Die unstrukturierte Leserin

Ich lese gern – und recht viel. Wenn die Statistiken nicht lügen, deutlich mehr als der Durchschnitts-Deutsche, wie immer er oder sie aussehen mag. Nach einer Umfrage des Stern aus dem Jahr 2015 lesen nämlich nur 27 Prozent mehr als zehn Bücher jährlich, 14 Prozent lesen gar keine Bücher. 39 Prozent der Befragten lesen bis zu fünf Bücher, (https://www.presseportal.de/pm/6329/2969695) – so viele liegen meist neben meinem Bett, weil ich parallel mehrere Bücher lese (und weil ich die gelesenen Bücher nicht immer sofort wegräume. Aber das ist ein anderes Thema).

Welche Bücher ich – vollständig – gelesen habe, notiere ich unter anderem in meinem Büchertagebuch. Das habe ich vor Jahren in der Livraria Bertrand in Lissabon gekauft, die angeblich die älteste Buchhandlung der Welt sein soll. 58 Bücher stehen bis jetzt in diesem Jahr auf meiner Gelesen-Liste. Und weil ich zwar Listen liebe, sie aber leider nicht sehr akribisch führe, sind es wahrscheinlich sogar ein paar mehr. Mein selbst gestecktes Jahresziel – ein Buch pro Woche – habe ich in diesem Jahr schon erreicht.

Belesen, wie manche jetzt vielleicht mutmaßen, bin ich aber nicht. Denn Duden online und Googles Deutsche Wörterbuch definieren „belesen“ als „durch vieles Lesen reich an [literarischen] Kenntnissen“. Ich habe, wenn überhaupt, nur ein gesundes Halbwissen. Und obwohl ich in meinem früheren Leben Germanistik studiert habe, kenne ich nicht einmal die Klassiker der Weltliteratur.

So bin ich bei „Ulysses“ von James Joyce ebenso wie bei Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ nie über die ersten 50 Seiten hinausgekommen. Die Bibel und Homers Ilias – ebenfalls Must-Reads für wirklich belesene Menschen – habe ich nur auszugsweise gelesen. Und die Lektüre von Buddenbrooks und Goethes Wahlverwandtschaften liegt so lange zurück, dass es schon fast verjährt ist.

Im Studium habe ich mich noch brav durch diverse Literaturlisten gelesen, seit ich der Uni den Rücken gekehrt habe und auch dem Schuldienst erfolgreich aus dem Weg gegangen bin, bin ich eine unstrukturierte Leserin. Ich lese just for fun.

Ich lese, was mir mehr oder weniger zufällig in die Finger fällt oder vor besser vor die Augen kommt. Bestsellerlisten interessieren mich bei der Auswahl meiner Lektüre eigentlich gar nicht, die Empfehlungen verschiedener Kulturseiten und -sendungen nur bedingt. Viele Bücher finde ich auf der Neuerscheinungsliste der örtlichen Bücherei und warte dann geduldig, bis ich an der Reihe bin: Helga Schuberts „Vom Aufstehen“ zum Beispiel oder „Die Unsterblichen“ von Axel Schumann. Manchmal frage ich das Bücherei-Team, ob ein Buch, das ich gerne lesen würde, nicht auch für andere LeserInnen interessant wäre. Und manchmal überzeugen meine Buchwünsche die Mitarbeiterinnen und sie kaufen das Buch für die Bücherei (vielen Dank für beides). Beispielsweise Gabriele von Arnims „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“. Das Buch, in dem Sie über das Zusammenleben mit ihrem pflegebedürftigen Mann schreibt, hat mich sehr berührt, vielleicht auch, weil ich es zu einer Zeit gelesen habe, als eine Freundin und ein Freund schwer krank waren.

Wenn ich in eine Buchhandlung gehe, komme ich meist mit einem neuen Buch heraus. Aber ich entdecke auch oft Bücher wieder, die seit Jahren in meinem Bücherschrank stehen. Manchmal springen mich die Titel an. Oder besser gesagt sie schreien: „Lies mich“ – weil sie gerade (wieder) zu meinem Leben passen. Zum Beispiel Rainer Maria Rilkes „Du musst dein Leben ändern“, „Auszeit“ von Anja Meulenbelt oder „Ein sanfter Tod“ von Simone de Beauvoir.

Manchmal führt mich ein Buch auf einen Pfad, dem ich dann lesend folge: Nachdem ich Antonio Iturbos „Bibliothekarin von Auschwitz“ gelesen habe, habe ich mir Dita Kraus Memoiren „Ein aufgeschobenes Leben: Kindheit im Konzentrationslager – Neuanfang in Israel“ ausgeliehen. Dita Kraus war noch ein Teenager, als sie im sogenannten „Familienlager“ des Venichtungslagers Birkenau die Bücher vor den Nazis versteckte. Sie wurde von Birkenau zunächst nach Auschwitz und dann ins KZ Bergen-Belsen deportiert. Dort hielten die Nazis auch Anne Frank und Renata Laqueur gefangen; Anne Frank wurde dort ermordet. Renta Laqueur überlebte. Ihre Tagebücher stehen in meinem Bücherregal, und natürlich habe ich noch einmal in sie hineingelesen. 

