Vorletzte Woche hat mein Smartphone den Geist aufgegeben. Nicht plötzlich und unerwartet, sondern ganz allmählich. Zuerst schaltete es sich gelegentlich ab und ließ sich nur mit der Pinnummer wieder aktivieren, dann geschah das immer häufiger. Der Touchscreen reagierte manchmal nicht mehr und ich musste warten und/oder das Gerät ausschalten und neu starten, um ihn wieder nutzen zu können. Irgendwann war das dann eher die Regel als die Ausnahme.
Im Prinzip kann ich mein Smartphone ja verstehen: Fünf Jahre sind für ein Smartphone offenbar ein reifes Alter, die meisten werden von ihren BesitzerInnen schon nach zwei bis drei Jahren in Rente geschickt. Auch ich tue als Rentnerin oft nur das, was ich möchte. Aber bei meinem Smartphone stresst mich dieses Verhalten. Denn im Alltag geht ohne funktionierendes Handy vieles nicht – wie abhängig ich von diesem kleinen Teil bin, ist mir wieder einmal bewusst geworden. Und so habe ich mir ein neues gekauft. Nur ungern, denn ich habe geahnt, was auf mich zukommt.
Schon Auswahl und Kauf des neuen Smartphones gestalteten sich nicht ganz einfach, auch weil ich mit ihm mein Hörgerät steuern möchte. Das hat mit dem alten nicht wirklich gut geklappt, Smartphone und Hörgeräte-App waren nur bedingt kompatibel. Auf der Suche nach einem Gerät, das auf der „Kompatibilitätsliste präferierter Smartphones für die Verwendung der …App“ des Hörgeräteherstellers steht, haben wir mehrere große Technikkaufhäuser in und um Hannover angerufen und auf ihren Websites recherchiert. Keines hatte ein kompatibles Telefon der von mir bevorzugten Hersteller im Sortiment – die meisten führen eben nur die neuesten Modelle. Und so musste ich mein neues Smartphone wieder bei dem großen Onlinehändler bestellen.
Das neue Handy einzurichten, dauerte mehr als zwei Tage. Ganz fertig bin ich immer noch nicht. Und ohne die Hilfe meines Mannes hätte ich es gewiss nicht (so schnell) geschafft. Schon den Kartenslot zu öffnen, um die winzige Simkarte und die nur wenig größere Speicherkarte aus dem alten Smartphone aus- und in das neue einzubauen, war eine Herausforderung.
Auch ohne sein „Hirn“ funktionierte das alte Smartphone noch, zumindest wenn es denn wollte. Ich konnte weiter WhatsApp-Nachrichten senden und empfangen, fotografieren und Musik hören. Nur telefonieren war ohne Simkarte nicht mehr möglich – aber die Zeiten, in denen Handys vor allem Telefone waren, sind ja ohnehin längst vorbei. Es sind Computer im Taschnformat.
Mit Smartswitch ließen sich die meisten Apps zum Glück problemlos vom alten auf das neue Smartphone übertragen. Sie einzeln herunterzuladen und neu zu installieren blieb mir erspart, mich bei allen neu anzumelden dagegen nicht. Wohl denen, die ihre Passwörter kennen – und parallel im Internet recherchieren können. Bei uns waren zeitweise zwei Computer im Einsatz, um herauszufinden, wie wir am besten weiter vorgehen sollten. Denn das Passwort allein genügt nicht immer. So muss zum Beispiel das Deutschlandticket auf dem alten Smartphone gelöscht werden, ehe es auf dem neuen installiert werden kann. Keine Ahnung, wie Menschen, die weniger Computer-affin sind als wir, den „Umzug“ ihres Smartphones bewältigen.
Auf meinem neuen Smartphone funktionieren inzwischen die wichtigsten Anwendungen: Ich kann Geld überweisen, meine Mails abrufen und mich authentifizieren, wenn ich mich ins Computersystem meines Auftraggebers einloggen möchte. Ich kann wieder meine Schritte zählen, mir beim Wandern den richtigen Weg zeigen lassen, meine Hörgeräte steuern und wieder mit Bus und Bahn fahren, ohne befürchten zu müssen, dass mein Handy ausgerechnet dann seinen Dienst versagt, wenn der Schaffner mein Ticket sehen will. Selbst die meisten WhatsApp-Chats konnten wir retten: Dass einige Nachrichten beim Transfer verloren gegangen sind, kann ich verschmerzen. Warum es gerade sie getroffen hat, verstehe ich nicht. Aber mein Verständnis für Technik ist ja ohnehin begrenzt. Und auch meine Mitmenschen verstehe ich immer weniger.
Warum viele Menschen freiwillig nach ein oder zwei Jahren ein funktionierendes Smartphone durch ein neueres Modell zu ersetzen, nur weil es angeblich noch mehr kann, schneller ist oder noch brillantere Farbei hat, ist mir ein Rätsel: „What a waste of time and money.“ Ich wünsche meinem neuen Smartphone ein langes Leben – und dass mir ein weiterer „Umzug“ in den nächsten Jahren erspart bleibt.