Bye bye Baum

Ich habe in den vergangenen 40 Jahren über manches Merkwürdige gelesen und geschrieben: Über die Erfindung der Dauerwelle beispielsweise, über einen Wecker, der davonrennt und sich versteckt, wenn man nach ihm schlägt, oder über einen BH, der auch als Atemschutzmaske dient. Letztere wurden sogar mit dem Ignobel-Preis, einem inzwischen anerkannten Preis für skurrile Forschungsprojekte, ausgezeichnet.

Skurril ist für mich auch das (Teil)Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2018, auf die ich bei der Recherche für diesen Blogbeitrag gestoßen bin. Auf die Frage, wie lange sie ihren Weihnachtsbaum (üblicherweise) stehen lassen, antworteten nämlich 6 Prozent der von Statista befragten InternetnutzerInnen, dass sie den Baum vor Heiligabend abbauen; weitere vier Prozent dann schon an den Weihnachtsfeiertagen. Fake, war meine erster Gedanke, aber Statista ist eigentlich ein seriöses Marktforschungsinstitut und immerhin hat auch der Stern über diese Umfrage berichtet (https://www.stern.de/gesellschaft/weihnachtsbaum–so-lange-lassen-ihn-die-deutschen-stehen-8503024.html). Na gut, die Kollegen sind damals auch auf die Hitlertagebücher reingefallen, aber das ist ja schon lange her.

Seit ich die Umfrageergebnisse gelesen habe, grüble ich darüber nach, warum jemand einen Weihnachtsbaum kauft, schmückt – und dann noch vor dem Fest, für das er eigentlich angeschafft wurde, wieder loswerden will. Ebenfalls recht schnell, zwischen Weihnachten und Neujahr, trennen sich 11 Prozent der Befragten von ihrem Baum. Zwischen Neujahr und dem 6. Januar müssen 27 Prozent, am 6. Januar dann weitere 19 Prozent der Bäume weichen. Immerhin fast ein Drittel darf noch länger im warmen Wohnzimmer bleiben.

Für unseren Weihnachtsbaum war ganz traditionell am Dreikönigstag Schluss. Das Fest der Heiligen Drei Könige oder Epiphanias, die Erscheinung des Herrn, ist eines der ältesten kirchlichen Feste. Es erinnert daran, dass laut Matthäus-Evangelium drei Weise, Könige oder Magiere aus dem Morgenland, von einem Stern geleitet, Jesus in Bethlehem fanden – und er damit in der Welt „erschien“.

Für die katholische und evangelische Kirche endet die Weihnachtszeit – und damit auch die Weihnachtsbaumzeit – am Sonntag nach Epiphanias. Dagegen feiern die orthodoxen Kirchen, die sich noch nach dem alten julianischen Kalender richten, z. B  die russisch-orthodoxe und die serbisch-orthodoxe, Weihnachten erst am 6. und 7. Januar. Und auch im römisch-katholischen Italien mussten die Kinder früher bis zum 6. Januar auf ihre Geschenke warten. Denn in Italien werden die Kleinen traditionell an Epiphanias von der Weihnachtshexe Befana beschert.

Auch für mich ist der 6. Januar nicht Dreikönigs-, sondern Befanatag. Schließlich habe ich vor ein paar Jahren „die wahre Geschichte der Weihnachtshexe Befana“ aufgedeckt und aufgeschrieben. 🙂

Operation Weihnachtsbaum

Der Kauf des Weihnachtsbaums war auch in diesem Jahr wieder eine Sache von ein paar Minuten. Zwar war die Auswahl an Bäumen in der Verkaufsstelle auf dem Parkplatz eines großen Möbelhauses noch riesig. Doch als wir den Mitarbeiter am Eingang nach einer Blaufichte fragte, erklärte er uns „Ganz hinten links am Zaun stehen drei.“

Blaufichten, das wissen wir aus Erfahrung, führen bei Weihnachtsbaumhändlern ein Schattendasein: Die meisten haben gar keine im Sortiment. Denn fast alle Kunden kaufen Nordmanntannen, die mit Abstand beliebtesten und häufigsten Weihnachtsbäume in deutschen Wohnzimmern. Um Blaufichten machen die meisten einen großen Bogen.

