Nach mehr als zwei Monaten bin ich wieder einmal im Harz gewandert. Meine Kollegin Foe hatte die Route ausgesucht: Start- und Zielpunkt war Ilfeld am südlichen Harzrand. Im Südharz bin ich noch nie gewandert; dass ich schon einmal in der Gegend war, wurde mir erst beim Schreiben dieses Blogbeitrags bewusst. Im Frühjahr 2007 hatte ich an der Harzquerung teilgenommen – das ist ein schon zu DDR-Zeiten beliebter Lauf von Wernigerode nach Nordhausen, der die Wende zum Glück überlebt hat und im kommenden April zum 44. Mal stattfindet.
Damals brauchte ich laut Ergebnisliste 5 Stunden und 23einhalb Minuten für die etwa 51 Kilometer lange Strecke, auf der „nebenbei“ noch 1.200 Höhenmeter bewältigt werden mussten. Bei unserer Wanderung am vergangenen Wochenende waren es „nur“ 420 Höhenmeter auf elf Kilometer. Zwei markante Punkte, an denen ich bei der Harzquerung vorbeigelaufen bin, lagen auch diesmal auf unserem Weg: Am Ilfelder Ortsteil Netzkater sind wir auf dem Hin- und Rückweg vorbeigefahren, den Poppenberg haben wir erwandert. Wiedererkannt habe ich beide Punkte nicht, ich habe mich nicht einmal mehr an die Namen erinnert. Aber die Harzquerung ist mir als der landschaftlich schönste Lauf in meinem Läuferinnenleben im Gedächtnis geblieben.
Fast 20 Jahre später hat mir unsere Wanderung rund um Ilfeld ebenfalls sehr gut gefallen. Die Wege sind so, wie ich mir Wanderwege wünsche – überwiegend schmal und naturbelassen. Meist gingen wir durch lichte Laubwälder mit hohen Buchen und Eichen. Vom Borkenkäfer und Klimawandel zerstörte Baumgerippe haben wir auf der Tour, anders als auf der An- und Abreise über Braunlage und Torfhaus, kaum gesehen.
Zwischendurch gab’s immer wieder wunderschöne Ausblicke, zum Beispiel von den Falkensteinklippen über das südliche Harzvorland. In einigen Tälern lag der Nebel wie eine dicke Watteschicht, doch wir waren hoch genug, saßen auf dem Fels in der Sonne und schauten in die Weite.
Auf dem Poppenberg, mit 600 Metern ohnehin der höchste Punkt unserer Wanderung, ging es noch höher hinaus. Auf dem Gipfel hat laut Wikipedia der Zweigverein Nordhausen des Harzklubs im Jahr 1894 einen 33,5 m hohen Turm in Stahlfachwerkbauweise errichtet. Er wurde zu Ehren des Waldbesitzers Fürst Otto zu Stolberg-Wernigerode „Fürst-Otto-Höhe“ getauft und erinnert ein bisschen an den Eiffelturm in Paris. 177 Stufen führen auf die Aussichtplattform über den Baumwipfeln, von der ich über den Südharz bis zum Kyffhäuser und Richtung Norden bis zum Brocken und zum Wurmberg schauen konnte (https://de.wikipedia.org/wiki/Poppenberg_(Harz)).
Noch älter als der Aussichtsturm ist die Wetterfahne: Das Ilfelder Wahrzeichen wurde erstmals 1872 nach dem Deutsch-Französischen Krieg aufgestellt und seither mehrmals erneuert. Ins Gipfelbuch haben wir uns nicht eingetragen, wohl aber einen weiteren Stempel in unserem Wanderpass gesammelt.
Danach ging es ziemlich steil bergab nach Ilfeld, vorbei am Gänseschnabel, einem markanten Felsen aus Porphyrit. Die dazu gehörige Sage kann man sich dank eines QR-Codes direkt vor Ort anhören: Sie handelt von einem Mädchen, das vor langer, langer Zeit hier die Gänse hütete, und von einem Mönch. Die beiden verliebten sich ineinander und wurden von einer bösen Hexe in zwei Felsen verwandelt. Seitdem stehen sie sich versteinert auf verschiedenen Seiten des Flüsschens Bere gegenüber und finden wie die zwei Königskinder in der Ballade nie zueinander (https://www.harzlife.de/sagen/gaenseschnabel-moench.html).
Diese Wanderung, das habe ich mir fest vorgenommen, soll nicht die letzte im Südharz gewesen sein. Der Drei-Täler-Blick lockt mich ebenso wie der Ahornpark in Ilfeld mit fast 270 zum Teil alten Ahornbäumen, die jetzt im Herbst einen Hauch Indian Summer in den Harz bringen. Und auch bis zum Naturschutzgebiet zwischen Netzkater und Sophienhof ist es nicht weit: Im Brandesbachtal sollen unter anderem Schwarzstorch, Rauhfußkauz, Wanderfalke, Grau- und Schwarzspecht zu Hause sein.