Nicht nur zur Weihnachtszeit

Seit meine Nachbarin mir vor einigen Jahren eine Gaultheria geschenkt hat, gehört die kleine Pflanze mit den dunkelgrünen Blättern und den roten Beeren für mich zur Weihnachtszeit und hat den Weihnachtsstern als Adventspflanze Nummer eins abgelöst. Vielleicht fühle ich mich dem Zwergstrauch besonders verbunden, weil ich eben mit nicht mal einem Meter sechzig auch nicht wirklich groß bin. Vor allem gefällt mir aber das Durchhaltevermögen und die Anpassungsfähigkeit der Scheinbeeren. Sie blühen eben nicht nur in zur Weihnachtszeit.

Weihnachtssterne überleben bei mir nur selten den Advent . Irgendwie kann ich es den Diven nicht recht machen. Mal gieße ich sie offenbar zu viel, mal zu wenig; der einen ist es zu warm, der anderen zu kalt – und so lassen die meisten schon nach ein paar Tagen die Blätter hängen, ehe sie sie dann ganz abwerfen und auf dem Kompost landen.

Gaultheria mit Buddha auf der Fensterbank …

Die Gaultherias sind da wesentlich robuster: Sechs bis acht Wochen halten sie sich im Haus, sagen die Experten, in meinem Arbeits- und meinem Schlafzimmer schaffen sie es sogar etwas länger. Schwerer tun sich die Scheinbeeren in unserem gut geheizten Wohnzimmer. Doch wenn die roten Beeren schrumplig werden und die Blätter dahinwelken, beginnt ihr zweites – das richtige – Leben im Garten.

… zur Kurzzeitpflege im Wintergarten …

Ausgewildert erholen sie sich schnell vom Wärmestress im Haus – sie genießen die frische Luft, selbst Minustemperaturen machen ihnen nichts aus. Denn Gaultherias stammen aus Nordamerika; dort wachsen sie sogar in Neufundland und Labrador, wo die Winter härter und länger sind als hierzulande.

Vielleicht gedeihen die Gaultherias in unserem Garten so gut, weil ich – eher zufällig als wohl wissend – den perfekten Standort für sie gefunden haben. Sie stehen im Beet am Zaun, wo sie im Winter viel Sonne abbekommen und sich im Sommer unter Sträuchern und anderen Pflanzen verstecken können. Wenn sie sich dort weiter ausbreiten, leisten sie mir sicher auch als Bodendecker im Kampf gegen Giersch und andere Unkräuter gute Dienste.

… und draußen im Garten.

Aus den Blättern der Scheinbeere kann man angeblich Tee kochen und ein Öl gewinnen, das Salicylsäuremethylester enthält und beispielsweise bei Rückenschmerzen, Rheuma, Fieber und Kopfschmerzen helfen soll. Das habe ich allerdings noch nie versucht und werde es sicher auch nicht tun. Denn das Öl ist bei Überdosierung giftig. Aspirin und Co sind daher bei Schmerzen sicher die bessere Wahl.

Wer zu spät kommt …

… den bestraft das Leben. Diese Worte von Michail Gorbaschow haben sich auch heute wieder bewahrheitet. Bevor morgen der Herbst beginnt, wollte ich noch einen Punkt von meiner To-do-Liste für diesen Sommer erledigen: schwimmen im Natelsheide See in Bissendorf Wietze. Anderthalb Jahr bin ich auf dem Weg zum Altenheim, in dem meine Mutter gelebt hat, nah am See vorbeigefahren, nie habe ich es geschafft. Im August war ich schon einmal auf dem Weg zum See, als aus heiterem Himmel Gewitterwolken aufgezogen sind und ich umkehrte.

