Abschied von der Eberesche

„Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk‘ es, ein Jahrhundert.“ Dieser Satz von Eugen Roth ging mir gestern nicht aus dem Sinn. Denn während ich unter der Dusche stand, weil ich zu einem Termin musste, fingen die Gärtner an, meinen Lieblingsbaum in unserem Garten zu fällen.

Wie alt die Eberesche war, weiß ich nicht: Sie war schon da, als ich vor über 30 Jahren in das Haus eingezogen bin. Ich habe sie von Anfang an gemocht, vielleicht weil Ebereschen als Bäume der Druiden und Hexen gelten. Den Kelten waren Ebereschen heilig: Sie sollen vor schädlichen äußeren Einflüssen schützen, Intuition und Sinne schärfen, Stärke und Kraft verleihen. Ja, ich gebe es zu: Ich habe, wenn ich im Garten war, oft mit der Eberesche geredet und sie manches Mal umarmt – lange bevor Waldbaden und Bäume umarmen hierzulande Trend wurden.

Meine Zuneigung hat ihr leider wenig genutzt. Seit zwei oder drei Jahren kränkelte die Eberesche, trug deutlich weniger Blätter und Früchte – Letzteres sehr zum Leidwesen der Vögel, die die roten Beeren gerne mochten. Außerdem bekam die Rinde überall Risse und platzte an anderen Stellen großflächig ab. Wir haben lange überlegt, aber nach Rücksprache mit dem Gärtner war das Risiko einfach zu groß, dass der Baum bei einem Sturm umkippen und auf den Wintergarten oder  auf den Fuß- und Radweg stürzen könnte, der an unserem Grundstück entlangführt. Denn der Holzzaun, der unser Grundstück von der Straße trennt, schützt uns zwar vor neugierigen Blicken der Passanten, die aber nicht aber vor umstürzenden Bäumen.

Die Bedenken waren nicht unbegründet, innen hatten jeder Stann ein Loch, das bis in die Erde reichte. Wir hatten also keine andere Wahl, trotzdem konnte ich mich nur schwer von der Eberesche trennen. Ein Span und ein kleiner Scheit liegen jetzt auf meinem Schreibtisch, und vielleicht bastle ich aus dem Holz, das zum Trocknen draußen in unserem Holzschober liegt, ein Amulett oder einen Talismann. Sie sollen dem Träger oder der Trägerin Glück bringen und sie schützen.

Auf jeden Fall werde ich im Garten  eine neue Eberesche pflanzen, wahrscheinlich am alten Platz – für mich und natürlich auch für die Vögel. 30 bis 70 Zentimeter sollen die Bäume angeblich jährlich wachsen. Und vielleicht dauert es ja nicht ganz hundert Jahre, bis ich mich an der Nachfolgerin meiner Eberesche erfreuen und sie wieder umarmen kann.

Neue Gartenblicke im Januar

Neues Jahr, neue Perspektiven. Auch in diesem Jahr will ich mich an der Aktion beteiligen, die ich im vergangenen Jahr auf den Instagram-Accounts meiner Vornamensschwestern Eva Wenig und Eva Fuchs entdeckt habe. Allerdings mit neuen Blickwinkeln.

Das runde Rosenbeet habe ich auch in diesem Jahr wieder im Blick. Ich zeige es aber diesmal von einer anderen Seite – von der, auf der es seinem Namen noch mehr Ehre macht. Von hier sind auch die Christrosen zu sehen, die gerade jetzt blühen; im Mai oder Juni verschwinden sie dann unter der Pfingstrose, die jedes Jahr ein bisschen größer wird. Und dann ist es auch schon wieder Zeit für die echten Rosen und die Stockrosen. Der Apfelbaum im Hintergrund blüht zwar jedes Jahr üppig,  Äpfel können wir aber nur alle zwei Jahre ernten – in diesem Jahr wäre es mal wieder so weit.