Oft verlasse ich mich bei der Auswahl der Bücher auf Empfehlungen von Freundinnen und Bekannten – und werde nur selten enttäuscht: Tante Martl von Ursula März hat mir eine Bekannte empfohlen und ausgeliehen; Nevermore von Cécile Wajsbrot habe ich mir selbst gekauft, nachdem eine Bücherfrau aus unserer Regionalgruppe es erwähnt hat. Jetzt liegt es auf dem Stapel der zu lesenden Bücher, der seinen Platz in einem meiner Bücherregale hat.

Ein Buch, das schon lange – ungelesen – in meinem Bücherregal steht, hat es jetzt auch auf diesen Stapel geschafft: „Der Zauberberg“ von Thomas Mann. Ein Bekannter hat mir den Zauberberg ans Herz gelegt, weil es eines seiner Lieblingsbücher ist. Dass er es schon mehrmals gelesen hat, hat mich beeindruckt, immerhin hat das Buch fast tausend Seiten. Ich gebe dem Klassiker also noch eine Chance – und vielleicht ist die Vorweihnachtszeit der richtige Zeitpunkt für einen Roman, der in den Schweizer Bergen spielt und in dem ein Schneetraum zu den Höhepunkten zählen soll.

PS: Auch dieser Blogbeitrag hat mich zu einem Buch geführt: Als ich über den Text und über den Titel nachdachte, kam mir Alan Bennett „Die souveräne Leserin“ in den Sinn. Ich kannte das Buch nicht, habe es mir gekauft und kann es nur empfehlen. Natürlich ohne Gewähr, denn anders als die Queen, die Heldin des Buches, bin ich keine souveräne, sondern nur eine unstrukturierte Leserin. .

 

P

Nicht alles online

Gestern habe ich an einer Pressekonferenz teilgenommen, bei der eine forsa-Studie zur aktuellen Situation an Schulen und zu den größten Problemen der Schulleitungen vorgestellt wurde. Die Pressekonferenz fand im Rahmen des Deutschen Schulleitungskongresses (DSLK) in Düsseldorf statt, aber ich musste dafür nicht extra an den Rhein fahren: Ich habe wie viele meiner KollegInnen in meinem Arbeitszimmer gesessen, konnte zuhören, zuschauen und natürlich auch Fragen stellen.

Ich gehöre sicher nicht zu denen, die Corona und die Folgen für die Gesellschaft und für einzelne klein- oder schönreden. Im Gegenteil: Die Belastungen sind enorm, vor allem für bestimmte Gruppen: für Kinder und Jugendliche beispielsweise, für die ganz Alten, für Eltern mit kleinen Kindern, für ÄrztInnen und Pflegepersonal oder für KünstlerInnen. Aber ein Positives hat die Pandemie sicher gebracht: Sie hat die Digitalisierung beschleunigt, und zwar in vielen Bereichen. Die Frage ist nur, warum dies nicht auch ohne Pandemie möglich war.

Vieles, was bis vor anderthalb Jahren undenkbar war, ist inzwischen selbstverständlich. Videokonferenzen zum Beispiel. Und so habe ich trotz oder gerade wegen Corona im vergangenen Jahr an so vielen interessanten Veranstaltungen teilgenommen wie selten zuvor: Denn der Aufwand, für eine zweistündige Pressekonferenz oder eine andere Veranstaltung von Burgwedel nach Bonn, Berlin, München oder auch nur nach Göttingen zu fahren, war mir in der Vergangenheit oft zu groß – zeitlich und auch finanziell.

Auch an dem Essaykurs an der Volkshochschule Hamburg hätte ich sicher nicht teilgenommen, wenn ich sechs Mal abends nach Hamburg hätte fahren müssen. Die vorgesehene Präsenzveranstaltung zum Kursabschluss war kein Anmeldehindernis – im Gegenteil: Dass auch sie coronabedingt nur online stattfinden konnte, fand ich sehr schade. Denn ich hätte die anderen Kursteilnehmerinnen und die Kursleiterin Brigitte Helbling sehr gerne mal persönlich kennengelernt. Doch aufgeschoben ist ja bekanntlich nicht aufgehoben: Weil der Kurs uns allen so gut gefallen hat, treffen wir uns regelmäßig – digital. Monatliche analoge Treffen sind kaum möglich. Denn nur drei der sechs Kursteilnehmerinnen leben in Hamburg, die drei anderen sind über die halbe Republik verstreut.

Nicht immer können digitale Veranstaltungen analoge ersetzen: Persönliche Treffen sind oft schöner; Musik und Kunst – ob darstellend oder bildend – sind natürlich live besondere Erlebnisse. So möchte ich das Livekonzert der Elphcellisten in der Elbphilharmonie nicht missen und wir haben dafür gern die lange Anfahrt in Kauf genommen. Doch ich genieße es immer wieder, je nach Lust und Laune – auch während ich diese Zeilen schreibe – in die gestreamte Aufführung und in andere Konzerte hineinzuhören https://www.ndr.de/kultur/sendungen/ndr_elbphilharmonieorchester/NDR-ElphCellisten-in-Concert,sendung1194568.html. Das ruft die Erinnerungen an das tolle Konzert und an das imposante Konzerthaus wach – und macht Lust auf mehr.

