… oder im kleinsten Wohnmobil. Unseres ist mit knapp 7 Quadratmetern ziemlich klein – kleiner als die Küchen in der Wohnung unserer Tochter bzw. in unserem Haus. Und trotzdem haben wir zu dritt fast zwei Wochen lang einen schönen Urlaub darin verbracht. Nicht etwa im sonnigen Süden, wo man ohnehin die meiste Zeit draußen verbringt, sondern in Skandinavien, zwischen Helsinki und Tromsö, wo die Tage und vor allem die Nächte im September schon recht frisch sind.
Geteilt haben wir drei Erwachsene den recht begrenzten Platz außerdem mit dem technischen und fotografischen Equipment, das drei computer- und fotoaffine Menschen so brauchen. Denn Nordlichter zu sehen und zu fotografieren war für zwei von drei Reisenden ein Ziel unserer Reise, wenn nicht gar das Hauptziel. Deshalb hatten wir neben diversen Kameras auch zwei große Stative mit an Bord. Und natürlich die Kleidung, die nötig ist, um ganze oder halbe Nächte fast regungslos draußen an der Kamera zu verbringen. Diese Kleidung ist entsprechend voluminös – unsere Tochter fühlte sich eingehüllt in den dick gefütterten Fishermann-Anzug ihres Vaters wie ein Teletubby oder das in Reifen gekleidete Männchen aus der Michelin-Werbung. Doch das modisch eher unvorteilhafte Outfit nahm sie gerne in Kauf, weil sie damit nachts ohne zu frieren das Polarlicht-Blitzgewitter am Himmel fotografieren und bewundern konnte.
Multifunktionell: Vom Ess- zum Schlafzimmer
Wenn er nicht gerade getragen wird, fand dieser Anzug indes, ebenso wie der Polaranzug meines Mannes, in den Mini-Schränken eines Mini-Wohnmobils keinen Platz, sondern musste irgendwo sonst verstaut werden: tagsüber meist auf dem Doppelbett, in dem mein Mann und ich nachts schliefen, nach den nächtlichen Fotosessions irgendwo vorne auf oder vor dem Beifahrersitz. Der Fahrersitz war tagsüber einer von drei Sitzplätzen – wahlweise am Ess-, Schreib oder Wohnzimmertisch. Nachts verwandelte sich, zusammen mit (Schreib-, Ess-, Küchen- oder Wohnzimmer-) Tisch und Sitzbank in das Bett unserer Tochter, also quasi ins Kinderzimmer. Das teilte sie wiederum nach nächtlichen Fotosessions mit ihrem Fotoequipment, weil die Ablage hinten derweil als Elternschlafzimmer diente. Aber das nahm sie für tolle Impressionen und beeindruckende Bilder gerne in Kauf.
Die abendlichen und morgendlichen Umräumaktionen waren zweifellos eine logistische Herausforderung: Nele beherrschte nach ein paar Tagen den Umbau vom Tisch in Bett und umgekehrt wie im Schlaf. Wir arbeiteten beim Umräumen Hand in Hand, reichten alles von vorne nach hinten – und umgekehrt – weiter. Das, was in der Logistik als chaotische Lagerhaltung bezeichnet wird, hat sich bei uns bewährt. Und wir brauchten nicht mal einen Computer, um den Überblick zu behalten.
Verloren haben wir nichts, dafür aber die Erkenntnis gewonnen, dass wir auch, zumindest mal für eine kurze Zeit, mit weniger Platz auskommen, als wir im Alltag genießen. Manchmal ist weniger genug. Und manchmal genügt eben doch eine kleine Hütte …
Im Sommer bin ich am Wochenende oft zur privaten Gartenschau unterwegs. Denn von Mai bis September öffnen in Hannover und der Region erfreulicherweise viele Gartenbesitzer ihre Pforten für Gartenfans. Rund ein Dutzend Gärten habe ich in diesem Jahr schon besichtigt. Einige zum ersten Mal, andere habe ich mir schon ein paarmal angesehen – und kann mich doch nicht daran sattsehen. Und ich bin immer wieder fasziniert, welche großen und kleinen Traumgärten sich hinter den Gartenzäunen verbergen.
Jeder Garten ist anders – und jeder ist auf seine Art schön, ein Gesamtkunstwerk. Mal sind es die Farben und die Pflanzenvielfalt, mal die Sitzecken, mal irgendwelche Kleinigkeiten – hier ein Spiegel, da eine Skulptur oder mal eine alte Wiege. Und immer wieder die Gartenteiche.
Ganz oft denke ich „So einen Garten möchte ich auch haben“ – aber ich weiß, wie viel Arbeit dahinter steckt und dass ich die Zeit (noch) nicht aufbringen kann oder möchte. Ich gebe zu: Ich besichtige lieber fremde Gärten, als im eigenen zu arbeiten. Und alle, die meinen Blog regelmäßig lesen, wissen es ja: Mir fehlt einfach der grüne Daumen!
Weil ich an diesem Wochenende eine Pause einlegen musste, hier ein kleiner Fotorückblick.
Auftakt nach Maß: In diesem Jahr zum ersten Mal dabei: der tolle Garten von Silke Rex – ganz viele Rosensorten, kombiniert mit Stauden.
Profis am Werk: der Naturgarten von Sylvia und Klaus Stannek:
Lustwandeln in einem Garten mit altem Baumbestand und neuem Schwimmteich bei Susanne Eckardt
GartenLeben in der Alten Gärtnerei
Übrigens: Dass ich nicht heimlich Gartenzäune spähen muss, sondern mich in aller Ruhe umsehen kann, verdanken ich – und viele andere Gartenfans – auch Gesa Klaffke-Lobsien und Kaspar Klaffke. Die beiden haben mit einem befreundeten Paar die Idee Anfang der 90er-Jahre aus England importiert. Dort zeigt das Schild „Garden open Today“ schon seit mehr als 100 Jahren an, dass an diesem Tag nicht nur der Blick über den Gartenzaun erlaubt, sondern das Betreten des Gartens ausdrücklich erwünscht ist. Gesa Klaffke-Lobsien koordinierte die Aktion Offene Pforte in und um Hannover von 2001 bis 2015.