Im Beet vor dem Wohnzimmer blüht neben zwei Christrosen noch eine gelbe Ringelblume – und auch die Künstlerrose hat noch eine Knospe. Ich bin gespannt, ob sie sich irgendwann noch öffnet. Ich habe sie vor zwei Jahren bei der Aktion offene Gartenpforte in einem meiner Lieblingsgärten entdeckt und gekauft, weil sie so herrlich duftet. Ob die Gärten in diesem Jahr wieder geöffnet werden dürfen? Ich hoffe es. Eingerahmt wird das kleine Beet von Kirschlorbeer, Rhododendren und einem Schmetterlingsstrauch. Außerdem wächst dort eine Rebe – wir können die Trauben direkt vom Wohnzimmerfenster ernten.

Im runden Kräuterbeet in der Mitte des Rasens dominiert der Salbei. Auch Lavendel, Minze, Zitronenthymian, Melisse und Sauerampfer wachsen hier. Im schmalen Beet zur Straße stehen drei Obstbäume: zwei Kirschbäume – sauer und süß – und ein Augustapfelbaum. Den haben die Vögel ausgesät – vielleicht aus Dankbarkeit, weil wir ihnen immer die Süßkirschen überlassen. Die haben nämlich meist eine Fleischeinlage, wohl weil wir nicht spritzen. Die Vögel freut’s, mich nicht.

Das neue Beet neben der Einfahrt gestalten wir gerade neu: Ich ringe es eher zentimeter- als meterweise dem Efeu und der gemeinen Schneebeere ab. Zurzeit sieht es noch recht kahl aus, aber das wird sich in den nächsten Monaten ändern: Ich möchte hier Kräuter und auch Obststräucher pflanzen. Welche, weiß ich noch nicht genau, aber Himbeeren, Holunder und Kamille stehen auf der Wunschliste. Die Amseln haben das Beet schon adoptiert; sie finden in dem umgespateten Boden offenbar reichlich Nahrung. Und auch manches Eichhörnchen entdeckt jetzt die Nüsse wieder, die unter der Efeuschicht verschollen waren.

Natürlich darf auch der Blick auf den Teich nicht fehlen, diesmal aus einer anderen Perspektive. Der Nachbar hat nicht nur erfreulicherweise die große Tanne entfernt, sondern leider auch den Holzzaun. Und so schauen wir leider zurzeit auf seine Gartenbaustelle. Aber auch die verschwindet hoffentlich bald wieder hinter einer grünen Wand.

Übrigens: Eva Weinig gibt unter http://meine-gartenzeit.de Einblicke in ihren tollen Garten.

 

Efeufreie Zone

So früh wie in diesem Jahr hat die Gartensaison bei uns noch nie begonnen. Am vorletzten Wochenende bin ich noch durch den kniehohen Schnee gestapft, ein paar Tage später habe ich in unserem Garten die erste Primel und die ersten Schneeglöckchen entdeckt.

Die Schneeglöckchen hatten sich unter einer dicken Efeu-Schicht versteckt, die das schmale Beet zwischen Einfahrt und dem Nachbargrundstück bedeckt hatte. Jahrelang durfte sich der Efeu dort ungehindert ausbreiten. Jetzt erobere ich das Beet zurück.

Mein Mann hatte in der vorletzten Woche damit angefangen, ich mache weiter: Ich lege mit Harke und Grubber Zentimeter für Zentimeter den Boden frei, grabe die Efeuwurzeln aus und ziehe sie aus dem Boden. Dabei muss ich immer wieder an Kaspar Klaffke und Gesa Klaffke-Lobsien* denken, die, anders als ich, richtige Gartenexperten sind: In ihrem wunderschönen Garten in Hannover gibt es unzählige Pflanzen, nur der Efeu hat absolutes Gartenverbot, eben weil er ein so einnehmendes Wesen hat.

