Gartenbilanz

Die Gartensaison ist zu Ende. Nach dem ersten Nachtfrost vor zwei Wochen haben wir unsere Pflanzen aus der Sommerfrische auf der Terrasse in ihr Winterquartier geholt. Die letzte offene Gartenpforte in der Region Hannover wurde schon Anfang des Monats geschlossen. Und meine Dauerkarte für die Herrenhäuser Gärten ist vor ein paar Tagen abgelaufen. Ich habe in diesem Jahr zwar weniger offene Gärten besucht und war seltener als in den vergangenen Jahren in den Herrenhäuser Gärten. Trotzdem fällt meine Gartenbilanz positiv aus.

Schon der Auftakt war ungewöhnlich früh – weil in Italien – und verheißungsvoll. Der Giardino Bardini und der Giardino delle Roses waren definitiv meine Lieblingsorte in Florenz. Der Blick vom Giardino Bardini auf die Stadt ist wirklich traumhaft – und im Giardino delle Roses hat mir das Nebeneinander von Pflanzen und Kunst besonders gefallen. Dass die meisten der 400 Rosensorten noch nicht blühten, war schade, aber Mitte April selbst südlich der Alpen nicht anders zu erwarten. Dafür konnte ich als einzige Besucherin Garten, Kunst und natürlich den Blick auf Florenz ungestört genießen.

Wie Dornröschen fühlte ich mich dann einige Wochen später in Altwarmbüchen. Mehr als 250 Rosen – vor allem englische und historische Sorten – blühen im Garten von Silke Rex in den verschiedensten Farben. Und anders als die Rosen und Pfingstrosen in meinem eigenen Garten duften hier fast alle Blüten – in diesem Jahr wie mir schien sogar intensiver als in den vergangenen. Ich konnte mich gar nicht sattsehen und sattriechen und ich genieße es jedes Jahr aufs Neue, im rosenumrankten Pavillon und/oder am Teich zu sitzen.

Dass Silke Rex ihre Leidenschaft für Rosen erst vor einigen Jahren entdeckt und den Garten in ein Rosenparadies verwandelt hat, mag ich angesichts der Blütenpracht kaum glauben. Doch ich habe es in meinem Blog nachgelesen: Sie hat erst 2017 zum ersten Mal ihre Gartenpforte geöffnet. Seither ist ihr Garten einer meiner Lieblingsgärten in der Region Hannover. Ich bin sicher: Kurfürstin Sophie, die die Herrenhäuser Gärten geschaffen und mit Hilfe von Martin Charbonnier gestaltet hat, würde vor Neid erblassen, wenn sie den Garten sehen könnte. Und womöglich würde sie ihren Gartendirektor auf der Stelle entlassen.

Auch wenn Sabine Mazur-Lunze in Großburgwedel ihre Gartenpforte öffnet, trete ich gerne ein und bewundere den farbenprächtigen Garten mit Ziersträuchern, Sommerblumen, Stauden, Kübelpflanzen und idyllischen Sitzplätzen. Von den Akeleien wachsen inzwischen auch einige Abkömmlinge in meinem Garten. Denn im vergangenen Jahre durfte ich ein Tütchen mit Samen mitnehmen.

Zwei kleine, aber feine Klostergärten habe ich beim Wandern im Harz entdeckt. Die erste Etappe des Harzer Klosterwanderwegs beginnt am Kloster(garten) Neuwerk in Goslar und endet im Kloster Wöltingerode, wo es ebenfalls noch einen Garten mit Heil- und anderen Pflanzen gibt.

Ein besonderes Highlight in diesem Gartenjahr waren die Lost Gardens von Heligan in der Nähe von Mevagissey in Cornwall. Der Gutshof gehört seit mehr als 400 Jahren der Familie Tremayne. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Herrenhaus vermietet – die bis dahin gepflegten Gärten versanken in einen Dornröschenschlaf, aus dem Tim Smit sie erst Anfang der 1990er-Jahre wieder erweckte und ihnen neues Leben einhauchte.

Die 200 Hektar große Anlage besteht aus vier verschiedenen Bereichen: dem Ziergarten, dem Nutzgarten, dem Dschungel und dem Lost Valley. Besonders beeindruckend ist der Dschungel, in dem seit mehr als 150 Jahren subtropische Pflanzen wachsen, die man hier im eher nördlichen Teil Europas nicht vermutet. Doch im milden Klima Cornwalls gedeihen Bambus, Agaven, Farne, Palmen und Co ausgesprochen gut und erreichen beachtliche Höhen. So riesige Farne habe ich zuletzt in Milford Sound in Neuseeland gesehen.