Im ersten Jahr öffneten in der niedersächsischen Landeshauptstadt gerade mal 26 Gartenbesitzer ihre Pforten für andere Gartenfans; in diesem Sommer sind es in und um Hannover fast 170. In anderen Städten und Gemeinden machte das Beispiel ebenfalls Schule.
Der Garten von Gesa Klaffke-Lobsien und Kaspar Klaffke gehörte zu den ersten, die besichtigt werden durften. Die beiden leben in einer alten Gärtnerei und haben die ehemaligen Gewächshäuser in ein Gartenparadies in der niedersächsischen Landeshauptstadt verwandelt.
Ihr Garten stand lange auf meiner Will-sehen-Liste, doch mal regnete es in Strömen, mal war ich irgendwo anders und ein paar Mal habe ich den Termin einfach verpasst. In diesem Jahr habe ich es endlich geschafft und einen Artikel für das Online-Magazin wohnwerken geschrieben. Wer will, findet den Text zum Nachlesen unter
Über ihr „GartenLeben in der Alten Gärtnerei“ haben Gesa Klaffke-Lobsien und Kaspar Klaffke ein Buch geschrieben. Die zweite Auflage ist im März 2017 im Verlag zu Klampen erschienen.
Manchmal fällt der Apfel doch weit vom Stamm. Und manche Talente und Eigenschaften überspringen eine oder gar zwei Generationen, ehe sie bei den Kindern oder Enkeln wieder zum Vorschein kommen. Ich bin trotz meines Faibles für schöne Gärten leider eine Horrorgärtnerin. Als Gott – oder wer auch immer – die grünen Daumen verteilte, habe ich wohl schlicht gepennt oder war gerade in einem (Garten)Buch versunken. Nachträglich lässt sich das, wie wir aus Schillers Gedicht von der Teilung der Welt wissen, nicht mehr korrigieren. Wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben oder der Garten. (Für alle, die sich an das Gedicht nicht mehr genau erinnern: „Was tun?“ spricht Zeus, „die Welt ist weggegeben“, zum Nachlesen http://www.ub.uni-heidelberg.de/wir/geschichte/schiller.html).
Ich bin also, wenn es um Pflanzen geht ziemlich talentfrei. Ich weiß nicht, wie viele Rittersporn ich in den vergangenen Jahren gepflanzt habe – überlebt hat nur ein einziger. Sonnenblumen werden weggefressen, sobald ich sie gesetzt habe. Und selbst die Maiglöckchen verschwinden auf unerklärliche Weise. Erst in diesem Frühjahr habe ich wieder rund ein Dutzend aus dem Garten meiner Mutter in unseren umgesiedelt – mit wenig Erfolg. Und auch die Veilchen aus dem Harz blühen im warmen Klima im niedersächsischen Flachland nicht auf, sondern sind wie vom Erdboden verschluckt.
Richtig gut gedeihen in meinem Garten vor allem Pflanzen, die man früher gemeinhin Unkräuter nannte: Giersch zum Beispiel, Brennnesseln, Sauerampfer oder Gänseblümchen. Außerdem einige ganz Robuste, die sich offenbar von nichts abschrecken lassen wie Beinwell, Topinambur oder auch Zwergastern. Die sind zwar allesamt hübsch anzusehen, aber leider so einnehmend, dass sie sich anschicken, die letzten Winkel meines Gartens zu erobern. Sogar dem Giersch machen sie an manchen Stellen das Leben schwer.
Bei größeren Pflanzaktionen leihe mir manchmal den grünen Daumen meiner Tochter aus. Sie hat nämlich das Talent ihrer Oma väterlicherseits geerbt, die früher als Floristin arbeitete. In ihrer alten Wohnung unterm Dach wuchs die Petersilie meterhoch. Und das Orangenbäumchen bog sich unter der Last der Früchte, während unsere wesentlich größeren Zitruspflanzen zwar blühen (und dabei herrlich duften), aber seit einigen Jahren kaum mehr Früchte tragen.
Bei der Vogelschutzhecke hat der Ausleih-Trick funktioniert: Die Heckenrosen, die wir vor drei Jahren gemeinsam gepflanzt haben, sind inzwischen recht hoch und wachsen in die Breite; Apfelbeeren, rote Heckenberberitzen, Kornelkirschen und Weißdorn, die ich ein paar Wochen später alleine gesetzt habe, brauchen wohl noch eine Zeit, bis sie wie geplant Vögeln katzenfreie Nistmöglichkeiten und Nahrung bieten.
Seit ein paar Monaten hat meine Tochter einen eigenen Balkon, den sie in einen Mini-Nutzgarten verwandelt. Kartoffeln, Gurken, Paprika und Tomaten pflanzt sie dort, diverse Kräuter und ein ganzes Obstsortiment: Heidelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren, Stachelbeeren, Melonen und sogar einen kleinen Apfelbaum. Der fühlt sich offenbar in seinem Pflanzsack pudelwohl – und ich bin fast sicher, dass er mehr Früchte tragen wird als der große Apfelbaum in unserem Garten. Der hat im vergangenen Jahr seine wenigen Früchte auf unserem Rasen verteilt, ehe sie reif waren. Auf dem Balkon meiner Tochter gestaltet sich die Ernte wahrscheinlich recht einfach, auch wenn sie üppig ausfällt. Denn bei dem Mini-Baum fällt der Apfel sicher nicht weit vom Stamm.