Heute Morgen bin ich dann wieder losgezogen, um im See zu schwimmen, auf der Seeterrasse einen Milchkaffee zu trinken, aufs Wasser zu schauen und die Sonne zu genießen. Doch als ich ankam, war der Campingplatz, auf dem  der See liegt, geschlossen. Kein Kaffee, die Stege gesperrt, und im See hatten sich Algen und Seerosen ausgebreitet. Mit ihnen wollte ich nicht um die Wette schwimmen. Wer zu spät kommt …

Natelsheidesee
Blick durch den Zaun: der Natelsheidesee

Zu einem Bad im See bin ich dann doch noch gekommen, wenn auch der Weg vom Natelsheide in Wedemark-Wietze zum Wietzesee in Langenhagen wesentlich weiter und  im wahrtsten Sinne steinig war. Wer auch immer den Radweg mit so grobem Schotter hat belegen lassen – er hat sicher noch nie in seinem Leben auf einem Rad gesessen. Besonders schön war auch der restliche Weg nicht, dafür hatte ich den Wietzesee fast für mich.

Nur ein paar Sonnenhungrige lagen am Strand bzw. auf der Wiese, im Wasser war niemand. Mein Bad im See war zugegebenerweise kurz, denn das Wasser war zwar sehr klar, aber auch sehr kalt. Doch nach der langen Radtour kam die Abkühlung gerade recht.

Wietzesee
Wietzesee

Schön wars am See, und ich bin sicher, dass ich wieder hinfahren werde – auch wenn ich mir eine andere Route suchen werden. Und im nächsten Jahr werde ich es sicher schaffen, im Natelsheidesee zu  baden. Und ich werde diesen Plan gewiss nicht wieder aufschieben.

Pflanzen-Foto-Kunst

Wenn man, wie ich, im flachsten Flachland in Deutschland wohnt und die nächste interessante Landschaft ein ganzes Stück entfernt liegt, dann muss man beim Fotografieren mit den kleinen Motiven Vorlieb nehmen, wie Blumen, Baumrinden, Moos. Aber auch im Urlaub, inmitten der schönsten weiten Landschaften beschäftige ich mich gerne mit den Details.

Wenn ich dann zehn Minuten an einem Baum herumfotografiere, um eine bestimmte Musterung der Rinde in einer bestimmten Position als Bild festzuhalten, ernte ich schon mal seltsame Blick von vorbeigehenden Spaziergängern. Und ich frage mich dann immer, ob sie die Kunst, die die Natur erzeugt, wirklich nicht sehen – aber Kunst ist ja auch immer eine Frage des Geschmacks, wenn man bedenkt, dass auch eine Fettecke schon als Kunstwerk galt (bis sie m.E. zu Recht gesäubert wurde).

Am Computer spiele ich im Anschluss gerne mit Farben, Kontrasten und Overlays, verpasse den Fotos auch mal einen Aquarell-Look oder arbeite Elemente aus anderen Bildern hinein (auf Neudeutsch „composing“). Manchmal bearbeite ich mehr, manchmal weniger. Auch das alles ist natürlich Geschmackssache.

Aber für den Fall, dass meine Fotokunst Euch auch gefällt und ihr Euch eines der Bilder auf eine Tasse, als Postkarte oder als anderes Fotoprodukt drucken lassen möchtet, könnt Ihr das in meinem Shop tun: https://www.pictrs.com/foerodens

Dort gibt es natürlich nicht nur Blumen/Pflanzenfotos, sondern auch Bilder und Bildbearbeitungen aus den Kategorien Architektur, Natur/Landschaften, Tiere und Wolken. Von manchen Motiven, wie zum Beispiel dem neuseeländischen Farn, stehen auch verschiedene Versionen zur Verfügung.

(Foe Rodens)

Zwei Wochenenden, sieben Gärten …

Die Aktion Offene Pforte macht‘s möglich. Mit dem Fahrrad habe ich die Gärten erfahren und dabei – quasi im Vorbeifahren – unbekannte Gegenden und noch ein paar andere schöne Gärten gesehen. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben in einer Schrebergartenkolonie und in zwei Schrebergärten, die  ihre Pforten geöffnet hatten. Und ich kann bestätigen: Spießig sind die Gärten gewiss nicht, zumindest nicht alle.

Vor allem einer hat mir gut gefallen, nicht nur, aber auch wegen der Laube, die mich ein bisschen an ein Hexenhäuschen erinnert hat: So stelle ich mir mein Traumgartenhaus vor. Nur der Gartenteich, am liebsten ein Schwimmteich, fehlt.