Ein Beetverbot lässt sich in unserem Garten gewiss nicht auf die Schnelle durchsetzen. Denn während ich mich langsam bis zum Ende des schmalen Beets vorarbeite, breiten sich am Anfang vom brachliegenden Nachbargrundstück wieder neue Ranken auf unser Grundstück aus. Aber ich weiß von meinem Kampf gegen Efeu und Giersch auf den anderen Beeten, dass es sich auszahlt, hartnäckig zu bleiben.

Was künftig in dem neugewonnenen Beet wachsen soll, weiß ich indes noch nicht genau –  ich mache meinem Ruf als Chaosgärtnerin alle Ehre und habe (noch) keinen genauen Plan. Aber am Zaun entlang möchte ich Sträucher pflanzen, Himbeeren zum Beispiel, Stachelbeeren und Holunder, und davor Kräuter. Ich liebe Kräuter und möchte in diesem Jahr endlich lernen, Wild-, Heil- und andere Kräuter zu erkennen, zu unterscheiden und zu nutzen. Rund zwei Dutzend Kräuter sind schon jetzt in unserem Garten zu Hause: von Ananassalbei über Bärlauch, den richtigen Salbei und Waldmeister bis zu Zitronenmelisse, -thymian und zur -verbene. Doch es sollen mehr werden. Und vielleicht wird irgendwann aus der Chaosgärtnerin eine annehmbare Kräuterfrau.

 

Ich weiß natürlich, dass auch Efeu (Hedera helix) eine Heil- und Arzneipflanze ist: In der Antike wurden Blätter, Früchte und Wurzeln – innerlich und äußerlich – vor allem als Schmerzmittel u. a. bei gegen Ohren-, Kopf- und Zahnschmerzen, Menstruationsbeschwerden, Fieber und Brandwunden eingesetzt. Heute kommen vor allem Efeublätter bei akuten Entzündungen und Erkrankungen der Atemwege und bei Keuchhusten zum Einsatz – die sogenannten Saponine wirken schleim- und krampflösend und töten Keime ab.

An den Zäunen darf er ranken, nur die Beete sollen efeufreie Zone werden.

All denen, die jetzt um meine Gesundheit fürchten, sei’s gesagt. Auch wenn ich Efeu zurzeit säckeweise aus unserem Beet entferne, muss ich bei der nächsten Erkältung nicht dauerhustend durch die Gegend laufen. In unserem Garten wächst immer noch genügend Efeu, um nicht nur mich, sondern den halben Ort mit den schleimlösenden Saponinen zu versorgen.  Denn an den Zäunen darf der Efeu weiter ranken, nur den Boden erkläre ich zur efeufreien Zone.

Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.

Der Garten von Gesa Klaffke-Lobsien und Kaspar Klaffke kann im Rahmen der Offenen Pforte in der Region Hannover besichtigt werden. Viele Bilder aus dem Garten enthält ihr Buch: Gartenleben in der Alten Gärtnerei. zu Klampen Verlag Hannover. In ihrem Buch beschreiben sie auch, wie aus einer alten Friedhofsgärtnerei ein kleines Gartenparadies in der Großstadt wurde.

Garten im Dezember

Gartenblicke zum zwölften – zum letzten Mal in diesem Jahr. Der Garten zeigt sich, dezemberüblich, ziemlich kahl und trist. Die Laubbäume haben alle Blätter abgeworfen, wie in jedem Jahr. Aber bei der Eberesche stelle ich mir die bange Frage, ob sie nächstes Jahr wieder grün wird. Ich hoffe es, schließlich ist sie mein Lieblingsbaum.

Zwar wächst hinterm Teich am Zaun zum Nachbarn eine neue Eberesche nach. Doch bis sie groß ist, werden noch einige Jahre vergehen.

Auch auf der Terrasse ist es leer geworden: Die Zimmerpflanzen stehen wieder im Haus beziehungsweise im Wintergarten. Im Kräuterbeet blüht immer noch der Ananassalbei …

… und im runden Rosenbeet noch einige Rosen und eine Etage tiefer die Christrosen – ganz in Weiß.