Wien also. Die Stadt stand schon lange auf meiner Wunschliste, bislang hatte ich es aber noch nicht geschafft. Ein Schreibretreat im writers‘ studio war ein willkommener Anlass, das Vorhaben endlich umzusetzen, ehe aus dem immer Aufgeschoben doch ein Aufgehoben wurde. Zwei Tage schreiben, zwei Tage Wien entdecken. Hin und zurück ging‘ mit dem Nightliner der Bahn. Nachts, wenn ich ohnehin schlafe, so spare ich Zeit, zumindest gefühlt.
Der Auftakt war suboptimal: Der Zug, obwohl erst in Hamburg eingesetzt, hatte in Hannover bereits eine Stunde Verspätung (aber das ist eine andere Geschichte). Endlich eingestiegen, schlief ich auf den zur Liegefläche zusammengeschobenen Sitzen besser als erwartet meinem Ziel entgegen und kam, der Bahn sei Dank, recht ausgeruht in Wien an.
Sonja, meine Gastgeberin in Wien, erwies sich als Glücksfall. Wir verstanden uns auf Anhieb: Wir sind etwa gleich alt, unsere Töchter ebenfalls. Wir schreiben und lesen gerne, teilen die Leidenschaft für Papier und schöne Bücher und haben ähnliche politische Ansichten. So freuten wir uns Sonntagabend gemeinsam über die Wahl von Emmanuel Macron zum französischen Staatspräsidenten. Nach den Niederländern lassen auch die Wahlen in Frankreich hoffen. Liberté, Egalité, Le Pen adé.
Wien sehen
Sonja hat eine schöne Wohnung mit Balkon mit wirklich toller Aussicht, die ich sofort übernehmen würde. Und sie nahm sich einen ganzen Nachmittag Zeit, mir ihre Stadt zu zeigen. Die kennt sie als geborene und begeisterte Wienerin und lizenzierte Fremdendführerin besser als die meisten anderen. Ich bekam also eine ganz private, kompetente Stadtführung gratis: Stephansdom, Hofburg, Secession, Albertina, Staatsoper, Kaisergruft … – alles nur von außen, weil es am Wochenende zu voll und der Tag einfach zu schön war. Und wegen unserer gemeinsamen Vorliebe für Papier und Bücher kamen wir natürlich auch an einem kleinen, aber feinen Schreibwarenladen und zwei Buchhandlungen nicht vorbei.
Wir aßen belegte Brote, genauer gesagt Brote mit verschiedenen Aufstrichen, bei Trzesnniewski, einem Stehimbiss in der Dorotheengasse, und bekamen wenig später ohne zu warten einen Platz in einem winzigen, meist voll besetzten Café. Eine große Ausnahme, vor allem an einem Sonnabendnachmittag. Wir schlenderten durch den Burggarten, über den Heldenplatz, wo am folgenden Montag das Fest der Freude über die Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft stattfand, und durch den Volksgarten. Schade, dass die Rosen noch nicht geblüht haben. Mehrere tausend Pflanzen sollen es sein und mehrere hundert Sorten. Beim nächsten Mal …
Am Spätnachmittag kehrten wir beim Heurigen ein: Wir saßen in einem windgeschützten Innenhof in der Sonne, haben eine Kleinigkeit gegessen und einen Sommergespritzten mit gemischtem Satz getrunken. Das ist, lernte ich, eine österreichische Spezialität: Kein anderes Land darf Wein so nennen (für all die, die es genau wissen wollen: festgehalten in der EU-Verordnung 607/2009 vom 14. Juli 2009).
Für einen Wiener Gemischten Satz müssen in einem Weinberg, der in Österreich Weingarten heißt, mindestens drei verschiedene Rebsorten angebaut werden. Sie werden gemeinsam geerntet und gekeltert. Ein gemischter Satz kann aus bis zu 20 unterschiedlichen Rebsorten bestehen. Grüner Veltliner sei meist drin, sagte Sonja. Egal was: Es schmeckte auf jeden Fall lecker. Für den Sommergespritzten werden ein Drittel Wein und zwei Drittel Wasser gemischt. Ich verdünnte noch mehr, weil ich keinen Alkohol vertrage und fürs Schreiben am nächsten Tag fit sein wollte.
Writers‘ Studio
Ich hatte zwar die weiteste Anreise, war aber die Erste im writers‘ studio. Beim Schreibretreat schreibt jeder für sich allein, arbeitet an seinen eigenen Projekten. Das klappte gut, vielleicht lag es an der anregenden Umgebung, vielleicht auch daran, dass ich meiner inneren Kritikerin (nein, ihren Namen verrate ich nicht) direkt zu Beginn eine Reise auf die Insel Criticos spendierte. Da darf sie ein paar Wochen bleiben, da ist sie unter ihresgleichen und fühlt sich hoffentlich so wohl, dass sie ihren Aufenthalt verlängert.
Zwei Tage Freizeit zum Schreiben – ich habe die besondere Atmosphäre genossen, an unterschiedlichen Texten gearbeitet und dabei meinen Schreibplatz öfter gewechselt. In Innenhof stellte ich meinen Stuhl direkt neben den Fliederstrauch (ich liebe den Duft). Ich habe an einem Schreibtisch von Werkhaus geschrieben (den wollte ich schon immer mal ausprobieren), in der Küche des writers‘ studios, in der Mittagspause auf einer Bank am nahegelegenen Donaukanal und natürlich auch am großen Tisch.
