Monatsrückblick Juli 2023

Schon lange denke ich darüber nach, regelmäßig am Ende eines Monats bzw. am Anfang des nächsten einen Monatsrückblick zu schreiben. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, damit anzufangen. Los geht’s also.

Der Juli begann mit einer guten Nachricht. Ein „zystenartiges Gebilde“ in meiner Bauchspeicheldrüse hat sich bei näherer Betrachtung mittels Endosonografie als harmlose Zyste erwiesen. Darüber, dass es kein Tumor ist, bin ich natürlich sehr erleichtert. Denn mit ihrer Bauchspeicheldrüse legt frau sich besser nicht an, wie meine Freundin Sabine feststellt.

Eins ist mir in den Wochen, in denen ich auf die Untersuchungen wartete, bewusst geworden: Die Zeit, die mir bleibt, ist sehr endlich. Dass ich so gesund und noch so fit bin, ist ein Geschenk – andere haben weit weniger Glück. Und wer weiß, wie lange das Glück anhält. Meine Eltern sind zwar beide recht alt geworden – mein Vater 86, meine Mutter 95 Jahre -, aber das ist keine Garantie für ein langes Leben.

Auch diese Erfahrung hat mich in meiner Entscheidung bestärkt, keine neuen (Schreib)Aufträge mehr anzunehmen. Ich möchte ab jetzt mehr das tun, was ich möchte, nicht das, was andere von mir wollen. Nein zu sagen, fällt mir nicht leicht, aber ich mache Fortschritte und folge immer häufiger dem Rat meiner Tochter: „Do more of what makes you happy.“ So habe ich gestern (ok, das war schon im August) ganz heroisch einen neuen Auftrag abgelehnt.

Eine Woche nach meinem Kurzaufenthalt im Krankenhaus war ich zum ersten Mal in meinem Leben in den Alpen. Über das Schreibwanderwochenende mit Dorothee Köhler und Cilli Bauer in Bad Hindelang habe ich ja schon in diesem Blog geschrieben (https://timetoflyblog.com/das-schreiben-ist-der-wanderin-lust). Die Landschaft hat mich wirklich beeindruckt und die Wanderungen, die wir unternommen haben, lechzen nach mehr. Ich werde sicher wieder in die Alpen fahren, wenn nicht in diesem, dann im nächsten Jahr.

Eins ist klar: Wenn ich die Alpenüberquerung zu Fuß schaffen will, muss ich vorher üben, sprich, regelmäßig wandern. Mit meiner Kollegin Foe habe ich die erste Etappe des Harzer Klosterwanderwegs zurückgelegt, der vom ehemaligen Kloster Neuwerk in Goslar bis zur Klosterkirche St. Marien auf dem Münzenberg in Quedlinburg führt. Die drei ehemaligen Klöster auf der Strecke von Goslar nach Vienenburg – Neuwerk, Grauhof und Wöltingerode – waren sehenswert, auch wenn sie längst keine Klöster mehr sind. Vor allem die Klostergärten haben mir gefallen.

Ob wir den Klosterweg weiter wandern werden, weiß ich nicht. Denn er führte oft über Wirtschaftswege, die Strecke war flach – es gab im wahrsten Sinne des Wortes wenige Höhepunkte. Und auch die nächsten Etappen führen nicht durch den Harz, sondern meist an seinem Rand entlang. Wahrscheinlich werde ich doch eher zuerst auf dem Hexenstieg den Harz von West nach Ost – von Osterode nach Thale – durchqueren.

Bei einem weiteren Kurztripp habe ich noch ein Kloster, Kloster Wienhausen, besucht. Diesmal war ich nicht mit Öffis, sondern mit dem Wohnmobil unterwegs. Und zum ersten Mal bin ich selbst gefahren. Ich fahre nicht gerne Auto, mein Mann ist nicht gerne Beifahrer. Und so hat sich die Rollenverteilung wie von selbst ergeben. Aber das ist natürlich keine Dauerlösung, vor allem auf längeren Strecken macht ein Fahrerwechsel Sinn. Die Fahrt zum Campingplatz Allerstrand war zwar nur kurz, aber ziemlich kurvig und anspruchsvoll. Und wir, mein Mann, unser Auto und ich, haben die Fahrt heil überstanden.