Das liegt sicher auch daran, dass die Blaufichten ihrem Namen alle Ehre machen. Ihr richtiger, sprich botanischer Name lautet nämlich Picea pungens oder übersetzt für alle Nicht-Lateiner oder die, deren Lateinunterricht schon lange zurückliegt, Stechfichte.

Wie spitz die Nadeln sind, bekommt man zu spüren, wenn man sich dem Baum ohne Schutzkleidung nähert. Transport, Schmücken und Entschmücken des Baumes können durchaus schmerzhaft sein. Echte Blaufichtenfans wie mich schreckt weder die spitzen Nadeln noch die Tatsache, dass die Hände nach jeder Berührung kleben, weil das Holz sehr harzig ist. Aber dafür duften die Bäume im Gegensatz zu den Nordmann-Tannen nach Wald und Weihnachten.

Die ohnehin magere Auswahl wurde dadurch weiter eingeschränkt, dass zwei der drei Bäume in der hintersten Ecke des Verkaufsstands schon in weiße Transportnetze verpackt waren. Und wer kauft schon gerrne die Katze sprich den Baum im Sack. Der Verkäufer machte keine Anstalten, die Bäume für uns zu entpacken, doch zum Glück gefiel uns der dritte im Bunde. Darüber, dass er ein wenig unsymmetrisch gewachsen und die Zweige an einer Seite deutlich kürzer waren als an der anderen, sahen wir großzügig hinweg. Denn da unser Wohnzimmer nicht so groß ist, steht der Baum ohnehin nicht frei im Raum, sondern an einer Wand.

Dass die Spitze angebrochen war, haben wir indes erst gemerkt, als sie auf dem Weg zum Auto ganz abbrach. Doch mein handwerklich begabter Mann löste das Problem mit einer Spitzen-OP: Mit einem implantierten Schaschlickspieß verband er wieder, was zusammengehörte, und bei der Gelegenheit passte er die Christbaumspitze auch gleich an.

Blut floss dabei nicht, sondern nur ein bisschen Harz, Der Bruch verheilt gut, auch ohne Gips, und der Baum erholte sich schnell. Vielleicht auch, weil ihm sein neuer Schmuck gefällt. Die Operationsstelle ist aus der Distanz überhaupt nnicht zu sehen. Und dafür, dass niemand ihm zu nahe rückt, sorgen die spitzen Nadeln. Denn wie gesagt, die Stechfichte trägt ihren Namen zu recht.

Eine gute Verbindung

Für manche haben die Raunächte bereits am 21. Dezember begonnen, für andere erst in der Nacht vom Heiligen Abend zum ersten Weihnachtsfeiertag. Dass Anfang und Ende der Raunächte mit den christlichen Feiertagen der Geburt und Erscheinung des Herrn – Epiphanias oder Fest der Heiligen drei Könige am 6. Januar – zusammenfallen, ist natürlich kein Zufall. Denn Weihnachten ist keine christliche Erfindung: Feste um die Zeit der Wintersonnenwende gab es schon lange bevor Jesus‘ Geburt gefeiert wurde. Die römischen Saturnalien zum Beispiel oder das germanische Julfest. Das Christentum hat einfach „heidnische“ Bräuche „adoptiert“ und für seine Zwecke genutzt. Das wäre – nebenbei bemerkt – ja nicht schlimm, im Gegenteil. Doch leider haben die christlichen Eroberer und Kirchenoberen – und hier ist die männliche Form angebracht, weil es ausschließlich Männer waren – die vorchristlichen Bräuche dann meist als Aberglauben verdammt und die Menschen, deren Ideen sie übernommen haben, verfolgt und oft ermordet. Aber das ist ein anderes Thema.

Magische Raunacht, fotografiert von Foe Rodens in Norwegen. Dieses und andere tolle Fotos von Foe Rodens können unter  https://www.pictrs.com/foerodens/img/eqjxuj gekauft werden*

Die zwölf Raunächte erhielten auf dem Konzil von Tours im Jahr 567 den kirchlichen Segen: Sie wurden laut Wikipedia als sogenannte Dodekahemeron ins offizielle Kirchenjahr eingeführt (https://de.wikipedia.org/wiki/Hochneujahr). Eine Deutung des Namens weist jedoch auf den vorchristlichen Ursprung hin. So leitet Duden online die Herkunft von rau – haarig (mittelhochdeutsch ruch) ab: „in Anspielung auf mit Fell bekleidete Dämonen, die besonders in diesen Nächten ihr Unwesen treiben“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Raunaechte). Nach Kluges „Etymologischem Wörterbuch der deutschen Sprache“ war dagegen „das traditionelle Beräuchern der Ställe mit Weihrauch durch den Priester oder den Hofbauern“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Rauhnacht#cite_ref-4) namensgebend.