Den Atelierspaziergang in Hannover habe ich in diesem Jahr leider verpasst: Im November hatten 31 Künstlerinnen und Künstler unter dem Motto „I‘m walking – Spazierengehen“ ihre Werkstätten geöffnet, doch ich hatte leider an beiden Sonntagen keine Zeit. Dank des virtuellen Atelierspaziergangs (www.hannover.de/atelierspaziergang)konnte ich ihre Arbeitsstätten und ihre Arbeiten trotzdem kennenlernen.

Live habe ich dann die Gemeinschaftsausstellung der Künstlerinnen und Künstler im Schloss Landestrost in Neustadt besucht und – zum Thema passend – einen Spaziergang durch die kleine Stadt am Rübenberge unternommen. In der Ausstellung war ich dann übrigens die einzige Besucherin. Beim virtuellen Spaziergang war die Resonanz glücklicherweise größer. So haben auch einige Freundinnen, die weit weg wohnen, meine Einladung gerne angenommen und fanden die Einblicke in die hannoversche Kunstszene sehr inspirierend.

Nicht weitermachen wie bisher

Willkommen zurück, begrüßt mich mein Computer jedes Mal, wenn ich eine Datei öffne. Und er schlägt mir vor: „Machen Sie genau dort weiter, wo sie aufgehört haben“ – wahlweise vor neun Minuten, vor drei Stunden, vor zwei Tagen, vor einem Monat oder vor einem halben Jahr. Denn mein Computer hat, wie es so Computerart ist, ein ausgezeichnetes Gedächtnis: Er merkt sich genau, viel besser als ich, was ich wann geschrieben oder verändert habe.

Ja, sage oder denke ich meist und lasse mich mit einem Mausclick an die entsprechende Stelle in der Datei leiten. Doch immer öfter frage ich mich bei der Gelegenheit, ob ich das auch im richtigen Leben will: Genau dort weitermachen, wo ich aufgehört habe, also im Prinzip weitermachen wie bisher. Und ich merke: Eigentlich will ich das nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich mein Leben ändern müsste – oder zumindest sollte.

Vielleicht liegt es daran, dass ich vor Kurzem 65 Jahre alt geworden bin, vielleicht daran, dass in diesem Jahr kurz nacheinander eine Freundin und ein Freund gestorben sind. Und natürlich führt uns – oder zumindest mir – Corona ständig vor Augen, wie schnell und radikal sich das Leben ändern und wie schnell es zu Ende sein kann.

Ich gebe es zu: Obwohl ich auf die Impfung – irgendwann im Januar ist es auch bei mir die dritte -, die Vorsichtsmaßnahmen, die ich einhalte, und natürlich auch auf meine ziemlich  robuste Gesundheit vertraue, macht SARS-CoV-19 mir zunehmend Angst. Und immer öfter denke ich an eine Meldung, die ich irgendwann vor Jahren im Radio gehört und die ich nie vergessen habe. Irgendwo im Osten Europas, in Armenien, in der Ukraine, in Aserbeidschan oder in irgendeinem anderen Staat, der früher zur Sowjetunion gehörte, wird auf Grabsteinen neben Namen, Geburts- und Todesjahr auch die Lebenszeit notiert. Gelebt  X Jahre, stehe dann dort in Stein gemeißelt, und (fast) immer sei die „Lebenszeit“ deutlich niedriger als das Alter.

Das wäre bei mir sicher auch so: Ich habe in den vergangenen Jahren oft zu viel gearbeitet und zu wenig gelebt. Zum einen, weil mir meine Arbeit Spaß macht, zum anderen aber auch, um finanziell unabhängig zu sein. Und dabei habe ich mich nicht immer genug um meine Gesundheit und um die wirklich wichtigen Dinge gekümmert.

Vielleicht muss ich dem Coronavirus ja sogar ein bisschen dankbar sein, weil es die Reißleine gezogen hat, bevor es mein Körper tun wollte. Ich habe coronabedingt wie viele Kolleginnen und Kollegen einige Aufträge verloren. Das ist natürlich bedauerlich, aber es tut mir gut, beruflich kürzer zu treten. Nicht nur, aber auch weil ich nicht mehr so belastbar bin wie früher. Es fällt mir schwerer, ohne Pause durchzuarbeiten, wie ich es jahrelang getan habe: den ganzen Tag, die ganze Woche, den ganzen Monat. Ich brauche mehr Pausen, und die gönne ich mir jetzt öfter.