Traum-Gartenhaus

Dafür stehen hinter dem Häuschen – ebenso wie bei der Schrebergartennachbarin – ein paar Bienenstöcke. Keine eigenen, sondern die eines Imkers, der einen Platz für seine Bienenvölker gesucht und gefunden hat. Als Miete gibt’s Wachs und Honig. Eine schöne Idee. Dass die Bienen ganz demokratisch bestimmen, wer ihre Königin wird, habe ich bei der Gelegenheit auch erfahren.

Miet-Bienen im Schrebergarten

In dem Schrebergarten habe ich auch hängende Tomaten gesehen – oder genauer gesagt: hängende Tomatenpflanzen. Ob sich die Pflanzen an die ungewöhnliche Haltung gewöhnen und Früchte tragen, probieren wir jetzt in unserem Garten aus.

Hängende Tomaten

Ungewöhnliche Mohnblumen habe ich dann in einem Garten in Mellendorf entdeckt: Sie haben sich, erzählt die Gartenbesitzerin, selbst ausgesät. Sie will mir ein paar Samen überlassen, vielleicht melde ich mich wirklich in ein paar Wochen noch mal bei ihr.

Gefüllte Mohnblumen

Ein Huhn habe ich mir aus Mellendorf schon mitgebracht. Kein echtes natürlich, denn das würde sich  in unserem Garten sicher einsam fühlen.

Ein Huhn wohnt jetzt in unserem Garten

Über meine Adoptivrosen habe ich ja schon geschrieben: Eine hat schon geblüht – leider nur ganz kurz – und herrlich geduftet. Der Garten von Silke Rex, aus dem sie stammen, führt nach wie vor die Liste meiner Lieblingsgärten an. Dort würde ich mich am liebsten hinsetzen und bleiben.

Rosen …
Rosen …

Nächste Woche bekommt der Rosengarten allerdings Konkurrenz: Dann öffnet im Nachbarort ein Profi seine Gartenpforte – ein Besuch in seinem Garten ist für mich in jedem Jahr ein Muss.

Wandern im Harz: Auf dem Brocken

Goethe war hier – und hat dem höchsten Berg Norddeutschland im Faust ein literarisches Denkmal gesetzt. Heinrich Heine hat den Brocken ebenfalls bestiegen – und danach die Harzreise verfasst. Ich nehme mir vor nach meiner Wanderung einen Blog zu schreiben (was ich hiermit getan habe).

Brocken Heine P1020614

Der Brocken fasziniert mich immer wieder: Seit der Berg – zu DDR-Zeiten militärisches Sperrgebiet – im Dezember 1989 wieder geöffnet wurde, war ich sicher ein Dutzend Mal oben. Meist bin ich wie am Sonntag von Torfhaus aus gewandert. Weil ich recht früh unterwegs war, habe ich auf dem Goetheweg nur wenige Menschen getroffen. Und auch auf dem Gipfel war es noch sehr ruhig.

Der Brocken hat für mich eine besondere Bedeutung – nicht nur, weil ich Hexen mag. Ich war auf dem Berg, als mein Vater starb. Am Tag zuvor war ich noch bei ihm gewesen. Fast neun Jahre später nehme ich auf der Wanderung zum Brocken auch ein bisschen Abschied von meiner Mutter. Nein, sie ist nicht gestorben, sie verschwindet nur seit zwei Jahren immer mehr in ihrer Demenz. Es ist ein Abschied auf Raten. Anderthalb Jahre hat sie in einem Heim ganz in meiner Nähe gelebt. Sie hat sich – soweit die Demenz es erlaubt – gut eingelebt und sich wohl gefühlt. Aber meine  Schwestern meinen, dass sie in einem Heim in Norderstedt besser aufgehoben ist – als ich diese Zeilen schreibe, ist sie bereits umgezogen. Ich werde meine Mutter also künftig nicht mehr zwei- oder dreimal in der  Woche, sondern nur noch alle zwei oder drei Wochen einmal besuchen.

