Als Moselanerin kenne ich natürlich Eiswein: Er wird aus Trauben hergestellt, die am Rebstock gefroren sind. Eishimbeeren oder Eiserdbeeren kannte ich bislang noch nicht. Das liegt daran, dass Erd- und Himbeeren – anders als Trauben – eigentlich nicht im Herbst, sondern im Früh- oder Spätsommer reifen und deshalb in der Regel vor dem ersten Frost längst geerntet sind.
Das war in diesem Jahr anders. Noch in der letzten Woche habe ich morgens oft Himbeeren gepflückt – nicht sehr viele, aber immerhin genug, um dem Müsli einen besonderen Geschmack zu verleihen. Auch Erdbeeren gab’s. Sie wurden zwar nicht mehr richtig rot und reif, waren aber doppelt so groß wie die Beeren, die ich im Sommer ernten konnte. Der plötzliche Wintereinbruch hat sie und uns dann doch überrascht – und die späte Erntezeit für dieses Jahr wohl endgültig beendet.
Die letzten Zimmerpflanzen hatten wir zum Glück schon vor ein paar Tagen von der Terrasse in ihr Winterdomizil gebracht. Dort wird es jetzt wieder eng – denn die meisten sind während der Sommerfrische kräftig gewachsen. Die Strelitzie hat kaum mehr durch die Tür gepasst. Sie reicht inzwischen fast bis an die gläserne Decke – und blüht sogar zum zweiten Mal in diesem Jahr. Das habe ich in alle den Jahren, in denen sie bei uns wohnt, noch nie erlebt.
Auch Ananassalbei und Strauchbasilikum blühen noch – ich fürchte allerdings, dass es ihnen selbst in ihrem Winterquartier bald zu kalt wird. Denn beide sind nicht winterhart und mögen keine Kälte. Für den Ananassalbei sollten die Temperaturen zwischen 5 und 15 Grad liegen, für den Strauchbasilikum braucht sogar 10 bis 15 Grad, um sich wohl zu fühlen. Das bringt sie und mich in eine schwierige Situation: In unserem ungeheizten Wintergarten ist es beiden zumindest zeitweise zu kalt, im Haus ist es ihnen immer zu warm – und im Keller zu dunkel. Denn hell sollte der neue Standort schon sein.
Um den Osterkaktus brauche ich mir dagegen keine Gedanken zu machen. Er stellt keine hohen Ansprüche. Die niedrigen Temperaturen im Wintergarten machen ihm nichts aus, obwohl seine Vorfahren aus den südbrasilianischen Tropenwäldern stammen. Vielleicht versteht er sich deshalb so gut mit dem Drachenbaum, mit dem er sich seit seiner Kindheit einen Topf teilt. Denn in ihrer brasilianischen Heimat sind die Kakteengewächse Aufsitzerpflanze und wachsen im Geäst von Bäumen.
Die Sommerfrische ist ihm gut bekommen – er hat unzählige Blüten. Und obwohl die nicht gezähnten Blätter eindeutig beweisen, dass er kein Weihnachtskaktus (Schlumbergia), sondern ein Osterkaktus (Hatiora-Hybride) ist, wird er in diesem Jahr zur Weihnachtszeit blühen. Doch er ist ja nicht die einzige Pflanze, die aus der Zeit gefallen ist.