Ich will, ja, ich kann nicht dort weitermachen, wo ich aufgehört habe – vor Corona. Ich habe mir vorgenommen, künftig zu arbeiten, um zu leben, und nicht länger zu leben, um zu arbeiten. Einen Plan, wie es weitergeht, bis ich im nächsten Jahr in Rente gehe und danach, habe ich noch nicht. Aber Corona hat mir ohnehin klar gemacht, wie wenig planbar unser Leben ist. Vielleicht befolge ich einfach Rainer Maria Rilkes Rat. „Lassen Sie sich das Leben geschehen. Glauben Sie mir: das Leben hat recht, auf alle Fälle“, schreibt er in seinem Buch „Du mußt dein Leben ändern.“ Ich habe das Buch irgendwann wohl wegen des Titels gekauft, und jetzt – wohl aus dem gleichen Grund – in meinem Regal wiederentdeckt. Und noch ein anderes Buch habe ich dort gefunden: „Es ist nie zu spät, neu anzufangen“ von Julia Cameron. Na denn.

Let’s go

Shoppen gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen – Bücher und Schreibutensilien ausgenommen. Schuhe kaufe ich sehr ungern – erst recht, seit ich medizinische Einlagen trage. Denn bevor ich probieren kann, ob ein Schuh passt,  muss ich die Einlagen mühsam aus meinen Schuhen herausprokeln, sie in die neuen Schuhe hineinzwängen, was auch nicht so einfach ist – und das bei jedem Paar, das ich anprobieren möchte, aufs Neue.

Einige Schuhe scheitern schon an diesem ersten Stresstest, weil sie für die zu meinen breiten Füßen passenden Einlagen einfach zu schmal geschnitten sind. Ein bisschen fühle ich mich dabei an Aschenputtel erinnert – vielleicht kommt irgendwann ja eine Taube angeflattert und gurrt dann frei nach den Brüdern Grimm „rucke digu, rucke digu, der Schuh ist zu klein, der rechte Schuh ist nicht dabei“.

Aschenputtels Schuhe waren wohl maßgeschneidert, und weil ich mir maßgefertigte Schuhe nicht leisten kann und will, bleibt mir nur das lästige Anprobieren. Jedes Mal stehe ich trotz der Vorauswahl durch die Einlagen vor der schwierigen Entscheidung, ob Schuhe, die bei der Anprobe recht bequem scheinen, das auch noch sind, wenn ich sie stundenlang oder beim Training getragen habe.

Bei Laufschuhen war fast immer auf die Schuhe einer bestimmten Marke Verlass; außerdem hatte ich nach vielen Laufjahren und vielen durchgelaufenen Laufschuhen viel Erfahrung. Die fehlt mir bei Walkingschuhen noch, zum einen, weil ich noch nicht so lange vom Laufen aufs Gehen umgestiegen bin, zum anderen, weil ich bis jetzt meine Laufschuhe aufgetragen habe.

Die Walkingschuhe, die ich vor mehr als einem Jahr gekauft haben, haben sich trotz Beratung und langer Anprobe als Fehlkauf erwiesen. Immerhin leisten sie jetzt meiner Tochter gelegentlich gute Dienste. Doch danach hatte ich lange keine Lust mehr auf einen weiteren Versuch. In dem Sportgeschäft, in dem ich kürzlich den zweiten Versuch startete, gab es lediglich einen Walkingschuh für Frauen, leider nicht in meiner Größe.

Ich war also beim dritten Versuch nicht sonderlich optimistisch – und wurde dann wider Erwarten eines Besseren belehrt. Es war der schnellste Schuhkauf meines Lebens, er dauerte, nachdem ich das Regal mit den Walkingschuhen für Damen endlich gefunden hatte, gerade mal zehn Minuten. Fünf Paare standen nebeneinander und ich griff zuerst nach dem Paar, das mir farblich – Grau mit Türkis – am besten gefiel. Dass der Schuh am preisgünstigsten war – ein Auslaufmodell – und überdies von dem Hersteller, dessen Laufschuhe ich jahrzehntelang getragen habe, spielte natürlich auch eine Rolle.

Farblich abgestimmt – mit der Wanderhose, mit Rucksack und Jacke (nicht im Bild). Foto: Foe Rodens

Um es kurz zu machen. Es war ein Glücksgriff: Die Einlagen ließen sich problemlos austauschen, die Schuhe passten wie angegossen – ich spürte kaum, dass ich sie an den Füßen hatte. Nix drückte, nix scheuerte. Ich kaufte den Schuh, ohne ein weiteres Paar anzuprobieren. Und weil ich auch an der Kasse nicht warten musste, erreichte ich sogar noch meinen Zug.

Der positive Eindruck bestätigte sich auch beim Gehen an den folgenden Tagen. Jetzt überlege ich, ob ich mir nicht einen kleinen Vorrat anlege. Vielleicht bestelle ich mir zumindest ein zweites Paar, bevor es den Schuh nicht mehr gibt. Denn trotz des positiven Erlebnisses gehört Schuhe kaufen sicher auch künftig nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.

Einstein hat recht

In Bayern, lese ich im Pressedienst news4teachers, den ich jeden Morgen bekomme, gerät mancherorts die Corona-Lage vor allem bei Kindern und Jugendlichen außer Kontrolle. Im Kreis Berchtesgadener Land ist die Inzidenz unter den 5- bis 14-Jährigen auf 1.546 gestiegen, unter den 15- bis 34-Jährigen auf 934.