Mit dem Wetter habe ich bei all meinen Brockenwanderungen Glück: Das ist bei mehr als 306 Nebel- und mehr als 260 Regentagen keine Selbstverständlichkeit. Es ist mit 8 Grad eher frisch, wenn auch deutlich wärmer als im Jahresdurchschnitt, ziemlich windig und etwas diesig. So zeigt sich das ganze Ausmaß des Waldsterbens zumindest von oben nicht ganz so deutlich. Der tote Silberwald hebt sich nicht ganz so klar vom umgebenden Grün ab – oder umgekehrt.

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Auf dem Brocken: Hexentanzplatz

Auf dem Weg bergab zeigt sich dann, dass der Borkenkäfer ganze Arbeit geleistet hat. Auf dem Teufelsstieg in Richtung Schierke sind stellenweise nur noch wenige grüne Nadelbäume zu sehen.

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Und dennoch deprimiert mich der Anblick weniger als bei meiner Harzwanderung im vergangenen Jahr. Die riesigen grauen Steine und die toten Bäume im Eckerloch wirken fast mystisch – Sinfonie in Grau. Und wenn man genau hinschaut, sieht man, dass zwischen den toten Nadel- neue Laubbäume wachsen. Der Wald lebt – und ist, wenn man den Fachleuten und der Infotafel auf dem Goetheweg glauben darf, artenreicher und stabiler als zuvor. Irgendwann werden wir dem Borkenkäfer also dankbar sein, dass er der dem Tannen- und Fichteneinerlei den Garaus gemacht hat.

Brocken Infotafel P1020600
Die Natur schafft das – hoffentlich

Bis wieder alles grün ist, werde ich allerdings nicht warten. Ich plane schon meine nächste Tour zum Brocken: Auf dem Teufelsstieg von Elend aus entlang der Bode über die Schnarcher- und Mauseklipppen und durch das Eckerloch. Dieser Weg soll dem Aufstieg von Mephisto und Faust nachempfunden sein. Und bergab will ich auf Heines Spuren wandern: durch das Tal der schönen Ilse nach Ilsenburg, angeblich der schönste Wanderweg vom und zum Brocken. Und auch in Thale am anderen Ende des Hexenstiegs will ich in diesem Sommer noch wandern: natürlich zum Hexentanzplatz.

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Kaffeepause auf dem Weg zum Tal der Hexen

Rhapsody in violett

Sie heißt Rhapsody in Blue, blüht aber violett, duftet wie eine Pfingstrose – und hat sich damit einen Platz ganz oben auf der Liste meiner Lieblingsblumen erobert. Schade nur, dass die Rose so schnell verblüht. Aber dafür trägt der Rosenstrauch in diesem Jahr besonders viele Blüten. Dass ich ihn vor ein paar Wochen rigoros beschnitten habe, hat er mir offenbar verziehen: Er reicht schon wieder bis zum Wintergartendach. Der ebenfalls violette Fingerhut passt gut zu ihm – und eine Etage tiefer wird schon bald der lila Lavendel aufblühen.

Rose, Fingerhut – und eine noch einsame Mohnblüte

Darauf warte ich bei der Pfingstrose schon seit Tagen. Aber vielleicht richten sich die Knospen in diesem Jahr nach dem Kirchenkalender und öffnen sich erst pünktlich zu ihrem Namenstag am nächsten Wochenende.

Pfingstrose und Finderhut

Besser spät als nie, sagt sich offenbar auch der Rhododendron vor unserem Küchenfenster.

Auch unterm Küchenfenster blüht es wieder: Rhododendron …

Er bildet mit dem Storchenschnabelein schönes Ensemble. Rhapsody in violett.

… und Storchenschnabel

Pflanzen bestimmen leicht gemacht

Rohe Kräfte genießen im Allgemeinen keinen allzu guten Ruf, vor allem dann nicht, wenn sie, wie in Schillers Glocke, sinnlos walten. Aber manchmal geht es nicht anders. Zum Beispiel wenn man verhindern will, dass sich die Gemeine Schneebeere  überall im Garten breit macht. Denn der Strauch neigt, wie die Fachleute sagen und ich bestätigen kann, zu starker Ausläuferbildung.

