Zinnober II: Von Atelier- und anderen Gemeinschaften

Ich mag Kunst, aber mindestens ebenso sehr wie die Kunstwerke selbst faszinieren mich die Orte, an denen sie entstehen. Wann immer KünstlerInnen ihre Arbeitsräume für BesucherInnen öffnen, nutze ich die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen, sprich, in ihre Ateliers zu werfen, um mich von der besonderen Atmosphäre inspirieren zu lassen. Manchmal klappt’s: So habe ich nach meinem letzten Zinnober-Rundgang vor zwei Jahren mein Arbeitszimmer umgeräumt und einen Platz fürs Malen geschaffen.

In diesem Jahr beteiligten sich am Zinnober-Wochenende insgesamt 67 Kunstorte, darunter viele Ateliergemeinschaften. Und so konnte ich an „nur“ 13 Orten über 40 Ateliers und Werke von mehr als 50 KünstlerInnen bewundern, obwohl ich durch meinen Fuß immer noch gehandicapt bin.

Willkommen bei den Ateliergemeinschaften in der Schulenburger Landstraße 150/152

Über meine schönste Neuentdeckung am Zinnoberwochenende habe ich schon einen Blogbeitrag veröffentlicht. In anderen Ateliers war ich schon mehrmals zu Gast – und sie faszinieren mich immer wieder aufs Neue.

Erste Adresse war für mich auch in diesem Jahr wieder die Schulenburger Landstraße 150/152. In dem Gewerbegebiet am Rand von Hannover ist ein kleines Kunstzentrum mit sechs Ateliergemeinschaften entstanden. Mehr als 30 KünstlerInnen arbeiten hier; außerdem zeigten mehrere GastkünstlerInnen ihre Werke. Künftig sollen es noch mehr sein. Denn eine 700 Quadratmeter große Halle auf dem Gelände, in der früher Strümpfe produziert wurden, wird zum Atelier- und Kulturzentrum POMP (AT) umfunktioniert. 

Die Arbeits- und Projekträume können je nach Bedarf unterschiedlich aufgeteilt werden und werden 20 KünstlerInnen Platz bieten. Neben den Ateliers ist unter anderem ein 150 Quadratmeter großer Ausstellungs- und Veranstaltungsraum mit offenem Foyer geplant . Meta Copy, die Zentrale für Künstlerpublikationen Hannover, soll hier ebenfalls ihr neues Domizil finden. Das ist noch Zukunftsmusik, doch vielleicht können bei Zinnober 2026 hier schon weitere Ateliers besichtigt werden.

Ein bisschen beneide ich die bildenden Künstlerinnen. Denn sie sparen nicht nur Kosten, wenn sie sich Miete und Nebenkosten für die Arbeitsräume teilen. Durch das Arbeiten unter einem Dach entsteht eine kreative Atmosphäre, die inspiriert und motiviert. Außerdem eröffnet der Austausch mit anderen KünstlerInnen oft neue Perspektiven und kann den Einstieg in neue Techniken erleichtern. So etwas wünsche ich mir auch für uns Schreibende! Ein Anfang ist im AutorInnennzentrum in der Deisterstraße gemacht. Dort finden Workshops und Fortbildungen statt, wir können andere Schreibende treffen, uns mit ihnen austauschen und gemeinsam schreiben. Aber Räume, in die sich einzelne zum Schreiben zurückziehen können, fehlen (noch).

In Ateliergemeinschaften arbeiten oft ganz unterschiedliche Künstlerinnen Tür an Tür; die Kunstwerke sind so verschieden, wie die KünstlerInnen selbst. So verarbeitet Katharina Becklas Pappmaché, Marion Pusch die Köpfe von Lindenbäumen aus den Herrenhäuser Gärten. Und im Studio Akkord im Haus nebenan werden T-shirts und andere Stoffe mit verschiedenen manuellen Drucktechniken, zum Beispiel mit Siebdruck, bedruckt.

Auch das Atelier Block 16 stand nicht zum ersten Mal auf meiner To-visit-Liste. Sieben KünstlerInnen teilen sich die hohen, lichtdurchfluteten Räume im Edwin Oppler Weg. Auch hier wäre ich gerne geblieben und hätte geschrieben. Aber vielleicht können wir ja irgendwann mal den Frauenschreibtreff in dieses oder ein anderes Atelier verlegen. Die besondere Atmosphäre würde sicher unser Kreativität und unser Schreiben beflügeln – und vielleicht den Austausch zwischen bildenden und SchreibkünstlerInnen fördern.

