Alle Tage

Bei der Suche nach einem „fliegenden“ Gedicht (https://timetoflyblog.com/noch-ein-Versuch-fliegende-Gedichte) bin ich Anfang letzter Woche auf ein Gedicht von Ingeborg Bachmann gestoßen, das ich wohl in der achten oder neunten Klasse gelernt  habe: „Alle Tage“ ist ein Antikriegsgedicht; trotzdem – oder gerade deshalb – passt es meiner Meinung nach gut in diese Zeit. Es wurde Anfang der 50er-Jahre erstmals veröffentlicht und beginnt mit den Worten

„Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden.“

Als Ingeborg Bachmann das Gedicht schrieb, standen sich die Westmächte unter Führung der Vereinigten Staaten von Amerika und der sogenannte Ostblock unter Führung der Sowjetunion feindlich gegenüber. Viereinhalb Jahrzehnte dauerten die Feindseligkeiten und das Wettrüsten; nach dem Ende des kalten Krieges war ich wie viele meiner Generation überzeugt, dass es nie wieder Krieg mehr in Europa geben würde. Wir wurden durch den russischen Überfall auf die Ukraine eines Schlechteren belehrt.

Meine Überzeugung, dass man Frieden ohne Waffen schaffen kann, erweist sich als Illusion, seit Putin die Ukraine überfallen hat. Er tritt das Völkerrecht mit Füßen, lässt seine Armee Tod, Angst und Schrecken verbreiten. Ich bewundere den Mut der UkrainerInnen, die zu den Waffen greifen, um ihre Heimat und ihre Freiheit gegen die übermächtigen russischen Aggressoren zu verteidigen. Aufgeben ist für sie – auch zu unserem Glück – keine Option.

Aber die Lage in ihrem Land ist katastrophal. Wohn- und Krankenhäuser, Kindergärten und AKWs werden angegriffen. Städte wie Mariupol, Lwiw, Kiew werden belagert, zerbombt und zerstört. Lebensmittel, Medikamente, Energie sind knapp. Immer mehr Menschen sterben oder werden verletzt. „Der Schwache ist“, um Ingeborg Bachmann zu zitieren, „in die Feuerzonen gerückt“. Und die kommenden Tage werden in der Ukraine „wahrscheinlich noch größere Not bringen“, befürchtet Nato-Generalsekretär Stoltenberg (https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-sonntag-105.html). Eigentlich bleibt nur die Hoffnung, dass die UkrainerInnen weiter Stand halten – und dass auch in Russland selbst der Widerstand gegen diesen sinnlosen, gegen das Völkerrecht verstoßenden Krieg wächst: unter der Bevölkerung, aber auch im Militär, bei den einfachen Soldaten und ihren Befehlshabern.

Der Krieg wird nicht nur mit Waffen geführt, sondern auch mit Worten. Dass Putin die Presse- und Meinungsfreiheit in Russland noch mehr einschränkt als bisher, zeigt, wie sehr er die Macht der Worte und die Wahrheit fürchtet. Wer den Krieg gegen die Ukraine Krieg nennt, riskiert in Russland 15 Jahre Haft.

Vielleicht sollte man der plumpen Propaganda der russischen Machthaber die wohl subtilste Form der Sprache entgegenstellen: die Lyrik. Die hat, glaubt man dem Slawisten und Kulturwissenschaftler Rolf Dieter Kluge, in Russland einen hohen Stellenwert.

 „Rußland lebt mit dem Gedicht. Es gibt wohl kaum ein anderes Land, in dem der Dichter populär ist wie ein Filmstar oder Volkstribun, wo sich Tausende versammeln, um Verse zu hören, wo einfache Menschen in gehobener Stimmung nicht nur Lieder singen, sondern Gedichte deklamieren, wo ein durchschnittlich Gebildeter Hunderte und mehr Verse auswendig weiß“, schrieb Kluge vor einigen Jahren in einem Vorwort zu einer Anthologie russischer Lyrik. „In Moskaus Fußgängerzone, auf dem Arbat, bilden sich um gänzlich unbekannte Poeten und Laiendichter, die dort ihre Gedichte rezitieren, engagiert teilnehmende und diskutierende Zuhörergruppen.“ http://www.planetlyrik.de/russische-lyrik-im-20-jahrhundert/2019/01/

Man sollte vielleicht Ingeborg Bachmanns Gedicht ins Russische übersetzen und im Land verteilen: an Menschen, die Literatur lieben, an die Mütter und Väter, deren Söhne in den Krieg geschickt werden, und an die Soldaten selbst, die oft gar nicht wissen, wo und gegen wen sie kämpfen.

Die Auszeichnung, heißt es in der letzten Strophe , verdienen sie

„für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.“

Sie retten damit nicht nur ihr eigenes Leben.