Ja, ich gebe zu, ich habe den Symphoricarpos albus jahrelang wachsen lassen. Weil er schön grün und pflegeleicht ist und es bequem war. Die Kinder haben die weißen Beeren als natürliche Knallerbsen benutzt, als sie klein waren. Denn sie zerplatzen mit einem Knall, wenn man darauf tritt oder wenn man sie mit Schwung auf den Boden wirft. Dass die Beeren giftig sind, habe ich bislang nicht gewusst. Sonst hätte ich die Expansion des Knallerbsenstrauchs wohl schon früher beschränkt.

Weil ich das nicht getan habe, habe ich in den vergangenen Wochen eimerweise feine oder weniger feine Wurzeln und junge Triebe ausgegraben. Aber die Mühe hat sich gelohnt. Seit vergangener Woche wachsen  ich in dem Beet, das ich der Schneebeere abgerungen habe, verschiedene (alte) Tomatensorten.

Sie hören auf merkwürdige Namen wie Schwarze Ananas, Andenhorn, Grünes Zebra, Roter Russe und Schwarze Krim und werden hoffentlich bald am Zaun hochranken. Heute habe ich außerdem Gurken und Zucchini gepflanzt. Weil sie alle Sonnenplätze brauchen, mussten auch ein paar Mohnpflanzen und ein Breitblättriger Doldenmilchstern weichen. Aber zumindest für Letzteren habe ich einen neuen Platz gefunden.

Neue Heimat am kleinen Teich: der Breitblättrige Doldenmilchstern

Wie die weiß blühenden Blümchen in unseren Garten gekommen sind, weiß ich nicht genau. Vielleicht haben ich sie mit Maiglöckchen und oder Scilla vom Nachbargrundstück importiert. Dass ich jetzt immerhin ihren Namen kenne, verdanke ich einer App namens Flora incognita. Mit der von der TU Ilmenau und dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena entwickelten App können selbst Florastheniker wie ich problemlos rund 2.700 wild wachsende Pflanzen in Mitteleuropa bestimmen.

Das funktioniert denkbar einfach: Man fotografiert die Pflanze und bekommt sofort Vorschläge, welche Pflanze es sein könnte; außerdem einen oder mehrere Artensteckbriefe mit wichtigsten Informationen zu Aussehen, Giftigkeit, Schutzstatus und Blühzeitraum.

Diese Infos  werde ich in den nächsten Wochen sicher häufiger abrufen. Denn unter der Eberesche, meinen Lieblingsbaum im Garten, habe ich jetzt Wildblumen ausgesät. Welche, stand nicht auf dem Tütchen. Ich bin gespannt, was hier in den nächsten Wochen und Monaten blüht – und ob die Bienen wirklich darauf fliegen.

Noch unbewohnt: Insektenhotel

 

Von Un- und anderen Kräutern

Böse Zungen behaupten, dass bei mir nur die Pflanzen überleben, die auch den härtesten Bedingungen trotzen, die also auch ohne (meine) Pflege überleben würden. Wie jedes gute Gerücht hat auch dieses einen wahren Kern. Dass ich keinen grünen Daumen und kein gutes Gedächtnis für Pflanzen habe, ist kein Geheimnis.

Trotz meiner anerkannten Florasthenie ist unser Garten keineswegs öd und leer. Das liegt sicher auch daran, dass ich – meine Grün-Schwäche kennend – überwiegend Pflanzen kaufe und ansiedle, die robust sind und schnell heimisch werden. Waldmeister zum Beispiel oder auch Bärlauch, die nicht nur in der wilden Ecke am Teich, sondern auch  im Schatten des Apfelbaums gut gedeihen. Auch andere Kräuter – z. B. Minze (mindestens vier verschiedene Arten), Salbei (drei Arten), Zitronenmelisse, -thymian und -verbene – fühlen sich bei mir sehr wohl. Das ist gut so, denn die Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Ich liebe duftende Kräuter. Und Rauke habe ich zum (Fr)Essen gern.

Bärlauch ...
Bitte nicht verwechseln: Bärlauch …

Außerdem habe ich ein Faible für Wiesen- und Feldblumen, die in meiner Kindheit überall gewachsen sind und teilweise als Unkraut galten: Maiglöckchen, Mohn, Fingerhut, Glockenblumen, Akelei und Stockrosen sind bei mir willkommen und dürfen sich  ausbreiten.