Kunst in Wien
Gegen den grauen Himmel und den Nieselregen an meinem letzten Tag in Wien – beides von den Meteorolügen nicht vorhergesagt – verordnete ich mir farbenfrohe Hundertwasser-Kunst. In dem Mitte der 80er Jahre von Friedensreich Hundertwasser und dem Architekten Josef Krawina geplanten Haus in der Löwengasse gibt es 50 Wohnungen und viel Farbe, aber zumindest von außen wenig gerade Linien. Die sind laut Hundertwasser „eine vom Menschen gemachte Gefahr“ und „dem Menschen, dem Leben, der gesamten Schöpfung wesensfremd“. Das stimmt und passt zu mir, den meine Linien geraten immer krumm und bucklig. Gegenüber lockte das Hundertwasservillage mit vielen Shops mit Hundertwasser- und Wiensouvenirs schon am Morgen sehr viele Menschen. Das Hundertwasser-Museum sparte ich mir für den nächsten Wien-Besuch, stattdessen gehe ich in die Albertina, vor allem wegen der Dauerausstellung von Monet bis Picasso. Die erwies sich leider – von ein oder zwei Ausnahmen abgesehen – als fast malerinnenfrei. Frauen kommen fast nur als Modelle vor. Immerhin ist eine eigene Ausstellung der österreichischen Malerin Maria Lassnig gewidmet, die ich bisher nicht kannte. Und auch an der Rolltreppe durfte sich eine Künstlerin, Lotte Lyon, verewigen.
Schreiben in einem Wiener Café ist eigentlich ein Muss, wenn man auch um zu schreiben nach Wien fährt. Leider war das Musik Café Schwarzenberg, das mir Sonja empfohlen hat, sehr voll, aber es war so, wie ich mir ein richtiges Café in Wien vorgestellt habe – einschließlich der beängstigend vornehmen Kellnerinnen und Kellner. Zum Schluss noch einen Abstecher in den Belvedere-Garten. Fürs Schloss selbst und für Schönbrunn reichte die Zeit nicht mehr. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben …
Über mein schwieriges Verhältnis zu Kaffeemaschinen habe ich schon geschrieben (www.timetoflyblog.com/2016/01/31/kaffee-bitte/). Dass ich mit der Hightechgerät meiner Freundin gewisse Schwierigkeiten habe, kann ich ja noch hinnehmen. Dass ich aber auch an einer eher simplen Maschine kläglich scheitere, gibt mir zu denken.
Sonja, meine Gastgeberin bei meinem Wienaufenthalt, hat eine solche Maschine. Und als sie mir kurz nach meiner Ankunft einen Kaffee aufbrühte, sah alles ganz einfach aus. Bis es am nächsten Morgen selbst versuchte. Ich machte alles wie gesehen: Anschalten, warten, bis es aufhört zu blinken, Kaffeegröße auswählen (Espresso oder Lungo) auswählen, all diese Aufgaben löste ich noch ganz souverän. Doch nach der Öffnung, um die Kapseln, einzufüllen, suchte ich vergeblich. Der Bügel, an dem ich zog, bewegte sich nicht. Und auch sonst zeigte sich die Maschine wenig kompromissbereit: Ohne Kapsel spendierte sie mir nur heißes Wasser. Und ich stand da wie der Ochse vor dem berühmten Berg.
Sonja zeigte mir dann noch einmal, wie‘s geht: anschalten, Bügel hochstellen – auch wenn er Widerstand leistet –, Kapsel einlegen, Bügel runterdrücken, wählen, Kaffee marsch.
Neuer Tag, neues Glück. Am nächsten Morgen näherte ich mich der Kaffeemaschine ganz souverän: Wasser nachfüllen, anschalten, warten, bis das Blinken aufhört, Bügel hochziehen – Sesam öffne dich –, Kapsel einlegen, Bügel schließen, Kaffeetasse unterstellen, Lungo bitte. Es brodelte und zischte, die Kapsel plumpste wie vorgesehen in den Auffangbehälter – und raus kam: heißes Wasser. In meiner Verzweiflung und meiner Gier nach frischem Kaffee suchte ich im Internet nach einer Bedienungsanleitung: Ich hatte alles richtig gemacht – und startete einen zweiten Versuch, auch, weil es keine andere Möglichkeit gibt, die Kapseln einzulegen: Sie passen nur in eine Richtung. Auch Maschinen machen Fehler, vielleicht war auch ihr einer unterlaufen.
Wieder schluckte die Maschine dankbar meine Kapsel – und spuckte nur heißes Wasser aus. Diesmal, wie um mich zu entschädigen, nicht nur in die Tasse, sondern auch aus einer nicht sichtbaren Öffnung auf die Arbeitsplatte. Ich wischte das Wasser auf, bevor es die Küche überschwemmte. Meine Gastgeberin fand heraus, dass ein versteckt liegender Auffangbehälter randvoll war – und die beiden Kapseln immer noch verschlossen. Während Sonja neben mir stand, funktionierte die Maschine reibungslos. der Vorführeffekt eben.
Aller guten Dinge sind drei. Und so wagte ich an meinem letzten Tag in Wien einen letzten Versuch – mit dem festen Vorsatz, die Flugtauglichkeit der Kaffeemaschine zu testen, falls sie nicht macht, was ich will. Same procedure as yesterday, nur dass ich mich diesmal auch beim Herunterdrücken des Hebels nicht davon beeindrucken lasse, dass er Widerstand leistet. Meine Geduld ist erschöpft. Wird schon sehen, was er davon hat. Und siehe da: Es funktioniert. Ich bekomme meinen Kaffee und die Maschine darf an ihrem Platz in der Küche im vierten Stock bleiben.
Ich habe wieder neue Erkenntnisse gewonnen:
Wer zu zaghaft ist, den bestraft das Leben, sprich die Kaffeemaschine.
Wahrscheinlich sind Kaffeemaschinen wie Hunde: Sie spüren, wenn jemand Angst vor ihnen hat und reagieren aggressiv oder machen – wie bei mir – was sie wollen.