Das ganze Gedicht ist nachzulesen unter

https://www.lyrikline.org/de/gedichte/alle-tage-265

Sprachlos

Ja, es hat mir die Sprache verschlagen. Und ich habe lange überlegt, ob ich weiterschreiben kann wie bisher. Als wäre nicht das geschehen, was die meisten für unmöglich gehalten haben: Dass es wieder Krieg gibt in Europa, direkt vor unserer Haustür. Und dass die Gefahr eines Welt- oder Atomkriegs größer ist denn je – oder zumindest seit der Kubakrise vor 60 Jahren. Aber 1962  war  Kuba unendlich weit weg und  ich war mit fünf Jahren noch zu klein, um die Gefahr zu realisieren.

20 Jahre später, Anfang der 80er-Jahre, habe ich gegen den Nato-Doppelbeschluss und die Stationierung der Pershing-II-Raketen in Deutschland demonstriert. Als die Sowjetunion unter Michail Gorbatschow dem Westen seit Mitte der 80er Jahre die atomare Abrüstung anbot, der sogenannte Eiserne Vorhang sich öffnete und die Blöcke sich auflösten, schien die Kriegsgefahr in Europa endgültig gebannt. Und obwohl sein Nachfolger Wladimir Putin die Krim annektierte, rechte Milizen in der Ostukraine unterstützte und immer mehr Truppen an der ukrainischen Grenze aufmarschieren ließ, habe ich mit dem Überfall auf die Ukraine nicht gerechnet. Ich habe mich getäuscht. Dass ich nicht die einzige bin, macht es nicht besser.

„Wir sind in einer anderen Welt aufgewacht“, sagte Annalena Baerbock am Morgen nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine. Seither kommen täglich neue Schreckensmeldungen. Und trotzdem lebe ich, leben wir, fast weiter wie bisher, während die Menschen in der Ukraine um ihr Land und ihre Freiheit kämpfen – und dafür sterben. Wir schauen zu – mit mulmigem Gefühl, weil Putin unberechenbar scheint und vor nichts zurückschreckt. Und viele auch mit schlechtem Gewissen. Weil wir so lange weggeschaut haben. Und weil jetzt auch unsere Freiheit, um einen Satz des früheren Verteidigungsministers Peter Struck abzuwandeln, in der Ukraine verteidigt wird. Wir können wenig tun, außer spenden, unsere Solidarität erklären, die Sanktionen befürworten, die Heizung herunterdrehen und die UkrainerInnen, die geflohen sind, unterstützen.

Farbe bekennen

Ich bewundere die Menschen in der Ukraine für ihren Mut – Prominente wie den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beispielsweise oder die Klitschko-Brüder, aber auch und vielleicht noch mehr die vielen Namenlosen. Die Geschichte von Anna Strishkowa, die ich heute Morgen in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gelesen habe, hat mich besonders berührt. Die alte Dame lebt in Kiew, in der Nähe des Präsidentenpalasts. Als kleines Kind kam sie ins Konzentrationslager Auschwitz, befreit wurde sie von der Roten Armee, dem Vorläufer eben dieser Armee, die jetzt ihr Land in Schutt und Asche legt. Lenin würde sich sicher im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass die russischen Soldaten in diesem Krieg oft nicht einmal wissen, wo sie sind, gegen wen sie kämpfen und wofür sie sterben müssen.

Anna Strishkowa will die Ukraine nicht verlassen, obwohl ein Freund ihr eine Wohnung in Deutschland besorgt und den Umzug organisiert hat. „Wenn ich Hitler überlebt habe, warum sollte ich dann nicht auch Putin widerstehen? Ich bleibe“, sagt sie. So viel Mut verschlägt mir die Sprache.

Wer den Artikel von Thoralf Cleven in der HAZ vom 9. März nachlesen möchte, findet ihn unter

https://epaper.haz.de/webreader-v3/index.html#/935754/6

Märchenhaftes Celle

Ich mag Gärten und ich mag Licht. Das richtige Licht verleiht auch eher langweiligen Gärten einen besonderen Reiz. Illuminiert, mit effektvoll angestrahlten Hecken, Skulpturen, Teiche, Brunnen und Fontänen, gefällt mir sogar der Große Garten in Herrenhausen, der mich bei Tageslicht nicht begeistert (https://chaosgaertnerinnen.de/ein-sonntag-drei-gaerten). Und so war ich natürlich einverstanden, als mein Mann vorschlug, zur Illumination des Französischen Gartens nach Celle zu fahren.

Seit dem 19. Februar erhellen die Winter-Lichter zwischen 18 und 22 Uhr den Park am Rande der Celler Altstadt und verwandeln ihn in einen wahrhaft märchenhaften Ort.