Dem Gartenzwerg habe ich zu Weihnachten einen roten Umhang spendiert, damit er nicht friert, wenn es morgen wirklich kälter wird, und eine kleine Laterne, damit er auch in den längsten Nächten des Jahres lesen kann.

Garten im November

Bevor der unerwartete Frühling im November endgültig vorbei ist und der Monat sich in den letzten Tagen doch noch so zeigt, wie wir es von ihm erwarten – windig bis stürmisch, kalt und regnerisch, novembrig halt –, habe ich den Garten noch einmal fotografiert, wie jeden Monat seit Anfang des Jahres, aus (fast) den gleichen Blickwinken.

Aus dem Teich ist auch das letzte kleine Fröschlein ausgezogen;  zumindest ward es nicht mehr gesehen. Ich hoffe, dass  es seinen Verwandten in größere und vor allem tiefere Teiche gefolgt ist, wo es auch bei einer längeren Frostperiode sicher ist. Vielleicht versteckt es sich aber auch zwischen den Seerosenblättern im kleinen Teich. Die wachsen inzwischen weit über den Teichrand hinaus und bieten nur scheinbar Schutz. Denn im Winter kann der Teich bis auf den Grund frieren. Vielleicht brauchen wir doch einen großen Teich in unserem Garten – für die Frösche, die Seerosen und um meine wachsende Seesucht zu stillen.

Auch die Vogelschutzhecke am Zaun zum Nachbargarten wächst künftig hoffentlich besser. Sie bekommt mehr Licht und Luft, weil der Nachbar nicht nur die Tanne, die alles in den Schatten stellte, gefällt, sondern auch den Holzzaun zwischen unseren Gärten abgerissen hat. Uns eröffnen sich dadurch neue Ein- und Ausblicke  nicht unbedingt erfreuliche, weil der Garten leider gerade zugepflastert wird.

Den Specht an der Eberesche berührt das ebenso wenig …

… wie den Lesezwerg in seinem Bett aus Aubretien. Sie schauen einfach nicht hin.

Das Blaukissen präsentiert sich zurzeit  grün mit laubbraunen Sprenkeln, die Aubretien selbst haben – anders als im Juli und August – wieder grüne Blättchen. Vielleicht haben sie sich von den frühlingshaften Temperaturen täuschen lassen. Doch bis sie sich wieder ganz in Blau präsentieren, vergehen wohl noch einige Monate.

Im runden Rosenbeet blühen immer noch einige rote Rosen, die Christrosen eine Etage tiefer sind schneeweiß – und ihrer Zeit einen Monat voraus. Denn Weihnachten ist ja erst in einem Monat.

Ungewöhnlich spät dran ist in diesem Jahr der Ananassalbei mit seinen roten Blüten. Er wächst, bewacht von der Kräüterhexe, im Kräuerbeet neben der Terrasse . Dort ist wieder viel Platz, seit die Zimmerpflanzen ihre Sommerfrische beendet haben. Nur noch einige ganz harte, unempfindliche Pflanzen sind im Garten, doch auch sie werden noch in diesem Monat ins Haus oder in den Wintergarten zurückkehren. Die Gartensaison ist fast zu Ende.

 

Die Blechmenagerie

Nachdem ich die vertrockneten Stengel und Blüten der Stauden abgeschnitten habe, kommt  auch meine Blechmenagerie wieder zum Vorschein. Die Figuren sind im Laufe der Jahre in unseren Garten eingewandert  und haben sich auf den verschiedenen Beeten verteilt.