Mit bis zu 60 Meter Durchmesser zählen die Rhododendren im Ziergarten laut Wikipedia zu den größten der Welt: Der britische Botaniker Joseph Dalton Hooker soll sie Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Himalaya mitgebracht haben (https://de.wikipedia.org/wiki/The_Lost_Gardens_of_Heligan).

Im Nutzgarten werden heute über 300 Obst- und Gemüsesorten angebaut, darunter viele, die vom Aussterben bedroht waren. Sehenswert sind auch die historischen Gewächshäuser und die Gruben, in denen früher Ananas gezüchtet wurden.

Besonders gut haben mir die beiden Erdskulpturen der Künstlerin Susan Hill gefallen. Vor allem The Mud Maid, das schlafende Mädchen, passt gut zu dem Garten, der so lange im Dornöschenschlaf lag.

Subtropische Pflanzen und ganz viel Kunst gibt es auch im Skulpturengarten von Barbara Hepworth. Der kleine Garten liegt, durch Hecken und Bäume vor den Blicken der Nachbarn und Passanten geschützt, mitten in Saint Ives und gehört zum Museum Barbara Hepworth. Die Bildhauerin, laut Website des Europäischen Gartennetzwerks (EGHN) „eine der bedeutendsten und innovativsten britischen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts“, lebte von 1949 bis zu ihrem Tod in dem kleinen Fischerort. Der avancierte auch durch Barbara Hepworth und ihren Freundeskreis zum Kunstzentrum Cornwalls. In ihrem Testament legte die Künstlerin fest, dass die Trewlyn Studios und der angrenzende Garten nach ihrem Tod als Ausstellung für Kunstinteressierte geöffnet werden sollten . Sie bestimmte auch, welche Skulpturen wo aufgestellt werden sollten (https://www.eghn.org/de/barbara-hepworth-1903-1975-bildhauerin/).

Barbara Hepworth starb 1975 bei einem Brand in ihrem Atelier. Weil in der Werkstatt nach ihrem Tod nichts verändert wurde, stehen dort noch zahlreiche unvollendete Arbeiten; außerdem sind fast zwei Dutzend ihrer Werke im Garten zu sehen, weitere Skulpturen und Gemälde im Tate Museum in Saint Ives, zu dem das Museum Barbara Hepworth inzwischen gehört.

Dass Kunst und Pflanzen hervorragend zusammenpassen, zeigt sich auch im Kunsthof Mehrum. In dem alten Landhausgarten mit Streuobstwiese, Nutz- und Kräutergarten präsentieren bildende Künstler zwischen Bäumen, Sträuchern und Stauden ihre Skulpturen und Objekte. Und auch auf der Landesgartenschau in Bad Gandersheim waren zahlreiche Kunstwerke zu sehen.

Die LAGA ist am 15. Oktober zu Ende gegangen. Die temporären Anlagen werden zurückgebaut, doch vieles, das für die Landesgartenschau angelegt wurde, bleibt: So wurde zum Beispiel der Bereich um die drei Osterbergseen und die Flüsse Gande und Eterna neu gestaltet und das seit 2018 geschlossene Freibad als Sole-Naturfreibad wiedereröffnet. Mir hat das Gartenbaugelände gut gefallen – und ich bin gespannt, wie es sich im nächsten Jahr entwickelt. Ich habe mir fest vorgenommen, wieder einmal nach Bad Gandersheim zu fahren.

Auf jeden Fall werde ich mir in den nächsten Tagen eine neue Dauerkarte für die Herrenhäuser Gärten besorgen. Denn dort endet die Gartensaison eigentlich nie.

Monatsrückblick Juli 2023

Schon lange denke ich darüber nach, regelmäßig am Ende eines Monats bzw. am Anfang des nächsten einen Monatsrückblick zu schreiben. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, damit anzufangen. Los geht’s also.

Der Juli begann mit einer guten Nachricht. Ein „zystenartiges Gebilde“ in meiner Bauchspeicheldrüse hat sich bei näherer Betrachtung mittels Endosonografie als harmlose Zyste erwiesen. Darüber, dass es kein Tumor ist, bin ich natürlich sehr erleichtert. Denn mit ihrer Bauchspeicheldrüse legt frau sich besser nicht an, wie meine Freundin Sabine feststellt.

