Rhapsodie in Gelb und Blau

Wer sich unseren beiden Miniteichen nähert, sieht zuerst Gelb. Die Schwertlilien haben die Sumpfdotterblumen abgelöst und blühen prächtig. Die lila Blüten erkennt man erst auf den zweiten Blick. Zwischen den gelben Lilien zeigt sich eine einzelne Dreimasterblume – aber ich bin sicher: Wo eine ist, werden bald andere folgen. Denn Dreimasterblumen haben leider ein sehr einnehmendes Wesen. Weil sie andere Pflanzen rücksichtslos überwuchern, rücke ich ihnen regelmäßig mit Spaten und Hacke zu Leibe.

Darüber, dass die Akeleien sich überall im Garten ausbreiten, freue ich mich dagegen sehr – ebenso darüber, dass zum ersten Mal seit Jahren wieder lila Schwertlilien in unserem Garten wachsen. Woher sie kommen, weiß ich nicht, vielleicht trauen sie sich in diesem Jahr hervor, weil ich die übermächtige Heckenrose am Teichrand ausgegraben und auch den wuchernden Beinwell etwas zurechtgestutzt habe.

Die blaue Anemone im Beet am Wintergarten blüht in diesem Jahr ebenfalls zum ersten Mal. Von ihren Schwestern ist noch nicht zu sehen. Aber ich habe die Zwiebeln ja auch erst spät – vor etwa einem Monat – in die Erde gesetzt. Vielleicht kommt ihre Zeit noch: Manche Anemonen blühen bis in den Herbst hinein.

Dann ist meine Lieblingsrose, Rhapsody in blue, sicher längst verblüht. Sie blüht, anders als ihr Name sagt, lila und sie duftet herrlich. Leider verwelken die Blüten rasch. Aber vielleicht kann ich ja die Blütezeit verlängern, wenn ich die verblühten Blütenstände abschneide. Das schadet der Pflanze angeblich nicht, im Gegenteil: Laut hausgarten.net bleiben Rosen „nur durch gezielte und periodische Rückschnitte … vital und blühfreudig“ (https://www.hausgarten.net/verbluehte-rosen/). Anderen Websites zufolge gilt das nicht für alle Rosenarten, aber zumindest für Beetrosen wie meine Rhapsody in blue.

Sehr ausdauernd blüht, ganz ohne mein Zutun und meine Unterstützung, das Blaukissen: Die erste Blüte zeigte sich schon im Februar – und noch sind keine Ermüdungserscheinungen zu erkennen. Der Lesezwerg ist fast ganz in den blauen Blüten versunken – und natürlich immer noch in seinem Buch.

Was er liest, verrät er mir leider nicht. Ich habe gestern wieder einmal Selene Marianes „Miniaturen in Blau“ aus dem Bücherregal geholt – passend zur Rhapsodie in Blau vor dem Wintergartenfenster.

Die Farbe Lila

Lila ist meine Lieblingsfarbe, und so ist es sicher nicht kein Zufall, wenn in unserem Garten derzeit Lila in den verschiedensten Nuancen dominiert.

Denn wenn immer ich bei neuen Pflanzen die Wahl habe, entscheide ich mich für eine aus dem Pink-lila-Farbspektrum. Beim Storchenschnabel zum Beispiel, bei der Hecken- oder bei der Künstlerrose, die mir nicht nur wegen ihres Dufts, sondern auch wegen der interessanten Farbkombination gefallen hat. Mein absoluter Rosenliebling ist und bleibt aber Rhapsody in Blue, anders als der Name es sagt, nicht blau, sondern lila blüht und ebenfalls wunderschön duftet.

Auch Lavendel steht auf der Liste unserer Lieblingspflanzen weit oben – und wächst deshalb überall in unserem Garten. Irgendwann im Sommer werde ich die Blüten pflücken, zu kleinen Sträußchen zusammenbinden und in den Zimmern verteilen oder in kleine Säckchen abfüllen, damit der Duft die Motten abschreckt.

Strauchbasilikum, Schnittlauch und Salbei blühen nicht nur lila, sondern landen auch auf unseren Tellern oder in unseren Tassen.

Das empfiehlt sich beim Fingerhut nicht, denn der ist leider giftig. Schon zwei bis drei getrocknete Blätter können für Erwachsene tödlich sein, bei Kindern genügen schon kleinere Mengen. Als unsere Tochter klein war und oft Kinder in unserem Garten spielten, haben wir die Fingerhüte aus unserem Garten verbannt. Das haben sie uns sehr übel genommen und es hat zweieinhalb Jahrzehnte gedauert, bis sie wieder zurückgekehrt sind. Doch jetzt fühlen sie sich hier sehr wohl, sind gern gesehen und dürfen bleiben, ebenso wie die Dreimasterblume. Deren einnehmendes Wesen zwingt mich zwar manchmal , ihrer Expansion Einhalt zu gebieten. Doch missen möchte ich sie in meiner Sinfonie in Lila nicht.

PS: Beim Nachdenken über diesen Blogbeitrag kam mir der Roman von Alice Walker in den Sinn, den ich schon lange wieder einmal lesen wollte. Das habe ich getan, und wie vor Jahren hat mich auch diesmal die Geschichte von Celie in ihren Bann gezogen. Auch den Essayband „Auf der Suche nach den Gärten unserer Mütter/Beim Schreiben der Farbe Lila“, der schon lange in meinem Regal steht, habe ich endlich gelesen. Seither denke ich, überzeugte Feministin, über einen Satz im Vorwort nach: „Womanist (ein Begriff, der für Alice Walker offenbar programmatische Bedeutung hat) ist im Vergleich zu feministisch wie lila zu lavendel.“ Mir gefällt beides.