Wie dem auch sei: Die Raunächte sind für mich schon lange eine besondere, eine magische Zeit, die ich nutze, um über Gott und die Welt und natürlich auch über mich selbst nachzudenken, um auf das vergangene Jahr zurück- und auf das kommende vorauszublicken. In der Vergangenheit habe ich das immer mithilfe von Büchern und Informationen aus dem Internet getan. In diesem Jahr nehme ich an einem Schreibcamp und an dem Kurs Magische Raunächte* teil, der Raunachtsrituale mit Yoga und Meditation verbindet. Natürlich coronagerecht online.

Schreiben spielt in meinem Leben ohnehin eine wichtige Rolle – beruflich und privat; Yoga möchte ich künftig häufiger und intensiver praktizieren. Die wenigen Yogaübungen, die zu meinem Morgenritual gehören, tun mir gut: Sie halten mich beweglich und helfen mir, zu entspannen. Trotzdem schaffe ich es nicht, regelmäßig und mehr zu üben. Mit Meditationen und Affirmationen tue ich mich sehr schwer, und Verbindungen zu meinem höheren Selbst und anderen höheren Mächten aufzunehmen, ist mir noch nicht wirklich gelungen. Aber manchmal ist es einfach gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen und etwas Neues auszuprobieren.

Der Auftakt lässt hoffen: Ich habe durch die Yoga- und Meditationsanleitungen per Video schon einige Yogapositionen kennengelernt, die mir gefallen und die ich in mein eher bescheidenes Übungsrepertoire aufnehmen möchte: das liegende Reh beispielsweise, den schlafenden Schwan oder den Drachen, hoch und tief. Und ich werde künftig sicher häufiger zwischen Mond- und Sonnengruß wechseln. Ich mag den Mond, und es ist sicher nicht gerecht, immer nur die Sonne zu grüßen.

Sei gegrüßt Mond. Foto: Foe Rodens

Auch die Schreibanregungen und Fragen aus beiden Kursen helfen mir, mir über meine Wünsche und Ziele klar zu werden – darüber, was ich im neuen Jahr erreichen, aber auch, was ich mit dem alten hinter mir lassen möchte. Vielleicht entdecke und erwecke ich durch die Kombination von Schreiben, Yoga, Meditation und Affirmation sogar den Teil in mir, der meinen richtigen Weg kennt, und mein höheres Selbst, das alle Antworten hat, die ich brauche. Und wenn sich dann auch höhere Mächte oder das Universum meiner Wünsche und Pläne annehmen, kann ja nichts mehr schiefgehen.

*Dieser Blogbeitrag enthält unbezahlte Werbung

Link zum Kurs von Martina Honecker und zur Foto-Website von Foe Rodens

https://www.yogamitmartina.de/rauhnaechte-anleitung-rituale/

https://www.pictrs.com/foerodens/img/eqjxuj

Von Glauben und Aberglauben

Ja, ich bin abergläubisch, zumindest ein bisschen. Ich lese zum Beispiel manchmal Horoskope und lege gelegentlich Tarotkarten – allerdings ohne mich wirklich danach zu richten. Die Raunächte „zwischen den Jahren“ sind für mich eine besondere Zeit, und davon, dass es Kräfte und Dinge gibt, die Naturwissenschaften und Naturgesetze nicht erklären, bin ich überzeugt. Daran, dass Schornsteinfeger Glück oder schwarze Katzen Unglück bringen, glaube ich indes nicht. Im Gegenteil: Kiara ist der lebende Beweis, dass schwarze Katzen sehr glücklich machen können. Aber das ist ein anderes Thema – zurück zum Aberglauben:

„Aberglaube, seltener Aberglauben, der“ ist laut Duden.de ein„als irrig angesehener Glaube an die Wirksamkeit übernatürlicher Kräfte bei bestimmten Menschen und Dingen“. Welcher Glaube aber irrig, falsch oder schlecht und welcher richtig ist, hängt vom weltanschaulichen oder religiösen Standpunkt des Betrachters oder der Betrachterin bzw. der Bestimmenden ab. Hierzulande bestimmten lange die christlichen Kirchen, vor allem die katholische, was Aberglaube ist – das waren im Prinzip alle „religiösen Vorstellungen, die von der christlichen Lehre abweichen und in denen Reste vorchristlichen Denkens oder magischer Vorstellungen vermutet wurden“(https://www.wissen.de/lexikon/aberglaube).