Eins ist mir in den Wochen, in denen ich auf die Untersuchungen wartete, bewusst geworden: Die Zeit, die mir bleibt, ist sehr endlich. Dass ich so gesund und noch so fit bin, ist ein Geschenk – andere haben weit weniger Glück. Und wer weiß, wie lange das Glück anhält. Meine Eltern sind zwar beide recht alt geworden – mein Vater 86, meine Mutter 95 Jahre -, aber das ist keine Garantie für ein langes Leben.

Auch diese Erfahrung hat mich in meiner Entscheidung bestärkt, keine neuen (Schreib)Aufträge mehr anzunehmen. Ich möchte ab jetzt mehr das tun, was ich möchte, nicht das, was andere von mir wollen. Nein zu sagen, fällt mir nicht leicht, aber ich mache Fortschritte und folge immer häufiger dem Rat meiner Tochter: „Do more of what makes you happy.“ So habe ich gestern (ok, das war schon im August) ganz heroisch einen neuen Auftrag abgelehnt.

Eine Woche nach meinem Kurzaufenthalt im Krankenhaus war ich zum ersten Mal in meinem Leben in den Alpen. Über das Schreibwanderwochenende mit Dorothee Köhler und Cilli Bauer in Bad Hindelang habe ich ja schon in diesem Blog geschrieben (https://timetoflyblog.com/das-schreiben-ist-der-wanderin-lust). Die Landschaft hat mich wirklich beeindruckt und die Wanderungen, die wir unternommen haben, lechzen nach mehr. Ich werde sicher wieder in die Alpen fahren, wenn nicht in diesem, dann im nächsten Jahr.

Eins ist klar: Wenn ich die Alpenüberquerung zu Fuß schaffen will, muss ich vorher üben, sprich, regelmäßig wandern. Mit meiner Kollegin Foe habe ich die erste Etappe des Harzer Klosterwanderwegs zurückgelegt, der vom ehemaligen Kloster Neuwerk in Goslar bis zur Klosterkirche St. Marien auf dem Münzenberg in Quedlinburg führt. Die drei ehemaligen Klöster auf der Strecke von Goslar nach Vienenburg – Neuwerk, Grauhof und Wöltingerode – waren sehenswert, auch wenn sie längst keine Klöster mehr sind. Vor allem die Klostergärten haben mir gefallen.

Ob wir den Klosterweg weiter wandern werden, weiß ich nicht. Denn er führte oft über Wirtschaftswege, die Strecke war flach – es gab im wahrsten Sinne des Wortes wenige Höhepunkte. Und auch die nächsten Etappen führen nicht durch den Harz, sondern meist an seinem Rand entlang. Wahrscheinlich werde ich doch eher zuerst auf dem Hexenstieg den Harz von West nach Ost – von Osterode nach Thale – durchqueren.

Bei einem weiteren Kurztripp habe ich noch ein Kloster, Kloster Wienhausen, besucht. Diesmal war ich nicht mit Öffis, sondern mit dem Wohnmobil unterwegs. Und zum ersten Mal bin ich selbst gefahren. Ich fahre nicht gerne Auto, mein Mann ist nicht gerne Beifahrer. Und so hat sich die Rollenverteilung wie von selbst ergeben. Aber das ist natürlich keine Dauerlösung, vor allem auf längeren Strecken macht ein Fahrerwechsel Sinn. Die Fahrt zum Campingplatz Allerstrand war zwar nur kurz, aber ziemlich kurvig und anspruchsvoll. Und wir, mein Mann, unser Auto und ich, haben die Fahrt heil überstanden.

Der Campingplatz Allerstrand ist klein, ruhig und liegt, wie der Name schon sagt, direkt an der Aller. Wir haben zwei wirklich erholsame Tage verbracht, haben viel gelesen und sind natürlich gepaddelt. Es macht riesigen Spaß, mit Paula blue über das Wasser zu gleiten und die Landschaft aus einer anderen Perspektive zu erleben. Paula blue verdankt ihren Namen übrigens Paula Modersohn-Becker und der Tatsache, dass wir vor gut einem Jahr – im Mai 2022 – auf der Hamme bei Worpswede unsere erste Fahrt gemacht haben (https://timetoflyblog.com/camping-kajak-und-kunst).

Mit den Rädern sind wir nach Wienhausen gefahren: Das Kloster habe ich diesmal nicht besichtigt, das werde ich beim nächsten Mal wieder tun. Denn unser erster Aufenthalt am Allerstrand wird nicht der letzte sein.