Ich habe dort alte Bekannte wie Hänsel, Gretel und die Hexe, das tapfere Schneiderlein, Max und Moritz, die Bremer Stadtmusikanten, den Froschkönig und den gestiefelten Kater getroffen, aber auch Figuren aus der Fabelwelt wie Einhörner, Drachen, Elfen und Kentauren.

Die ursprünglich geplante Veranstaltung mit unterschiedlichen Illuminationen und künstlerischen Darbietungen um das Celler Schloss musste coronabedingt ausfallen, doch Spaziergänge durch den illuminierten Park sind noch bis zum 26. Februar möglich. Der Eintritt ist frei, ein Besuch lohnt sich.

Ecriture Automatique, E-Mails und Erinnerungen

Ich liebe diese Stunde am Morgen, bevor der Tag erwacht. Es ist meine Stunde, die Stunde, die mir allein gehört. Wenn ich meine Yogaübungen und gleichzeitig die erste Tasse Kaffee gemacht habe, zünde ich eine Kerze an, schreibe meine Morgenseiten und anschließend meine private Texte, zum Beispiel Blogbeiträge. Manchmal geht beides fließend ineinander über. Aber das ist ja der Sinn der Morgenseiten oder ihres Vorläufers, der Écriture automatique. Die Surrealisten um André Breton und Philippe Soupault haben diese Methode des Schreibens in den 1920er-Jahren bekannt gemacht. Beim Automatischen Schreiben werden „Bilder, Gefühle und Ausdrücke (möglichst) unzensiert und ohne Eingreifen des kritischen Ichs wiedergegeben“ (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%89criture_automatique).  Mein kritisches Ich beim Schreiben außen vor zu lassen, gelingt mir leider nicht immer, aber manchmal fließen die Gedanken und bin überrascht, wohin sie mich treiben.

Meine Brotarbeit muss und kann am frühen Morgen meist noch ein bisschen warten. Das ist im Vergleich zu früher ein Luxus, den ich wirklich genieße. Das frühe Aufstehen habe ich mir nämlich angewöhnt, als meine Tochter ganz klein war und ich für die Lokalredaktion der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gearbeitet habe. Meine Artikel habe ich damals zwar schon auf dem Computer geschrieben, aber noch ausgedruckt; die Zeitungsfotos waren schwarzweiß und noch analog. Die Filme hat mein Mann abends entwickelt, wenn ich von den Terminen nach Hause kam – vielen Dank nochmal dafür.

Damit sie am nächsten Tag in der Zeitung abgedruckt werden konnten, musste ich Artikel und Fotos bis sieben Uhr morgens beim stellvertretenden Leiter der Bezirksredaktion abgeben. Der wohnte im Ort und nahm sie freundlicherweise mit ins Verlagshaus nach Hannover. Wurde ich nicht rechtzeitig fertig, musste ich sie selbst nach Hannover fahren. Heute ist das alles viel einfacher. Fotos sind längst digital, ich verschicke sie ebenso wie meine Artikel per E-Mail oder gebe sie direkt ins Redaktionssystem der Verlage ein, für die ich arbeite. Von jedem Ort, zu jeder Zeit.

E-Mails gab es übrigens Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre schon: Sie wurden vor mehr als 50 Jahren – lange vor dem Internet – erfunden, und zwar vom amerikanischen Informatiker Ray Tomlinson. Der führte das @-Zeichen ein und verschickte im November 1971 die erste E-Mail, ohne das Potenzial seiner Erfindung zu erkennen. „Sag das niemandem! Das ist nicht das, woran wir arbeiten sollen“, soll er seinem Kollegen geschrieben haben (https://praxistipps.chip.de/seit-wann-gibt-es-e-mails-enstehungsgeschichte-im-ueberblick_100733).

Und so dauerte es noch einige Zeit, bis sich diese Form der Kommunikation durchsetzte. In Deutschland kam die erste E-Mail am 3. August 1984 an. Empfänger war Michael Rotert von der Universität Karlsruhe. Abgeschickt hatte sie Laura Breeden von der amerikanischen Universität Cambridge schon am 2. August. Doch weil sich Rotert nur alle zwei bis drei Stunden bei der Post einwählte und die Mails quasi „von Hand abholte“, dauerte die Zustellung so lange (https://www.faz.net/aktuell/technik-motor/digital/vor-25-jahren-als-die-e-mail-nach-deutschland-kam-1826773.html).

Heute nutzen laut Statista rund 85 Prozent der Deutschen das Internet, um E-Mails zu versenden und zu empfangen, in Dänemark sind es sogar 94 Prozent der Bevölkerung (https://de.statista.com/themen/2249/e-mail-nutzung/#topicHeader__wrapper). 2018 wurden in Deutschland 848 Milliarden E-Mails versendet – außerdem geschätzt 150 Millionen Spam-Mails täglich. Und noch ein paar Zahlen: Weltweit werden in diesem Jahr wahrscheinlich 333,2 Milliarden E-Mails täglich verschickt und empfangen; 2025 sollen es dann bereits 376,4 E-Mails an jedem Tag sein. Laut einer Bitkom-Studie erhalten Erwerbstätige in Deutschland durchschnittlich 26 berufliche E-Mails pro Tag – mir hätte es vor 30 Jahren schon gereicht, ein oder zwei verschicken zu können. So ändern sich die Zeiten (https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/E-Mail-wird-50-Jahre-alt).

