Same procedure every Herbst

Alle Jahre wieder, kurz bevor die Uhren Ende Oktober wieder umgestellt werden, endet auch für unsere Zimmerpflanzen die Sommerzeit: Sie kehren aus der Sommerfrische auf der Terrasse in den Wintergarten zurück, wo sie unterm schützenden Glasdach die kalten Monate verbringen.

Vom Garten …

Dass sie eng zusammenrücken und in Reih und Glied stehen müssen, ist für die Einzelgänger unter ihnen  sicher weniger schön, aber besser als kalte Füße und abgefrorene Blätter ist es allemal. Denn Sanseveria, Zitrus, Olive, Strelizie und Co vertragen eben keine niedrigen Temperaturen.

… in den Wintergarten

Einige Pflanzen bekommen bei der Gelegenheit einen neuen Topf, weil sie dem alten entwachsen sind. Die Sanseveria gedeiht besonders prächtig: Sie ist Anfang vergangenen Jahres bei uns eingezogen ist, als meine Mutter aus ihrem Haus in das Altenheim im Nachbarort gezogen ist. Damals habe ich die Pflanze geteilt und nur einen von fünf Ablegern behalten (https://timetoflyblog.com/2018/02/19/nachrichten-aus-dem-winter-garten/).

Der ist groß geworden und hat für weiteren Nachwuchs gesorgt – so sind inzwischen zwei weitere Ableger in den Harz gezogen. Auch in unserem Haus sanseveriat es jetzt in fast allen Zimmern und das ist gut so. Denn der Bogenhanf soll einer Studie zufolge Schadstoffe aus der Luft filtern und auch nachts bei Dunkelheit noch Sauerstoff abgeben. Dass sie pflegeleicht sind, spricht ebenfalls für die Pflanzen. So haben sie es nicht übel genommen, dass sie nach heftigen Regenfällen knöcheltief im Wasser gestanden haben, obwohl als ehemalige Wüstenpflanze ja eher Trockenheit mögen.

Auch die Pflanze, deren Namen ich nicht kenne, hat sich ihrer neuen Heimat in unserem (Winter)Garten hervorragend angepasst. Wir haben vor ein paar Jahren einen kleinen Ableger mit aus Spanien gebracht. Der erste Topf ist längst zu klein – und inzwischen sind sie zu viert.

Meine Vogeltränke hat den Umzug indes nicht überlebt: Sie ist mir beim Reinigen aus der Hand geglitten; der Boden ist zersprungen. Die grünen Frösche auf der Umrandung sind glücklicherweise heil geblieben. Sie umhegen jetzt den blauen Enzian, dem es offenbar schwer fällt, sich einzugewöhnen. Im Beet nebenan blühen die Rosen immer noch und die lila Krokusse wieder. Von ihren gelben Verwandten zeigt sich dagegen im Herbst kein einziger.

Auch die Gaultheria schaut unterm Herbstlaub hervor und erinnert mich daran, dass Weihnachten naht (Gut, beim Einkauf im Supermarkt ist es ohnehin nicht zu übersehen). Bald werde ich mir wieder neue Gaultherias fürs Haus kaufen, denn ich mag ihre dunkelgrünen Blätter und die leuchtend roten Scheinbeeren. Leider halten sie es im Haus nicht lange aus: Es ist ihnen zu warm und vielleicht vermissen sie die frische Luft. Deshalb werde ich sie nach ein paar Wochen wie ihre Artgenossen im vergangenen Jahr auswildern, damit sie ein bisschen Farbe in den winterlich grauen Garten bringen.

Ich mag keine Montage …

… vor allem an Tagen wie diesem, die sich eher novembrig trüb – Grau in Grau – statt oktobrig golden präsentieren. an dem die To-do-Liste scheinbar endlos und neben beruflichem auch sonstiger Stress angesagt ist. An Montagen wie diesem geht mir Bob Geldofs Song „I don’t like Mondays“ nicht  aus dem Kopf – und die Geschichte von Brenda Ann Spencer, die Geldof zu dem Song inspirierte.