Was von der christlichen Glaubenslehre abwich, galt als heidnisch, unmoralisch, ketzerisch und wurde bekämpft und vernichtet. Das hinderte die Kirche aber nicht daran, sich eifrig im Fundus der vorchristlichen Religionen zu bedienen. Weihnachten, das Fest der Geburt Jesu Christi, ist wohl das bekannteste Beispiel. Zur Zeit der Wintersonnenwende lange vor Christi Geburt in vielen Kulturen Feste gefeiert: im Alten Ägypten zu Ehren von Isis und Osiris, in China Dong Zhi, das Ankommen des Winters, im römischen Reich sol invictus. Und lange bevor die Christen Ostern zum Fest der Auferstehung ihres Religionsstifters umfunktionierten, feierten Kelten und Germanen – und nicht nur sie – Ende März die Tag- und Nachtgleiche.

Auch Lichtmess, das christliche Fest am 2. Februar, haben nicht die Christen erfunden, sondern die Kelten. Sie feierten am zweiten Vollmond nach der Wintersonnenwende, also um den 1. Februar herum, wenn die Tage wieder länger werden, ein Fest des Lichts und der Hoffnung: Imbolc oder Oimelc.  Um Unheil fernzuhalten, wurden in der Nacht um den 1. Februar Kerzen angezündet. Die Druiden, die keltischen Priester, führten Reinigungsrituale durch und sprachen schützende Zauber aus.

Aberglaube, (ver)urteilte die Kirche und ersetzte die heidnischen Heil- und Schutzzauber durch eigene, die aber nicht mehr Zauber, sondern Segen hießen. So spenden katholische Priester zum Beispiel an Lichtmess oder am 3. Februar, dem Namenstag des Heiligen Blasius, einen nach ihm benannten Segen. Der Blasiussegen soll durch die Fürsprache des Bischofs und Märtyrers die Gläubigen „von allem Übel des Halses und jedem anderen Übel“ befreien und bewahren. Oder muss es heißen die Abergläubischen? Denn das Segensritual mit gekreuzten Kerzen entspricht der Definition von Aberglauben ziemlich genau: Es sind „Praktiken und Riten, die ausgeübt werden, um bestimmte magische Wirkungen herbeizuführen oder unerwünschte abzuwehren“ (https://www.wissen.de/lexikon/aberglaube).

Ich bin katholisch geboren, katholische Riten und Praktiken haben mich in meiner Kindheit geprägt. Den letzten Blasiussegen habe ich wohl vor rund einem halben Jahrhundert bekommen – trotzdem ist er in meinem Gedächtnis geblieben. Als Kind hat mich vor allem beeindruckt und beschäftigt, dass der Segen verhindern sollte, dass ich an einer Fischgräte ersticke – obwohl oder vielleicht auch gerade weil es bei uns zu Hause nie Fisch gab. Wozu brauchte ich also diesen Segen?

Immerhin: Halsschmerzen habe ich nur selten und auch eine größere Fischgräte habe ich noch nie verschluckt. Doch das liegt, davon bin ich überzeugt, eher an meiner robusten Gesundheit und an meiner Vorsicht bei Fischgerichten als an der Langzeitwirkung des Segens. Aber wenn er auch nichts genutzt hat, hat er wohl auch nicht geschadet. Und so werde ich weiter meinen kleinen abergläubischen Gewohnheiten frönen. Denn mit dem Glauben oder dem Aberglauben ist es ja ohnehin so eine Sache …

Von schönen Geschenken und unerwarteten Gefahren

Jetzt ist Weihnachten wieder vorbei. Die geschenkten Bücher sind leider schon gelesen. Eine neue Tasse bringt mit ihren bunten Punkten frühmorgens, wenn ich noch im Bett den ersten Kaffee trinke, Farbe und Fröhlichkeit in mein Leben. Das Notizbuch habe ich schon eingeweiht, Kalender und Bulletjournal warten noch auf den Beginn des neuen Jahres und auf ihren Einsatz.