Der Redakteur, der jahrelang meine Artikel mit nach Hannover genommen hat, ist vor zwei Monaten gestorben, vor einem Monat wurde er beerdigt. Ich habe seine Beisetzung leider verpasst und widme ihm diesen Blogbeitrag – zur Erinnerung.

Ulysses häppchenweise

Ja, Ulysses von James Joyce steht schon lange auf meiner Irgendwann-zu-lesen-Liste. Schließlich zählt der Roman laut Le Monde zu den 100 wichtigsten Werken des 20. Jahrhunderts https://de.wikipedia.org/wiki/Die_100_Bücher_des_Jahrhunderts_von_Le_Monde; in der ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher fehlt der Roman ebenso wenig wie bei Dudens „Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur“.

Die ersten ab 1918 in der amerikanischen Zeitschrift Little Review veröffentlichten Auszüge hatten eher für negative Schlagzeilen gesorgt: Laut Wikipedia wurden die Ausgaben mehrfach vom United States Post Office wegen Obszönität beschlagnahmt; in England und den USA war Ulysses seit 1921 verboten (https://de.wikipedia.org/wiki/Ulysses). Dort fand Joyce keinen Verlag für sein Buch – auch Virginia und Leonard Woolf hatten 1918 das noch unvollendete Manuskript abgelehnt. Sylvia Beach, Besitzerin der Buchhandlung Shakespeare and Company (Rue de l’Odéon 12) in Paris, veröffentlichte die Erstausgabe schließlich am 2. Februar 1922, Joyces 40. Geburtstag. In der Auflage von 1.000 nummerierten Exemplaren fehlten allerdings die als obszön geltenden Passagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Sylvia_Beach).

Ich bin, ich gestehe es, nie über die ersten 50 Seiten hinausgekommen, obwohl das Buch schon lange in meinen Bücherregal steht. 1.000 Seiten verlangen eben doch viel Durchhaltevermögen. Doch die Idee, sie häppchenweise, quasi als Fortsetzungsroman, zu lesen, gefällt mir. Und so wage ich jetzt einen neuen – den wohl letzten – Versuch, Leopold Bloom, Anzeigenakquisiteur bei einer Dubliner Tageszeitung, auf seinen 24 Stunden dauernden (Irr-)Gängen durch Dublin zu begleiten.

Zum 100. Jubiläum der Erstausgabe und zum 140. Geburtstag von James Joyce verschickt der Suhrkamp Verlag* nämlich mit dem James-Joyce-Newsletter 30 Tage lang jeden Morgen kurze Abschnitte aus dem ersten Teil des Romanklassikers. Nur sieben bis zehn Minuten soll die Lektüre täglich dauern – so viel Zeit kann sein. Nach einem Monat hat man dann den ersten Teil komplett gelesen.

Dreimal Joyce – Stanislaw und der berühmte James – und zweimal Stephen Dedalus

Ich habe den Newsletter abonniert, morgen geht es bei mir los. Ich lese die Abschnitte aber wohl nicht online, sondern in meiner eigenen Ausgabe. Die ist aus dem Jahr 1981 und wurde wie die aktuelle Jubiläumsausgabe übersetzt von Hans Wollschläger. Ob ich Ulysses zu Ende lesen werde, entscheide ich nach dem ersten Teil. Vielleicht begnüge ich mich aber auch mit James Joyce erstem Roman, dem „Porträt des Künstlers als junger Mann“. Oder ich lese das Dubliner Tagebuch von James Joyces jüngerem Bruder Stanislaus. Beide Bücher habe ich auf der Suche nach Ulysses ebenfalls ein meinem Bücherregal gefunden.

Wer Ulysses mitlesen will, kann den James-Joyce-Newsletter kostenlos unter https://www.suhrkamp.de/james-joyce-und-sein-ulysses-s-1387 abonnieren. Der Newsletter enthält laut Suhrkamp wissenswerte Hintergrundinformationen, Links und Buchtipps rund um James Joyce und sein Werk; außerdem werden unter allen Newsletter-AbonnentInnen zehn Exemplare unserer Ulysses-Jubiläumsausgabe verlost.

*Der Beitrag enthält unbezahlte Werbung

Von inneren KritikerInnen, einem kleinen Käfer und einem kritischen Hund

Ich habe meinem inneren Kritiker, pardon, meiner inneren Kritikerin, einen Namen gegeben, wie Julia Cameron es in ihrem Buch „Es ist nie zu spät, neu anzufangen“ empfiehlt. Welchen, verrate ich nicht, denn ich will niemanden beleidigen.