Das liegt nicht allein daran, dass Kinder unter zwölf nicht geimpft werden können und dass sie im Unterricht keine Masken mehr tragen müssen. Offenbar feiern Jugendliche Corona-Partys, um sich gegenseitig anzustecken – so als sei diese Krankheit ein Kinderspiel, als gäbe es bei jungen Leuten keine schweren Krankheitsverläufe und kein Long-Covid.

Die feiernden Jugendlichen haben eine andere Corona-Folge im Sinn: Nach einer überstandenen Erkrankung gelten sie ein halbes Jahr als genesen. Sie brauchen in dieser Zeit keine PCR-Tests, die in Discos und bei Veranstaltungen teilweise verlangt werden. Um ein paar Euro zu sparen, nehmen sie nicht nur hohe Kosten für die Allgemeinheit in Kauf. Sie gefährden sich selbst und – viel schlimmer – andere. Sie belasten Pflegepersonal und ÄrztInnen und bringen Gesundheitssystem an den Rand des Zusammenbruchs. Schon jetzt gibt es nach Aussagen des Landrats im gesamten Rettungszweckverband kein Intensivbett für Covidpatienten mehr. Doch das ist den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Corona-Partys offensichtlich egal.

Warum sie sich nicht impfen lassen, wissen nur sie selbst und/oder die Götter. Mich macht so viel Rücksichtslosigkeit wütend, so viel Dummheit fassungslos. Was das alles mit Albert Einstein zu tun hat? Es bestätigt, dass er recht hatte. „Zwei Dinge sind unendlich“, soll Einstein gesagt haben, „das Universum und die menschliche Dummheit, aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

Von alten Regalen und neuen Kisten

Als ich mein Arbeitszimmer umgeräumt habe, hat sich eine Lücke aufgetan. Leider zu schmal für ein weiteres Bücherregal, aber zu breit, um ungenutzt zu bleiben. In dem großen Möbelhaus aus Schweden bei uns im Ort habe ich die Lösung gefunden. Die Kisten aus Kiefernholz, die ich erstanden habe, wecken Erinnerungen – an meinen ersten Besuch in dem schwedischen Möbelhaus, das damals noch längst nicht so bekannt war wie heute, und an die Regale aus Kiefernholz, die ich vor dreieinhalb Jahrzehnten dort kaufte.

Ich hatte gerade ein Volontariat begonnen und brauchte für meine neue Wohnung neue Möbel, vor allem Bücherregale und eine Matratze. Meine Freundin begleitete mich, wir kauften dies und das für meine und für ihre Wohnung – so viel, dass unsere Einkäufe gerade in den Golf meines Vaters gepasst hätte. Doch dann entdeckte Sabine in der Fundgrube einen Teppich, 4 x 4 Meter groß, genau passend und farblich ideal für ihr Zimmer in ihrer Studentenwohnung in Mainz – und supergünstig. Meine Bedenken, dass der Teppich zu groß sei für das kleine Auto, hatten gegen diese Vorzüge keine Chance. Das passt schon, behauptete Sabine kühn, und sie behielt recht.

Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung verjähren nach drei Monaten, also kann ich es an dieser Stelle gestehen: Als wir Regale, Matratze, diverse Kleinigkeiten und natürlich den großen Teppich verstaut hatten, blieb für die Beifahrerin nur noch der Platz vor dem Beifahrersitz. Den nahm ich freiwillig ein – nicht nur, weil ich ein gutes Stück kleiner bin als meine Freundin, sondern auc,h weil ich ungern am Steuer des Wagens erwischt werden wollte, der heillos überladen und in dem die Sicht durch Rückfenster und Rückspiegel versperrt war. Bei einer Kontrolle wollte ich mich mucksmäuschenstill verhalten und es meiner viel überzeugenderen Freundin überlassen, die Polizisten davon abzuhalten, genauer hinzuschauen.

Solche Probleme hatte ich bei meinem jüngsten Einkauf nicht: Weil die Kisten aus Kiefernholz ohne voluminöse Umverpackung verkauft werden, konnte ich ihrer vier auf dem Fahrrad straßenverkehrsordnungskonform nach Hause transportieren und dort ganz problemlos zusammenbauen.

Was aus Sabines Teppich geworden ist, weiß ich nicht. Meine Regale sind mit mir von der Mosel in den Norden gezogen und leisten noch heute gute Dienste – inzwischen allerdings nicht mehr im Wohn- oder Arbeitszimmer, sondern im Keller. Ob den neuen Kisten ein ebenso langes Leben beschert ist, weiß ich nicht; sie sehen auf jeden Fall recht solide aus. Und sie lassen sich vielseitig verwenden: als Regalersatz oder wenn sie dazu nicht mehr benötigt werden, beispielsweise als mobile Bücher- und Bürobox, als Obst- oder als Werkzeugkiste, um in den guten alten Kiefernregalen für ein Ordnung zu sorgen.