Kalender + Notizbuch – handgemacht von Foe Rodens

Meine Blogpartnerin Foe, die mein Faible für schöne Bücher und Notizbücher kennt, hat sie selbst gemacht und mir geschenkt – wer möchte, kann die Ledereinbände für Notizbücher und Kalender bestellen unter https://foerodens.wordpress.com/ledereinbande-fur-notizbucher.

Der Weihnachtsbaum nadelt zwar noch nicht, hat sich aber schon gestern mit den unteren Zweigen auf dem Boden abgestützt, als brauche er zusätzlichen Halt. Heute Morgen neigte er sich bedenklich, drohte auf die Krippe zu stürzen, die wir auch in diesem Jahr wieder aufgestellt haben – wie im vergangenen Jahr, als meine Mutter Weihnachten mit uns feierte. Zum letzten Mal, im Sommer ist sie gestorben.

Um meiner Mutter eine Freude zu bereiten, hatte ich das Essen gekocht, das es in meiner Kindheit bei uns zu Hause gab – Fleischsalat mit Rindfleisch und selbst gemachter Eiermayonnaise. Obwohl ihr Gedächtnis sie immer häufiger im Stich gelassen hat, konnte sie sich genau an das Rezept erinnern – und an die Lieder, die wir gesungen haben. Auch über die Krippenfiguren hat sie sich gefreut. Ich hatte sie vor dem Sperrmüll gerettet und ihnen bei uns Asyl gewährt.

Der Weihnachtsbaum ist wieder im Lot. Über der Krippe leuchtet zwar kein Stern, aber die Menora, der siebenarmige Leuchter.

Doch jetzt drohten der heiligen Familie, den Hirten und Schafen Ungemach von unserem Weihnachtsbaum. Um zu verhindern, dass sie erschlagen werden, haben wir die unteren Zweige abgeschnitten, den Baum wieder aufgerichtet und fest im Ständer verankert. Eine stachlige Angelegenheit, denn der Blaufichte sollte man sich nur mit Schutzkleidung nähern. Der Lohn der Mühe: Die untere Etage duftet jetzt intensiv nach Harz und nach Weihnachten – und dank einiger abgeschnittener Zweige hoffentlich auch mein Arbeits- und Schlafzimmer unterm Dach.

Früher war mehr Duft

Nein, ich glaube nicht, dass früher alles besser war – die Jugend höflicher und lernwilliger, die Beziehungen glücklicher, weiße Weihnachten häufiger. „Wenn ich die junge Generation anschaue, verzweifle ich an der Zukunft der Zivilisation“, meinte schon Aristoteles im vierten Jahrhundert vor Christus. Irgendwie ist es dann aber doch immer weitergegangen. Ehen hielten nur länger, weil es keine Scheidungen gab oder weil die Frauen finanziell von ihren Männern abhängig waren und bleiben mussten. Und geschneit hat es schon in meiner Jugend zumindest an der Mosel nur sehr selten – und an Weihnachten eigentlich nie. Mein Mann, aufgewachsen im Harz, sieht die Sache mit dem Schnee an Weihnachten allerding anders.

Tannen, Kekse und Co

In einem sind wir uns einig: Früher war Weihnachten mehr Duft. Das lag sicher daran, dass viel mehr selbst gebacken wurde – meine Schwiegermutter backte zum Beispiel Pfefferkuchen, bekanntlich mit siebenerlei Gewürzen: Da war Weihnachtsduft in der Adventszeit garantiert. Und auch in meinem  Elternhaus gab es natürlich zu Weihnachten selbstgebackene Plätzchen und Stollen.

Ich habe in diesem Jahr gar keine Kekse gebacken. Bratäpfel habe ich noch nie gemocht – weich und warm geht bei Äpfeln gar nicht. Rot- und Glühwein vertrage ich nicht. Deshalb kommt, ich gestehe es, der adventliche Duft nach Bratapfel, Vanille oder Zimt bei mir eher aus der Konserve – genau gesagt von diversen Duftkerzen, obwohl meine Freundin mich ausdrücklich vor den schädlichen Stoffen im Rauch warnt.