Dass ich nur (noch) wenige mit diesem Namen kenne, liegt vielleicht daran, dass der Name inzwischen ein bisschen aus der Mode ist. Vielleicht meide ich Menschen, die so heißen, aber auch, weil ich mit ihren Namensvetterinnen bislang keine guten Erfahrungen gemacht habe – oder genauer gesagt: überwiegend negative. Wirklich liebenswürdig und sympathisch fand ich in all den Jahren nur eine Frau, und sie ist leider schon vor einigen Jahren gestorben.

Meine innere Kritikerin ist dagegen sehr lebendig – und sehr präsent. Sie sitzt mir immer im Nacken oder – schlimmer noch – sie sitzt in meinem Kopf. Sie kennt meine Schwächen sehr genau, oder glaubt sie zu kennen. Meine Stärken ignoriert sie geflissentlich, und recht machen kann ich es ihr ohnehin nie, so sehr ich mich auch bemühe: Sie weiß und kann immer alles besser – und allzu gerne macht sie das, was ich plane, möchte und tue, lächerlich.

Jetzt ist es an der Zeit, meine innere Kritikerin zu überlisten, sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen – und der Name, den ich ihr gegeben habe, hilft mir dabei: Wenn ich mit ihr spreche, ziehe ich den ersten Vokal ihres Namens in die Länge und denke dann an den Käfer aus Daniela Wakoniggs Buch „Was heißt Iiih“. Der kleine Kerl heißt so, weil jemand „iiih“ zu ihm sagte, als er gerade geschlüpft war. Dann muss ich lachen oder zumindest lächeln – und schon verliert meine innere Kritikerin etwas von ihrem Schrecken und von ihrer Macht.

Vielleicht sollte ich auch Julia Camerons Rat folgen und meine innerer Kritikerin zeichnen: als winzigen Käfer beispielsweise, der eigentlich mehr Angst vor mir haben müsste als ich vor ihm, oder als Frosch, der sich wie in Äsops Fabel aufbläht, bis er platzt. Als besserwisserischen, eitlen Raben oder als meckernde, unnachgiebige Ziege. Doch erstens fehlt mir das Zeichentalent, und zweitens erscheint dann immer sofort Regina Kehns kritischer Hund vor meinen Augen. Ich folge seinen Abenteuern auf Instagram (reginakehn), und weil ich nicht sein einziger Fan bin, hat er jetzt sogar eine eigene Rubrik auf der Website der Illustratorin (https://www.reginakehn.de/arbeiten/der-kritische-hund/). Es lohnt sich wirklich, ihn zu besuchen.

Anders als Regina Kehns kritischer Hund ist meine innere Kritikerin überhaupt nicht liebenswert – sie ist, genau gesagt, ein richtiges Ekel, das mir das Leben und Arbeiten schwer macht, seit ich denken kann. Doch ich bin nicht nachtragend, und weil sie nach so vielen Jahren eine Pause nötig und verdient hat, spendiere ich ihr, bevor ich Rentnerin werde, einen Aufenthalt auf der Insel Criticos.

Von der Insel weit draußen im Meer habe ich bei einem Aufenthalt im writersstudio in Wien erfahren. Zutritt haben wie in elitären englischen Clubs nur Mitglieder, also nur innere Kritikerinnen und ihre Kollegen, die inneren Zensoren. Bilder von dort gibt es nicht, aber ich stelle mir vor, wie die Damen und Herren den ganzen Tag zusammensitzen und sich gegenseitig dabei überbieten, an allem herummäkeln: am zu dünnen oder zu starken Kaffee, am Essen, an angeblich nicht funktionierenden Heizungen, an zu viel oder zu wenig Sonne, am Wind, der mal zu lau oder zu heftig weht – und natürlich an denen, die sie auf die Insel geschickt haben.

Vielleicht fühlt sich meine innere Kritikerin ja unter Ihresgleichen wohl. Vielleicht gefällt es ihr auf Criticos so gut, dass bleiben und sich dort zur Ruhe setzen möchte. Schließlich ist sie ja nur ein paar Jahre jünger als ich. Zur Sicherheit habe ich nur ein One-way-Ticket und einen unbefristeten Aufenthalt gebucht. Ich brauche sie hier wirklich nicht mehr. Die paar Monate bis zur Rente überstehe ich auch ohne ihre Hilfe. Und wenn ich Sehnsucht nach mehr oder wenige konstruktiven Vorschlägen habe, besuche ich Regina Kehns kritischen Hund. Oder ich zeichne mir eine eigene Kritikerin. Eine weise Eule vielleicht.