… und Maiglöckchen

Dreimasterblumen, Topinambur, Bergastern und Beinwell weise ich dagegen wegen ihres einnehmenden Wesens gelegentlich in die Schranken – sprich, ich reiße sie aus, wenn sie alle Pflanzen neben sich zu überwuchern drohen. Das tue ich nicht gerne, denn ich mag ihre Blüten. Und Grenzen zu ziehen fällt mir auch im richtigen Leben nicht leicht. Aber vielleicht lerne ich im Garten ja etwas fürs Leben.

Gespannt bin ich, was demnächst in dem Beet am Zaun wächst: Dort werde ich, wenn mit der kalten Sophie die letzte Eisheilige vorbei ist, Samen von 30 Blumensorten aussäen, die gerne von Bienen angeflogen werden. Ob ich damit die Bienen rette, weiß ich nicht. Für alle Fälle habe ich für sie  und andere Insekten ein kleines Hotel eröffnet – mit Blick aufs Wasser

Ich habe zwar keinen grünen Daumen, aber ein blindes Huhn findet ja bekanntlich auch gelegentlich ein Korn. Und so bin ich stolz auf einige Pflanzen wie Rittersporn oder Pfingstrosen,  die eher als Diven gelten. Die Pfingstrosen blühen in diesem Jahr zum ersten Mal, sie duften aber leider nicht. Das ist bei meiner Lieblingsrose anders: Rhapsody in Blue hat meine Schnittversuche offenbar überstanden und sehr viele Knospen. In einigen Wochen wird sie duften und blühen – allerdings  nicht blau, sondern in meine Lieblingsfarbe lila.

Pfingstrosen und Rosen

Von Teufelsholz und Flügelnuss

Ja, die blühenden Bäume im Berggarten sind wirklich ein Hingucker, die Zierkirsche direkt hinter den Gewächshäusern im Berggarten zum Beispiel oder auch die Magnolie ein paar Meter weiter. Meine persönlichen Baum-Lieblinge in den Herrenhäuser Gärten sind jedoch zwei Bäume, die sich scheinbar noch im Winterschlaf befinden und noch ziemlich kahl und nackt dastehen. Aber wann immer ich im Berggarten bin, schaue ich bei ihnen vorbei.

Schneeweißchen und rosarot

Die Kaukasische Flügelnuss ist vermutlich nur ein paar Jahre älter als ich. Denn der Baum wurde, wie das Schild an ihrem Stamm verrät, 1955 gepflanzt. Wahrscheinlich hat man damals keinen Riesenbaum durch halb Europa gekarrt – denn einen alten Baum verpflanzt man ja bekanntlich nicht gern.

Meinem Baumfreund hat der Umzug offenbar nicht geschadet. Er ist in seiner neuen Heimat fest verwurzelt  – und in den vergangenen gut 60 Jahren deutlich mehr gewachsen als ich (böse Zungen behaupten, das sei keine Kunst, 1,58 m sei nicht wirklich groß). Bis zu 25 m können kaukasische Flügelnüsse angeblich hoch werden – der Baum am Moorweiher hat diese Höhe schätzungsweise schon erreicht und hat damit wohl die Grenze des Wachstums erreicht.

Vom Nordkaukasus nach Niedersachsen

Der Süntelbuche ging es vor fast 200 Jahren nicht besser als vielen Pflanzen und Tieren heutzutage: Sie wurde fast ausgerottet. Kein Wunder. Denn die Süntelbuchen wachsen nicht, wie es für Rotbuchen üblich und von Waldbesitzern erwünscht ist, gerade in die Höhe, sondern die Äste und Stämme sind verdreht, oft sehr kurz und miteinander verwachsen. Verwerten ließ sich das „Deuwelholts“ – Hochdeutsch Teufelsholz – kaum. Außerdem waren die Bäume den Menschen früher wegen der ungewöhnlichen Form und der Hexenbesen – laut Wikipedia kugelige und buschige Verwachsungen –   unheimlich. Das zeigen Namen wie  Krüppel- oder Schlangenbuche, Hexen- oder eben Teufelsholz für die seltene Rotbuchenart Fagus sylvatica.