Brenda Ann Spencer hat im Januar 1979 aus ihrem Schlafzimmerfenster auf eine gegenüberliegende Schule geschossen, dabei den Direktor und den Hausmeister erschossen und acht Kinder und einen Polizisten verletzt. Das halbautomatische Gewehr hatte sie zu Weihnachten von ihrem Vater geschenkt bekommen. Er hatte ihr auch das Schießen beigebracht.

Spencer war bei ihrem Amoklauf 16, sie wurde zu zweimal 25 Jahren bis lebenslänglich verurteilt und sitzt seither im Gefängnis. Alle Haftprüfungen und Gnadengesuche wurden bislang abgelehnt. In Deutschland und in vielen anderen Staaten wäre sie schon lange wieder frei; sie hätte eine zweite Chance auf ein normales Leben bekommen und sie vielleicht genutzt. Und ich frage mich einmal wieder, was das für ein Land ist, das Kindern Waffen unter den Weihnachtsbaum legt und sie für immer einsperrt, wenn sie durchdrehen und tun, was man ihnen beigebracht hat: schießen.

„Es war so, als würde man Enten in einem Teich erschießen“, soll  Brenda Ann Spencerlaut Wikipedia nach der Verhaftung  gesagt haben. Und nach dem Grund für die Morde gefragt: „Ich mag keine Montage.“

Und während ich an die Frau denke, die fast so alt ist wie ich und ihr ganzes Erwachsenenleben hinter Gittern verbracht hat, beschließe ich, dass ich eigentlich keinen Grund habe, Montage nicht zu mögen. Trotz der langen Wochen-to-do-Liste und obwohl die Woche gerade erst begonnen hat. Nur diesen vielleicht, der so trüb daherkommt.

Erntedank

Im vergangenen Jahr haben unsere Apfel- und Kirschbäume, die Brombeeren und Erdbeeren so viel getragen wie noch nie. In diesem Jahr haben sie sich eine Pause gegönnt. Nur die Traubenernte fällt in diesem Jahr wieder sehr üppig aus.

Allerdings müssen wir die Trauben mit den Vögeln teilen. Das tun wir gerne, denn es ist genug für alle da. Zum Naschen, für einige Gläser Traubengelee und für ein paar Flaschen selbstgemachten Traubensaft reicht das, was sie uns übriglassen, allemal. Nur die wüsten Beschimpfungen, die wir uns anhören müssen, wenn wir unsere Terrasse betreten, missfallen mir. Denn schließlich ist es auch mein Garten.

Der Ruccola breitet sich inzwischen überall im Garten aus, vorzugsweise auf der Terrasse. Und auch Tomaten haben wir in diesem Jahr mehr geerntet denn je –neben  winzigen Johannisbeertomaten und grün-gelben Zebratomaten erstmals auch hängende Tomaten.

Premiere hatten Zuccinis, Gurken, Feldsalat und Spinat, Letztere in meinem neuen Hochbeet. Was dort so üppig aussah, war auf dem Teller dann leider kaum mehr als eine kleine Handvoll – dafür aber sehr schmackhaft.

Spinat, abgeerntet, rechts, und Feldsalat, links

Wohl nicht mehr ernten werden wir in diesem Jahr die Paprika, die Foe auf ihrer Fensterbank aus Paprikakernen gezüchtet (https://chaosgaertnerinnen.de/paprika-und-anderer-salat) und dann in unserem Garten ausgewildert hat. Sie sind nicht nämlich  leider bislang nur fingerkuppengroß. Vielleicht dann im nächsten Jahr.

Wer zu spät kommt …

… den bestraft das Leben. Diese Worte von Michail Gorbaschow haben sich auch heute wieder bewahrheitet. Bevor morgen der Herbst beginnt, wollte ich noch einen Punkt von meiner To-do-Liste für diesen Sommer erledigen: schwimmen im Natelsheide See in Bissendorf Wietze. Anderthalb Jahr bin ich auf dem Weg zum Altenheim, in dem meine Mutter gelebt hat, nah am See vorbeigefahren, nie habe ich es geschafft. Im August war ich schon einmal auf dem Weg zum See, als aus heiterem Himmel Gewitterwolken aufgezogen sind und ich umkehrte.