Noch ein Versuch – fliegende Gedichte

Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei, und so starte ich nach 2017 und 2020 den dritten Versuch: Ich möchte jede Woche eine Postkarte mit einem Gedicht verschicken – und ich bin gespannt, ob ich es diesmal durchhalte. Beim Adventskalender im Dezember habe ich es geschafft. Das lässt hoffen.

Basis des Gedicht-Versands* ist diesmal anders als bei den vergangenen Versuchen nicht der Postkartenkalender „Fliegende Wörter“ aus dem Daedalus Verlag in Münster, sondern ich habe – antiquarisch – Dumonts Lyrik Kartei „Gedichte à la carte“ erstanden.

„200 poetische Karten zum Lesen, Verschicken und Verschenken“ bieten einfach mehr Auswahl. Klassische Gedichte sind ebenso dabei wie moderne. Und meine Ziele sind diesmal weniger ehrgeizig: Ich versuche gar nicht erst, für jedeN ein Gedicht zu finden, das zu ihr oder ihm passt. Wer also in den nächsten Wochen und Monaten eine Postkarte mit einem Gedicht erhält, sollte nicht nach einem tieferen Sinn suchen: Manchmal ist es nur ein Wort, das mich ein Gedicht auswählen lässt. Und noch öfter bedeutet die Karte nur, dass ich an ihn oder an sie gedacht habe.

Die Box kam Anfang der Woche an, die ersten Karten sind verschickt. Morgen geht es weiter. Vielleicht finden die EmpfängerInnen ja sogar Gefallen an dem ein oder anderen Gedicht. Oder sie freuen sich zumindest  ein bisschen darüber, mal etwas anderes als die üblichen Rechnungen im Briefkasten zu finden.

*Dieser Blogbeitrag enthält unbezahlte Werbung.

Übrigens: Den Tischkalender „Fliegende Wörter“ aus dem Daedalus Verlag mit 53 Qualitätsgedichten zum Verschreiben und Verbleiben gibt es auch für das Jahr 2022. Herausgeberinnen sind Ulla Hahn, Andrea Grewe und Alida Bremer.

Weihnachtliches Finale

Anfang der Woche haben wir unseren Weihnachtsbaum abgeräumt. Er sah – zumindest auf den ersten Blick – zwar noch fast so grün aus wie am ersten Tag. Doch auf den zweiten Blick war zu erkennen, dass er die Zweige ganz schön hängen ließ. Einige Lichterketten und Kugeln waren heimlich, still und leise verrutscht. Seine Zeit war einfach vorbei.  

Anders als seine Vorgänger hat sich dieser Weihnachtsbaum aber nicht dagegen gewehrt, zuerst seines Schmucks und dann seiner Zweige beraubt zu werden: Wie auch, es war eine Nordmanntanne, der man die spitzen Nadeln weggezüchtet hat, um sie auf ihr kurzes Leben als Weihnachtsbaum vorzubereiten. So konnten wir – anders als in den vergangenen Jahren – den Baum ohne Schutzkleidung schmücken und entschmücken. Bei Fichten ist es der spitzen Nadeln wegen ratsam, Handschuhe zu tragen, wenn man sie anfasst. Dafür duften sie – für mich ein Grund, die Gegenwehr in Kauf zu nehmen. Doch über das Für und Wider diskutieren wir familienintern erst in elf Monaten wieder.

Ende eines Weihnachtsbaums

Weil die Weihnachtszeit jetzt vorbei ist, habe ich auch die CDs mit der weihnachtlichen Musik weggeräumt. Ja, ich gebe es zu: Ich bin ein Fan von Weihnachtsmusik. Nicht unbedingt von „Ihr Kinderlein kommet“ oder „Jingle Bells“. Aber Bachs Weihnachtsoratorium steht für mich seit Jahren ab Mitte November ebenso ganz oben auf der Playlist. In diesem Jahr war habe ich außerdem die „Weihnachtliche Musik aus der UNESCO City of Music Hannover“ unzählige Male gehört. Die CD mit Aufnahmen von Musikerinnen und Musikern aus Hannover habe ich schon vor einigen Jahren entdeckt – doch weil man sie nicht mehr kaufen kann, konnte ich mir sie in den vergangenen Jahren nur in der Bücherei ausleihen – maximal eine Woche, weil die Leihfrist bei saisonalen Büchern und CDs verkürzt ist. Im November hat mir eine Schreibfreundin dann die CD besorgt – und mir eine große Freude bereitet. Danke Annette.  

Weihnachtliche Musik

Jetzt bin ich auf der Suche nach Stücken, die mich durchs Jahr begleiten. Musik gehört nämlich zu den Dingen, die mehr Platz in meinem Leben haben sollen. So habe ich mir angewöhnt, morgens nach dem Aufwachen und abends vor dem Einschlafen CDs zu hören. Ich finde es sehr entspannend, auf diese Weise in den Tag und wieder hinaus zu gleiten – und ich hoffe, dass ich irgendwann das eine oder andere Stück wiedererkenne und dem einen oder anderen Komponisten zuordnen kann.