Duft contra Design

Eins habe ich in den vergangenen Jahren wirklich vermisst: den intensiven Geruch nach Tanne und Wald. Denn heutzutage duften die meisten Weihnachtsbäume und Adventskränze wenig bis gar nicht. Das trübt meine Freude an ihnen erheblich. Als ich im vergangenen Jahr vor dem ersten Advent auf dem Markt meine Nase in mehrere Adventskränze steckte, sah mich der Verkäufer irritiert an. Nein, duftende Adventskränze habe er nicht, meinte er dann indigniert. Stark duften zum Beispiel Blaufichten, aber weil ihre Nadeln sehr stark stechen, werden sie selten zu Adventskränzen verarbeitet. Und auch als Weihnachtsbaum werden die duftenden, aber stachligen Blaufichten, einst der Weihnachtsbaumklassiker, heute weit seltener gewählt. Das ist verständlich, vor allem, wenn Kinder im Haus sind oder wenn der Baum lange stehen bleiben soll. Denn die Fichten halten nicht so lange wie Nordmann- und andere Tannen. Und wegen der spitzen Nadeln braucht man für Blaufichten eigentlich einen Waffenschein. In jedem Fall ist es ratsam, den Platz rund um den Weihnachtsbaum weiträumig abzusperren und gebührenden Abstand zu halten. Deshalb wachsen in der Schonung, in der mein Mann in den vergangenen Jahren den Tannenbaum selbst geschlagen hat, keine Blaufichten.

Der Letzte seiner Art

Dass es in diesem Jahr in unserem Wohnzimmer wieder wie in alten Zeiten nach Wald duftet, ist eher Zufall. Denn eigentlich wollten wir Weihnachten auf La Palma verbringen. Ohne echten Baum, nur mit einer kleinen Bienenwachskerze als Baumersatz. Aber unverhofft kommt ja bekanntlich oft: Die Bandscheibe zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbel meines Mannes verlangte eine Planänderung – und eine Last-minute-Absage der Reise.

Auf einen Weihnachtsbaum wollten wir dann doch nicht verzichten. Die Schonung war geschlossen und auch vor dem schwedischen Möbelhaus an unserem Wohnort, bei dem wir unser Glück versuchten, war das Angebot zwei Tage vor Weihnachten eher bescheiden. Aber eine große Auswahl wird meist ohnehin überschätzt.

Als ich sagte: „Duften soll er“, zeigte der Verkäufer auf einen einsam auf dem Boden liegenden Baum. „Das ist die letzte Blaufichte“, meinte er fast abschätzig, „sonst gibt es nur noch Nordmanntannen.“ Die sind hierzulande die mit Abstand beliebtesten Weihnachtsbäume: Sie sehen aus, wie Weihnachtsbäume aussehen sollen: pyramidenförmig, mit fast waagrechten Ästen; sie nadeln nicht und weil die Nadeln überdies nicht pieksen, lassen sie sich leicht schmücken. Nur leider duften sie überhaupt nicht.

Irgendwie tat mir der Baum leid, den offenbar niemand haben wollte. Zu Unrecht, denn er duftete nicht nur, sondern sah auch gut aus: gerade gewachsen, vielleicht etwas licht und auch einige Nadeln waren schon ein wenig angegraut. Doch das sind wir ja auch – und nobody is ja bekanntlich perfect.

So schnell hatten wir noch nie einen Weihnachtsbaum gekauft. Das Handling – transportieren, aufstellen, schmücken – war zwar etwas schwieriger bzw. schmerzhafter als in den vergangenen Jahren. Denn mit dicken Arbeitshandschuhen lassen sich filigrane Aufhänger nur schwer an stachligen Ästen befestigen. Doch man muss auch Opfer bringen.

Jetzt steht der Baum in unserem Wohnzimmer und duftet und nadelt still vor sich hin. Letzteres hat auch seine Vorteile: So wird das Abschmücken nach Neujahr dann eine nicht mehr ganz so stachlige Angelegenheit.

Weihnachtsbaum DSC_2558

 

Ich bin wieder da …

Ja, es gibt mich noch und meinen Blog auch noch. Dass ich in den letzten beiden Monaten keinen Beitrag geschrieben und mich auch im wirklichen Leben sehr rar gemacht habe, hatte verschiedene Gründe. Der erfreulichste: Ich habe endlich mein Buch zu Ende geschrieben – und es jetzt veröffentlicht.