Zu Hause habe ich die Konsequenz gezogen: Ich brühe meinen Kaffee von Hand auf. Das Milchaufschäumgerät möchte ich indes nicht missen, aber es weiß, wer Chefin ist: Es gehorcht mir (mehr oder weniger) auf Knopfdruck.
Manchmal frage ich, warum ich manches erst so spät für mich entdeckt habe. Die Herrenhäuser Gärten beispielsweise, die ich zum ersten Mal besucht habe, als ich schon ein paar Jahre bei Hannover lebte. Seitdem habe ich eine Dauerkarte und gehe oft hin, wenn ich in Hannover bin. Oder Fehmarn. Dabei ist die Ostsee-Insel angeblich die sonnenreichste Insel Deutschlands. Campingplätze gibt es zwar nicht gerade wie Sand am Meer, aber doch sehr viele. Und auch die Entfernung ist einigermaßen akzeptabel. Ohne Stau braucht man von zu Hause aus nur etwa drei Stunden.
Trotzdem haben wir Fehmarn bislang im wahrsten Sinne des Wortes immer links liegen gelassen. Wenn wir ans Meer wollten, sind wir meist vor Lübeck gen Osten abgebogen, um auf den Darß zu fahren. Vielleicht lag‘s daran, dass unser erster und bis dato einziger Fehmarn-Aufenthalt nicht wirklich gelungen war: Der Campingplatz hatte uns trotz fünf Sternen nicht wirklich gefallen. Das gemietete Mobilheim war dunkel, ohne Blick aufs Meer, das Wetter durchwachsen. Und zu allem Überfluss quälte unsere Tochter eine schmerzhafte Augenentzündung, sodass wir fast nach Hause gefahren wären. Kurz: Der Urlaub damals stand offenbar unter keinem guten Stern, vielleicht waren wir einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
Der erste Eindruck ist ja bekanntlich oft entscheidend. Und so dauerte es rund 20 Jahre, bis wir einen zweiten Versuch wagten: zu einer anderen Zeit, diesmal im Frühjahr, an einem anderen Ort, auf dem Campingplatz Flügger Strand. Bekannte, die den Platz seit Jahren kennen, hatten ihn uns empfohlen.
Zu Recht: So eine schöne Aussicht hatten wir auf noch keinem Camping- oder Stellplatz in Deutschland. Wir standen in der ersten Reihe, direkt in den Dünen. Rund um die Uhr konnte ich vom Wohnmobil aus das Meer sehen. Auch das Wetter spielte drei Tage lang mit: Es war so, wie die Meteorolügen es vorhergesagt hatten: Die Sonne schien den ganzen Tag, ehe sie abends wie ein roter Feuerball im Meer versank, bestaunt von uns und anderen Campinggästen, die sich dazu am Strand einfanden. Es war faszinierend zu sehen, wie dieses Schauspiel (fast) alle in seinen Bann zog.
Tagsüber war der Strand oft fast menschenleer, bei unseren Strandspaziergängen trafen wir nur wenige. Nur ein paar Angler standen immer am Strand oder gelegentlich auch bis zur Brust im Wasser. Bemerkenswert war die Ruhe. Obwohl rund um uns alle Stellplätze belegt waren und manche Dauercamper das lange Wochenende nutzten, um ihre Wohnwagen für die bevorstehende Campingsaison fit zu machen, war es still, sehr still. Meist hörte man nur das Branden der Wellen an den Strand und das Brausen des Winds, der uns kräftig um die Ohren blies.
Keine Frage, der Platz ist ideal für eine kleine (digitale) Auszeit zwischendurch. Die mobilen Daten funktionierten auf meinem Smartphone nicht, WLAN gibt es zwar auf dem Campingplatz, aber wir wollten keins. Drei Tage ohne Internet, ohne E-Mails und Computer. Aufs Meer sehen statt fernsehen. Lesen (fast 700 Seiten, „Meine geniale Freundin“ von Elena Ferrante und „Fluch des Schlangenmenschen“ von Foe Rodens, beide Bücher haben mir sehr gut gefallen), schreiben (wieder mal per Hand), fotografieren und malen. Ich bin wieder mal gelaufen (fast schmerzfrei), 162 Stufen hoch auf den Flügger Leuchtturm gestiegen, habe Tai Chi am Strand geübt und die Seele baumeln lassen. Nur gebadet habe ich nicht, obwohl ich das eigentlich wollte. Denn das Wasser war zwar glasklar und verlockend, aber so kalt, dass mir schon meine Füße fast abgefroren sind, als ich ein bisschen durchs Wasser watete.
Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Ich werde es nachholen, wenn wir das nächste Mal nach Fehmarn fahren. Das wird sicher nicht wieder 20 Jahre dauern. Denn Fehmarn hat das Zeug, meine deutsche Lieblingsinsel zu werden.
PS: Für alle, die es genauer wissen wollen: Die Sanitäranlagen sind modern, sehr gepflegt und sehr sauber, das Essen im Restaurant Dünenhaus bei Annette war prima (wir konnten auf der Terrasse essen), der Service sehr freundlich: Dass wir am Abreisetag bis abends bleiben wollten, um den Stau um Hamburg zu umgehen, war kein Problem. So macht Camping Spaß.
Man kann planen, so viel man will, es kommt immer anders. Oder unverhofft kommt oft. Dass das stimmt, kann ich nur bestätigen. Ich mag es, wenn alles nach Plan verläuft – und bin doch Spezialistin darin, Pläne über den Haufen zu werfen. Meist eher unfreiwillig. Manchmal denke ich, irgendeine (höhere) Macht wartet nur darauf, dass ich einen Termin in meinen Terminkalender eintrage – um dann etwas dagegen zu unternehmen.