Die Eidechse war die Erste, die bei uns Einzug hielt. Doch sie hat sich, scheu wie sie ist, so gut im Beet versteckt, dass ich lange nach ihr suchen musste und  erst ganz zum Schluss gefunden habe.  Ich habe sie vor Jahren im Catalunya, einem kleinen Laden in meinem Heimatort, gekauft und sie mit nach Norddeutschland genommen. Und obwohl sie schon so lange bei uns wohnt, habe ich manchmal das Gefühl, dass sie immer noch die warmen Schiefersteine vermisst, auf denen sich die echten Echsen so gerne sonnen. Ich werde ihr einen mitbringen, wenn ich das nächste mal mit dem Auto an die Mosel fahre.

Gut versteckt

Elch und Huhn stammen aus dem Nachbarort. Dort öffnet alljährlich am Tag der offenen Pforte eine Frau ihren Garten, die Tiere aus Metall produziert und ihren Garten damit dekoriert. Ich schaffe es eigentlich nie, ihren Garten zu verlassen, ohne etwas zu kaufen.  Das Huhn habe ich im vergangenen Jahr entdeckt. Es stand abseits von der Schar – oder heißt es Gruppe oder Herde – und schaute sehnsüchtig nach seinen Artgenossen. Doch die drehten ihm demonstrativ die Hinterteile zu, so, als wollten sie ihm zeigen: Du gehörst nicht zu uns.

Weil das Huhn mir leid tat, habe ich es mitgenommen, in der Hoffnung, dass es sich nicht mehr so ausgegrenzt fühlt, wenn es seine Artgenossen nicht mehr sieht. Es hat, so scheint es, funktioniert. Jetzt führt es in unserem Garten ein zufriedenes Leben. Dass es allein ist, macht ihm offenbar nichts aus. Trotzdem wollte ich ihm in diesem Jahr eine Freundin besorgen, doch das hat covid verhindert: die Aktion Offene Pforte fand in diesem Jahr nicht statt, doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Der Igel wäre neulich fast erschlagen worden, als der Nistkasten sich von der Eberesche löste und herunterfiel. Dem Igel ist glücklicherweise nichts passiert, aber wirklich wohl fühlte er sich dort nicht mehr. Deshalb habe ich ihn weiter ins Beet gesetzt  und ihm eine neue Aufgabe gegeben. Jetzt steht er vor dem Laubhaufen und zeigt seinen lebenden Artgenossen den Weg in ihr potenzielles Winterquartier.

Die drei Vögel sind von der Ostsee zu uns „geflogen“; ich habe sie in einem kleinen Laden in Wustrow, meinem Lieblingsort auf dem Darß, entdeckt. Dass seit geraumer Zeit eine Katze ganz in ihrer Nähe im Beet vor dem Wintergarten wohnt, stört sie nicht – sie fühlen sich zwischen den dornigen Zweigen der Heckenrose sicher. Außerdem verhindert der Teich unter ihnen allzu waghalsige Sprünge und unerwünschte Annäherungen. Denn Katzen sind ja bekanntlich wasserscheu. Selbst Fine, die Nachbarkatze, nähert sich dem Teich nur vorsichtig.

Aber ich glaube, dass sie nachts manchmal ihre Artgenossin aus Metall besucht oder sie sogar auf ihre Streifzüge mitnimmt. Denn manchmal, wenn ich morgens aus dem Wintergarten schaue, schaut unsere Blechkatze in eine andere Richtung als am Abend vorher.

Auch die Kräuterhexe bewegt sich manchmal wie von Geisterhand – oder ist es doch der Wind, der Wind, das himmlische Kind? So hat sie das Kräuterbeet besser im Blick . Zurzeit sieht sie ganz zufrieden aus. Denn der Ananassalbei, der sich lange geziert hat, blüht jetzt doch noch – und sorgt mitten im November für knallrote Farbtupfer in ihrem Kräuterreich. Vielleicht ist sie auch froh, dass der Skorpion aus ihrer Nachbarschaft verschwunden ist. Sie mochte ihn nicht wirklich, vielleicht hatte sie auch ein wenig Angst vor ihm, obwohl sie das nie zugegeben hat.