Weil es zwar keine richtige Weihnachtsgeschichte ist, aber doch mit Weihnachten zu tun hat, musste es noch kurz vor Weihnachten sein.

Es heißt

„Die wahre Geschichte der Weihnachtshexe Befana“

und ist ab sofort als E-Book und als Taschenbuch bei allen großen Händlern erhältlich. Das E-Book ist für alle E-Book-Reader geeignet.

Befana Cover E Book komp
Cover E.Book: Zeichnung: Foe Rodens/Hintergrundbild: rvika/Shutterstock

Die Geschichte basiert auf der Legende über die Weihnachtshexe Befana, die Kindern in Italien die Geschenke bringt, und erzählt die andere, die feministische und natürlich wahre Version. Ähnlichkeiten mit einer lebenden Person ließen sich leider nicht vermeiden.

Mit Weihnachtsgeschichten ist es so eine Sache, zumindest mit dieser. Die Idee ist vor ein paar Jahren in der Vorweihnachtszeit entstanden, als ich an einem Artikel über die Gabenbringer in aller Welt gearbeitet habe (der dann nie erschienen ist). Zwei Jahre lang habe ich immer nur in der Vorweihnachtszeit an der Geschichte geschrieben, also quasi bei Keksen und Kerzenschein.  Wahrscheinlich wäre das Buch erst am Sankt Nimmerleinstag fertig geworden. Doch dann habe ich mir – was den Schreibprozess angeht – Erich Kästner zum Vorbild genommen. Er hat, so steht es im Vorwort zu seinem Buch „Das fliegenden Klassenzimmer“,  nämlich das Schreiben immer wieder aufgeschoben, bis ihm seine Mutter gedroht hat, dass er ohne fertige Weihnachtsgeschichte auch keine Weihnachtsgeschenke bekommt. Das wirkte. Kästner fuhr mitten im Sommer in die Alpen und schrieb mit Blick auf die schneebedeckte Zugspitze über Schneeballschlachten und vorweihnachtliche Ereignisse und Sorgen. Zur Zugspitze bin ich nicht gefahren, aber ich habe das ganze Jahr über an der Geschichte gearbeitet, leider nicht immer so konsequent, wie ich gewollt oder geplant hatte.

Dass Befanas Geschichte gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten fertig geworden ist, verdanke ich Foe Rodens. Sie fand die Geschichte von Anfang an „supertoll“ und witzig, obwohl es eigentlich gar nicht ihr Genre ist. Das hat mich ermutigt weiterzuschreiben. Und als das Buch endlich fertig war, hat sie es lektoriert und korrigiert. Sie hat die Befana gezeichnet und die Cover für das E-Book und die Printversion gestaltet. Last but not least hat sie mich moralisch und technisch beim Hochladen unterstützt. Tusen Takk, Foe.

Danke auch an die Probeleser/innen Margrit, Ursula, Uschi und Utz (in alphabetischer Reihenfolge). Eure Anregungen und Hinweise haben mir sehr geholfen, haben mir Mut gemacht, das Buch zu veröffentlichen, und dazu beigetragen, dass viele Fehler gefunden und beseitigt wurden. Dass es trotzdem sicher nicht fehlerfrei ist, liegt nicht an ihnen, sondern eher an mir. Denn ich habe bei der Eingabe der Korrekturen noch manches verändert – und dabei sicher auch den ein oder anderen Fehler eingebaut.

Das Ebook kostet 3,99 Euro, das Taschenbuch 8,99 Euro, bei Amazon kommen je nach Anbieter  (2,95 Euro) Versandkosten hinzu*. Ich freue mich über Käufe, natürlich auch über Rezensionen. Zwei gibt es schon. Ganz herzlichen Dank dafür.