Beinahe ausgestorben: die Süntelbuche

Artensterben und das Abholzen von Urwäldern sind also keine neuen Erfindungen. Wir Europäer haben sie schon vor fast 200 Jahren praktiziert. Der letzte  Süntelbuchenwald am Nordhang des Süntels, eines Höhenzugs etwa 50 km südwestlich von Hannover, wurde 1843 abgeholzt. Das Holz wurde verbrannt, das Gebiet zu Weideland, ohne störende Bäume. Vom einst größten Süntelbuchenwald Europas blieben nur einige Bäume erhalten.

Die Süntelbuche im Berggarten wurde um 1880 gepflanzt. Was aussieht wie viele Bäume ist genau genommen ein einziger – die Seitenstämme winden sich über und unter der Erde. Wie schrieb schon Antoine de Saint-Exupery im kleinen Prinzen: Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar. Insgesamt überdacht die Baumkrone laut Infotafel eine Fläche von 750 Quadratmetern.

Mehr dieser im wahrsten Sinne des Wortes urwüchsigen Bäume kann man übrigens in Bad Nenndorf sehen. Die Süntelbuchenallee im historischen Stadtpark ist etwa einen halben Kilometer lang und besteht aus rund 100 Bäumen.

Blausterne und andere blauen Blüten

Nicht nur die sprichwörtlichen Kirschen, auch die Blumen blühen in Nachbars Garten offenbar schöner als in eigenen. Das gilt bei mir zumindest für Scillas. Im Frühling verwandeln die Blausterne die Nachbarwiese in einen Blütenteppich, während sie sich in unserem Garten rar machen.

 

Die Scillas in Nachbars Garten …

Weil ich Scillas mag und sie angeblich fast überall gedeihen, habe ich, selbst ist die Frau, ein paar Pflanzen ausgegraben – natürlich nicht, ohne den Grundstücksbesitzer um Erlaubnis zu fragen. Den besten Pflanztermin von August bis in den Herbst hinein habe ich zwar verpasst, aber angeblich ist es auch im Frühling nicht zu spät. –

… und nach dem Umzug im eigenen.

6 bis 8 cm tief soll man die Zwiebeln in den Boden stecken. Das habe ich getan, doch wirklich wohl scheinen sich die Scillas in der neuen Umgebung nicht zu fühlen. Vielleicht vermissen sie ihre Artgenossen und fühlen sich einsam. Oder ich bin ihnen zu nahe gekommen und sie haben durch das Ausgraben einen Schock erlitten. Denn nach einer neuen Studie an der La Trobe University in Melbourne mögen es Pflanzen es, anders als oft angenommen wird, gar nicht, wenn man sie berührt. Es stresst sie so sehr, dass sie deutlich – um bis zu 30 Prozent – langsamer wachsen.

Frei nach Johann Wolfgang von Goethe: Ein Veilchenin dem Garten stand …

Ich werde sie also in den nächsten Tagen und Wochen Abstand und nur ganz heimlich nach ihnen sehen, ebenso wie nach den anderen Neulingen in unserem Garten. Das Veilchen und die Anemone scheinen den Umzug besser verkraftet haben. Aber sie sind, anders als die Scillas, nicht in freier Wildbahn – sprich einem unbebauten Grundstück – groß geworden, sondern in Gartencentern. Sie sind also an Menschen gewöhnt, haben sich den Zweibeinern und ihrem mitunter seltsamen Verhalten angepasst. Auch zu ihren neuen Nachbarn Blaukissen und Traubenhyazinthen passt die Anemone gut – Rhapsodie in Blue

 

Rhapsodie in Blau: Anemonen, Blaukissen und Traubenhyazinthen

Google sei dank habe ich auch die Gedichtzeile gefunden, die mir im Kopf herumspukt, seit ich die Anemone auf dem Markt gesehen, gekauft und gepflanzt habe. Es ist von Gottfried Benn und passt zu diesem eher kalten, trüben Frühlingsbeginn.

ANEMONE

Erschütterer −: Anemone,
die Erde ist kalt, ist nichts,
da murmelt deine Krone
ein Wort des Glaubens, des Lichts.

Alle, die es interessiert, finden das Gedicht z. B.  unter

Gottfried Benn / Thomas Florschuetz: Blumen