Vor ein paar Tagen beispielsweise. Dass ich am Dienstag zu meiner Mutter an die Mosel fahren wollte, war lange geplant – der Termin genau eingepasst zwischen Korrekturterminen von zwei Zeitschriften, für die ich arbeite. Doch weil wir mit der ersten Zeitschrift früher fertig waren als vorgesehen, disponierte ich um, wollte schon am Montag fahren. Ich hatte gerade meine Mutter informiert und wollte die Fahrkarte buchen, als der Anruf kam: Eine Frau, die ich interviewen sollte, hatte ausgerechnet am Montagnachmittag für mich Zeit. Alles auf Anfang, zurück auf Los. Sprich: zum ursprünglichen Reisetermin. Wie gut, dass ich inzwischen 60 bin und eine Bahncard 50 für Senioren habe und deshalb flexibel bin.
Doch manchmal ist es gut, wenn Pläne sich ändern. Der unverhofft freie Sonntag und der halbfreie Montag bescherten mir einen wunderschönen Sonn(en)tag am Meer – mit strahlend blauem Himmel, Sonne satt, langen Spaziergängen am Strand und im Watt, Füßen im Sand. Selbst der Wind hatte ein Einsehen und blies an diesem geschenkten Frühlingstag ausnahmsweise nicht.
Und so konnten wir in der Sonne sitzen, Latte Macchiato und Eis im Strandcafé von Döse und einen Fischteller im vielleicht besten Fischimbiss in und um Cuxhaven genießen.
Nur das Meer machte mal wieder, was es wollte: Es war wieder einmal nicht da, als wir kamen, und schon wieder weg, als wir am Montag wieder nach Hause fuhren. Doch das war laut Tidenkalender genau nach Plan.
Vor ein paar Tagen habe ich bei der Gartenarbeit eine Leiche entdeckt. Sie hing zwischen den durchgeweichten Blättern der Seerose, die ich mit dem Kescher aus dem größeren meiner beiden Miniteiche gefischt habe. Glücklicherweise sah sie nicht so furchterregend aus, wie es die Pathologen in Krimis immer wieder behaupten. Bleich war sie, allerdings nicht aufgedunsen, obwohl sie schon eine ganze Weile im Wasser gelegen haben muss.
Das lag sicher daran, dass er – oder sie, das Geschlecht konnte ich leider nicht erkennen – auch einen Großteil seines/ihres Lebens im Wasser verbracht hat. Nicht in diesem Teich, sondern in dem kleineren direkt daneben. Vielleicht ist er vor dem Frost in den größeren und tieferen Teich geflüchtet. Gerettet hat es ihn nicht. Ich habe den kleinen Frosch unter der Sanddornhecke begraben, die ist so stachlig, dass sicher kein Tier ihn ausbuddeln wird.
Neuer Teichbewohner
Ein Nachfolger ist auch schon wieder bei uns eingezogen. Als ich die Lilien am Rand des kleinen Teichs freigeschnitten und freigerupft habe, hüpfte irgendetwas vom Rand ins Wasser. Es ist wie bei Königs: Der Frosch ist tot, es lebe der Frosch. Vielleicht ist er ja ein verwunschener Prinz? Wenn ja, wird er weiter inkognito bleiben: Ich werde sein Geheimnis nicht lüften. Einen Frosch gegen die Wand zu werfen, wie es Königstöchter offenbar gelegentlich tun, käme mir nie in den Sinn.
Ziemlich rigoros bin ich allerdings beim Frühjahrsputz im Garten jenen Pflanzen an meinem Teich zu Leibe gerückt, die meine Lilien überwuchert und fast erstickt haben. Ich hatte sie erst im vergangenen Jahr dorthin gesetzt, weil es vor den Heckenrosen etwas grüner sein sollte. Damit, dass sie ihre Aufgabe so übereifrig erfüllen würden, habe ich nicht gerechnet – jetzt habe ich sie strafversetzt, an den Zaun zum Nachbargrundstück, wo ich jedes Jahr unter Flieder, Haselnuss und anderen Büschen der Allianz aus Efeu und Giersch ein Stück mehr Boden abringe.
Und da ich schon beim Ausgraben war, habe ich mit der Brombeerhecke weitergemacht. Wir hatten sie vor Jahren gepflanzt, wohl in Erinnerung an die wildwachsenden Brombeeren, die ich gerne esse, wenn ich im Sommer an der Mosel bin. Als ich noch klein war, sind wir im Sommer manchmal losgezogen, haben die Mehren, wie sie in meinem Heimatort heißen, gepflückt, um Marmelade davon zu kochen. Leider haben die Brombeeren in unserem Garten überhaupt nicht geschmeckt; dafür sind überall stachlige Triebe aus dem Boden gewachsen. Weil ich meist ohne Handschuhe arbeite, habe ich mir manchen Dorn in den Finger gerammt. Jetzt war meine Geduld am Ende – ich habe eine Grenze gezogen. Rechts der Gartenhütte werde ich Himbeeren pflanzen, hinter der Gartenhütte dürfen die Brombeeren weiterwuchern und mit Sandorn, Felsenbirne und Heckenrose links der Hütte zu einer stacheligen Vogelschutzhecke verwachsen. Die ist noch ziemlich kahl, in meinen Kräuterbeeten zeigen sich die ersten Kräuter bereits wieder: Zitronenmelisse und Minze, Rosmarin und Sauerampfer, Waldmeister und Bärlauch haben den Winter gut überstanden. Mein Salbei bereitet mir allerdings Sorgen. Und ob sich die Lavendelpflanzen von dem radikalen Rückschnitt erholen, den ich ihnen vor ein paar Wochen verpasst habe, wird sich zeigen. Angeblich sollen die Sträucher so dicht und voll nachwachsen, wie ich es aus der Provence und von Fotos kenne. Wenn nicht, werde ich es mit einer neuen Sorte versuchen, deren Name vielversprechend klingt: Blue Dwarf, blauer Zwerg. Winterhart soll diese Sorte sein, langlebig und hoffentlich unempfindlich. Denn das ist bei meinem fehlenden gärtnerischen Talent überlebenswichtig.