Heute Morgen bin ich dann wieder losgezogen, um im See zu schwimmen, auf der Seeterrasse einen Milchkaffee zu trinken, aufs Wasser zu schauen und die Sonne zu genießen. Doch als ich ankam, war der Campingplatz, auf dem  der See liegt, geschlossen. Kein Kaffee, die Stege gesperrt, und im See hatten sich Algen und Seerosen ausgebreitet. Mit ihnen wollte ich nicht um die Wette schwimmen. Wer zu spät kommt …

Natelsheidesee
Blick durch den Zaun: der Natelsheidesee

Zu einem Bad im See bin ich dann doch noch gekommen, wenn auch der Weg vom Natelsheide in Wedemark-Wietze zum Wietzesee in Langenhagen wesentlich weiter und  im wahrtsten Sinne steinig war. Wer auch immer den Radweg mit so grobem Schotter hat belegen lassen – er hat sicher noch nie in seinem Leben auf einem Rad gesessen. Besonders schön war auch der restliche Weg nicht, dafür hatte ich den Wietzesee fast für mich.

Nur ein paar Sonnenhungrige lagen am Strand bzw. auf der Wiese, im Wasser war niemand. Mein Bad im See war zugegebenerweise kurz, denn das Wasser war zwar sehr klar, aber auch sehr kalt. Doch nach der langen Radtour kam die Abkühlung gerade recht.

Wietzesee
Wietzesee

Schön wars am See, und ich bin sicher, dass ich wieder hinfahren werde – auch wenn ich mir eine andere Route suchen werden. Und im nächsten Jahr werde ich es sicher schaffen, im Natelsheidesee zu  baden. Und ich werde diesen Plan gewiss nicht wieder aufschieben.

Neues Orchideenleben

Nein, ich mag keine Orchideen, zumindest keine auf Fensterbänken ihr kümmerliches Dasein fristen (https://chaosgaertnerinnen.de/nicht-nur-tropisch). Und trotzdem steht jetzt eine auf der Fensterbank in meinem Arbeitszimmer. Ich habe sie quasi von meiner Mutter geerbt. Ich hatte sie ihr vor einem halben Jahr geschenkt, weil sie Orchideen immer gemocht hat. Warum, weiß ich nicht, vielleicht weil sie einen Hauch von Luxus und große weite Welt in ihr Leben gebracht haben.

Meine Mutter selbst hat nicht viel von der Welt gesehen, und ich glaube, sie hatte auch nie den Wunsch. Zuerst, als sie jung und die Kinder klein waren, konnten meine Eltern es sich nicht leisten, zu verreisen. Ihre erste Urlaubsreise haben wir, ihre Töchter, ihnen zur Silbernen Hochzeit geschenkt. Danach sind sie regelmäßig in Urlaub gefahren, einmal im Jahr, meist für zwei Wochen, oft mit dem älteren Bruder meiner Mutter und seiner Frau. Meist ging es irgendwo nach Deutschland: in den Harz, in den Bayerischen Wald, an den Bodensee und auch mal an die Nordsee. Ein oder zweimal waren meine Eltern in Österreich. Geflogen ist meine Mutter nie, die CO2-Bilanz ihres Lebens ist sicher vorbildlich.

Als ich mich am Donnerstag endgültig von meiner Mutter verabschiedete, mochte ich die Orchidee nicht zurücklassen. Was mit den anderen Orchideen passiert ist, die meine Mutter von der Mosel mit in das Heim nach Bissendorf genommen hat, weiß ich nicht. Vielleicht stehen sie jetzt auf den Fensterbänken meiner Schwestern. Wahrscheinlicher ist, dass meine Schwestern sie dem Entrümpler überlassen haben, als sie vor neun Wochen meine Mutter in das Heim nach Norderstedt gebracht haben. Genau wie alle Möbel meiner Mutter, mit Ausnahme des Fernsehers.