Kloster Wienhausen

Geschwommen bin ich übrigens auch – und weil es mir viel Spaß gemacht hat, habe ich mir, wieder zurück in Burgwedel, eine Zehnerkarte fürs Schwimmbad gekauft. Ich war inzwischen sogar schon zweimal dort, obwohl ich eigentlich lieber in Seen, Flüssen oder im Meer schwimme. Wenn wir demnächst an die Mosel fahren, habe ich dazu ja wieder Gelegenheit.

Apropos Mosel: Meine Eltern, die die meiste Zeit ihres Lebens dort gelebt haben, sind beide im Juli gestorben: mein Vater am 3. Juli 2010, meine Mutter vor vier Jahren, am 31. Juli. Seither steht ihre Orchidee auf meiner Fensterbank – neben dem  Bärenpärchen, das meine Tochter meinen Eltern zur Goldenen Hochzeit geschenkt hatte.

Kunst, Kloster, Gärten

Ich mag Kunst und ich mag schöne Gärten: Und so war der Tag der offenen Gartenpforte im Kunsthof Mehrum eine willkommene Gelegenheit, einen alten Landhausgarten und die Werke von drei Künstlern – Arne Stahl (Malerei), Lothar Feige (Metallskulpturen) und Bernd Rutkowski (Glasobjekte) – zu sehen.

Der Kunsthof stand schon lange auf meiner To-visit-Liste, aber bislang hatte mich die ziemlich lange Fahrt abgeschreckt. Denn Mehrum liegt am anderen Ende der Region Hannover, an der Grenze zu den Landkreisen Hildesheim und Peine. Mit Öffis braucht man für eine Strecke gut zwei Stunden und muss mindestens zweimal umsteigen.

Auf der Hinfahrt am Sonntagmorgen waren die Busse und die Straßenbahn glücklicherweise ziemlich leer; auf der Rückfahrt leider nicht, weil die Fans von Hannover 96 zum letzten Heimspiel ihrer Mannschaft fuhren. Hätten sie geahnt, was auf sie zukommt – eine 1:5-Klatsche gegen Holstein Kiel und eine laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung ziemlich unterirdische Leistung – wären einige sicher zu Hause geblieben.

Ich habe die Fahrt dagegen nicht bereut: In dem fast 3.000 Quadratmeter großen Garten des Kunsthofs gibt es neben Obst-, Gemüse-, Kräuter- und Blumenbeeten auch eine Streuobstwiese und andere naturbelassene Bereiche mit Sitzecken und einem Skulpturenpfad. Besonders gut haben mir die Glasarbeiten von Bernd Rutkowski gefallen; die eine oder andere würde sich sicher auch in unserem Garten gut machen. Außer vielen Anregungen und schönen Impressionen habe ich auch die Broschüren mit Informationen über die Offenen Gartenpforten in den Landkreisen Peine und Hildesheim mit nach Hause genommen. Und sicher werde ich auch einmal einen Blick in die Gärten der Nachbarregionen werfen.

Einen Garten am Harzrand hatte ich zwei Tage zuvor auf dem Weg zu einem Arzttermin eher durch Zufall entdeckt: An dem Romanischen Garten in Goslar bin ich bislang immer achtlos vorbeigegangen, obwohl er ganz in der Nähe des Bahnhofs auf dem Weg in die Altstadt liegt. Allerdings versteckt er sich wie die Neuwerkkirche hinter einer hohen Mauer. Die romanische Kirche gehörte früher zum Kloster „St. Maria in horto“, Maria im Garten. Es wurde im 12. Jahrhundert als Benediktinerinnenkloster gegründet, nach der Reformation im Jahr dann 1528 evangelisch und in ein Damenstift umgewandelt, in dem die unverheirateten Töchter wohlhabender Goslarer Familien lebten.

Die Klostergebäude und den Kreuzgang gibt es nicht mehr, in einem Teil des früheren Klostergartens wachsen allerdings heute wieder Pflanzen, die in den mittelalterlichen „Gartenbüchern“ verzeichnet sind – neben heute noch bekannten wie Pfingstrose oder Salbei auch fast vergessene Nutzpflanzen wie die afrikanische Kuhbohne. Schilder an den Beeten verraten nicht nur den deutschen Namen, sondern auch die botanische Bezeichnung und die Herkunft der Pflanzen, in normaler und in Brailleschrift.

Ich werde künftig sicher öfter hier Station machen. Und vielleicht wandere ich auch einmal auf dem Harzer Klosterweg, der an der Neuwerkkirche beginnt und unter anderem über die Klöster Wöltingerode, Ilsenburg und Himmelspforte bis zur Klosterkirche Sankt Marien in Quedlinburg führt.