Mein lesender Zwerg sitzt geduldig auf seinem blauen Kissen aus. Seine Jacke hat längst verloren hat, doch dass scheint ihn nicht zu stören. Ganz vertieft er in seine Lektüre trotzt er nur noch mit seiner roten Mütze bekleidet seit Jahren Wind und Wetter.
Zurück aus Leipzig, in diesem Jahr habe ich mir zwei Tage auf der Buchmesse gegönnt. Bücherfrühling stimmte in diesem Jahr, im wahrsten Sinne des Wortes. Es waren zwei wunderschöne Frühlingstage mit viel Sonne und strahlend blauem Himmel. Und weil die Messehallen rechts und links einer riesigen Glashalle liegen, bekommt man vom schönen Wetter sogar etwas mit, wenn man die meiste Zeit in den Hallen verbringt.
Leipzig liest
Wer fürchtet, dass nicht mehr gelesen wird, wird auf der Leipziger Buchmesse eines Besseren belehrt. Anders als bei der Buchmesse in Frankfurt dürfen die Privatbesucher in Leipzig an allen Tagen rein. Und sie kommen in Scharen. Knapp 208.000 Besucher waren es in diesem Jahr, ein neuer Besucherrekord. Zählt man das Lesefest „Leipzig liest“ mit, waren es sogar 285.000. Das heißt: Es war voll, sehr voll.
Das Publikum ist bunter, gemischter, jünger als in Frankfurt. Viele Familien mit Kindern waren unterwegs, aber auch sehr viele Jugendliche, meist mit ihren Freunden. Leipzig (und nicht nur Leipzig, sondern auch die Umgebung) liest – das ist mehr als ein Slogan. Und viele kaufen die Bücher, die ihnen gefallen, direkt auf der Messe – auch ist in Leipzig, anders als in Frankfurt, möglich.
Cosplay und Comics
Dass die Messe so viele jüngere Leute anlockt, liegt sicher auch an der Manga Comic Con, die in Halle 1 stattfindet, und an den vielen Cosplayern. Allen, die sich in diesem Bereich nicht so gut auskennen (zu denen zählte ich vor nicht allzu langer Zeit auch noch), sei‘s erklärt: Auf der Manga Comic Con treffen sich Fans von Comics, Mangas (japanische Comics), Animes (japanische Zeichentrickfilme) und eben Cosplayer. Cosplayer stellen Charaktere aus Mangas, Spielen, Büchern oder auch Filmen nach. Ihre aufwendigen Kostüme fertigen sie selbst – und möglichst originalgetreu.
Auf dem Messegelände findet man also nicht nur unzählige Bücher, sondern man begegnet auch ganz vielen Figuren aus Büchern und Filmen live – Harry Potters Lehrerin Minerva McGonigal beispielsweise, dem kleinen Vampir und Anna, seiner Schwester, oder Zwergen, Hobbits und Elben aus Tolkiens Büchern. Manchmal geraten die Bücher bei so viel bunten optischen Eindrücken fast in den Hintergrund.
Manche Cosplayer entwerfen und nähen nicht nur tolle Kostüme, sondern schreiben auch. Foe Rodens zum Beispiel: Foe alias Ambarussa traf in Leipzig nicht nur ihre Cosplayfamilie, also Elbengeschwister und ihre Mutter aus Tolkiens Simarillion, sondern informierte auch über ihr eigenes Buch „Der Fluch des Schlangenmenschen“. Es erscheint Anfang April; eine kostenlose Leseprobe gibt’s auf der Website www.foerodens.wordpress.com/der-fluch-des-schlangenmenschen.
Mekka für Indie-SchreiberInnen
Natürlich sind die großen und viele kleine Verlage sowie viele bekannte AutorInnen auf der Buchmesse vertreten. Aber Leipzig ist auch ein wichtiger Treffpunkt für Indie-AutorInnen, also für Autorinnen und Autoren, die ihre Bücher unabhängig (independent = indie) von den klassischen Verlagen veröffentlichen. Es gibt viele Angebote und Workshops rund ums Thema Selbstpublizieren, neudeutsch Selfpublishing. Und auch viele Blogger geben sich auf der Messe ein Stelldichein. Die Indie-JournalistInnen veröffentlichen ihre Texte ohne die klassischen Zeitungen und Zeitschriften – und haben dabei eine eigene essayistische Form des Schreibens etabliert.
Apropos Bloggen: Am Sonntag habe ich wieder an der Bloggerkonferenz teilgenommen – wahrscheinlich war ich die älteste Teilnehmerin, sozusagen die Bloggeroma. Aber es ist ja angeblich nie zu spät, etwas Neues zu lernen oder und Dinge besser zu machen. So gibt es in diesem Text Zwischenüberschriften, weil Google sie angeblich mag und meine Texte dann leichter findet. Vielleicht abonnieren dann künftig ganz viele Leute meinen Blog und folgen mir – zum Beispiel zur Buchmesse nach Leipzig. Im nächsten Jahr dann eher am ersten Tag, wenn das Gedrängel noch nicht ganz so groß ist.
Raus aus dem Februarregen, reif für die Insel. Ein bisschen Wärme tanken, Sonne genießen, um für die zweite Hälfte des Winters gewappnet zu sein, die sich hierzulande gefühlt bis Mitte Mai hinziehen kann.
Ziel: die Kanarischen Inseln. Dort ist es selbst für bekennende Frostbeulen schon im Februar warm genug, um (kurz) im Meer zu baden und in der Sonne zu sitzen. Und sie sind nah genug: fünf Stunden Flugzeit ohne Zwischenlandung, das überstehen auch Flugmuffel wie ich.