Eva Walitzek Befana Cover klein
Cover Tachenbuch: Zeichnung: Foe Rodens/Hintergrundbild: rvika/ShutterstockGib eine Beschriftung ein

Hier ein paar Links zu den Händlern (alphabetisch), dort gibt es auch eine Leseprobe:

Amazon

https://www.amazon.de/Die-wahre-Geschichte-Weihnachtshexe-Befana-ebook/dp/B077TG3Q2V/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1512203902&sr=8-1&keywords=9783742764188#reader_B077TG3Q2V

epubli

https://www.epubli.de/shop/buch/die-wahre-geschichte-der-weihnachtshexe-befana-eva-walitzek-9783745061185/69932

Google

https://play.google.com/store/search?q=9783742764188&c=books

Hugendubel

https://www.hugendubel.de/de/quickSearch?searchString=Eva+Walitzek&facetNodeId=-1&mainsearchSubmit=Suche

Kobo:

https://www.kobo.com/de/de/ebook/die-wahre-geschichte-der-weihnachtshexe-befana

Thalia

https://www.buch.de/shop/home/suchartikel/die_wahre_geschichte_der_weihnachtshexe_befana/eva_walitzek/EAN9783742764188/ID90071096.html

Weltbild

https://www.weltbild.de/artikel/ebook/die-wahre-geschichte-der-weihnachtshexe-befana_23882727-1?rd=1

PS: Foe Rodens ist übrigens nicht nur eine sehr gute Lektorin, sondern auch eine begabte Schriftstellerin: Ihr Buch „Der Fluch des Schlangenmenschen“ ist ein heißer Tipp nicht nur für Fantasyfans. Es erscheint in den nächsten Tagen auch als Taschenbuch.

* man kann die Versandkosten sparen, wenn man auf andere Angebote klickt und dann bei epubli direkt bestellt.

Schöne Weihnachten

Eine Freundin von mir versendet jedes Jahr mehr als 20 (oft seitenlange) Weihnachtsbriefe. Andere erfreuen mich und alle ihre Bekannten und Freunde alle Jahre wieder mit wunderschönen Weihnachtskarten. Ich schaffe das nie. Auch in diesem Jahr ist es mir wieder mal nicht gelungen, (rechtzeitig) Weihnachtsgrüße zu verschicken.

Dabei war ich wirklich guten Willens. Tagelang stand „Weihnachtspost erledigen“ auf meinen To-do-Listen. Immer wieder  habe ich den Punkt von der alten auf die neue Liste übertragen. Ohne Erfolg. Dabei habe ich schon Anfang Dezember vor diversen Kartenständern gestanden und mir Weihnachtskarten angesehen. Doch die meisten haben mir nicht wirklich gefallen. Eine fand ich wirklich originell (Maria zu Josef: „Eigentlich wollte ich ihn nicht so früh in die Krippe geben“). Doch die Schlange an der Kasse war so lang, dass  ich mich zwischen Karte und Zug entscheiden musste. Als ich das nächste Mal in dem Laden vorbeikam, war die Karte leider ausverkauft. Manche Karten waren mir auch einfach zu teuer und ich habe gehofft, dass ich bis Weihnachten noch andere mit einem günstigeren Preis-Leistungs-Verhältnis finde.

Am Ende ist es wie so oft: Wenn man zu lange zögert, steht man mit leeren Händen da – oder eben ohne Karten. Und so beschränke ich mich mal wieder –wie fast alle Jahre wieder – damit, auf den letzten Drücker Weihnachtsgrüße per Mail zu versenden oder wie jetzt kurz vor der Bescherung auf meinem Blog zu posten.

Natürlich sind richtige Postkarten persönlicher. Und mich plagt das schlechte Gewissen gegenüber denjenigen, die auf ihre wunderschönen handgeschriebenen Grüße – wenn überhaupt – nur eine Antwort per Mail erhalten (besondere Grüße an G. und D.).

Aber die schnöden elektronischen Grüße haben auch unbestreitbare Vorteile: Sie erreichen die Empfänger selbst dann, wenn sie nicht zu Hause sind. Sie kommen rechtzeitig an (was man von vielen Karten und Briefen, die mit der klassischen Schneckenpost verschickt werden, nicht behaupten kann) Und man hat sie auf Smartphone, Tablet und Notebook überall dabei. Dann freue ich mich noch Wochen später, wenn ich mein Mail-Postfach durchstöbere darüber, dass die eine oder der andere Weihnachten an mich gedacht hat.

In diesem Sinne – schöne Weihnachten, eine stressfreie Zeit zwischen den Jahren und einen guten Start ins neue Jahr.

weihnachtsbaum
Schöne Weihnachten    Nele Schmidtko (C)