Der Skorpion durfte von der Terrasse ins Haus umziehen, weil es ihm draußen zu kalt war. Jetzt sitzt er auf meiner Fensterbank und vertreibt hoffentlich seine Verwandten, die Weberknechte, die sich manchmal in mein Arbeitszimmer verirren.

 

What is what

Ja, ich weiß es: Profigärtner empfehlen, vertrockneten Stauden über Winter stehen zu lassen. Zum einen, weil sie im Frühling die nachwachsenden Pflanzen schützen, zum anderen, weil sie Vögeln als Nahrungsquelle und Nützlingen als Winterquartier dienen. Ich habe die vertrockneten Topinamburstengel trotzdem entfernt. Nicht nur aus optischen Gründen, sondern mehr, um den Christrosen und den Herbst-Krokussen Platz und Luft zu verschaffen.

Früher kannte ich nur Krokusse, die im Frühjahr blühen. Deshalb habe ich sicherheitshalbe Flora Incognita, die Pflanzenerkennungsapp auf meinem Smartphone, nach dem Namen der lila Pflänzchen befragt. Die App forderte mich zuerst auf, die Blätter zu fotografieren,doch die konnte ich nicht finden. Nach einem Blick auf die Blüte meinte Flora Incognita, es handele sich um echten Safran.

Nun ist Safran ja bekanntlich eines der teuersten Gewürze – bis zu 30.000 Euro sollen pro Kilo bezahlt werden. Ich überlegte schon, wofür ich die unerwarteten Zusatzeinnahmen verwenden wollte. Ein neuer Nistkasten sollte es auf jeden Fall sein, denn der alte, sehr baufällige, hatte den letzten Sturm nicht überlebt und beim Herabstürzen auch einige der kostbaren Safran-Krokusse erschlagen.

Doch die weitere Recherche holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück: Um ein Kilogramm herzustellen, braucht man 150.000 bis 200.000 Blüten. In unserem Garten blühen maximal 100. Außerdem ist die Ernte sehr mühsam, denn nur die Griffel werden getrocknet und als Gewürz verwendet.

Bei genauerem Hinsehen kamen mir überdies Zweifel, ob bei uns wirklich Safran-Krokusse blühen. Jede Safran-Blüte hat nämlich laut Wikipedia nur einen Griffel, der sich in drei Narben verzweigt. Meine Pflänzchen hatten mehr und so fragte ich meine App ein zweites Mal um Rat: Herbstzeitlose, antwortete sie nach langem Überlegen, war sich ihrer Sache aber nicht sicher.

Erfreulicherweise irrte sie  erneut, denn Herbstzeitlosen sind  sehr giftig – nicht nur für Menschen, sondern auch für viele Tiere, zum Beispiel für Katzen und Vögel. Doch ich muss mich weder um unsere Nachbarkatze, die unseren Garten als ihr Revier betrachtet, noch um die vielen Vögel, die bei uns leben, sorgen. Denn die lila Blümchen entpuppten sich glücklicherweise als harmlose Herbstkrokusse. Die Staubblätter verraten es: Krokusse haben nämlich deren drei, Herbstzeitlose sechs. Wieder etwas gelernt!

Noch nebeneinander - der neue und der alte Nistkasten

PS: Einen neuen Nistkasten haben wir den Vögeln dann doch spendiert, und zwar einen weit gereisten. Mein Mann hat ihn aus Norwegen mitgebracht;  jetzt vermittelt er an unserer Gartenhütte ein bisschen Skandinavien-Feeling.

Garten im Oktober

Oktober (na ja, noch fast), jetzt bringt vor allem das Laub  noch ein bisschen Farbe in unseren Garten. Die Blätter des Blutweiderichs am Teich sind fast so rot wie die Hagebutten und die Streifen des Leuchtturms Roter Sand. Auch die lila Herbstastern halten sich noch prächtig, trotz des Regens der letzten Tagen, nicht nur am Teich …

… sondern auch im Rosenbeet.