Auf Lanzarote waren wir im letzten Jahr – einmal zum Kennenlernen ja, aber …: Zu viel Stein, zu wenig Grün – das brauche ich so schnell nicht wieder. Das war auf La Palma ganz anders. Irgendwie war es Liebe auf den ersten Blick. Ganz schnell war klar: Diese Insel hat das Zeug, meine Lieblingsinsel zu werden. Und seit mir eine deutsche Rentnerin vor dem Rückflug erzählt hat, dass sie in Tazacorte in einer Wohnung mit Dachterrasse und Blick aufs Meer lebt, denke ich immer wieder: Das wär‘s.
La Palma also. Ich wollte wandern, mein Mann wollte Sterne sehen. Für beides ist La Palma optimal: Auf dem Roque de los Muchachos steht – 2.400 m über dem Meer – das größte Teleskop Europas. Das dürfen Besucher zwar nur am Tag besichtigen, nachts wird der Gipfel gesperrt. Aber auch sonst sind die Sterne wirklich sehr gut zu sehen. Auf der Insel leben wenige Menschen, der Himmel ist meist klar und die Nächte sind lang – es wird früh dunkel und spät hell. Überall auf der Insel gibt es Miradores Astronomiquos, also astronomische Aussichtspunkte, unser Hotel hatte sogar eine eigene kleine Sternwarte (unter der leider Lampen brannten, eine astronomische Todsünde, denn Astronomen lieben es dunkel, selbst der Mond ist ihnen zu viel).
Unser Hotel – das Sol la Palma in Puerto Naos – ist mit mehr als tausend Betten wahrscheinlich eines der größten Hotels auf der Insel. Für meinen Geschmack war es eigentlich zu groß, aber für eine Woche wirklich ok: Service, Zimmer und Essen prima und die Lage direkt auf einer Klippe über dem Meer einfach traumhaft.
Das Meer sieht man auf La Palma fast überall, auch wenn man irgendwo im Landesinnern wandert. Das Zentrum der Insel wurde zum Nationalpark erklärt. Dort, im Parque Nacional Caldera de Taburiente, ist die Natur noch ziemlich unberührt. Wandern kann man auf La Palma wirklich gut, zumindest so weit ich es als Wanderneuling beurteilen kann. Es gibt sehr viele Wanderwege – gut markiert (wenn man weiß, wo man nach den Markierungen suchen muss). Und sie sind oft so, wie ich mir Wanderwege vorstelle: schmale, verschlungene Pfade und keine Wanderautobahnen, auf denen man zu viert oder fünft nebeneinander hergehen kann. Die Landschaft sehr abwechslungsreich – wir sind auf der Ruta de los Vulcanos durch schwarze Lavafelder gewandert, direkt am Meer lang, durch Bananenfelder und durch Pinienwälder. Langweilig war’s nie, fast immer geht es auf und ab – La Palma ist angeblich die gebirgigste Insel der Welt. Die Wanderstöcke, die wir uns noch kurz vor unserem Urlaub bestellt haben, bewährten sich wirklich. Und ich werde sie sicher wieder benutzen, denn ich will wiederkommen und noch einiges erwandern. Den Cumbrecita zum Beispiel gehen, der sich dieses Mal vor unseren Blicken in den Wolken versteckt hat. Und auch die Wanderung vom Roque de los Muchachos zum El Time steht auf meiner Wanderwunschliste weit oben.
Und dann natürlich Tazacorte – irgendwie (m)ein Sehnsuchtsort. Es ist der sonnenreichste Ort der Insel und ein sehr hübscher dazu. Weil die schmalen (autofreien) Gassen offenbar ein bisschen an den Montmartre erinnern, heißt Tazacorte auch Paris chiquito – Klein Paris. Sehr gut gefallen hat mir auch Puerto Tazacorte, die Siedlung am Hafen. Dort schien die Zeit irgendwie stehen geblieben. Ein bisschen fühlte mich wie in die 70er-Jahre zurückversetzt. Viele Leute mit Rucksäcken, Hippies, hätte man früher gesagt, Aussteiger wohl heute, die meisten jung, aber manche auch schon älter, in meinem Alter.
Eine deutsche Aussteigerin habe ich in der Sauna des Hotels kennen gelernt: Sie kommt aus München, war ihr halbes Erwachsenenleben unterwegs und lebt seit ein paar Jahren auf La Palma – zurzeit in La Bombilla, der „wilden“ Strandsiedlung bei Puerto Naos. La Bombilla ist eine bunte Mischung aus gut ausgebauten Häusern und winzigen, halb verfallenen Hütten. Selbst ein paar Hochhäuser gibt es dort. Eigentlich sollen alle Strandsiedlungen auf La Palma abgerissen werden – nach dem 1988 verabschiedeten Küstenschutzgesetz darf die Uferzone außerhalb von Urbanisationen nicht bebaut werden. Aber die Bewohner von La Bombilla kämpfen um ihre Siedlung, offenbar mit Erfolg. In La Bombilla wird viel gebaut, erzählte die Frau mir, in El Remo, einer anderen Strandsiedlung, habe man jetzt sogar die Straßen asphaltiert.
Um dort zu leben, ganz auszusteigen, fehlt mir der Mut, aber die Rentnerin vom Flughafen und ihre Wohnung in Tazacorte gehen mir nicht aus dem Sinn: Und zurück im noch kalten, oft regnerischen Deutschland stelle ich mir vor, wie es wäre, in Tazacorte auf einer Dachterrasse zu sitzen, mit einer Tasse Cafe con leche, das Meer im Blick. Und dann denke ich: Warum eigentlich nicht?