich die Vögel nicht. Aber die schauen schon nach den Trauben und schimpfen, wenn wir uns den beiden Weinstöcken zwischen den Terrassen nähern. Dabei gibt’s genug Trauben für alle – für sie und uns. Sogar genug, um wieder Gelee zu kochen.
Erbsen koche ich nie, ich habe sie mit den Schoten schon als Kind am liebsten roh gegessen. In diesem Jahr habe ich zum ersten mal Zuckerschoten gesät. Sie wachsen gut in den Hochbeeten und schmecken sehr gut, alles andere steht viel zu dicht. Der Rettich ist winzig, aus den Möhren ist gar nichts geworden und die Roten Beete lasse ich noch ein paar Tage wachsen, bevor ich die ersten ziehe. Was lernt frau daraus? Weniger ist manchmal mehr. Im nächsten Jahr mache ich‘s besser.
„Mal sehen“, scheint der Zwerg zu denken. Aber vielleicht bilde ich mir das nur ein. Wahrscheinlich bemerkt er nicht einmal, dass ich ihn wieder einmal fotografiere. Denn er ist wie in den vergangenen Monaten in sein Buch vertieft.