Pflanzenumzug Teil 2

Langsam wird’s voll im  Wintergarten. Auch den zweiten Teil des Pflanzenumzugs haben wir geschafft. Der Olivenbaum, eine weitere Zitruspflanze, der Drachenbaum und die große Aloe Vera sind gestern aus der Sommerfrische zurückgekehrt. Und mit dem Lavendel ist der Indoor-Kräutergarten jetzt komplett. Die Kräuter fühlen sich hinterm schützenden Glas offenbar sehr wohl. Der Ananassalbei hat sogar noch Blüten bekommen – besser spät als nie – und blüht jetzt mit dem Strauchbasilikum um die Wette. Ich hoffe, dass sie den Winter überleben.

Der große Terrassentisch steht ebenfalls wieder im Wintergarten. Die Platte mit dem Mosaik-Muster verträgt nämlich – wie die meisten Zimmerpflanzen – keine Minusgrade. Dringt Wasser zwischen die Steinchen und friert, wird die Platte gesprengt. So bricht  weiches Wasser ja bekanntlich den härtesten Stein bzw.  Beton.

Meist hilft der Nachbar, den schweren Tisch ins Haus und im Frühjahr wieder auf die Terrasse zu schaffen. Doch seit wir entdeckt haben, dass das Prinzip des Rads auch auf runde Tischplatten angewendet werden kann, schaffen wir es auch alleine, sprich zu zweit.

Morgen sind dann noch die Strelitzie und der zweite Drachenbaum an der Reihe. Ob wir die beiden Kiwis – eine männliche und eine weibliche Pflanze, damit sie irgendwann Früchte tragen – ins Haus bzw. in den Wintergarten umsiedeln, steht noch nicht fest: Zwar sind Kiwis im Prinzip winterhart, doch ich bezweifle, dass das auch gilt, wenn sie nicht im Beet, sondern im Topf wachsen.

Auch die beiden letzten Zitruspflanzen müssen vorläufig draußen bleiben. Weil sich auf ihren Blättern hat sich Rußtau breitgemacht hat, ist Quarantäne angesagt. Der Sternrußtau, Schwärzepilz oder Schwarzfleckenkrankheit ist eine unliebsame Begleiterscheinung der ebenfalls lästigen Läuse. Die lieben unsere Zitronenbäumchen heiß und innig und kehren leider immer wieder zu ihnen und zu uns zurück.

Ihre zuckerhaltigen Ausscheidungen, Honigtau genannt, locken nicht nur ganze Ameisen-Völker an; sie sind offenbar auch der ideale Nährboden für den Pilz. Er beeinträchtigt die Fotosynthese der befallenen Pflanzen, sodass sie im schlimmsten Fall eingehen. Außerdem breitet sich der Rußtau rasch aus, vor allem wenn Pflanzen dicht an dicht stehen wie im Winterquartier im Wintergarten. Dort wird es wie gesagt langsam eng. Doch für meine Yogamatte ist glücklicherweise noch Platz.

Evas Schreibzimmer

Ich habe meine Arbeitszimmer umgeräumt. Nicht zum ersten Mal; mein Mann behauptet, mein Schreibtisch hätte schon in fast jedem Raum unseres Hauses gestanden. Geschrieben und gearbeitet habe ich eigentlich in jedem Zimmer – sogar in der Küche und im Bad. Außerdem benutze ich vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein gerne den Wintergarten als Außenbüro, im Sommer außerdem den Garten und die Terrasse.

Schreiben am Teich

Ich bin also bei der Wahl meiner Schreibplätze recht flexibel – ich kann überall schreiben, wo Platz für meinen Laptop, meine Notizbücher und meine Unterlagen ist. Aber ich brauche eine feste Schreibbasis – einen kreativen Zufluchtsort sozusagen.

Ich habe, welch ein Luxus, zwei Arbeitszimmer: Einen halben Tag habe ich gebraucht, um das kleinere Arbeits- zum Schreibzimmer umzufunktionieren. Um mehr Platz für die Bücher zu haben, die ich beim Schreiben brauche oder gerne um mich habe, mussten zwei kleine Kommoden zwei zusätzlichen Bücherregalen weichen. Weit länger als das Möbelrücken hat allerdings das Umräumen der Bücher gedauert. Außerdem habe ich – längst überfällig – bei der Gelegenheit ganze Papierberge entsorgt, die sich in diversen Ordnern und Schränken angesammelt haben. Würde man Vorher-nachher-Bilder des Arbeitszimmers vergleichen, wäre kaum ein Unterschied zu sehen.

Das liegt sicher auch daran, dass mein neues Schreibzimmer klein ist – es ist das kleinste Zimmer im ganzen Haus: Gerade einmal neun Quadratmeter ist die Grundfläche groß, Dachschrägen ein fest eingebautes Sideboard und mehrere hohe Bücherregale, die nur an den beiden geraden Wänden Platz haben, schränken die Gestaltungsmöglichkeiten zusätzlich ein.

