Schweden im Herbst

Ich bin wieder da – zurück in Deutschland und zurück bei meinem Blog. Drei Wochen war ich in Schweden unterwegs und habe mir in dieser Zeit eine Blogpause gegönnt.

Wir waren schon ein paar Mal  in Schweden, aber bei unseren früheren Besuchen sind wir immer möglichst schnell Richtung Norden gefahren. Mein Mann ist süchtig nach Polarlichtern – und die sieht man eben am häufigsten und am intensivsten nördlich des Polarkreises. Weil Jokkmokk ein guter Ort für Nordlichter ist, war Arctic Camp auch diesmal das Ziel unserer Reise. Doch anders als in den vergangenen Jahren haben wir uns diesmal mehr Zeit genommen und auf dem Weg viele Orte besucht, die ich schon immer mal sehen wollte.

Ystad

Ich bin – oder war – ein Kurt-Wallander-Fan. Ich habe alle oder doch zumindest fast alle Krimis von Henning Mankell gelesen. Und so war ein Besuch in Ystad, wo Kommissar Kurt Wallander und sein Team ermittelten, für mich natürlich ein Muss. Die kleine Stadt an der schwedischen Südküste hat sich auf die Krimileserinnen und -seher eingestellt. Es gibt Stadtführungen auf den Spuren des Kommissars und Flyer, in denen verschiedene Schauplätze aufgelistet und im Stadtplan eingezeichnet sind. So ausgestattet, habe ich nicht nur Originalschauplätze wie die Mariagatan, in der Wallander wohnte, die Polizeistation und Fridolfs konditori, Wallanders Lieblingscafé, entdeckt, sondern ein wirklich interessantes Städtchen mit kleinen Gassen und hübschen, oft bunt angestrichenen Häusern kennengelernt. Sehr gut hat mir auch das ehemalige Franziskanerkloster mit den Klostergärten gefallen. Neben einem Rosengarten gibt es einen Apfelgarten, in dem auch Feigen-, Birnen-, Mandel- und Walnussbäume sowie Flieder- und Maulbeersträucher wachsen, einen Kohlgarten, einen Kräutergarten und einen Pfingstrosengarten. Zum Schluss habe ich noch die Ystad Studios besichtigt, in denen u.a. die Innenaufnahmen von Wallanders Wohnung und des Polizeistudios gedreht wurden.

Ales Stenar und Simrishamn

Auf dem Weg nach Simrishamn, der nächsten Etappe auf unserer Reise, haben wir Ales Stenar, deutsch „Die Steine von Ale“, in der Nähe von Kaseberga besichtigt. Auf einem fast 40 Meter hohen Hügel direkt am Meer sind insgesamt 59 bis zu drei Meter hohe und bis 1,8 Tonnen schwere Steine in Form eines Schiffs angeordnet. Mit 67 Meter Länge und 19 Meter Breite ist Ales Stenar laut Wikipedia „eine der größten erhaltenen Schiffssetzungen (schwedisch skeppssättning) in Skandinavien“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Ales_stenar).  Und von dem steinernen Schiff aus hat man aus einen weiten Blick übers Meer.

Ein Teil der Steine wurden übrigens bei Simrishamn gebrochen und über mehr als 20 Kilometer nach Kaseberga transportiert. Das war sicher um das Jahr 600, als das Monument entstand, keine leichte Aufgabe. Mit unserem Wohnmobil haben wir die Strecke schneller und bequemer bewältigt.

Simrishamn, an der Südostküste gelegen, ist weniger bekannt als Ystad, aber nicht weniger sehenswert. Kopfsteingepflasterte Gassen und die oft bunten alten Häuser verleihen dem Ort ein besonderes Flair.

Öland …

… ist, glaubt man den Reiseführern, wegen des milden Klimas und der schönen Strände eine sehr beliebte Ferieninsel. Selbst die schwedische Königsfamilie verbringt hier auf Schloss Solliden ihren Sommerurlaub. Wir haben natürlich nicht im Schloss, sondern auf einem Campingplatz in der Nähe der Ölandbron übernachtet. Zwei Tage lang haben wir mit Blick auf die imposante Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet, und auf den Kalmarsund Beine und Seele baumeln lassen, am dritten Tag sind wir – an zahlreichen Mühlen vorbei – gen Süden zum „Langen Jan“ gefahren. Er ist der höchste Leuchtturm Schwedens, die neben dem Leuchtturm gelegene Vogelstation Ottenby ist ein Mekka für Vogelfans.

Mich hat die Insel zugegebenerweise nicht wirklich beeindruckt. Vielleicht hätten wir eher nach Norden zur Inselhauptstadt Borgholm oder zum „Langen Erik“, dem Leuchtturm an der Nordspitze, fahren sollen. Vielleicht waren wir aber auch nur genervt wegen der Warnung, die seit Beginn der Fahrt ständig auf dem Tacho aufleuchtete: „Abgassysstem überprüfen“, forderte uns der Bordcomputer permanent auf. In einer Werkstatt in Kalmar wurde uns – oder unserem Wohnmobil – mit einem Software-Update schnell und ohne Termin geholfen.