 

Verblüht sind dagegen die Topinambur unter der Eberesche – sie sind so hoch gewachsen, dass sie den Specht fast am Bauch kitzeln. Er lässt es sich gefallen.

Im Kräuterbeet neben der Terrasse halten noch zwei  Ringelblumen – eine gelbe und eine orange – zwischen Minze und Zitronenmelisse die Stellung. Die Hochbeete sind abgeerntet, Feldsalat und Spinat haben sehr gut geschmeckt. Der Feldsalat hat immerhin als Beilage für zwei Mahlzeiten gereicht. Die gut gefüllte Schüssel mit Spinat ist dagegen im Topf zu einem winzigen Klecks zusammengeschmolzen, und wir hätten gehungert , hätten wir die Mahlzeit nicht mit Spinat aus der Tiefkühltruhe verlängert. Ich werde mein Glück versuchen und noch einmal Spinat und Feldsalat aussäen. Ich weiß, dass es eigentlich zu spät ist, aber es soll ja in den nächsten Tagen warm bleiben.

Trotzdem müssen die Zimmerpflanzen  aus der Sommerfrische zurück in ihr Winterquartier, den Wintergarten. Warum soll es ihnen besser gehen als uns? Wir dürfen ja auch nicht verreisen. Und geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid.

Mein Lesezwerg wird draußen überwintern, wie in jedem Jahr. Er will seinen Platz nicht verlassen, obwohl er inzwischen bis auf die rote Mütze  nackt ist. Er sei ein Gartenzwerg, kein Wintergartenzwerg, sagt er in den stummen Dialogen, die ich mit ihm führe. Aber vielleicht spendiere ich ihm ein purpurrotes Mäntlein oder einen Umhang, damit er nicht so friert.

Gartenblicke im September

Sorry, I’m late, wieder einmal. Und diesmal habe ich es nicht einmal geschafft, die Gartenblicke des Monats auf den letzten Drücker – also am letzten Septembertag – zu posten. Immerhin habe ich die Fotos im September aufgenommen, irgendwann letzte Woche.

Am Teich wird es übersichtlich, der Leuchtturm ist  zwischen Blutweiderich, Bergastern und den Ranken der Heckenrosen wieder gut zu sehen. Und auch den größeren der beiden Teiche kann man  wieder zwischen den Pflanzen ausmachen. Der Teich ist immer noch mit einer Schicht Entengrütze bedeckt, die die Sicherheit des Froschnachwuchses gewährleistet.

Der Nistkasten an der Eberesche geht immer mehr aus dem Leim, ich muss ihn ersetzen – oder abnehmen. Denn er war auch in seinen besten Tagen  nie bewohnt, wie auch die beiden Insektenhotels. Vögeln und Insekten gefallen die anderen Nistmöglichkeiten in unserem Garten wohl besser. Auch die gelben Topinambur fühlen sich in unserem Garten wohl; sie werden, so scheint es, jedes Jahr ein Stückchen größer.

Mit ihren großen Schwestern, den Sonnenblumen, habe ich dagegen weniger Glück. Sie werden abgefressen, sobald ich sie eingepflanzt habe. Und auch der Rittersporn tut sich schwer. Er ist spurlos aus dem Rosenbeet verschwunden, wo er mich in den vergangenen beiden Jahren erfreute. Dort blühen noch ein paar Rosen, eine einzelne Stockrose und unzählige Bergastern.

Die Terrasse wird immer mehr zum Terrassen-Garten. In Blumentöpfen und -kästen an der Hauswand reifen die letzten Tomaten; im Hochbeet sprießen Spinat und Feldsalat, zwischen den Terrassensteinen der Rucola. Die Trauben sind geerntet, mein Mann hat aus ihnen leckeres Gelee gekocht, rotes und weißes. Und in den nächsten Tagen will ich noch den Lavendel im Kräuterbeet schneiden und trocknen.