In Bissendorf hat die Orchidee eifrig geblüht, aber der Umzug ist ihr nicht bekommen. Vielleicht war ihr der neue Platz zu dunkel, vielleicht lag es an der Pflege. Wer auch immer sich um sie gekümmert hat: Er oder sie hatte wenig Ahnung. Immer, wenn ich meine Mutter besucht habe, habe ich die Pflanze trockengelegt: Ich habe das Wasser ausgeleert, das halbhoch im Übertopf stand. Denn Orchideen mögen ja bekanntlich keine nassen Füße. Vielleicht hat sich die Blume auch ihrer Besitzerin angepasst, die sich immer mehr aus dem Leben zurückgezogen hat. Denn Pflanzen fühlen weit mehr, als man bislang gedacht hat. Sie kommunizieren miteinander, führen ein geheimes, uns Menschen unbekanntes Leben. Und vielleicht fühlen sie ja auch mit uns.

Als ich die Orchidee in der Seitentasche meines Rucksacks mit nach Hause genommen habe, sah sie so trostlos aus, dass mich eine Frau im Zug angesprochen hat. „Ob die Blume die Fahrt wohl überlebt?“, fragte sie. Ich erzählte ihr, dass ich sie von meiner Mutter geerbt hätte, die in der Nacht gestorben sei. Sie wünschte mir herzliches Beileid und viel Glück.

Auf meiner Fensterbank gefällt es der Orchidee offenbar. Schon nach wenigen Stunden hat sich die erste Blüte geöffnet, weitere werden wohl folgen. Und während ich das schreibe, denke ich, dass es  vielleicht ein Zeichen ist – ein Zeichen, dass es meiner Mutter jetzt besser geht, wo immer sie auch ist.

Blög Orchidee P1030018

Müde bin ich …

Meine Mutter war ein sehr gläubiger Mensch – und überzeugte Katholikin. Sie hat, so lange es ihr möglich war, nie eine Sonntagsmesse versäumt. Sie ist selbst mit über 90 noch regelmäßig in die Kirche gegangen. Und sie hat oft gebetet. Für sich, mit uns, als wir klein waren, mit meinem Vater, als er dement war. Es hat mich berührt, wenn ich gehört habe, wie sie miteinander gebetet haben, wenn sie ihn ins Bett brachte. Und ich hatte immer das Gefühl, dass es sie tröstet.

In den letzten Wochen und Monaten habe ich meine Mutter oft gefragt, ob wir miteinander beten sollen. Sie hat jedes Mal genickt, und dann betete sie los, wie sie es schon als Kind gelern und auch uns gelehrt hat: „Vater unser“, „Gegrüßet seist du Maria“ und immer auch „Müde bin ich geh zur Ruh“.

Dieses Gebet passt am besten zu ihrer Situation, denn sie ist müde geworden. Sehr müde. Bei meinen beiden letzten Besuchen hat sie fast nur noch geschlafen. Und beim letzten Besuch hatte sie sogar das Beten verlernt. Sie nickte wie immer, als ich sie fragte, ob sie beten wollte, doch als ich sie fragte, was, sagte sie – nichts. Ich betete, oder soll ich sagen, ich sagte die Gebete, die sie ihr Leben lang kannte. Ich merkte, dass sie nach den Worten suchte, sie aber nicht mehr fand. Was bleibt, habe ich mich gefragt, wenn am Ende selbst das schwindet, was einem ein Leben lang Halt gab. Und mir fielen die Worte ein, die Jesus gesagt haben soll, bevor er starb: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk,15,34; Mt, 27,46). (Den genauen Wortlaut und die Quelle habe ich, ich geb’s zu, gegoogelt.)

Weil auch ich von  „Müde bin ich geh zur Ruh“ nur noch die erste Strophe vollständig kannte, habe ich im allwissenden Netz auch danach gesucht – natürlich gefunden. Das Gebet ist von Luise Hensel; von der letzten Strophe gibt es zwei Versionen, von denen mir die, die ich nicht kannte, besser gefällt.  Und es gibt das Gebet, als Gute-Nacht-Lied für Kinder, als cd und auf mp3.