Der Campingplatz Allerstrand ist klein, ruhig und liegt, wie der Name schon sagt, direkt an der Aller. Wir haben zwei wirklich erholsame Tage verbracht, haben viel gelesen und sind natürlich gepaddelt. Es macht riesigen Spaß, mit Paula blue über das Wasser zu gleiten und die Landschaft aus einer anderen Perspektive zu erleben. Paula blue verdankt ihren Namen übrigens Paula Modersohn-Becker und der Tatsache, dass wir vor gut einem Jahr – im Mai 2022 – auf der Hamme bei Worpswede unsere erste Fahrt gemacht haben (https://timetoflyblog.com/camping-kajak-und-kunst).

Mit den Rädern sind wir nach Wienhausen gefahren: Das Kloster habe ich diesmal nicht besichtigt, das werde ich beim nächsten Mal wieder tun. Denn unser erster Aufenthalt am Allerstrand wird nicht der letzte sein.

Kloster Wienhausen

Geschwommen bin ich übrigens auch – und weil es mir viel Spaß gemacht hat, habe ich mir, wieder zurück in Burgwedel, eine Zehnerkarte fürs Schwimmbad gekauft. Ich war inzwischen sogar schon zweimal dort, obwohl ich eigentlich lieber in Seen, Flüssen oder im Meer schwimme. Wenn wir demnächst an die Mosel fahren, habe ich dazu ja wieder Gelegenheit.

Apropos Mosel: Meine Eltern, die die meiste Zeit ihres Lebens dort gelebt haben, sind beide im Juli gestorben: mein Vater am 3. Juli 2010, meine Mutter vor vier Jahren, am 31. Juli. Seither steht ihre Orchidee auf meiner Fensterbank – neben dem  Bärenpärchen, das meine Tochter meinen Eltern zur Goldenen Hochzeit geschenkt hatte.

Das Schreiben ist der Wanderin Lust

„Schreibst du mal wieder einen Blog“, fragte mein Mann am Sonntag. Und als kurz danach Dorothees Mail mit dem Link zu den gesammelten Fotos unserer Wandergruppe und zu ihrem Blogbeitrag (https://wandernundschreiben.de/rueckblick-zeit-fuers-ich-schreibwanderungen-im-allgaeu/) in meinem E-Mail-Postfach landete, war klar, dass ich – endlich – selbst über das Schreibwanderwochenende in Bad Hindelang schreiben musste.

Ich bin noch nie im Hochgebirge gewandert, möchte aber irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft die Alpen zu Fuß überqueren. Das von Schreibtrainerin Dorothee Köhler und Wanderführerin Cilli Bauer angebotene Schreibwanderwochenende war daher eine gute Gelegenheit, meine Alpentauglichkeit zu testen. Die Anforderungen – drei bis vier Stunden Gehzeit und bis zu 500 Höhenmeter im Aufstieg pro Tag mit (Schreib)Pausen zwischendurch – schienen machbar und waren es auch.

Die Kombination von Schreiben und Wandern (https://timetoflyblog.com/wandern-und-schreiben) hat mich natürlich ebenfalls gereizt. Während ich erst regelmäßig wandere und walke, seit ich wegen meiner Knie – genau genommen wegen des rechten – nicht mehr laufen kann, schreibe ich seit einem halben Jahrhundert. Und wenn ich wandere oder auch nur spazieren gehe, habe ich mein Notizheft, mein Tage- und mein Skizzenbuch immer dabei.

Immer dabei: ein Notiz- und Schreibheft

In den Alpen war ich bislang noch nie; ich bin nur auf dem Weg nach Italien mit dem Auto durch das Gebirge gefahren. Die Tage in Bad Hindelang waren für mich also eine Premiere – und zwar eine gelungene. Meine erste Wanderung in den Alpen wird, das habe ich mir fest vorgenommen, nicht die letzte sein.

Mit 300 Kilometern gut ausgeschilderten Wanderwegen ist Bad Hindelang, im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen gelegen, ein sehr guter Ausgangspunkt für Wanderungen. Und die Ausblicke sowohl von der Terrasse unserer Unterkunft, der Jugendbildungsstätte des Deutschen Alpenvereins im Hindelanger Ortsteil Bad Oberndorf, als auch bei unseren Wanderungen haben mich wirklich beeindruckt. Ich hätte stundenlang schauen können.

Auseinanderhalten konnte ich die vielen Gipfel jedoch nicht, obwohl sich Cilli Bauer redlich bemühte, uns die Umgebung zu erklären. Sie war für Technik- und Ausrüstungstipps zuständig, Dorothee Köhler für die Schreibimpulse während und nach den Wanderungen. Die Touren, die beide gemeinsam ausgesucht haben, waren landschaftlich toll – und trotzdem selbst für eine kniegeschädigte Flachländerin wie mich gut zu bewältigen. Wir sind am ersten Tag zum Schleierfall und zum Wildfräuleinstein gewandert, am zweiten dann durch den Hirschbachtobel auf den 1.479 Meter hohen Hirschberg gestiegen.