Und in dem schmalen Beet zwischen Rasen und Wintergarten sitzt wie seit Jahren schon der Zwerg mit seinem Buch. Ob er merkt, wie gut seine rote Zipfelmütze zu den Männlein mit dem roen Mäntelein passt, die Hoffmann von Fallersleben  in seinem Kinderlied beschrieben hat und die ihm Gesellschaft leisten?

Mehrgenerationenwohnen im Teich

Langsam wird’s eng. Nein, nicht in unserem Haus. Da ist reichlich Platz, seit die Kinder erwachsen und ausgezogen sind. Aber in den beiden Teichen lebt inzwischen eine Großfamilie: Vor ein paar Jahren ist ein Frosch in unseren Garten gezogen;  in diesem Frühjahr sind schon fünf Frösche aus dem Winterquartier zurückgekommen – und es werden immer mehr.

Vier Frösche wohnten zunächst zusammen im und am großen Teich, der nicht wirklich groß ist, einer allein im kleinen Teich, der ziemlich klein ist. Irgendwann ist der Junggeselle in den großen Teich umgezogen – und hat sein Domizil dem Nachwuchs überlassen.

Keine Panik. Die alten Frösche haben sich an die Chaosgärtnerin gewöhnt.

Zur Jugend-WG im kleinen Teichgehören mindestens vier kleine Frösche. Die ganz kleinen – gerade dem Kaulquappen-Stadium entwachsen – leben noch mit ihren Eltern im großen Teich. Gezählt habe ich fünf, wie viele es wirklich sind, weiß ich nicht. Denn zwischen den Blättern der Kleinen Wasserlinse (Lemna minor) sind die kleinen Teichfrösche sind kaum zu sehen. Damit der Froschnachwuchs nicht versehentlich auf dem Kompost landet, verzichte ich derzeit darauf, die Entengrütze abzufischen.

Reichlich Nachwuchs

Was ist, wenn die kleinen Frösche erwachsen sind, weiß ich nicht. Für eine so große Familie sind die beiden Teiche sicher zu klein. Vielleicht müssen wir umbauen und aus zwei kleinen einen großen Mehrgenerationen-Teich machen. Altersgerecht am besten. Und mit Vollpension. Denn Würmer, Maden, Larven und vor allem Schnecken gibt‘s im Garten reichlich.

Vielleicht begeistern sich ja auch einige Jung-Frösche für vegetarische Ernährung und für die Entengrütze, die beide Teiche derzeit in grüne Teppiche verwandelt. Die soll übrigens sehr nährstoffreich und gesund sein –  nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen: Auf einem Quadratmeter können die Kleinen Wasserlinsen mehr Eiweiß und Stärke erzeugen als Sojabohnen. Und auch der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren Forschern der Uni Jena zufolge sehr hoch.

Grüner Frosch auf grünem Teppich

In einigen asiatischen Ländern, z. B. in Kambodscha, Laos, Myanmar und Thailand, stehen Wasserlinsen, vor allem Verwandte aus der Familie Wolffia, schon seit Generationen auf dem Speiseplan. Und auch als Heilmittel wird die Lemna minor eingesetzt: Laut Apotheken.de in Europa schon seit alters her innerlich bei Entzündungen der oberen Atemwege, äußerlich bei Gicht und Rheuma,  in der Chinesischen Medizin bei Masern, Ödemen, Gelenkschmerzen, Akne und Hautinfektionen.

Und vielleicht landen die Wasserlinsen ja auch bei uns versuchsweise als Wildgemüse auf dem Teller, wenn die kleinen Frösche der Kinderstube entwachsen sind und kein grünes Versteck mehr brauchen.

Wirklich groß ist der Teich nicht. Unzumutbare Wohnverhältnisse für die Frosch-Großfamilie?