Irgendwie ist es mit Musik ein bisschen wie mit Pflanzen: Ich mag sie, habe aber wenig Ahnung. Und obwohl ich die Stücke in den vergangenen Wochen sicher mindestens fast 50-mal gehört habe, erkenne ich immer noch nicht, ob es Air aus der Holberg Suite von Edvard Grieg, aus Händels Wassermusik oder aus Bachs Orchestersuite Nr. 3 ist. Ob es an meinem schlechten musikalischen Gedächtnis liegt oder daran, dass ich beim Hören zu selten auf das CD-Cover schaue, weiß ich nicht. Immerhin weiß ich jetzt, dass Air nichts mit dem Englischen Luft zu tun hat, wie ich immer gedacht habe, sondern von Aria kommt und eine Art Lied für Instrumente ist. Und so habe ich beim Schreiben dieses Blog-Beitrags wieder was dazugelernt.

Apropos Lernen: Weil auf meiner Playlist jetzt Platz ist, freue ich mich auf Tipps, welche Komponisten und welche Stücke ich unbedingt kennen lernen sollte.

Rezept fürs neue Jahr*

Nun ist sie vorbei, die erste Arbeitswoche im neuen Jahr, das für mich das letzte Arbeitsjahr sein wird. Denn im Oktober gehe ich in Rente: Ich höre dann zwar nicht ganz auf zu arbeiten, denn mein Beruf macht mir immer noch Spaß. Aber ich werde sicher weniger arbeiten als in der Vergangenheit.

Der Übergang zum neuen Dasein als Rentnerin gestaltet sich fließend. Denn wie viele Selbstständige im Medienbereich habe ich seit Beginn der Corona-Pandemie Aufträge verloren. So wurden beispielsweise viele Korrekturaufträge, die an Freie wie mich vergeben waren, vor nun fast zwei Jahren storniert; die meisten wohl auf Dauer. Zeitschriften leben ja bekanntlich von Anzeigen – und wenn es weniger Anzeigenaufträge gibt, wird eben da gespart, wo es am einfachsten scheint. Wem fällt es schon auf, wenn „dass“ nur mit einem s geschrieben wird, wo eigentlich zwei hingehören – und umgekehrt? Oder dass der ehemalige Oberbürgermeister von Hannover nicht Stephan, sondern Stefan heißt?

Dass ich Aufträge verloren habe, belastet mich nicht (mehr): Den meisten weine ich keine Träne nach. Und einen Auftrag hätte ich eigentlich schon lange kündigen wollen oder sollen, weil er mir mehr Frust als Lust bereitete. Ich habe natürlich gut reden. Finanziell bin ich durch die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige und natürlich auch durch die Pension meines Mannes abgesichert. Und um meine berufliche Zukunft muss ich mir – anders als viele jüngere Kolleginnen und Kollegen – keine Sorgen mehr machen: Ich gleite auf die Rente hin, kann mich allmählich an den arbeitsfreien Zustand gewöhnen. Das tue ich – und ich tue es gerne. Es gefällt mir, dass ich Aufträge loslassen kann, die keinen Spaß machen, sondern nur belasten. Und dass ich nicht mehr jeden Auftrag annehmen muss, auch wenn er noch so ungelegen kommt, aus Angst, ich könnte mir durch eine Absage einen Folgeauftrag vermasseln. Das Los vieler Freier.

Natürlich schaue ich nicht sorgenfrei in die Zukunft oder auch nur in das vor uns liegende Jahr. Im Gegenteil: Ich bin ausgesprochen gut im Sorgen machen, wie ein winziger Auszug aus meiner ungeschriebenen Sorgenliste zeigt. Reicht meine Rente? Wie geht es mit Corona weiter? Werden die Impfgegner noch radikaler, noch gefährlicher – hierzulande und anderswo? Ja, die Leerdenker-Bewegung macht mir zunehmend Angst: Hier verbünden sich scheinbar ganz normale Bürgerinnen und Bürger mit Geistern, die sie vielleicht nicht mehr los werden. Haben sie aus der Geschichte wirklich nichts gelernt. Fackelaufzüge, Todesdrohungen und Todeslisten erinnern an Deutschlands dunkelste Zeiten, die wir doch für immer hinter uns geglaubt hatten.