Wo die wilden Frauen wohnen: der Wildfräuleinstein

Noch höher hinaus – aufs 1.655 Meter hohe Imberger Horn – ging es am Sonntag, dem leider letzten Wandertag. Die meisten der insgesamt 800 Höhenmeter haben wir allerdings nicht zu Fuß zurückgelegt, sondern mit Hornbahn, einer Gondelbahn, die in Bad Oberndorf beginnt und auf 1.314 Meter endet.

Ich war in unserer Gruppe nicht nur die älteste Teilnehmerin, sondern auch die einzige ohne Wandererfahrung im Hochgebirge. Doch meine Kondition ist dank jahrelangem Ausdauertraining, durchschnittlich (fast) 10.000 Schritten täglich und gelegentlichen Wanderungen mit meiner Tochter noch recht gut. Beim Bergauf-Gehen hatte ich selbst in steilen Passagen gar keine Probleme; ich bin, wie mein früherer Schwager behauptete, (immer noch) klein, wetterfest und geländegängig. Temperaturen über 25 Grad machen mir, anders als vielen anderen, nichts aus. Und gegen schmerzende Knie beim Bergab-Gehen halfen meine Wanderstöcke und Cillis Techniktipps.

Und so bin ich, was die Alpenüberquerung angeht, recht optimistisch. Mit ein bisschen Training kann ich es sicher schaffen. Weil aber weder mein Mut noch mein Orientierungsvermögen und meine Erfahrung ausreichen, um eine so lange und wohl auch schwierige Strecke alleine zu bewältigen, kommt für mich eigentlich nur eine geführte Wanderung in Frage.

Aber ich bin, auch das ist ein Fazit des Schreibwanderwochenendes, nur bedingt wandergruppentauglich. Dass unsere Gruppe in Hindelang – acht Frauen und ein Mann – in der kurzen Zeit zusammengewachsen ist und so gut harmonierte, lag sicher auch daran, dass wir alle nicht nur wandern, sondern auch schreiben wollten. Die gemeinsamen Interessen verbinden. Doch so viel Rücksicht aufeinander gibt es vielleicht nicht in jeder Gruppe.

Aber die Begleitung muss stimmen. Denn es ist es für mich gerade bei längeren Wanderungen wichtig, mein eigenes Tempo zu finden: Bergauf gehe ich gerne schneller, bergab darf oder muss es dann auch wegen meiner Knie etwas langsamer sein. Irgendwo zu warten, macht mir nichts aus, im Gegenteil: Ich nutze solche Pausen gerne, um zu schreiben, zu zeichnen, zu lesen oder einfach nur nachzudenken. Schwieriger ist es für mich, wenn ich das Gefühl habe, dass alle anderen auf mich warten müssen. Deshalb suche ich jetzt nicht nur nach einer schönen, nicht allzu überlaufenen Route, sondern auch nach einer passenden (Klein)Gruppe resp. Mitwanderinnen.

Aber manchmal geschehen ja bekanntlich hilfreiche Dinge wie von selbst, wenn wir uns ein Ziel setzen, einen Traum oder ein Projekt verwirklichen wollen. Und vielleicht landet ja demnächst wieder – wie schon im Februar – eine Einladung zu einer Wanderung in meinem elektronischen Postfach. Diesmal für eine längere.

Wandern und schreiben

Manche Menschen sind sicher, dass höhere Mächte uns unterstützen, wenn wir ein Ziel erreichen, einen Traum oder ein Projekt verwirklichen wollen. Dann geschehen hilfreiche Dinge scheinbar wie von selbst: Türen öffnen sich, wir erhalten Hinweise und Informationen und es werden Wege sichtbar, die wir bislang nicht bemerkt haben. Zufall, meinen die einen, von Gott, dem Universum oder der Vorsehung sprechen andere.