Das Zimmer ist zwar klein, aber es hat zwei Fenster – eines an der Ost-, das andere an der Südseite des Hauses. So kann ich die Sonne von morgens bis abends sehen, wenn sie denn scheint. Das ist wichtig, denn ich brauche Licht, um mich beim Arbeiten wohlzufühlen, Tageslicht, wenn möglich, im Winter, wenn es morgens spät hell und früh wieder dunkel wird, helfen (Duft)Kerzen und Lichterketten. Selbst Wasser kann ich aus meinem Schreibzimmerfenster sehen – auch wenn die riesige Pfütze auf dem Garagendach der Nachbarn nur ein unvollkommener Ersatz für den Blick aufs Wasser ist, der für mich zu einem idealen Schreibort gehört. Doch sie ist wesentlich größer als unsere Gartenteiche – vielleicht frage ich die Nachbarn im nächsten Sommer, ob ich dort ein paar Pflanzen aufstellen oder eine Quietscheente schwimmen lassen darf, damit echtes Seefeeling aufkommt.

Auch mein Schreibtisch muss hell sein – und im Gegensatz zum Zimmer möglichst groß: Der Versuch, einem kleinen dunklen Tisch und einen ebenso dunklen Sekretär zur Schreibecke umzufunktionieren, ist kläglich gescheitert. Dort kann ich meine Morgenseiten, Tagebuch oder Mails schreiben, für meine Artikel, Blogbeiträge und andere Schreibprojekte brauche ich mehr Platz, um meine (Notiz-)Bücher und diverse Unterlagen auszubreiten (So aufgeräumt wie auf dem ersten Foto bleibt mein Schreibtisch leider in der Regel nicht lange, meist setzt sich das Chaos durch).

Korrektur- und Layoutarbeiten erledige ich künftig in meinem zweiten Arbeitszimmer. Deshalb habe ich den Monitor, den ich nur für diese Arbeiten nutze, dorthin umgesiedelt. Ohne ihn ist der Tisch von zwei Seiten „beschreibbar“ – ein Stehhocker, der unter dem Tisch verschwindet, wenn er nicht gebraucht wird, macht es möglich. Manchmal hilft ja ein Perspektivwechsel, um Dinge klarer zu sehen, Denk- oder Schreibblockaden zu überwinden oder die Kreativität zu verbessern.

Ohne Monitor ist auf dem Schreibtisch mehr Platz

Davon war Walt Disney überzeugt. Er soll für verschiedene Arbeiten (mindestens) drei verschiedene Arbeitsräume bzw. Arbeitsplätze genutzt haben: Im ersten (Raum des Träumers) ließ er seiner Fantasie freien Lauf, im zweiten (Raum des Realisten) setzte er seine Ideen um, entwickelte Konzepte und entwarf Projektskizzen, um seine Ideen umzusetzen. Im dritten (Raum des Kritikers) überprüfte Walt Disney seine Vorhaben und verbesserte sie. Die Walt-Disney-Methode lässt sich auch in einem Raum umsetzen; mehr darüber zum Beispiel unter https://karrierebibel.de/disney-methode/ und unter https://de.wikipedia.org/wiki/Walt-Disney-Methode

Weil auch in der kleinsten Hütte Platz ist, habe ich also gleich noch einen dritten Arbeitsplatz geschaffen. Im Stehen zu Arbeiten tut sicher meinem Rücken und vielleicht auch meiner Kreativität gut. Das hoffe ich auch von der kleinen Stereoanlage, die den Platz des Monitors eingenommen hat. Denn mit Musik geht ja angeblich alles besser, manchmal auch das Schreiben.

Schreibplatz Nr. 3

Drei Autorinnen – drei Bücher: Making-of

Eigentlich klang es ganz einfach. Drei Autorinnen – drei Bücher heißt die Rubrik des Bücherfrauen-Blogs, für den ich den Oktober-Beitrag verfassen wollte und sollte. Kein Problem, dachte ich. Schließlich sind viele – oder sogar die meisten – meiner Lieblingsbücher von Frauen geschrieben. „Das Tagebuch der Anne Frank“, „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“ von Gabriele von Arnim und „Working Class“ von Julia Friedrichs standen zunächst aus unterschiedlichen Gründen ganz oben auf meiner internen Shortlist. Bei den Autorinnen waren zunächst Simone de Beauvoir, Isabel Allende und Siri Hustvedt erste Wahl. Doch dann kam alles ganz anders.

Über alle drei Autorinnen hatten schon andere Bücherfrauen geschrieben. Das ist zwar kein Ausschlusskriterium, denn es geht im Blog um Bücher, die den Schreiberinnen wichtig sind, egal, wann sie erschienen sind und ob sie – Bücher oder Autorinnen – schon mal vorgestellt wurden. Trotzdem habe ich mich dann umentschieden – nicht nur ein-, sondern mehrmals.

Ich habe also Bücher von allen drei Autorinnen mit nach Norwegen genommen, um sie noch einmal zu lesen. Doch weder „Alles in allem“ von Simone de Beauvoir noch Isabel Allendes „Siegel der Tage“ noch Siri Hustvedts „ Gleißende Welt“ konnten mich wirklich fesseln – vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt oder der richtige Ort für diese Bücher. Dafür entdeckte ich im hohen Norden eine Autorin wieder, die ich vor einigen Jahren begeistert gelesen habe und deren Bücher zwar nicht in Norwegen, aber im Nachbarland Schweden spielen: Marianne Frederiksson. Dank E-Book-Reader konnte ich „Hannas Töchter“ noch einmal gelesen – und es hat mich auch beim dritten oder vierten Lesen genauso gepackt wie beim ersten Mal vor einem Vierteljahrhundert.