Mascha Kaléko, meine Lieblingslyrikerin, hat diese Zeit erlebt und erlitten: Die Nazis haben ihre Karriere zerstört; weil sie Jüdin war, wurden ihre Bücher als „schädliche und unerwünschte Schriften“ verboten. 1938 floh sie mit Mann und Kind in die USA, aber der berufliche Neustart war dort für eine Dichterin und einen Musikwissenschaftler nicht leicht. Mascha Kaléko hielt die Familie mit Werbetexten über Wasser und veröffentlichte Texte in der deutschsprachigen jüdischen Exilzeitung Aufbau. Im amerikanischen Exil schrieb sie, sicher in prekären Verhältnissen lebend, unter anderem auch „Rezept“, eines mein Lieblingsgedicht. Es beginnt mit den Zeilen

„ Jage die Ängste fort
und die Angst vor den Ängsten.
Für die paar Jahre
wird wohl alles noch reichen“

Ich finde, das ist ein guter Rat. Ich möchte ihn mir zu Herzen nehmen, für das noch neue Jahr und für meine Zukunft.

Wer das Gedicht nachlesen will, findet es in dem von Gisela Zoch-Westphal und Eva-Maria Prokop herausgegeben Buch: „Sei klug und halte dich an Wunder“. Es ist und enthält neben dem Gedicht noch viele andere lesenswerte Gedanken Mascha Kalékos über das Leben. Eine Leseprobe aus dem bei dtv erschienenen Buch mit dem Gedicht gibt es im Internet unter https://www.dtv.de/_files_media/title_pdf/leseprobe-14256.pdf

*Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung

Mascha Kaléko: Sei klug und halte dich an Wunder, Gedanken über das Leben. Hrsg. von Gisela Zoch-Westphal und Eva-Maria Prokop, ‎ dtv Verlagsgesellschaft, 2013, 10 Euro

Fünf Jahre im Blick

Manchmal bin ich meiner Zeit voraus. Als „neue Tradition für 2022 bis 2027“ wird in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Freundin das Fünf-Jahres-Tagebuch angepriesen. „Toll zum Zurückschauen und zum Alltag-Entknoten“, heißt es.

Ich habe das Fünf-Jahres Tagebuch bereits vor mehr als fünf Jahren entdeckt, und zwar in einem Schreibwarenladen in Tromsö. Die Möglichkeit, fünf Jahre in Folge ein paar Zeilen auf jeweils eine Seite zu bannen, hat mich sofort fasziniert. Trotzdem habe ich keines der Bücher mit nach Deutschland genommen: Bei den einen missfiel mir, dass die Seiten liniert waren – Schreiben auf liniertem oder kariertem Papier geht bei mir bekanntlich ja gar nicht. Bei den anderen störten mich die Fragen oder Stichworte, die Tagebuch-Neulingen vielleicht das Notieren erleichtern. Mich stören sie aber. Ich möchte schreiben, was mir in den Sinn kommt. Wieder zurück zu Hause, musste ich lange suchen, bis ich endlich das für mich ideale Fünf-Jahres-Buch gefunden hatte.

Der erste Eintrag stammt vom 1. September 2017; seither habe ich fast jeden Abend ein paar Sätze notiert, eben wie der Titel des Buches sagt: some lines a day. Es gibt in den fünf Jahren nur wenige Lücken. Wenn ich verreise, habe ich meist Kopien einer leeren Doppelseite dabei, die ich später in das Buch einklebe. Notfalls tun es auch einfache Blätter.

In der Silvesternacht habe ich die letzten Zeilen in das alte Buch geschrieben und am Neujahrtag die ersten in das neue. Ein Tagebuch zu beginnen, ist für mich immer noch ein besonderer Moment, obwohl ich in den letzten 50 Jahren wohl weit mehr als 100 Tagebücher vollgeschrieben und ebenso viele angefangen habe. Der Zauber, der nach Hermann Hesse ja jedem Anfang innewohnt, gilt um so mehr, wenn ein Tagebuch mich nicht nur einige Monate, sondern fünf Jahre lang begleiten soll.

In meinen alten Tagebüchern lese ich fast nie; aber wenn ich abends etwas in mein Fünf-Jahres-Buch schreibe, schaue ich oft, was ich vor einem oder vor fünf Jahren am gleichen Tag gemacht habe. Und manchmal bin ich erstaunt, wie sehr sich die Tage, die Gedanken und auch die Einträge gleichen.

Dass aufs erste Fünf-Jahres-Buch das nächste folgen würde, war für mich klar. Nach dem neuen Buch habe ich lange gesucht: Ich war in drei Städten in vier Schreibwarenläden und in drei Buchhandlungen, die Leuchtturm-Kladden verkaufen. Nur eine große Buchhandlung hatte Fünf-Jahres-Bücher des Herstellers, allerdings nur in Schwarz. Dabei gibt es inzwischen mehr und schönere Farben. Fündig wurde ich schließlich im im Papier Kontor, einem kleinen, aber feinen Schreibwarenladen in Hannover. Manchmal sind die Kleinsten eben doch die Besten.

Wer Hermann Hesses Gedicht Stufen nachlesen will, findet es im Internet zum Beispiel unter https://www.lyrikline.org/de/gedichte/stufen-5494