Zinnober und andere Atelierbesuche

Nicht einmal ein Jahr ist es her, seit ich meine Zimmer umgeräumt habe (https://timetoflyblog.com/zimmerwechsel). Kurz nachdem ich in Rente gegangen bin, habe ich das zweite Arbeitszimmer, das ich nicht mehr benötigte, zum „Kunstraum“ umfunktioniert. Zwar hatte ich seither ausreichend Platz für meine Malutensilien , doch genutzt habe ich das Zimmer leider kaum. Und so habe ich eine weitere Umräumaktion gestartet.

Schuld war eigentlich Zinnober, der Kunstspaziergang durch Hannover am ersten Septemberwochenende. Rund 250 KünstlerInnen öffneten in diesem Jahr ihre Ateliers – alle an einem Wochenende zu besuchen, ist unmöglich, auch wenn sich an Zinnober, anders als beim Atelierspaziergang im Mai, meist Ateliergemeinschaften beteiligen. Oft funktionieren die KünstlerInnen nicht mehr genutzte Büro- oder Gewerbegebäude um, um dort gemeinsam unter einem Dach oder auf einem Gelände zu arbeiten.

So ist in der Schulenburger Landstraße 150/152 in Hainholz vor einigen Jahren ein Kunstzentrum entstanden, in dem am Zinnober-Wochenende mehr als 30 KünstlerInnen Einblicke in ihre Ateliers und in ihre Arbeit gewährten.

In der Nordstadt gründeten vier bildende KünstlerInnen bereits Ende der 80er-Jahre in einer ehemaligen Textilreißfabrik die Ateliergemeinschaft Block 16 , der sich inzwischen vier Kollegen angeschlossen haben.

In die alte EISFABRIK in der Südstadt, in der früher Bier gebraut und Eis zum Kühlen von Lebensmitteln produziert wurden, zogen sogar schon Mitte der 1970er -Jahre die ersten KünstlerInnen ein – und verwandelten die Industriebrache, die zu zerfallen drohte, in ein Zentrum der Künste, für Theater, Tanz, Musik, bildende Kunst und Fotografie.

In die Südstadt habe ich es im September leider nicht geschafft, die Fotos der Ateliers von Katrin Tavernini und Meike Zopf sind schon beim Atelierspaziergang im Mai entstanden.

Beeindruckt haben mich beim Atelierspaziergang auch die Ateliers und die Arbeiten von Anne Nissen, Michaela Hamann und Claudia Schmidt.

Dass wir während unseres Englandurlaubs ausgerechnet am Tag der „Open Studios“ in Saint Ives in Cornwall waren, war ein glücklicher Zufall. Ein Highlight waren die Sketchbooks von Sally MacCabe, die ich ebenso zufällig im White’s Old Workshops entdeckte.

Ich liebe bekanntlich Skizzenbücher – und ich möchte meine eigenen gestalten. „Mein neues Skizzenbuch soll mehr Farbe in mein Leben und meine Aufzeichnungen bringen. Ich will in meinem kreativen Tagebuch Zeichnungen und Skizzen, Fotos und Bilder, Texte – eigene und fremde – kombinieren“, habe ich in einem Blogbeitrag im März geschrieben (https://timetoflyblog.com/eine-art-journal). Doch ich schaffe es bislang leider nur selten, diesen Vorsatz umzusetzen.

Damit das künftig besser gelingt, habe ich mein Schreib- und mein Malzimmer zusammengelegt und in den größten Raum im Dachgeschoss verlegt. Mein Bett musste den beiden Tischen Platz machen. Es steht jetzt im kleinsten Zimmer des Hauses, aber der hausinterne Umzug hat sich schon deshalb gelohnt, weil ich jetzt vom Bett aus gleich aus zwei Fenstern den Himmel sehen kann.

Ob ich im neuen Schreib-Mal-Zimmer wirklich öfter zu Stift und Pinsel greife, muss sich erst noch zeigen. Ich werde darüber berichten.