Zwei Autorinnen habe ich bei meiner Lesereise neu entdeckt: Rebecca Solnit und Helga Schubert. In den aktuellen Bücherfrauen-Blogbeitrag hat es allerdings nur Rebecca Solnit geschafft. Ihr Essay „Wenn Männer mir die Welt erklären“ hat das Zeug zu meinem Lieblingsessay – und ich frage mich, wieso ich die Autorin so lange übersehen konnte. Sie gehört zu den bekanntesten Essayistinnen und schreibt über Themen, die auch mich bewegen: übers Wandern zum Beispiel, über Feminismus und auch über die Alzheimer-Erkrankung ihrer Mutter. Vielleicht liegt es daran, dass ich auch Essays erst jetzt für mich entdecke, obwohl mich das Genre schon lange fasziniert. Über Helga Schuberts Buch „Vom Aufstehen“ möchte ich im nächsten Bücherfrauen-Blog schreiben. Dieses Mal habe ich bei den Büchern thematisch den Schwerpunkt auf Tagebücher gelegt.

Wer wissen möchte, welche Bücher und Autorinnen ich vorgestellt habe, kann den Blog-Beitrag nachlesen unter

Vom Garten in den Wintergarten

Ein Blick aufs Smartphone heute Morgen und ein weiterer aus dem Fenster aufs Garagendach des Nachbarn haben mir’s verraten: Es ist für die Zimmerpflanzen höchste Zeit, wieder umzuziehen. Eigentlich hätte ich sie gerne noch ein bisschen auf der Terrasse gelassen. Denn das Ende der Sommerfrische bedeutet nicht nur Arbeit für mich, sondern auch, dass es Winter wird

Zumindest einige Pflanzen dürfen schon zurück ins Haus beziehungsweise in den Wintergarten: die Sukkulenten beispielsweise, deren pralle Blätter Temperaturen unter null wahrscheinlich schlecht vertragen, und die kleineren Pflanzen, die ich bequem alleine reinigen und transportieren kann.

Die beiden kleinen Aloe Vera sind in der Sommerfrische gut gewachsen

Die großen Pflanzen, zum Beispiel  Strelitzie, Olive und die meisten Zitronenbäume, müssen dagegen warten, bis mein Mann wieder aus dem hohen Norden zurück ist. Sie sind mir einfach zu schwer oder zu unhandlich. Sollte es in den nächsten Nächten noch kälter werden, bekommen sie eine Haube, die sie hoffentlich vor Minusgraden schützt.

Sie müssen noch draußen bleiben: Olive und Strelitzie

Die Zitronenverbene und der Ananassalbei, die wegen ihres Dufts zu meinen Lieblingen gehören, haben dagegen schon einen frostsicheren Platz im Wintergarten. Und auch unsere beiden Seniorinnen durften schon ins Warme. Wie alt die beiden Osterkakteen sind, wissen wir nicht; wir können es nur ahnen. Wir haben sie nach dem Tod meiner Schwiegermutter vor fast 35 Jahren bei uns aufgenommen – und schon damals waren sie nicht mehr die Jüngsten. Doch es scheint ihnen bei uns zu gefallen. Denn sie blühen jedes Jahr so üppig, dass sie danach völlig entkräftet sind. Jedes Jahr  fürchten wir, dass dieses Mal bestimmt ihr letztes Mal war. Doch immer haben sie uns eines Besseren belehrt und sich nach einer mehrwöchigen Schwächephase wieder erholt.

In all den Jahren haben die beiden übrigens noch nie zur gleichen Zeit geblüht – so, als wollten sie sich keine Konkurrenz machen. Die eine zeigt ihre Blüten immer zu Ostern, wie es sich für einen Osterkaktus gehört, die andere blüht immer um die Weihnachtszeit. Ich habe diesen Osterkaktus daher bislang immer für einen Weihnachtskaktus (Schlumbergera) gehalten. Doch bei der Recherche für diesen Blogbeitrag habe ich gelernt, dass die Blütezeit überhaupt keine Rolle spielt. Entscheidend für die Familienzugehörigkeit ist die Blattform, und die – oval, nicht gezackt – beweist ganz klar, dass beide Schwestern sind und zur Gattung Hatoria gehören. Weihnachtskakteen haben nämlich gezähnte Sprossglieder.

Familie Osterkaktus: Mutter (vorne), Tochter (hinten) und der jüngste Sproß links.

Eine Tochter bzw. Nichte der beiden hat sich unter dem Drachenbaum angesiedelt. Sie ist im Sommer ziemlich groß geworden und wird den Blütenreigen wohl bald eröffnen – vielleicht im Advent. Denn an den Blattspitzen zeigen sich schon  viele kleine Knospen. Und auch eine neue Generation wächst heran. Als ich den Klee entfernt und ein bisschen Erde in den Topf gefüllt habe, ist ein Trieb abgebrochen. Ich habe ihn ins Wasser gesteckt und hoffe, dass der Steckling Wurzeln schlägt.