Ich werde das Lied, bevor ich wieder zu meiner Mutter fahre, herunterladen und ihr vorspielen. Und ich werde es mit ihr beten, weil sie es immer getan hat und weil es so gut zu ihrer Situation passt: Müde bin ich, geh zur Ruh

http://www.christliche-gedichte.de/?pg=6201

 

Pflanzen-Foto-Kunst

Wenn man, wie ich, im flachsten Flachland in Deutschland wohnt und die nächste interessante Landschaft ein ganzes Stück entfernt liegt, dann muss man beim Fotografieren mit den kleinen Motiven Vorlieb nehmen, wie Blumen, Baumrinden, Moos. Aber auch im Urlaub, inmitten der schönsten weiten Landschaften beschäftige ich mich gerne mit den Details.

Wenn ich dann zehn Minuten an einem Baum herumfotografiere, um eine bestimmte Musterung der Rinde in einer bestimmten Position als Bild festzuhalten, ernte ich schon mal seltsame Blick von vorbeigehenden Spaziergängern. Und ich frage mich dann immer, ob sie die Kunst, die die Natur erzeugt, wirklich nicht sehen – aber Kunst ist ja auch immer eine Frage des Geschmacks, wenn man bedenkt, dass auch eine Fettecke schon als Kunstwerk galt (bis sie m.E. zu Recht gesäubert wurde).

Am Computer spiele ich im Anschluss gerne mit Farben, Kontrasten und Overlays, verpasse den Fotos auch mal einen Aquarell-Look oder arbeite Elemente aus anderen Bildern hinein (auf Neudeutsch „composing“). Manchmal bearbeite ich mehr, manchmal weniger. Auch das alles ist natürlich Geschmackssache.

Aber für den Fall, dass meine Fotokunst Euch auch gefällt und ihr Euch eines der Bilder auf eine Tasse, als Postkarte oder als anderes Fotoprodukt drucken lassen möchtet, könnt Ihr das in meinem Shop tun: https://www.pictrs.com/foerodens

Dort gibt es natürlich nicht nur Blumen/Pflanzenfotos, sondern auch Bilder und Bildbearbeitungen aus den Kategorien Architektur, Natur/Landschaften, Tiere und Wolken. Von manchen Motiven, wie zum Beispiel dem neuseeländischen Farn, stehen auch verschiedene Versionen zur Verfügung.

(Foe Rodens)

2019 einhalb

Zugegeben, der Titel ist geklaut. Oder doch zumindest angelehnt an einen Song von Reinhard Mey, den ich früher gern gehört habe. „71 ein halb“ heißt das Lied und es geht weiter „… was ist aus all dem geworden, was ich mir am Neujahrsmorgen ganz fest vorgenommen hab?“.

Das Jahr ist halb vorbei (ok, schon seit drei Tagen, aber ich habe es einfach nicht geschafft, den Text vorher zu bearbeiten) – Zeit also für eine Zwischenbilanz. Und weil ich gerade diesen Blogbeitrag schreibe, fange ich mit dem Bloggen an – und mit der guten Nachricht. Ich hatte mir vorgenommen, jede Woche einen Blogbeitrag zu schreiben oder zumindest vier jeden Monat. Das ist mir gelungen. All denjenigen, die nur timetofly kennen und jetzt verwundert nachzählen, kann ich die Differenz erklären: Mit meiner Blogpartnerin Foe beschreibe und betreibe ich seit einiger Zeit einen zweiten Blog: https://chaosgaertnerinnen.de/ Wir bloggen dort über Gärten – über unsere eigenen und über fremde. Ich freue mich, wenn ihr hineinschaut und/oder den Blog abonniert – natürlich kostenlos.

Mit meinen anderen Schreibprojekten hinke ich dagegen hoffnungslos hinterher, was sicher auch daran liegt, dass ich auch ein anderes Vorhaben nicht umgesetzt habe: Ich arbeite immer noch zu viel, wenn auch nicht so viel zu viel wie meine Freundin Sabine. Aber ab September wird alles besser. Dann will ich mir auch die Zeit für die Wanderung nehmen, die auf meiner Vorhabenliste steht. Meinen Plan, die Alpen zu Fuß zu überqueren, habe ich zwar wieder um ein Jahr verschoben, weil ich mich alleine nicht traue und die Gruppenwanderungen, die für mich in Frage kommen, einfach nicht in meinen Terminkalender passen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und es gibt ja auch noch andere schöne und vielleicht nicht ganz so anspruchsvolle Strecken.