„In dem Augenblick, in dem man sich endgültig einer Aufgabe verschreibt,
bewegt sich die Vorsehung auch. Alle möglichen Dinge, die sonst nie geschehen wären, geschehen, um einem zu helfen. Ein ganzer Strom von Ereignissen wird in Gang gesetzt durch die Entscheidung, und er sorgt, zu den eigenen Gunsten, für zahlreiche unvorhergesehene Zufälle, Begegnungen und Hilfen, die sich kein Mensch vorher je so erträumt haben könnte. Was immer Du kannst, beginne es. Kühnheit trägt Genius, Macht und Magie. Beginne jetzt.“ (https://quozio.com/quote/2f81d90d/1025/in-dem-augenblick-in-dem-man-sich-endgültig-einer-aufgabe). Von wem dieses Zitat stammt, ist ungewiss. Von Johann Wolfgang von Goethe wohl nicht, obwohl es ihm oft zugeschrieben wird. Möglicherweise hat der schottische Bergsteiger und Schriftsteller William Hutchison Murray etwas Ähnliches gesagt oder geschrieben (https://www.gutefrage.net/frage/goethe-zitat–in-dem-augenblick-in-dem-man-sich-endgueltig-einer-aufgabe-verschreibt). Der letzte Satz des „Kuckuckszitats“ ist laut Gerald Krieghofer eine entstellte Rückübersetzung der ohnehin schon sehr freien Übersetzung des irischen Dichters John Anster aus dem „Vorspiel auf dem Theater“ aus Goethes Faust (https://falschzitate.blogspot.com/2018/09/was-immer-du-tun-kannst-oder-ertraumst.html).

War es Zufall, Vorsehung oder Synchronizität, wie der Psychiater und Psychoanalytiker Carl Gustav Jung „zeitlich korrelierende Ereignisse (nennt), die nicht über eine Kausalbeziehung verknüpft sind (die also akausal sind), jedoch als miteinander verbunden, aufeinander bezogen wahrgenommen und gedeutet werden“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Synchronizität)? Ich weiß es nicht. Aber kurz nachdem ich für einen Workshop einen Essay über „Wandern und schreiben“ geschrieben und (endlich) angefangen habe, mich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen, landete die Ankündigung für ein Wander- und Schreibwochenende in meinem elektronischen Postfach.

Der Zusammenhang von Bewegung, Schreiben und Denken beschäftigt mich schon lange – theoretisch und praktisch. Die Liste der wandernden SchriftstellerInnen und PhilosophInnen ist lang. Auch viele meiner Texte sind beim Laufen oder Gehen entstanden. Wenn ich wandere oder auch nur spazieren gehe, habe ich mein Notizbuch immer dabei.

Die geführten Wanderungen durch die Berge des Allgäus mit Stopps für kurze Schreibeinheiten zwischendurch, die Schreibtrainerin Dorothee Köhler und die Wanderführerin Cilli Bauer vom Deutschen Alpenverein Anfang Juli anbieten, sind für mich eine ideale Verbindung – und die Möglichkeit, meine Alpentauglichkeit zu testen. Denn in nicht allzu ferner Zukunft möchte ich zu Fuß die Alpen überqueren. Ob meine Kondition und meine Trittfestigkeit fürs Hochgebirge reichen, weiß ich nicht. Denn bislang bin ich nur im Mittelgebirgen gewandert; der 1.142 Meter hohe Brocken im Harz ist bislang der höchste Berg, den ich erwandert habe. Doch das wird sich hoffentlich bald ändern.

Drei bis vier Stunden Gehzeit und bis zu 500 Höhenmetern im Aufstieg sind beim Schreib-Wander-Wochenende täglich geplant. Einen ersten Test, ob ich das schaffe, habe ich gleich am vergangenen Wochenende absolviert. Zum Glück – oder der Vorsehung sei Dank – hatte meine Kollegin Foe Zeit, und so sind wir gemeinsam im Harz gewandert.

Knapp 15 Kilometer haben wir in drei Stunden zurückgelegt – und sind dabei 450 Meter bergauf und ebenso viele wieder bergab gegangen. Den steilsten Anstieg – rund 300 Höhenmeter – haben wir gleich am Anfang bewältigt und sind in einer Winterlandschaft gelandet. Damit hatte ich nicht gerechnet – obwohl es noch ziemlich kalt war, bin ich irgendwie schon auf Frühling eingestellt. Spaß gemacht hat es trotzdem. Es war wohl die letzte Schneewanderung in diesem schneearmen Winter. Und vielleicht ist es beim nächsten Mal dann auch warm genug für eine kleine Schreibpause zwischendurch.

Mehr Fotos von der Wanderung gibt es im Blogbeitrag von Foe Rodens (https://foerodens.wordpress.com/2023/02/11/endlich-wieder-sonne-funf-stempelstellen-um-wernigerode/), mehr Infos zum Schreibwanderwochenende auf der Website https://wandernundschreiben.de/wanderungen/. Und wer einen von mir geschriebenen Artikel über die Auswirkungen des Wanderns aufs Lernen und für die Klassengemeinschaft lesen will, findet ihn unter https://www.friedrich-verlag.de/klassenleitung/klassenfahrten-ausfluege/draussen-lernt-sichs-besser/)