Ich habe die Werkstattzeit genutzt, um durch Kalmar zu spazieren:  Das Schloss Kalmar stand früher direkt an der dänischen Grenze. Es wurde im 12. Jahrhundert als Burg erbaut, im 16. Jahrhundert dann zum Schloss umgebaut und ist laut Wikipedia eines der besterhaltenen Renaissanceschlösser Nordeuropas (https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Kalmar). Neben dem imposanten Schloss erscheinen die Häuser in der Gamlastan, der alten Stadt, besonders winzig. Das frühere Stadtzentrum wurde im Jahr 1640 auf die Insel Kvarnholmen verlegt – aus „befestigungstechnischen Gründen“, wie Wikipedia weiß. Im gleichen Jahrhundert, zwischen 1660 und 1699, wurde auch die Domkyrka gebaut, die von außen gar nicht wie eine Kirche aussieht (https://de.wikipedia.org/wiki/Dom_zu_Kalmar).

Vimmerby

Hat jemand das Schwedenbild von Menschen in aller Welt mehr geprägt als Astrid Lindgren? Ich glaube kaum. Mich haben ihre Bücher fast mein ganzes Leben lang begleitet. „Rasmus Pontus und der Schwertschlucker“ war in den sechziger Jahren das erste Lindgren-Buch, das ich gelesen habe; Pipi Langstrumpf habe ich erst kennengelernt, als die Filme mit Inger Nilsson im Fernsehen gezeigt wurden. Meine Eltern hielten die Geschichten über ein Mädchen, das sich die Welt macht, wie es ihm gefällt, wohl nicht für die geeignete Lektüre für ihre Tochter. Mit meiner Tochter habe ich dann die Lotta-Bücher entdeckt und auf unserer Fahrt durch Schweden dann die Tagebücher gelesen, die Astrid Lindgren während der Zweiten Weltkriegs geführt hat. Ihr Titel „Die Menschheit hat den Verstand verloren“ passt leider allzu gut in die heutige Zeit.

Natürlich wollte ich Vimmerby besuchen, den Ort, in dem Astrid Lindgren geboren wurde, aufgewachsen und auch begraben ist. Denn vieles, was sie als Kind erlebt hat, und mancher Schauplatz taucht in ihren Büchern auf. So steht das Vorbild für Pippi Langstrumpfs Limonadenbaum im Garten der Pfarrhofs bei Astrid Lindgrens Elternhaus.  Astrid Lindgrens Näs, so der Name des Hofes, auf dem Familie Lindgren lebte, ist heute Teil eines Museums, in dem eine Ausstellung über das Leben und das Werk der Schriftstellerin informiert. Auf dem Marktplatz lädt eine von Marie-Louise Ekman geschaffene lebensgroße Statue zu einem Date mit der Schriftstellerin ein. Auch der der Süd-, der Nord- und der Mittelhof aus Bullerbü sind dort en miniature aufgebaut.Im Themenpark Astrid Lindgrens värld können große und kleine Lindgren-Fans auch Bikenlund, das Kirschblüten- und das Heckenrosental besuchen und Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und andere Heldinnen aus den Kinderbüchern treffen.

Stockholm

„Stockholm hat eindeutig das Potenzial zu (m)einer Lieblingsstadt“, habe ich einen Tag später in mein Tagebuch geschrieben. Dass ich mich in die schwedische Hauptstadt verliebt habe, kam nicht unerwartet. Ich liebe Städte, die am Wasser liegen, und Wasser findet man in Stockholm überall. Es macht laut Wikipedia „etwa 30 Prozent der Stadtfläche aus“. Die älteren Stadtviertel wurden auf 14 Inseln gebaut, die durch über 50 Brücken verbunden sind; zum Stockholmer Schärengarten (Skärgården) sollen etwa 24.000 größeren und kleineren Inseln gehören (https://de.wikipedia.org/wiki/Stockholm). Mehr Wasser geht wohl kaum. Und ich konnte mich nicht sattsehen.

Drei Tage lang bin ich kreuz und quer durch die Straßen gelaufen, habe das schöne Wetter genutzt, um Stockholm zu Fuß zu erkunden: die vier ältesten Inseln – Gamlastan, Riddarholmen Skeppsholmen und Kastellholmen – ebenso wie angrenzenden Stadtteile Norrmalm, Östermalm und Södermalm. Und ich war nicht die einzige, die die Sonne genießen wollte, bevor der Winter beginnt. Überall saßen Menschen: in Cafés, Restaurants oder auf den zahllosen Bänken auf Plätzen und in Parks, die zum Verweilen einladen. Begeistert haben mich nicht nur das Wasser und die grandiose Architektur, sondern auch die Atmosphäre. Ich habe bislang noch keine (Groß)Stadt erlebt, die so viel Flair hatte, so lebendig war und gleichzeitig so entspannt und unaufgeregt. Oder doch, Siena vielleicht. Aber da fehlte halt das Wasser.