Zeit für einen richtigen Urlaub hatte ich in diesem Jahr noch nicht, dafür gönne ich mir kleine Auszeiten zwischendurch: Zwei oder drei Tage bei meiner Freundin, eine Fahrt ans Steinhuder Meer, eine Wanderung im Harz oder auch nur abends eine kurze Fahrt an den Würmsee. Der ist ja eigentlich nur ein flacher Tümpel, aber wenn ich auf dem Steg oder auf der Bank sitze, sehe ich das nicht – außer wenn die drei Fischreiher ganz in der Nähe und nicht mal bis zu den Waden im Wasser stehen. Was mich zu der Frage führt: Haben Reiher Waden?

Mit dem Morgenritual, das ich am Anfang des Jahres begonnen habe (https://timetoflyblog.com/2019/01/08/same-procedure-every-day/), tue ich mich zugegebenermaßen schwer: Die Morgenseiten schreibe ich eigentlich immer – und freue mich zurzeit jeden Morgen darüber, dass ich von meinem Platz auf der Empore die Sonne hinter den Bäumen hervorkommen sehe. Yoga verschiebe ich meist auf später, bis die Sonne um die Nachbarhäuser herumgewandert ist und in den Garten scheint. Denn ich übe meist draußen  – und da ist es mir ganz früh am Morgen noch zu kalt. Dass Yoga dann manchmal ausfällt, ist die Kehrseite der Medaille.

Auch andere gute Vorsätze sind leider nur Vorsätze geblieben. Ich bewege mich immer noch zu wenig (gut, alles ist relativ) und ich trinke immer noch zu viel Kaffee. Mein Keyboard habe ich kürzlich wieder weggeräumt, weil ich seit Monaten kein einziges Mal geübt habe. Immerhin male ich manchmal, keine richtigen Bilder zwar, aber die kleinen Kritzeleien in mein Tagebuch und in mein Skizzenbuch machen mir viel Spaß – und mein Leben bunter. Was will ich mehr?

Mehr Zeit zum Lesen. Leider habe ich es habe auch nicht geschafft, jede Woche ein Buch zu lesen. Immerhin 20 Bücher waren es seit Anfang des Jahres gelesen und dabei zwei neue Autorinnen (wieder)entdeckt. Meg Wolitzer kannte ich noch gar nicht, von Elizabeth Strout hatte ich irgendwann ein Buch gelesen, das mir nicht besonders gefallen hat. Jetzt habe ich es wiedergelesen – und war so begeistert, dass ich es mir kaufen musste.

Ambitioniert hat eine gute Bekannte meine Lesepläne genannt – und sie hatte recht: Es war zu ambitioniert – typisch für mich. Ich nehme mir oft zu viel vor. Das soll sich ändern, und deshalb starte ich ohne (neue) gute Vorsätze in das zweite Halbjahr. Und wünsche mir das, was Reinhard Mey gewünscht hat: „eine gute zweite Halbzeit und ein gutes altes Jahr“.

Tagebuch schreiben

Vor ein paar Tagen habe ich ein neues Tagebuch angefangen. Und obwohl es schon so viele waren in all den Jahren ist es immer wieder ein besonderes Gefühl. Ich weiß nicht, wie viele Bücher ich vollgeschrieben habe, seit ich Anfang der 70er– angeregt durch das Tagebuch von Anne Frank – damit begonnen habe. Ich habe sie nie gezählt – aber es müssen mehr als hundert sein. Die Kladden füllen inzwischen mehrere Regalbretter.

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Tagebücher – stapelweise

Mein erstes Tagebuch mit einem orange gemusterten Plastikeinband und verschließbar habe ich wiedergefunden, als ich im letzten Jahr das Haus meiner Eltern teilweise ausgeräumt habe. Der Verschluss ist aufgeschnitten, den Schlüssel habe ich wahrscheinlich irgendwann verloren. Einige Seiten sind herausgerissen, der Rest ist fast leer. Warum ich nicht weitergeschrieben habe, weiß ich nicht mehr genau. Vielleicht weil  ich gemerkt habe, dass jemand versucht hatte, darin zu lesen.

Einige Tagebücher aus den Anfangsjahren sind verschwunden, einige habe ich zerrissen und verbrannt – in Anfällen von Selbstzweifeln oder um zu verhindern, dass irgendjemand sie liest. Das eine oder andere  ist wohl auch im Laufe der Jahre verloren gegangen – bei diversen Umzügen oder durch andere Umstände.

In den ersten Jahren habe ich eher spontan und verhältnismäßig wenig geschrieben, inzwischen fülle ich etwa vier Bücher  im Jahr. Zurzeit benutze ich Bücher  von Leuchtturm, weil es meine heißgeliebten Claire-Fontaine-Kladden – blanco, mit flexiblem einband und 96 Blatt – nur selten in meinen Wunschfarben gibt und bestimmte Farben angeblich auch nicht zu bestellen sind (Falls jemand mir die Claire-Fontaine-Hefte in Lila, Beere oder Petrol besorgen kann, freue ich mich).

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Time to write – nur ein paar Minuten in einem meiner Lieblingsgärten

Ich bin eine notorische Tagebuchschreiberin – ohne mein Tagebuch gehe ich nur selten aus dem Haus. Und ich habe auch schon mal einen Zug verpasst, weil ich auf dem Weg zum Bahnhof gemerkt habe, dass ich mein Tagebuch vergessen hatte und deshalb umkehren musste. Ich schreibe überall. Im Bett, im (Winter)Garten, im Zug, in der Straßenbahn, im Bus, in der Badewanne, in der Sauna  – wo immer es mir gerade in den Sinn kommt. Seit einiger Zeit verändern sich meine Einträge, immer häufiger klebe ich Bilder in mein Tagebuch oder zeichne etwas, völlig talentfrei, aber bunt. Mein Leben soll bunter werden, das habe ich mir fest vorgenommen, und mein Tagebuch macht den Anfang.

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Farbe bekennen. Foto: Nele Schmidtko

Neben meinem klassischen Tagebuch führe ich auch noch ein digitales  – eine Tagebuchdatei. Und natürlich mein Bullet Journal, in das ich täglich notiere, was ich erledigen soll – oder sollte. Also  eine Art Arbeits-Tagebuch.

Im Herbst 2017 habe ich das Fünf-Jahresbuch entdeckt. seither notiere ich an (fast) jedem  Abend, was am Tag passiert ist. Für jeden Tag gibt es nur ein paar Zeilen, ich muss mich also kurz fassen – Some Lines a Day, so viel Zeit muss sein. In meinen alten Tagebüchern lese ich nie, doch während ich in das Fünf-Jahres-Buch schreibe, schaue ich meist, was ich vor genau einem Jahr erlebt habe, worüber ich mich geärgert oder gefreut habe (und täglich grüßt das Murmeltier).

Und dann gibt es seit einigen Monaten noch das Dankbarkeits-Tagebuch. Ein Blogpost von That’s Michi (https://thatsmichi.wordpress.com/2019/03/23/30-dinge-fur-die-ich-dankbar-bin/) hat mich auf die Idee gebracht.

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Tagebücher – ein uraltes und drei aktuelle

Natürlich konnte nicht widerstehen und habe mir ein Dankbarkeits-Tagebuch gekauft. Seither starte ich mit einer Tasse Kaffee und dem Schreiben der Morgenseiten in den Tag  und beende ihn meist damit, mich daran zu erinnern, was positiv war, was ich Schönes erlebt habe. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die ich notiere – die erste Erdbeere zum Beispiel, ein nettes Gespräch oder dass ich beim Besuch in einem offenen Garten für ein paar Minuten an einem kleinen Teich sitzen durfte. Und manchmal wird mir erst beim Nachdenken und Schreiben bewusst, wie viel es doch gibt, wofür ich dankbar sein sollte oder bin.