Eins ist sicher: Mein erster Besuch in Stockholm soll nicht mein letzter sein. Denn ich habe mir zwar viele Sehenswürdigkeiten von außen angesehen, aber keine von innen. Das will ich nachholen, wenn ich das nächste Mal in der Stadt bin. Das Nationalmuseum steht ebenso auf meiner To-visit-Liste wie das Viking Museum und das ABBA Museum. Und natürlich will ich in die Stadsbiblioteket, die Stadtbibliothek, gehen. Denn die beherbergt angeblich nicht nur mehr als zwei Millionen Bücher und andere Medien, sondern gilt mit dem zylindrischen Hauptgebäude auch als kulturelles Wahrzeichen und „ein Meisterwerk des nordischen Klassizismus und des Funktionalismus“ (https://go2stockholm.de/bauwerk/stockholms-stadsbibliotek/).

Höga Kusten

Die zwischen Härnösand und Örnsköldsvik gelegene Höga Kusten habe ich vor zwei Jahren entdeckt, als wir auf einem kleinen Campingplatz am Skuletberget übernachtet haben. Damals habe ich mir vorgenommen, beim nächsten Mal dort zu wandern. Die Hohe Küste soll die höchste Küste der Welt sein und ist wegen der ausgeprägten Landhebung seit 2000 UNESCO-Weltnaturerbe, (https://www.hogakusten.com/de/hogakustenleden). Die Übernachtung auf dem Snibbens Camping habe ich unter anderem deshalb eingeplant, weil der Platz nur zwei Kilometer von der Höga-Kusten-Brücke entfernt liegt und (daher) laut Website ein „natürlicher Ausgangspunkt für Ausflüge und Wanderungen“ ist (https://camping.se/de/camping/3040/Snibbens-Camping-Stugby-Vandrarhem). Dass die fast zwei Kilometer lange Hängebrücke über den Ångermanälven nur mit dem Auto überquert werden darf, war mir bei der Planung nicht bewusst. Und so sind wir vom Campingplatz aus zwar mit Blick auf das Weltnaturerbe gewandert, aber nicht im Gebiet selbst. Schön war es trotzdem, und die kurze Wanderung auf den Prästberget hat sich schon allein wegen des Blicks auf die Höga Kusten und auf die „schwedische Golden-Gate-Bridge“, mit 186 Metern Höhe das zweithöchste Bauwerk Schwedens, gelohnt. Auch die Lage des Campingplatzes direkt an einem See hat uns gut gefallen. Unser Wohnmobil stand – wie oft auf dieser Reise – direkt am Wasser und weil auch die Himmelsrichtung stimmte, konnte mein Mann am Morgen des 18. September quasi vom Auto aus die partielle Mondfinsternis fotografieren (https://www.facebook.com/utz.schmidtko/).

Auf den Skuletberget bin ich dann auch noch gestiegen. Weil ich nicht meine hohen Wanderschuhe mithatte, habe ich statt des steilen Grottstigen die leichtere Route über den Östra Bergstigen gewählt. Eine gute Entscheidung, denn auch die „familienfreundliche“ Variante hatte es streckenweise in sich, bot aber tolle Ausblicke auf die Fjordlandschaft, die entstand ist, als die Eismassen nach der letzten Eiszeit abschmolzen. Der fast 300 Meter hohe Gipfel des Skuletberget war damals Teil einer Insel und ragte gerade einmal neun Meter aus dem Wasser. Ein in den Fels eingelassener Metallstreifen markiert die frühere Küstenlinie und lässt erahnen, welche gigantischen Kräfte damals gewirkt haben.  

Jokkmokk

Nach einer Übernachtung in Byske Havsbadet bei Skellefteå und einem Zwischenstopp am Storforsen, den größten Stromschnellen Skandinaviens, kamen wir nach zweieinhalb Wochen und rund 2200 Kilometern in Jokkmokk an. Für meinen Mann ist das Arctic Camp fast ein „zweiter Wohnsitz“, er war schon oft dort, um Polarlichter zu fotografieren. Und auch diesmal begrüßten ihn die Lichter gleich am ersten Abend. 

Für mich endete in Jokkmokk die gemeinsame Reise mit dem Wohnmobil. Mir ist es im Herbst im hohen Norden zu kalt und zu dunkel – gleich in der zweiten Nacht sanken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt. Und so bin ich nach drei Wochen von Lulea aus nach Deutschland zurückgeflogen. Mein Mann tourt noch ein paar Wochen mit dem Wohnmobil durch den Norden – auf der Jagd  nach Polarlichtern. Seine Bilder sind auf seiner Facebook-Seite zu sehen (https://www.facebook.com/utz.schmidtko/).

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